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Nr.1521

An Herrn Jos.Aug. Carrel

Rom, 4. März 1865.

Teurer Freund!

Noch ein bißchen Geduld! Ich kenne noch nicht den Tag der Entscheidung meiner Angelegenheit, es heißt, es wäre im März. Aber ich werde meine Freundschaftsschuld bezahlen und Ihre Kaution begleichen. Ich werde Ihnen aus Marseille meine Ankunft schreiben. Pater Maurel, ein Jesuit, äußerte einige Zweifel über die Vollmachten, die ich für die Ablässe erhalten hatte. Ich habe sie neuerlich durch Se. Eminenz, den Kardinalpräfekten der Propaganda, dem Hl. Vater unterbreiten lassen; der Hl. Vater hat sie bestätigt und sogar ausgedehnt; somit bin ich in diesem Punkt in Gewißheit.

Ich freue mich über das, was Sie mir über Ihre ausgezeichnete Tochter berichten, Gott kann eine so reine, geradlinige und fromme Seele nur segnen.

Ich beglückwünsche Sie dazu, Sie haben für sie einen Mann ausgesucht, der Gott fürchtet und sich ordentlich aufführt; das ist die beste Gewähr und ein schönes Vermögen!

Gott segnet Sie und er wird Sie und all die Ihren weiterhin segnen.

Ihr im Herrn ergebenster

Eymard, S.


Nr.1522

An Gräfin v. Andig.

Rom, 4. März 1865.

Gnädige Frau!

Haben Sie Vertrauen auf Gott, Ihre Kollekte wird sehr gut gelingen, wir sind im vorhinein mit ihrem Ergebnis zufrieden, beunruhigen Sie sich darüber nicht. Tun Sie, was Sie in Frieden tun können; und wenn Sie nur zwei Sammlerinnen wären, der lb. Gott wird der erste Sammler sein und ist soviel wert wie zehn; ich werde von hier aus für Sie inständig beten. Ich werde versuchen, in der Kapelle Ihres hl. Patrons die hl. Messe zu feiern.

Ich habe mit Freude Hochwürden v.Charnacé getroffen; er hat mir Nachrichten von Ihnen berichtet. Es war gut, daß Sie nach Angers geschrieben haben, man war dort beunruhigt über Ihr Schweigen. Man muß mit dem Kummer der anderen umgehen wie Gott es tut mit seiner Gnade, indem man seinen Teil der menschlichen Schwäche, der Übertreibung der augenblicklichen Stimmung und ein wenig auch der Versuchung durch den Teufel zuschreibt. Alles das entsteht und zieht ab, der Nebel verflüchtigt sich rasch, weil die Sonne wieder auftaucht. Machen wir uns nie die Sorgen und Armseligkeiten der anderen zu eigen, weil wir nicht deren Gnade besitzen und auch nicht den Charakter, der sie für die betreffende Person zur Natur werden läßt. Sie sollen sogar wissen, daß ein ausgedrückter Kummer stets der zuhörenden Person d u r c h ihr Herz und ihr Mitleid viel lebendiger erscheint als derjenigen, die ihn erleidet. Es ist wie der Rauch, der in dem Maße dichter wird, je mehr er aus seinem Feuerherd aufsteigt und ihn entlastet.

Erlauben Sie mir, einen großen Reichtum mit Ihnen zu teilen, den ich gefunden habe: ich hoffe, daß Sie daraus gute Früchte ziehen werden.

Gott liebt uns persönlich mit einer großen, wohlwollenden Liebe, mit einer unendlichen und ewigen Liebe. Die wohlwollende Liebe besteht darin, daß man allein und ausschließlich das Wohl und das bessere Gut der solcherart geliebten Person will.

In Gott ist die wohlwollende Liebe persönlich; Gott liebt eine Person, er liebt Sie, als wären Sie seine einzige Tochter, weil seine Liebe einzig und unendlich ist. Alle göttlichen Eigenschaften Gottes stehen seiner wohlwollenden Liebe für Sie zu Verfügung, um Sie in seiner Liebe und Gnade zu heiligen, um Ihnen von Ewigkeit sein Glück und seine Ehre mitzuteilen, weil die Liebe nach Vereinigung strebt; und die Vereinigung, das Ziel und der Triumph der Liebe, bewirkt die Güter- und Lebensgemeinschaft. Die Liebe will nicht f ü r s i c h a l l e i n g l ü c k l i c h s e i n.

Die großen Attribute Gottes, welche der wohlwollenden Liebe für eine Seele, für Sie, zur Verfügung stehen, sind folgende:

die göttliche Weisheit, welche das auswählt, was dem Wohl und der gegebenen Situation dieser teuren Seele besser entspricht; die göttliche Klugheit wendet diese Mittel zur Heiligung an; die göttliche Macht hilft uns, stützt uns und verteidigt uns; die Barmherzigkeit hat stets das Herz einer guten Mutter bei der Hand, um uns zu vergeben, uns aufzuhelfen, weil ein Kind zwei Feinde oder besser zwei Rechtsansprüche auf Barmherzigkeit hat: seine Schwäche und seine Leichtsinnigkeit, - ich möchte sagen: seine Dummheit und seine Vermessenheit; die göttliche Vorsehung kombiniert alle Geschehnisse der Zeit, die Umstände und Begebenheiten rund um dieser teuren Seele, weil sie das himmlische und das irdische Zentrum der Bewegung ist, damit ihr alles zu ihrem übernatürlichen Zweck diene. - Daher gibt es Geschöpfe, um uns einzuüben und leiden zu lassen, um uns zu erinnern, daß wir uns im Exil, in der Zeit der Buße und der gekreuzigten Liebe mit Jesus Christus, unserem guten Heiland, befinden; - es gibt andere Menschen, die uns eine Zeitlang auf dem Weg als Wegweiser dienen, um dann zu verschwinden, so wie Gott den Engel Raphael, Moses und Josua ersetzt hat. - Andere wieder sind ein Spiegel, worin man seine Armseligkeit sieht - wenigstens der Möglichkeit nach - im Bösen, in der sündhaften Veranlagung Adams zu stehen; andere wiederum sind wie ein Buch, das ein Heiligenleben beschreibt; wieder andere sind Arme Gottes.- Die N a c h f o l g e C h r i s t i schreibt: "Es gibt kein Geschöpf, auch wenn es noch so klein und armselig ist, welches nicht die Güte Gottes in dieser Welt aufzeigen würde." Zeigen uns nicht selbst die Sünder die Güte Gottes, welche ihnen sogar materiell Gutes erweist, sie einladet, sie erwartet und bereitsteht, ihnen zu vergeben?

Es ist die göttliche Vorsehung, die uns nicht nur Geschöpfe auf unseren Lebensweg stellt, welche uns nicht nur den einen oder anderen Tugendakt einüben lassen sollen; die göttliche Vorsehung bestimmt aber auch in ihrer göttlichen Güte für die Seele den Zustand des Leibes, ob er gesund oder leidend ist, weil dies die für den betreffenden Tag bestimmte Kost ist, um Gott an jenem Tag auf diese Weise zu verherrlichen: es ist das Tagesprogramm, welches von der göttlichen Vorsehung unterschrieben wurde.

Die natürlichen Zustände der Seele sind auch von dieser liebenswürdigen Vorsehung insofern geregelt, als Gott die Gnaden gibt, und die Werke, die er verlangen wird. Gelegentlich schenkt Gott dem Geist mehr Leben, andere Male mehr dem Herzen, immer aber dem Willen, weil er der Herr im Hause, der Diener Gottes ist.

Die geistlichen Zustände der Seele sind besonderer Gegenstand der Führung durch die göttliche Vorsehung, weil sie die eigentliche Voraussetzung zur Heiligung darstellen. Daraus folgt das große Lebensgesetz: Wir müssen auf dem Weg die Richtung einhalten, die der Wind der Gnade angibt; wir sollen durch diese natürlichen und übernatürlichen Zustände Gott ehren und uns alles dessen bedienen, was uns die göttliche Vorsehung auf unserer Durchreise in die Hand gibt; in allem sollen wir diesen heiligen und liebenswürdigen Willen um uns herum und in uns sehen; unter seiner Führung handeln; seine Eingebung zu Rate ziehen; ihm die erste Absicht für alles opfern; ihm bei allen Überraschungen und allen Begegnungen huldigen; die Vorsehung in allem erkennen und sie voraussetzen, wenn Sie diese nicht sehen oder hören, denn sie liebt es, sich zu verhüllen, weil sie den Gehorsam des Glaubens und die ergebene Liebe anstrebt.

Die Schlußfolgerung ist also leicht:

Die beste Lage zur Verherrlichung Gottes ist meine gegenwärtige Lage.

Die beste Gnade ist die augenblickliche Gnade.

D a s G e s e t z d e r P f l i c h t ist jenes, das von der Liebe inspiriert wird und von der Liebe ausgeführt wird. Merken Sie sich diese Definition gut, sie stammt von Unserem Herrn und ist in seiner Rede beim Abendmahl enthalten: I c h l i e b e m e i n e n V a t e r, i c h e r f ü l l e s e i n e n W i l l e n u n d i c h b l e i b e i n s e i n e r L i e b e.

Nach dieser Darlegung kommen wir zu den Schwierigkeiten.

1. Wenn ich sicher wäre, daß mich Gott sosehr liebt, wie Sie sagen, wäre ich überglücklich!

- Sie können versichert sein, daß Sie Gott mit dieser wohlwollenden Liebe liebt; Ihr Leben ist dafür ein andauernder Beweis. Wenn Sie die Geschichte über die göttliche Vorsehung mit Ihnen schreiben könnten, so ist Ihr Leben ein fortlaufendes Wunder der Güte, der Mittel und der Hilfen!!!

2. Aber wer garantiert mir, daß mich Gott liebt?

- Er selbst i n I h n e n. Merken Sie nicht, daß Ihre Seele ihm gehört und schließlich ihm allein gehören will. Ist er nicht das einzige Gut, der einzige Gott, der einzige Wunsch, die einzige Freude Ihres Herzens? Besteht nicht Ihre ganze Sorge in der Furcht, ihm zu mißfallen oder ihm mißfallen zu haben? Würden Sie nicht alles in der Welt hergeben, um seine Liebe zu erwerben, sein Wohlgefallen, die Unmöglichkeit zu sündigen, um ihn niemals mehr zu beleidigen oder zu verlieren, oder gar um nicht in das Fegfeuer zu müssen, eine Sache, die Sie so ängstigt? - Ja, Gott liebt Sie also mit einer persönlichen und echten Liebe, und ich will nicht entgegnen: also werden auch Sie Gott in erhabener Weise lieben, d a s b e d e u t e t g e n a u d a s s e l b e.

3. Aber wer garantiert mir, daß er mir vergeben hat?

- Ihr demütiges Vertrauen, Ihr Glaube an seine Barmherzigkeit. In dieser Welt eine Gewißheit haben wollen, das würde bedeuten, bereits i m H i m m e l sein zu wollen. W a r t e n S i e n o c h!... Es muß so sein, daß die Demut, das Vertrauen, die Selbstüberlassung und ein bißchen Schlamm auf dem Weg uns darauf hinweisen, daß wir noch unterwegs sind, daß wir Bettler und Arme Gottes sein müssen, und ihm s e i ne V e r g e b u n g, s e i n e G n a d e u n d s e l b s t s e i n e n H i m m e l verdanken.

4. Wenn mich aber Gott liebt, warum bin ich dann so traurig, so trostlos und sogar von ihm verlassen?

- Sie sind nicht traurig, auch nicht trostlos oder verlassen! Schauen Sie um sich: wieviel natürliche Güter! Wieviel Mittel, Gott zu dienen! Wieviel Hilfsmöglichkeiten, die soviele andere Menschen nicht haben! Sie sind geschult, haben den Glauben, die Frömmigkeit und die Mittel, diese Frömmigkeit zu nähren. Was fehlt Ihnen also? A l l e s und n i c h t s.

Alles, weil Sie noch in dieser elenden Welt der Armseligkeiten leben und sich nicht an Gott erfreuen, sondern weil in Ihnen gekämpft wird, in Ihnen ein Krieg abläuft zwischen dem alten Adam und Jesus Christus; zwischen der Natur und dem Geist Jesu Christi: es herrscht Kriegsstimmung, auf dem Schlachtfeld erfreut man sich nicht. Daher fehlt Ihnen alles außerhalb Gott, außerhalb seines Bewußtseins und außerhalb dieses süßen Friedens, der von Zeit zu Zeit seine Güte schenkt, und dies ist ein gutes Zeichen: dies ist der vorbeugende Schutz gegen die Einstellung und die Vergnügungen der Welt und der Geschöpfe; dies ist das Lechzen nach der Liebe zu Gott, und d i e s i s t s e h r g u t.

5. Aber ich verliere den Mut und verzweifle!

- Das ist Ihre Heimsuchung und sogar ein wenig Ihre Natürlichkeit im übernatürlichen Bereich. Diese Lage wäre Gott sehr wohlgefällig, wenn Sie es verstünden, sie in die Übernatürlichkeit zu erheben, d.h. wenn Sie Gott in Ihrer Schwachheit, Ihrer Armseligkeit und Verlassenheit ehrten! Üben Sie dies in dieser Zeit des Leidens Jesu Christi, es ist die Gnade und Tugend des Augenblicks.

Immerhin, hören Sie auf meinen Rat: Wenn sich auch die geistliche Seele von diesem Zustand der inneren Leiden, die nicht von ihr abhängen, nährt, so beachten Sie dennoch die drei folgenden Regeln:

  1. Nicht Ihre Frömmigkeitsübungen unterlassen, auch nicht die hl. Kommunion wegen der Verwirrungen in diesem Zustand.
  2. Den Gedanken vermeiden, es wäre die Frucht irgendeines geheimen Fehlers, eines Mißfallens Gottes, der Sie im Stich läßt und auf solche Weise straft: darin liegt Ihre Versuchung.
  3. Aus diesen Zuständen positive Akte der Liebe Gottes setzen, seinem hl. Willen huldigen, d.h. die Gegentugend üben oder den Zustand ehren, der Jesus Christus ähnlich ist.

Das Papier geht aus; ich ende mit diesem königlichen Wort: B l e i b e n S i e nicht in der L i e b e, denn dies würde oft die Ursache von tausend Versuchungen sein, wie: Liebe ich? Werde ich geliebt? Bleiben Sie im Hause der göttlichen und väterlichen Güte Gottes wie ein Kind, das nichts weiß, nichts tut, alles beschädigt, aber in dieser s ü ß e n G ü t e bleibt.

Ich segne Sie im Herrn.

Eymard.

P. S. - Ich hatte Ihnen einen Brief mit der Anschrift Ihrer Schwester in Mée geschickt.


Nr.1523

An de Cuers

Rom, 4. März 1865.

Lieber Pater!

Ich schreibe Ihnen ein paar Zeilen, um Ihnen zu sagen, daß ich gestern mit Kardinal Barnabò zusammengetroffen bin; ich habe ihn für unsere Sache eingenommen angetroffen; es tat ihm sogar leid, daß Msgr. Capalti, dem er die Aufgabe übertragen hatte, unsere Sache trotz seiner Erkrankung in der Sitzung nicht behandeln ließ; er wiederholte mir: "Gehen Sie zum Sekretär, damit er die Angelegenheit nicht wieder vergesse!" Nun bin ich fortwährend hinter diesem armen Msgr. Capalti her, der mir sein Wort gibt und es dann nicht mehr wagt, mir unter die Augen zu treten.

Trotzdem versichert mir der Kardinal, daß der Punkt bei der nächsten Generalversammlung im März zur Sprache kommen wird. Aber, lieber Pater, ich habe mich geirrt, oder Msgr. Capalti hat sich geirrt: nicht Montag, 6., der für die Angelegenheiten des orientalischen Ritus bestimmt ist, sondern knapp danach ist unser Termin; man konnte mir den Tag nicht nennen, ich werde ihn nächste Woche erfahren.

Ich war fast zur sofortigen Abreise entschlossen, als ich erfuhr, daß unsere Affäre nicht am 6. behandelt würde, vor allem nach der Enttäuschung mit Msgr. Capalti gestern früh; nachdem ich mir aber überlegt hatte, was mir Kardinal Barnabò, den ich daraufhin aufgesucht habe, erklärt hat, will ich noch ein wenig warten; ich fürchte Msgr. Capalti; und da nicht er entscheidet, wohl aber die Angelegenheit vorträgt, wurde mir der gute Rat erteilt, ich solle persönlich verschiedenen Kardinälen das Anliegen vortragen; zwei von ihnen sind bereits auf unserer Seite: der Kardinal de Reissach und Kardinal Pitra, dazu kommt noch der Kardinalpräfekt.

Welch traurigen Tag habe ich gestern zugebracht! Aber der lb. Gott wird ihn uns anrechnen. Ich habe vom Kardinalpräfekten unerhörte Einzelheiten über Jerusalem erfahren; von Lumpereien, die man dem guten und vorzüglichen Generalkustos angetan hat, weil er mit dem Patriarchen zusammenarbeitet: unter tausend Schikanen zwang man ihn zur Abdankung; aber der Hl. Vater wollte diese nicht annehmen und hat ihn sogar zum apostolischen Visitator ganz Syriens ernannt.

Der Teufel treibt fleißig seine Spiele, und die armen Köpfe tun sich hier Übles an und zeigen so ihren schwachen Geist.

Der Generalobere der Franziskaner in Rom hat in dieser traurigen Affäre, die sich abgespielt hat, auch eine nicht unwichtige Rolle gespielt.

Ich zelebriere die Stiftungsmessen. Ich halte es hier hier wie Sie: hier wird am Morgen ein kleiner Imbiß gereicht und damit kann ich fasten: es ist in Wasser gelöster Kakau mit Kaffee, wenn man mischen will, oder eine m i x t i o; dazu ein kleines f r u s t u l u m, etwa vier Finger breit; und alles geht gut.

Die strengsten Ordensgemeinschaften in Rom fasten auf diese Weise.

Nur Zuversicht, der Abendmahlssaal ist auf dem Weg.

Ihr im Herrn ganz ergebener

Eymard S. S.


Nr.1524

An P. Ler.

A. R. T. E.

Rom, 7. März 1865.

Lieber Pater!

Wieder eine kleine Prüfung!

Gestern fand keine Generalversammlung der Kardinäle statt, sie ist auf einen anderen Tag im Laufe des Monats verschoben worden. Nachdem ich solange zugewartet habe, will ich noch ein wenig warten; erbitten Sie immer den heiligen Willen Gottes.

In Rom sind die Offiziere wie die einfachen Militärs vom Fasten und Fleischverbot ausgenommen.

Ich bin noch immer hier bei den guten Redemptoristen in Exerzitien; dies tröstet mich und tut mir gut.

Brüderliche Grüße an alle!

Im Herrn ganz Ihr

Eymard.

P.S.- Ich bin froh über die Weihe von Frater Heinrich; denken Sie auch an jene von Frater Chave; sehen Sie zu, ob er nicht ein wenig mutlos wird: das ist eine Versuchung! Wenn er einmal Subdiakon ist, wird er davon erlöst sein.


Nr.1525

An Sr. Guyot

A. R. T. E.

Rom, 11. März 1865.

Teure Mutter im Herrn!

Ich bin noch hier, aber ich hoffe, nur mehr für kurze Zeit. Ich war recht glücklich, Exerzitien von einem Monat ganz für mich außerhalb Roms zu machen. Nun warte ich noch einige Tage, um zu wissen, ob uns die Propaganda endlich eine Antwort gibt. Wenn nicht, reise ich ohne sie ab und erwarte sie von der göttlichen Vorsehung in Paris, denn vielleicht ist die Stunde noch nicht gekommen, obgleich ich trotz allem und wider alle Hoffnung hoffe.

Ich bewundere, wie es der gute Meister so gut verstanden hat, mich zu zwingen, in die Einsamkeit zu gehen; und heute bin ich ganz glücklich darüber. Nicht daß ich etwas Zusätzliches möchte, nein! Aber ich sehe die Dinge etwas klarer.

Es bleibt nun die Herstellung dieses neuen Brotes für meine arme Seele. Ich gebe Ihnen heute kein solches, das wäre nur altes, welches Sie seit langem kennen und das Ihnen nicht immer genützt hat, weil es zu alt war! Wir werden Ihnen bei unserer Rückkehr neues Brot geben! In der Zwischenzeit lassen Sie mich ganz einfach sagen: Streben Sie danach, nicht vom Almosen der armen L e u t e, der armen S e e l e n f ü h r e r, der armen B ü c h e r, der armen B i l d e r und sogar der schönen G e s ä n g e zu leben, alldas erschöpft sich schnell. Leben Sie v o n U n s e r e m H e r r n, i n U n s e r e m H e r r n und f ü r U n s e r e n H e r r n. - "Wer in mir bleibt und ich in ihm," spricht der Herr, "der bringt reiche Frucht!" Bleiben Sie also im Herrn! Aber wie? So werden Sie mich fragen.

Indem Sie sich V E R L A S S E N. Dazu segne ich Sie in diesem guten Meister und bleibe

Ihr ergebenster

Eymard.

P.S.- Reden Sie ein wenig öfter mit P. de Cuers. Ich versichere Ihnen, daß er besser ist, als er erscheint oder vielmehr, als Sie ihn halten.


Nr.1526

An Frau Camille Jordan

A. R. T. E.

(Adveniat Regnum Tuum Eucharisticum, A.d.Ü.).

Rom, 11. März 1865.

Gnädige Frau im Herrn!

Ich bin noch in Rom, hoffe aber, in 14 Tagen abzureisen. Wie auch immer, ich mache mit dem lb. Gott keine Rechnung mehr, weil mich meine Berechnungen andauernd täuschen.

Mein Wunsch ist es jedoch noch immer, Sie auf der Durchreise kurz im Herrn zu grüßen, Sie anzuhören und Ihnen zu berichten, was ich an Gutem weiß, sowie Ihnen und Ihrer lb. Tochter ein bißchen wohlzutun.

Ich bin dem lb. Gott recht dankbar, daß er mir die Gnade bewährt hat, hier einen Monat lang zurückgezogen in der Nähe von Santa Maria Maggiore, fern von der Stadt und ihren Besuchern, Exerzitien zu machen. Wenn ich auch recht armselig in die Welt zurückkehre, so habe ich doch eine vortreffliche Tür etwas besser kennengelernt: die Tür des Gebetes, die sich auftut, wann man will.

Ich habe Sie recht bedauert, denn einen guten Seelenführer verlieren, heißt viel verlieren; aber Unser Herr bleibt Ihnen erhalten, und Sie müssen trachten, ein wenig mehr unter seiner inneren Leitung zu leben und sein Lebensbrot auszunutzen, d.h. mit ihm zu leben, mehr in seinem Inneren als in Ihrem.

Er hat gesagt: W e r i n m i r b l e i b t u n d i c h i n i h m, d e r b r i n g t v i e l e F r u c h t. - Bleiben Sie also mehr in Unserem Herrn!

Von Zeit zu Zeit sehe ich die gute Frau Nugues; sie ist ständig krank; hätte sie nicht viel Kraft, würde sie mir sehr leid tun.

Adieu, auf bald, wenn Gott will.

Ihr ergebenster

Eymard.


Nr.1527

An de Cuers

Rom, 18. März 1865.

Lieber Pater!

Ich bin noch immer hier und warte für den Monat März.

Ich habe mit einflußreichen Kardinälen gesprochen: sie sind unserer Sache gewogen, aber alles wird von der Art und Weise abhängen, wie Msgr. Capalti sie vorstellen wird.

Ich werde am Vorabend zu ihm gehen; dazu werde ich meinen ganzen Mut aufbringen müssen, denn, wahrlich, ich wage es fast nicht mehr, zur Propaganda zu gehen; sosehr scheine ich den Beamten dort auf die Nerven zu gehen.

Ich sende Ihnen die Liste von Büchern in einer Kiste, die Sie in etwa einer Woche erhalten werden; nicht alle Bücher gehören uns, auch nicht die beigepackte kleine Kiste.

Ich habe ziemlich Glück gehabt, das große Werk für kanonisches Recht kaufen zu können, das Papst Gregor XVI. neu drucken ließ und als das beste Buch auf diesem Gebiet gilt; ich konnte ebenso etliche gute Bücher für Theologie und Philosophie, sowie die gediegene und korrigierte Ausgabe von Noel Alexander finden.

Ich brauche Ihnen nicht zu verraten, daß ich verschmachte und von hier fort möchte. Der Gute Meister weiß es, aber es gilt vor allem, seine e u c h a r i s t i s c h e A n g e l e g e n h e i t zu erledigen; die Zeit bedeutet für Gott nichts, aber seine Verherrlichung bedeutet alles.

Es geht mir gut, die Fastenzeit verläuft nicht schlecht. Ich weiß nichts von hier, denn ich lebe in der Zurückgezogenheit; ich weiß nur, daß es dem Hl. Vater sehr gut geht, das ist für Rom und für die Welt alles!

Meine herzlichsten Grüße an die ganze liebe Familie.

Im Herrn ganz Ihr

Eymard.

Wir haben einen Transportpreis von 31 Fr. pro 100 kg ausgemacht; ich kenne die Taxen für Import und Zoll nicht.

An hochw. P. de Cuers

Religiose vom Hlst. Sakrament

Rue Faubourg St. Jacques 68

Paris


Nr.1528

An M. Guillot

Rom, 21. März 1865.

Teure Tochter im Herrn!

Ich sende Ihnen den Brief für den hochwst. Bischof; verschließen Sie ihn mit ein wenig Wachs unter dem Siegel und lassen Sie ihn Seiner Exzellenz überbringen.

Sollte er Sie fragen, ob Sie wissen, was ich ihm geschrieben habe, antworten Sie ihm, ich habe es Ihnen mitgeteilt. Sollte sich Se. Exzellenz darüber beklagen, er wäre nicht auf dem laufenden gehalten worden, sagen Sie ihm, es handelte sich um eine persönliche Angelegenheit und daß es schließlich Sache des Beichtvaters sei, dies zu tun, wenn eine Notwendigkeit dazu bestehe; und was Sie betrifft, wälzen Sie die Verantwortung auf uns.

Es handelt sich um eine Prüfung, das ist alles. Gott wird daraus seine Ehre ziehen. Nur Mut! Arme Tochter, Sie sehen zuviel, entweder den Erfolg des Werkes oder die Prüfungen. Das ist ganz natürlich und ohne Zweifel auch übernatürlich, wenn man sich so einsetzt für das Werk Unseres Herrn, wie Sie es tun; aber Sie müssen beten und den Meister die Winde und Stürme besänftigen lassen und nie ermüden ................................... ...............................................................................................................................................

sich zu seinen Füßen aufhalten ............................................................................................

....................................................................... 3 Zeilen gelöscht ......................................

Machen Sie sich keine Sorgen .............................................................................................

Dieser Ausdruck "man muß" ist eine menschliche Armseligkeit .........................................

wenn man vor diese Wahl gestellt würde, würde ich ......... auffordern, zu prüfen, zu beten und wegzugehen; denn wer immer mich vor diese Alternative stellte, ich werde mit der Bestrafung der ersten beginnen, die droht; seien Sie jedoch vorsichtig, keine zu große Bedeutung darauf zu legen. Erinnern Sie sich, daß ein Oberer alles als n i c h t g e s a g t, als n i c h t w a h r und n i c h t s t r a f b a r anzusehen hat, was ihm nicht offiziell oder pflichtgetreu gemeldet wird.

Ich segne Sie im Herrn,

Eymard.

Fertigen Sie eine Abschrift von meinem Brief an den hochwst. Bischof an.


Nr.1529

An Sr. Benedikte

Rom, 21. März 1865.

Liebe Schwester Benedikte!

Ich möchte Ihnen zu Ihrem Namensfest des hl. Benedikt meine Glückwünsche überbringen. Ich habe Sie bereits heute früh bei der hl. Messe beglückwünscht. Ich bitte unseren guten Meister, er möge Ihnen eine heilige Liebe schenken, und daß Sie Ihre Leiden ganz für ihn und ihn allein ertragen, - denn nur dies allein macht ihm Freude, daß er in allem die erste Huldigung empfängt.

Seien Sie einfach und mild wie die heiligste Jungfrau, wie der hl. Josef, der vor seinen Augen so klein war wie Jesus: sanft und demütig von Herzen.

Halten Sie sich nicht bei Ihrem Kummer des Geistes auf: machen Sie ganz entschieden kurzen Prozeß mit allem, w a s v e r g a n g e n i s t.

Unser Herr hat die Kinder sehr gern; - nun vergessen die Kinder schnell die vergangenen Schmerzen und beschäftigen sich stets mit den gegenwärtigen Dingen; gerade dies bewirkt ihre Einfachheit und ihren Frieden.

Beten Sie für Rom, - für den Sekretär der Propaganda und für die Kardinäle. Ich glaube, daß der Termin des letzten Wartens der erste Montag im April sein wird. Gott sei für alles elobt und gepriesen!

Ich segne Sie in Unserem Herrn

Eymard.


Nr.1530

An de Cuers

A. R. T. E.

Rom, 30. März 1865.

Lieber Pater!

Beten wir die Pläne Gottes an und preisen wir seinen heiligen Willen! Das D i l a t a wurde bei der Generalkongregation der Kardinäle aufrecht erhalten. Es war Msgr. Capalti, der mir gestern erklärt hat, daß die Kongregation am 28. beschlossen hat, den S t a t u s q u o beizubehalten und an der alten Ordnung nichts zu ändern; im Moment sei nichts zu machen.

Als ich die Propaganda verlassen hatte, holte ich mir das Visum für den Reisepaß. Ich wäre sofort abgereist, ich konnte aber den Zug nicht mehr erreichen; ich fahre heute abend zu Lande, ich fürchte nämlich zu Wasser allzusehr unter der Seekrankheit zu leiden, weil ich etwas wackelig beisammen bin. Ich werde in kleinen Tagereisen fahren, um nicht zu viele Nächte ohne Schlaf zu verbringen.

Diese Nachricht hat mich ein wenig erschüttert, ich habe es eilig abzufahren, obgleich ich ein wenig auf alles gefaßt war. Trotz allem schienen mir die einflußreichen Kardinäle sehr zu unseren Gunsten zu sein, vor allem der Kardinalpräfekt. Wie hat man die Sache präsentiert? Ich weiß es nicht, ich kann nur sagen: f i a t v o l u n t a s t u a!

Der hochwst. P. Superior der Redemptoristen zeigte ein außergewöhnliches Wohlwollen zu uns und unser großes Anliegen; er hat sich dafür persönlich eingesetzt und verdient dafür unsere Anerkennung.

Auf bald, ich hoffe es.

Im Herrn ganz Ihr

Eymard S.S.

An hochw. P. de Cuers

Religiose vom Hlst. Sakrament

Rue Faubourg St. Jacques 68

Paris


Nr.1531

An den Vater von P. Audibert

1863 /laut Troussier 1865/

Lieber Vater!

Ich hatte den Plan, Ihnen auf meiner Rückreise von Rom einen kleinen Besuch in Carnoules zu machen. Ich fuhr bis Genua zu Lande, aber - erschreckt durch die Länge des Weges - habe ich die Eisenbahn von Turin genommen. Ich wollte Sie einfach wieder einmal sehen, es ist ja so lange her, seitdem ich diese Freude erlebte; sodann wollte ich Ihnen über Rom erzählen und Sie wegen Ihres edlen Entschlusses loben, die Sache nicht vor den römischen Gerichtshof bringen zu wollen. Wie ich es mit großer Erbauung feststelle, ist die Tugend größer als die Beleidigung: das Verdienst und sogar die Ehre werden ebenso zunehmen.

Ich sage Ihnen nichts von Ihrem lb. Sohn, Sie kennen ihn, er wird von allen hier geliebt und von Gott gesegnet. Glücklicher Vater, glückliche Mutter, einen solchen Sohn zu haben! Glücklicher Bruder, glückliche Schwester, einen solchen Bruder zu haben!

Wenn wir es wären, denen Sie ihn geschenkt haben, könnten wir es nie genug bezahlen; aber dieses Geschenk wurde Gott und Jesus Christus im Hlst. Sakrament gemacht! Sie sind also der große Gläubiger dieses Guten Meisters! Wir unsererseits wollen an der Freundschaft der Familie teilnehmen, da wir durch P. Audibert ein wenig die Ihren geworden sind.

Leben Sie wohl, guter Vater, gute Mutter, oder besser: Auf Wiedersehen!

Im Herzen ganz Ihr

Eymard.


Nr.1532

An M. Guillot

Paris, 18. April 1865.

Teure Tochter!

Geduld, Gebet und Zuversicht. Die Auferstehung Unseres Herrn wird Sie alle auferwecken und alles wieder herstellen.

Lassen Sie stets große Klugheit walten bei all diesen Autoritätskonflikten und stellen Sie sich auf die Seite des hochwst. Bischofs.

Es geht mir besser, aber eine große Erschöpfung bleibt mir noch.

Guten Tag, Schwester Benedikte! Aber dieser gute Tag des auferstandenen Herrn! Seien Sie nicht traurig!

Meine Segenswünsche an alle Ihre teuren Töchter.

Ich segne Sie,

Eymard.

Ich werde Ihnen morgen ausführlicher schreiben.


Nr.1533

An P. Ler.

A. R. T.

Paris, 20. April 1865.

Lieber Pater!

Ich danke Ihnen für den liebenswürdigen Brief und Ihre Gebete; meine Grippe schleicht sich mit kleinen Schritten davon; wenn es mir bessergeht, werde ich einen kurzen Sprung nach Angers machen.

Wir, das heißt P. de Cuers und ich, glauben, daß P. Audibert zu diesem Zeitpunkt nicht nach Angers gehen kann; er hat eben in Beauvais hart gearbeitet: dies würde ihn zu viel belasten und auslaugen: Sie werden Ihre Exerzitien selber geben, lieber Pater: Ihre Stimme ist diesem frommen Hörerkreis sympathisch.

Sie sind an Ort und Stelle, um die Sache zu beurteilen, aber nach einem Jubiläum, einer Fastenzeit, nach Ostern wäre ein Exerzitientermin besser nicht festzusetzen; aber noch einmal: der Kommandant am Ort des Geschehens beurteilt die Dinge besser als jene, die sie nur von ferne sehen.

Sonst gibt es nichts Neues, alles sind wohlauf!

Brüderliche Grüße allen!

Ganz Ihr

Eymard,S.


Nr.1534

An Fr. Camille Jordan

A. R. T.

Paris, 22. April 1865.

Teure Dame im Herrn!

Ich danke Ihnen für Ihre anerkennenden Worte, die mich Ihr Schreiben zweimal lesen ließen. Sie sind mir für die Messen nichts schuldig. Ich werde für diese geplante Hochzeit beten, denn ich sehe darin Angemessenheit und ein gutes Ziel.

Sie gehen also nach Calet! Ich beneide Sie um dieses Glück. Ich stecke nun wieder im Strudel der Besuche und Geschäfte dieser Welt: Gott sei dafür gepriesen! Aber mir fällt's ein wenig schwer. Bei meiner Ankunft hat mich die Grippe erwischt und mich gezwungen, in leidlicher Verfassung im Haus zu bleiben: es war eine Rast für die Seele.

Sie haben die erste Frucht aus Rom erhalten, andere haben nur einige Blätter bekommen: das ist auch gerechtfertigt; ich war wie ein armseliges Gefäß, das noch von dem Duft erfüllt war, den ich von Gottes großer Güte empfangen habe. Seien Sie recht glücklich mit Gott und mit sich selbst: nähren Sie sich sowohl in natürlichen wie in übernatürlichen Dingen von dem, was die göttliche Vorsehung Ihnen in jedem Augenblick gibt; seien Sie in zärtlicher Liebe durch ein einfaches Verlangen des Herzens mit Gott vereint - sowohl im allgemeinen, wenn nichts besonderes die Liebe anregt, aber ganz besonders dann, wenn Ihnen eine innere Heimsuchung Gottes zuteil wird.

Ich segne Ihre Seidenwürmer, damit ihnen der gute Meister Wachstum und volles Gedeihen gebe!

Ein Gruß an die teure Tochter Ihres Herzens!

Ihr im Herrn ergebenster

Eymard, S.

P. S. - Schreiben Sie mir die Vor- und Nachnamen der zwei Aggregierten.


Nr.1535

An Frl. v. Revel

Paris, 22. April 1865.

Gnädiges Fräulein!

Ich war der erste, der es bedauert hat, Sie nicht empfangen zu können; ich gestehe, daß ich nicht wieder abgereist wäre, ohne vorher diese Pflicht erfüllt zu haben, eine Pflicht des Herzens und auch der Dankbarkeit, denn die Freundschaft der Seele hat ihre sehr süßen und legitimen Rechte, aber ich fühlte mich ein wenig geschwächt; die M ü d i g k e i t von Paris hat mich erfaßt und so bin ich zurückgekehrt, um mich zu Bett zu legen, wo ich wegen einer Grippe festgehalten wurde; sie tritt wieder mit kleinen Schritten ab.

Ich möchte nun Ihr Schreiben beantworten. Sind Sie also der Liebe oder des Hasses würdig? Sie sind Gegenstand der Liebe und Barmherzigkeit. Ja, ganz gewiß, ja, Sie sehen, daß der gute Meister wohl oder übel noch immer Ihr eifersüchtiger Bräutigam sein will. Er nimmt Ihnen alles weg, um Ihr einziges Gut zu sein. Er nimmt Ihnen sogar Ihre Tugenden und die Möglichkeit zur Arbeit, um Ihre einzige Tugend und Ihre Aktion zu sein.

Nun ist es ein sicherer Grundsatz, daß Gott eine Seele deshalb aller Dinge entblößt, weil er sie mit seinen Gnaden der Barmherzigkeit bekleiden will; überdies beraubt er Sie Ihrer selbst, und Sie erreichen jene letzte Situation, in der Sie Angst haben sogar vor Ihren guten Werken, und Sie können nur mehr durch die Selbstüberantwortung an die unendliche Barmherzigkeit Gottes und an die unendlichen Verdienste Unseres Herrn Jesus Christus Vertrauen finden.

Gott liebt Sie sehr. Er besitzt immerfort Ihr Herz als erster. Sie haben ununterbrochen gelitten. Er hat Ihnen ein geradliniges Urteilsvermögen geschenkt, das Sie wohlbehütet hat, und ein etwas strenges Gewissen, das Sie aufrecht erhalten hat. Sie fühlen sich recht arm und elend in Ihren Betrachtungen und Gebeten. Es stimmt, wenn alt man wird, das natürliche Gefühl sich verjüngt, erschwacht die übernatürliche Einstellung von Tag zu Tag, um einem Geist reinen Glaubens und einer Treue zur Tugend Platz zu machen. Sie sind hier angelangt, seien Sie treu und halten Sie sich getreulich an Ihre frommen Übungen, sogut es wenigstens Ihre Gesundheit und Ihre Kräfte zulassen, dann wird Gott mit Ihnen zufrieden sein. D e r C h a r a k t e r i s t d e r n ä m l i c h e, das ist natürlich, das ist sogar notwendig.

Wo gäbe es sonst diesen täglichen Kampf der Tugend, wenn der Frieden in uns vollkommen wäre? Schließen Sie mit Ihren Charakterfehlern nie Frieden, sondern lieben Sie diesen Charakter der Tugend willen, die sein Verdienst und seine Kraft sein sollen.

Der Charakter, das sind wir. Bezüglich der Gelegenheitsbeichte: fahren Sie fort, das ist gut so, das ist das Gesetz des Standes. Der Arme empfängt ohne andere Vorbereitung als seine übliche Armut. Bereiten Sie die Beichte möglichst am Morgen vor, wenn es möglich ist, diese Vorbereitung bleibt dann eine Gewohnheit. Die Danksagung wird daraus Nutzen ziehen.

Die Sammlung muß Ihnen wohl recht schwer fallen - vor allem die Sammlung des Gewissens und seiner Handlungen; das erklärt sich aus Ihrer eintönigen Lebensweise, aus Ihrem etwas kränklichen Zustand und auch ein bißchen aus der Trägheit des Geistes. Haben Sie eine einfache Auffassung über das Gewissen; verachten Sie, was Sie nicht als klar und präzise sehen, als eine Versuchung. Leider, gute Schwester, man muß sich darauf beschränken, Gott allein mit dem Herzen zu dienen. Das Herz erbt von dem, was andere Begabungen verlieren, und Gott will das Herz, es steht immer zu unserer Verfügung. Wir wandern auf das Paradies zu; ersehnen wir diesen schönen Himmel, indem wir oft sagen: Adveniat regnum tuum. - Immerfort danke ich sehr für Ihr so gütiges Gedenken; bei Ihnen kann die Dankbarkeit nicht alt werden. Hätte ich doch mehr Recht!

In unserem guten Meister verbleibe ich

Ihr ergebenster

Eymard


Nr.1536

An P. Ler.

Paris, 24. April 1865.

Lieber Pater!

Ich hoffe, morgen abends bei Ihnen einzutreffen, um nur einige Tage in Angers zuzubringen und mehrere Fragen bezüglich der Tertre zu behandeln oder wenigstens zu prüfen.

Wir waren alle der Meinung, daß Frater Anatol nicht bei uns bleiben könne: dieses zu kontemplative Leben entspricht nicht der Art seines Geistes, der schon allzusehr beansprucht wird, und auch nicht seiner Gesundheit: ich habe ihm ein aktiveres Leben angeraten; er sieht es ein; ich nehme an, daß er bei den Maristen angenommen wird: es ist eine liebe, fähige Person, ein guter Mitbruder, aber wir können seine Gesundheit nicht aufs Spiel setzen. Er hat seiner ehrenhaften Familie geschrieben und wird mit mir kommen. Ich beabsichtige, Pater Carrié nur für einige Tage von Angers nach Paris zu senden; dies wird ihm guttun; sagen Sie ihm, er solle sich für Mittwoch abend bereithalten; er wird P. Chanuet beim Predigen der Exerzitien für die Erstkommunikanten, welche am kommenden Donnerstag beginnen, behiflich sein. Er wird vier Unterweisungen übernehmen.

Bis bald, lieber Pater; wir werden in aller Ruhe über unsere kleine und teure Gesellschaft und die Ehre des Guten Meisters plaudern.

In Unserem Herrn verbleibe ich

ganz Ihr

Eymard,S.


Nr.1537

An Fr. v. Grandville

A. R. T.

In der Eisenbahn, 26. April 1865.

Gute Dame!

So bin ich also aus Rom zurück. Bei meiner Ankunft in Frankreich hatte ich die Grippe; jetzt geht es mir ziemlich gut. Ich bleibe bis Montag nächster Woche in Angers.

Sicher würde ich Sie besuchen, wenn ich länger dort bliebe. Ich fürchte jedoch, daß mir keine Zeit dazu bleiben wird. Wenn Sie mich in Nantes sehen wollten, müßte ich Sie krank wissen; dann wären Sie sicher, daß Sie mich dort einige Stunden lang sähen.

Ich warte wenigstens auf Ihre Nachrichten. Sie wissen, mit welcher Hingabe ich im Herrn verbleibe als Ihr

ergebenster

Eymard.

P.S.- Meine herzlichen Segenswünsche an Ihre gute Schwester.


Nr.1538

An Sr. Benedikte

Angers, 5. Mai 1865.

Teure Tochter im Herrn!

Ich habe geglaubt, gestern klar gesprochen zu haben und alles zugunsten der Gnade und des Friedens zu regeln. - Es ist doch nicht möglich, daß Sie alles, was ich gesagt habe, in einem anderen Sinn verstanden haben. Arme Schwester Benedikte, Sie dürfen sich nicht in einer solchen Traurigkeit gehen lassen. Ich habe nicht einmal daran gedacht, was Sie da angenommen haben.

Wie können Sie nur solche Gedanken von mir glauben nach all den Vertrauensbeweisen, die ich Ihnen erwiesen habe?

Hier handelt es sich um eine schwere Versuchung, es ist der Teufel, der Ihnen zusetzt; bemühen Sie sich um den inneren Frieden und seien Sie versichert: ich wollte Ihnen nichts wegnehmen noch Sie herabsetzen.

Ich bitte Sie darum um der Liebe Unseres Herrn willen, kehren Sie zurück zum Frieden und zur Arbeit Ihres Amtes.

Ich segne Sie

Eymard.


Nr.1539

An Fr. v. Grandville

Paris, 6. Mai 1865.

Gnädige Frau in Christus, dem Herrn!

Ich sende Ihnen Ihr frommes Foto zurück; es ist das Bild einer Heiligen.

Am 25. März sah man sie heimgehen, glücklich und schön! Wann werden wir an der Reihe sein?...

Ich bin Unserem Herrn dankbar, Sie gesehen zu haben; ich hätte unser Zusammensein noch weiter verlängert, wenn ich Ihrer Seele viel Gutes hätte erweisen können; denn sie ist mir gar teuer im Herrn.

Da bin ich wieder mitten in Paris und mit 1000 Dingen beschäftigt. Gott sei dafür gelobt und verherrlicht! Aber die Seele leidet darunter - und oft auch der Geist der Sammlung.

Halten Sie sich immer recht vereint mit unserem Heiland: dies ist das einzige wahre Leben, denn darin besteht unsere Gnade, unsere Tugend und unser Glück.

Ich segne Sie im Herrn,

Eymard, S.


Nr.1540

An Kardin. Barnabò

Paris, 8. Mai 1865.

Rue fg.St.Jacques 68.

Eminenz!

Ihre Liebe hat mich stets so wohlwollend empfangen, daß ich Sie bitte, ein letztesmal einen Brief von mir lesen zu wollen.

Nach meiner Rückkehr nach Frankreich habe ich vernommen, daß man uns bei der Propaganda angezeigt hat, wir hätten einen Zweig von Ordensfrauen, die unter unserem Gehorsam stünden und unsere Werke mit uns ausübten.

Es wurde mir versichert, daß Eure Eminenz einen Brief von einer sehr ehrenhaften Person erhalten hätten, welche diese Feststellung zum Ausdruck brächte; ferner hätten Ordensleute, deren Namen ich nicht nenne, aus Eifersucht über unseren Plan an Msgr. Capalti dieselbe Anzeige erstattet. - Ich wundere mich nicht mehr, Eminenz, über die Kälte des Herrn Sekretärs, auch nicht über die Vertagung der Behandlung unserer Frage zur Gründung in Jerusalem. Ich bin sogar überrascht über soviel Geduld und Interesse, die Sie mir gegenüber gezeigt haben. Ich möchte hier nur meinen Schmerz darüber ausdrücken, daß ich über diese Sache nicht um meine Äußerungen gebeten wurde; nun unterstreiche ich Eurer Eminenz, daß die Sachlage falsch ist, daß wir keine Ordensfrauen haben, daß ich zu diesem Zweck keine Ordensfrau nach Jerusalem geschickt habe, daß wir keineswegs diese Absicht haben, weil wir die Ansicht des Hl. Stuhles über diesen Punkt kennen.

Ich wage es zu hoffen, daß meine absolute Beteuerung ohne irgendwelche andere Auslegungsmöglichkeit bei Ihrer unparteiischen Einstellung ein günstiges Gehör finden wird. - Jene aber, die das Gegenteil behauptet haben, haben doch wohl konkrete Beweise gehabt, müßte man annehmen. Es ist möglich, daß man uns in Frankreich als Obere über eine Gemeinschaft von Anbeterinnen betrachtet, welche mit unserer Hilfe in Angers gegründet wurde, aber jene Damen stehen unter der Autorität und den Gehorsam des Bischofs und haben Weltpriester aus der Stadt als Beichtvater und Seelsorger, die vom Bischof ausgewählt worden sind.

Was die Anzeigenden und vielleicht auch den hochwst. Patriarchen in Jerusalem täuschen konnte, war die Tatsache, daß ein Fräulein aus Paris mit Namen Maria Michel, die von meinen Plänen wußte, nach Jerusalem gezogen ist, obwohl ich ihr versicherte, daß wir uns mit keinem Frauenwerk vereinigen wollen; daß wir nichts dergleichen noch dazu in einem so verkommenen Land tun wollen. - Auf all diese Beteuerungen erklärte mir das Fräulein, daß es ihr freistehe, dorthin zu gehen. Man kann mir also ihre Worte und Projekte, wenn sie solche hat, nicht zur Last legen; zudem müßte sie von ihrer Wallfahrt mit der französischen Karavane bereits zurückgekehrt sein. Nach diesen Feststellungen, Eminenz, kommt es uns sehr hart an, daß wir von der Hl. Kongregation so streng behandelt worden sind. Insbesondere nach den beiden von der Propaganda ergangenen Briefen, die uns so ausdrücklich ermutigten zur Verwirklichung unserer vorläufigen Gründung in Jerusalem und uns dem Herrn Patriarchen empfohlen hatten. - Durch die letzte Entscheidung der Hl. Kongregation wurden wir beim Herrn Außenminister bloßgestellt; wir haben ihm den Inhalt des Briefes Eurer Eminenz mitgeteilt. Welchen Grund können wir in der Tat für diese neuerliche Verweigerung anführen? Wir haben nichts angestellt oder uns zuschulden kommen lassen; wir haben uns unter großen Unkosten für diese Niederlassung vorbereitet; soll also die Eigenschaft, daß wir Franzosen sind, das Hindernis sein? Es werden uns ununterbrochen die Privilegien im Hl. Lande vorgehalten; aber wir respektieren sie ja und werden sie respektieren; wir können den Patres Franziskaner gar keine Konkurrenz machen, da wir lediglich Anbeter sind, sie aber Pfarrer und Missionare.

Es ist sehr hart, Eminenz, das Gelobte Land nur von fern zu sehen und auf dem Berg Horeb zu sterben. - Aber Mose hatte durch Mißtrauen gesündigt und wir haben vielleicht durch zuviel Vertrauen gefehlt.

Nehmen Sie, Eminenz, ein letztesmals den Ausdruck meines Schmerzes entgegen, aber auch meiner Hoffnung auf Ihre Gerechtigkeit und Ihre Liebe zur Wahrheit.

Mit tiefster Ehrfurcht küsse ich Ihren geheiligten Purpur und verbleibe Ihr untertänigster und gehorsamster Diener

Eymard.

Sup. der Gesellschaft vom Hlst. Sakrament.


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