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Index Briefe Bd. 6 / Index Französisch / Index Eymard


Nr.1981

An Frl. Steph. Gourd

A. R. T.

Brüssel, 27. Juli 1867.

Teure Tochter im Herrn!

Ich danke Gott für Ihren Brief, daß er Ihnen die Augen geöffnet hat zur Erkenntnis des richtigen Verhaltens und für die Gnade, die mir Gott geschenkt hat, Ihnen dies anläßlich meiner letzten Reise mitzuteilen. Ich habe mir eine solche Prüfung überhaupt nicht erwartet; sie öffnet auch mir die Augen über einen wichtigen Punkt. Erinnern Sie sich, teure Tochter, daß niemand auf der Welt das Recht hat, Ihnen ein im Gewissen verpflichtendes Geheimnis aufzuerlegen, und daß alle denkbaren Gelübde vor diesem Gesetz nichtig sind.

Sie haben Gott überhaupt nicht beleidigt; das versichere ich Ihnen; also keine Aufregung oder Beunruhigung; aber Sie haben eine Lektion für die anderen erhalten.

Was Sie betrifft, glaube ich, daß sie aus Unkenntnis sündigt oder sie wird vom bösen Geist mißbraucht; sie ist gelegentlich so kindisch!

Ihre gute Mutter, sie ist nach Gott Ihre gute Seelenführerin. Seien Sie stets offen zu ihr.

Hätte ich zwei freie Tage, würde ich Sie besuchen; aber ich befürchte, daß ich zu viel zu tun haben werde.

Ich halte mich zwei bis drei Tage in Brüssel auf, dann kehre ich nach Paris zurück.

Befolgen Sie alles, was für Ihre Wasserkur notwendig ist; diese Behandlung sei die Gesundheitsregel, die Sie befolgen sollen.

Was den Dienst am guten Meister angeht, so hat er immer seine Stunde, sein Dienst ist unsere Pflicht und unsere Liebe.

Ich segne Sie, teure Tochter im Herrn,

Eymard, S.


Nr.1982

An Bischof Angebault

Paris, 1. August 1867.

Exzellenz!

Ich komme aus Brüssel zurück, wo ich mich einige Tage für die Visitation unseres Hauses aufgehalten habe; ich bedauere es, daß ich nicht sofort antworten konnte.

Ich war sehr gerührt über das Wohlwollen Ihrer Hoheit für unser Haus in Marseille. Der gute P. Leroyer hat mir seine Freude berichtet, als Sie ihn besucht haben; und auch ich möchte Ihnen, Exzellenz, dafür meine Dankbarkeit bezeugen.

In Nemours haben wir mit Schwester Benedikte eine lehrreiche Schule gemacht. Wir hatten unrecht: wir hätten diese arme Schwester lieber in ihrer Zelle mit Gott allein lassen sollen; ich wußte auch viele Dinge über sie nicht. Somit hat Ihr Brief, Exzellenz, einen Bekehrten angetroffen. Ich habe noch mehr getan: ich habe sie meine Entscheidung wissen lassen, daß ich ihren Namen ändern werde und sie, wenn ich kann, in den Schatten stellen werde. Ich weiß nicht, wohin ich sie - außer in Angers - geben soll.

Freilich wird die Bitte um eine kleine Tochterniederlassung der Anbeterinnen in Belgien an uns gestellt. Dort würde sie unbekannt sein und daher auch völlig unbeachtet bleiben. Bezüglich unserer neuen Niederlassung bin ich durch all diese Komplikationen äußerst bekümmert. Ich begreife ja die frommen Wünsche der frommen Seelen dieses Stadtviertels, in dem wir wohnen; - eine kritische Einstellung gegen uns zeigt sich bei einigen Personen, ohne Zweifel mit guter Absicht. Es wurde mir berichtet von Herrn de la Ville-Boisnet, den Nachbarn des Grundstückes, welches wir gekauft haben, und Kirchenvorsteher; dieser ist uns wegen der abgenommenen Einkünfte der Pfarre abgeneigt; wir hörten von Frau v.Richeteau, die behaupten soll, wir mißachten die Armen usw. Wir hingegen haben alles getan, um uns in ihrer Mitte einzurichten, fanden jedoch kein geeignetes Gebäude. Nun ist das Haus von Herrn Allard frei; es wird uns als Umtausch angeboten; - es wurde uns zum Preis von 35.000 Francs überlassen. Wir haben mit 92.000 Francs das Grundstück mit dem Theater gekauft; das wäre eine Summe von 57.000 Francs, die wieder zurückzuerhalten wäre. Wenn wir auch einen Teil verlieren, die Summe wird immer noch sehr beträchtlich bleiben, wenn man dieses Eigentum zum nahezu gleichen Wert verkaufte.

P. Audibert kommt morgen oder Samstag mittags. Er hat eben seinen kranken Vater besucht. Wir werden über diese schwerwiegende Frage gemeinsam beraten; ich werde nach Angers gehen, um an Ort und Stelle zu begutachten, welche Entscheidung zu treffen ist, und Ihrer Hoheit die Lage unserer persönlichen Frage unterbreiten, damit Sie das ganze beurteilen; ich bitte Sie zu glauben, daß mein ganzes Verlangen darin besteht, Ihnen genehm zu sein und unter Ihrem väterlichen Segen Gutes zu tun.

Mit dem Ausdruck tiefer Verehrung verbleibe ich

Ihrer Hoheit untertäniger und ergebenster Diener

Eymard, Sup.


Nr.1983

An Marianne

Paris, 2. August 1867.

Liebste Schwestern!

In Eile berichte ich Euch, daß die vier Söhne von Frau Tenaillon in der Eisenbahn unterwegs nach La Salette sind und daß sie Euch auf der Durchreise besuchen wollen; nehmt sie gut auf, gebt ihnen eine Mahlzeit, ich liebe sie wie meine Kinder.

Ich habe soeben Maria Ravanat geschrieben, sie solle nach La Mure gehen, um alle ihre Angelegenheiten zu regeln

Dieser arme Vater Ravanat ist an einem Hirnschlag gestorben. Er war so brav und fromm! Wir bedauern ihn sehr. Aber eine so schöne Seele kann nur in den Himmel kommen.

Es geht mir gut, ich bin reichlich beschäftigt, aber der lb. Gott steht mir zur Seite. Ich komme aus Belgien von einem Besuch unseres Hauses und ein anderes Haus vorzubereiten. In diesen Tagen werde ich Euch den Gutschein für die Post von Herrn Bonnes senden.

Er kam unbeabsichtigt unter meine Briefe, eben habe ich ihn gefunden.

Ich bin glücklich zu wissen, lb. Schwester, daß Ihr ganz allein zur Kirche geht; das beweist mir, daß es Euch bessergeht; Gott sei dafür gepriesen!

Diesmal bleibt in unserer Heimat und laßt Angers, wo es ist. Aber das hat Eurer Frömmigkeit gutgetan.

Adieu, lb. Schwestern, ich segne Euch in Unserem Herrn.

Euer Bruder

Eymard, Sup.

An Fräulein Marianne Eymard,

du Breuil-Straße, La Mure d'Isère.


Nr.1984

An Fr. Gourd

Paris, 3. August 1867.

Gnädige Frau und teure Tochter im Herrn!

Ich habe es gern, von Ihnen Briefe zu erhalten. Sie haben recht, man muß die Einbildungen Satans in diesem armen Kind fürchten. Wir wachen und werden wachen.

Ich werde ihr schreiben, daß Maria-Theresia ihren Eltern zurückgegeben werde und ihnen auch die Begründung mitgeteilt werde. Sie hat die 500 Francs erhalten.

Wenn Sie die Gelegenheit haben, der Familie von Maria-Theresia zu schreiben, ginge es rascher. Es war falsch, sich dieses Kindes in Nemours anzunehmen. Man hat es ohne mein Wissen getan: daher gibt auch Gott keinen Segen.

Sprechen Sie mit P. M. nichts mehr über die Vergangenheit; ich nehme mich der Sache an und werde sie gemeinsam mit anderen Dingen korrigieren.

Ich werde einen gründlichen Akt der Nächstenliebe ausüben.

Armes Kind! Es war so allein und sich selbst überlassen! Es hatte mehr als jedes andere einen festen und milden Gehorsam nötig.

Verbringen Sie gut Ihre Bäderkur, der lb. Gott will es. Wir müssen noch viel arbeiten zur Verherrlichung unseres guten Meisters. Hier nun meine Vorschrift:

D e n K o p f f r e i h a l t e n von aller Besorgtheit, aber ganz offenhalten für den augenblicklichen Willen Gottes.

D a s H e r z s e i f ü r G o t t, um ihn anzubeten, zu lieben und zu bedienen, wie er es will.

D e r W i l l e e i n e s K i n d e s.

D i e A r b e i t allein im Hinblick auf die Pflicht, nicht auf den Erfolg ansehen.

B e z i e h u n g e n z u m N ä c h s t e n: allein aus Anstand oder der Nächstenliebe willen; einfach und christlich, milde und gut sein zu Leidenden.

G e b e t: wie Gott es macht; die Grundlage sei die Hingabe und Danksagung.

D i e h l. K o m m u n i o n: Brot der Stärke und des Lebens; - arm und schwach, dankbar und liebend die hl. Kommunion empfangen.

I h r e G e w i s s e n s e r f o r s c h u n g über Ihre Pflichten. Das ist alles.

Ich schenke Sie unablässig dem guten Meister. Seien Sie seine Sache, seine Dienerin, seine Anbeterin.

Im Herrn verbleibe ich

Ihr ergebenster

Eymard, S.


Nr.1985

An die Schwestern Ravanat

A. R. T.

An die 3 Schwestern.

Paris, 4. August 1867.

Liebe Schwestern in Christus, dem Herrn!

Ich habe Ihnen noch nicht geschrieben, ich war fast immer durchwegs auf Reisen. Ich wußte übrigens, daß Ihnen während meiner Abwesenheit der gute Frater Aimé alle Einzelheiten über den heiligmäßigen Tod Ihres guten Vaters gegeben haben; wie zufrieden war er doch, ganz dem Hl. Sakrament zu gehören, ein Religiose zu sein und seine drei Töchter dem lb. Gott geschenkt zu haben! Armer Vater! Ich hätte nie geglaubt, daß ihn der gute Meister, der mit seinem Opfer zufrieden war, so früh zu sich und in seine Herrlichkeit rufe! Er hatte alle Opfer eines Religiosen gebracht.

Ein paar Tage vorher gab er dem Obern P. Chanuet sein ganzes Geld ab und sagte: "Ein Religiose soll nichts mehr besitzen. Ich will alles loswerden."

Sehen Sie, lb. Töchter, wie der gute Meister Sie liebt! Er wollte, daß alle dieselbe Berufung haben, um dieselbe Krone und dieselbe Herrlichkeit zu erhalten. Und wenn auch der Tod eines so guten Vaters Sie weinen läßt, lasse Sie die Hl. Eucharistie ihn in Jesus wiederfinden. Er soll noch sein Anbeter sein, er, der so rein und so fromm war.

Nun gut, Schw. Euphrasia, Sie haben die Tür zum Hl. Sakrament aufgetan, Sie sind als erste gekommen; dann Sie, Schw. Luise mit Ihrem guten Vater; und schließlich Sie, bl. Schw. Marcelle, haben das Haus geschlossen, nachdem Sie alle vor sich hergeschoben hatten. Wenn Gott Sie alle drei gerufen hat, so bleiben stets alle drei beisammen zu Füßen des Heiligsten Sakramentes. Wie danke ich dem guten Meister, daß ich das arme Werkzeug Ihrer so schönen und so heiligen Berufung sein durfte! Seien Sie überzeugt, daß ich versuchen werde, Ihren Vater zu ersetzen, oder besser: Jesus wird Ihr ganzes Glück sein.

Ich segne Sie also und bitte Unseren Herrn Sie zu behüten und Sie allzeit in seinem heiligen Dienst glücklich zu machen.

Eymard.

P.S.- Ich sende Ihnen den Geldbeutel Ihres Vaters mit 360 Goldfranken als Inhalt, dazu zwei Brieftaschen und ein Heft.

Wenn ich nach Saint-Maurice gehe, werde ich seine Bücher und Andachtsgegenstände auf die Seite legen; ich weiß nicht, was er alles besaß; ich werde sie Ihnen bis zur nächsten Gelegenheit aufheben.

Ich verstehe, daß die Reise nach La Mure nutzlos ist, da die Schw. Luise noch minderjährig ist. Ich werde Ihre Bestellung bei Pater Ferrat erledigen, - er ist auch der Ansicht, daß diese Reise nicht notwedig sei, und daß man sich beim Schreiben aus La Mure über die Minderjährigkeit von Schw. Luise getäuscht hatte.

An die lb. Schw. Marcelle vom Hl. Sakrament, Angers.


Nr.1986

An Frl. Tamisier (Sr. Emilienne)

A. R. T.

Paris, 4. August 1867.

Teure Schwester im Herrn!

Ich bin's und möchte Ihnen meine Nachrichten senden. Ich bin erst seit einigen Tagen wieder in Paris. Ich weiß nicht, wann ich nach Tours komme, vielleicht bald, ich kenne aber nicht den Tag! Sr. Benedikte befindet sich in Luc-sur-mer über Caen (Calvados) bei Frau Lemarchand, Lebensmittelhändlerin; die letzten Meldungen besagen, daß es ihr etwas bessergeht.

Ich kenne keine Gelegenheit nach Tours, wenn ich hinkommen würde, brächte ich Ihnen einige Pakete.

Was tun Sie, arme Tochter? In Angers schreibt man mir einen Brief nach dem anderen für Sie, um zu fragen, ob Sie zurückkehren oder nicht. - Ach, wieviel Kreuz auf dieser Welt, wieviel Armseligkeiten! Ich habe das Herz voll davon. Gott sei gepriesen für alles!

Ich segne Sie, teure Tochter, seien Sie stets die kleine Dienerin des guten Meisters! Und schreiben Sie mir Ihre Gedanken über Angers, über die ehrw. Mutter Guillot und über Ihre Wünsche.

Im Herrn ganz Ihr

Eymard

S.


Nr.1987

An Frl. Tamisier (Sr. Emilienne)

Paris, 5. August 1867.

Teure Schwester!

Ich erlaube Ihnen, den hochwst. Erzbischof aufzusuchen und mit ihm von Herz zu Herz über Ihre Berufung zu sprechen; er ist ein heiliger und weiser Mann, zwei große Eigenschaften für einen Ratgeber.

Ich segne Sie im Herrn,

Eymard.


Nr.1988

An Fr. Gourd

A. R. T.!

Paris, 5. August 1867.

Gnädige Frau und teure Tochter im Herrn!

Ich sende Ihnen den Brief von Schwester Benedikte. Ich habe ihr geschrieben, das Mädchen müsse seinen Eltern zurückgebracht werden. Ich werde ihr nochmals schreiben, sie soll besser die Verantwortung über das Mädchen abgeben.

Diese arme Schwester Benedikte denkt gar nicht daran, daß sie nicht von anderen Opfer verlangen darf, weil sie selbst nichts besitzt.

Wenn Sie es bei den Ursulinen von Thoissey unterzubringen versuchten, wäre das ein wahrer Akt der Nächstenliebe; machen Sie jedoch auf die Fehler des Kindes aufmerksam; und wenn man es nicht aufnehmen will, dann ist für uns die Sache erledigt. Bitte geben Sie die Anschrift von Schwester Benedikte diesen Damen von Mâcon weiter, damit sie selber über die Fehler des Mädchens berichten.

Ich glaube, es wäre besser, den Besuch von Frl. Stephanie zu Ihrer Nichte zu verschieben. Machen Sie in Ruhe Ihre Badekur und überlassen Sie den Rest der göttlichen Vorsehung. Wieviel Elend gibt es in dieser Welt! Wir müssen alldies wie durch einen Nebel durchqueren, ohne darin stehenzubleiben.

Sehen wir in allen Dingen Gott und seine göttliche Güte! Beten wir die Pläne der göttlichen Vorsehung, die immer weise und liebenswürdig sind, an.

Ich segne Sie beide ganz väterlich im Herrn,

Eymard, S.

An Frau Gourd.


Nr.1989

An P. Audibert

Paris, 7. August 1867.

Lieber Pater!

Ich schicke Ihnen Hochwürden Anatol; er wird Ihnen dienlich sein für den Unterricht an die beiden Brüder. Geben Sie ihm zwei halbe Stunden für die Anbetung, eine um 11 Uhr und die andere um 15.30 Uhr oder eine andere Stunde. Wir beginnen heute um 9.30 Uhr unsere Exerzitien bis zum Fest Maria Himmelfahrt.

Ich höre,daß der Bischof bei den Augustinerinnen gesagt haben soll: "Diese Herren besehen darauf, in Cloître ein Haus zu eröffnen, während das Haus Allard frei ist und ihnen als Geschenk angeboten wird, usw., usf. Nun gut! Ich werde dagegen sein, alle Mitbrüder des hohen Klerus sind meiner Ansicht und meinen: sie tun Gutes da oben; kommen sie nicht dorthin, müßte ich ihnen den Abschied geben."

P.Carrié schreibt mir dies; wenn die Dinge so liegen, gibt es eine echte Schwierigkeit. Wenn man uns entläßt, wird der Meister gedemütigt; wir müssen ihm diese Demütigung ersparen, und dann bleibt von den zwei Möglichkeiten nur eine! Entweder lehnen wir als erste dankend ab, dann wird aber dieses Grundstück verkauft werden müssen; wie können wir uns aber ohne Verluste aus der Affäre ziehen? Oder aber wir müssen die Frage der Doutre gründlich prüfen; wenn sie ernsthaft ist, welche Garantien haben wir bezüglich der versprochenen Hilfe? Oder wenn uns kurz und bündig das Haus Allard gegeben wird, was mir möglich scheint: in diesem Fall wird es ernst; wir würden für den Rest weitersehen. Sie sind an Ort und Stelle, lieber Pater, Sie sehen, was es bedeutet, es mit einer Autorität zu tun zu haben, die es erlaubt hat, daß wir vorrücken dürfen, die dann aber das Theater niederreißen läßt und so das Grundstück um die Hälfte seines Wertes gebracht wurde; und weil einige Leute reklamieren, läßt man uns im Stich.

Um aber von unserer Seite den guten Willen zu zeigen, studieren Sie die Dinge gründlich.

Man berichtet mir, daß noch kein einziger Stein in die ausgehobenen Grundmauergräben gelegt wurde; will uns Gott in der Doutre lassen? Sollen wir uns in Cloître niederlassen? Oder uns von Angers zurückziehen? L o q u e r e D o m i n e, q u i a a u d i t s e r v u s t u u s! Beten wir inständig, um den heiligen Willen Gottes zu ergründen und die Kraft zum Handeln zu erhalten. Prüfen Sie den wankenden Boden.

In Unserem Herrn verbleibe ich

ganz Ihr

Eymard, P.


Nr.1990

An Frl. Anna de Meeûs

A. R. T.

Paris, 10. August 1867

Sehr geehrte und würdige Mutter!

Danke für Ihren schönen Brief mit der Nachricht, daß Msgr. Chaillot eingetroffen ist. Ich hoffe, ihn nach seiner Rückkehr in Paris zu sehen.

Seine Überraschung wird sich bald lösen, wenn ich ihm erkläre, daß ich nicht der Obere dieser Damen in Angers bin, sondern daß vielmehr der Bischof von Angers in direkter und absoluter Form ihnen einen kirchlichen Obern aus dem Diözesanklerus zuteilt. Ich habe ihm diese Schwestern vor 5 Jahren und ohne Bedingung übergeben. Ich habe bereits mit unseren Religiosen Arbeit genug. Es ist mir bekannt, daß man für sie an eine Gründung in Belgien denkt. Der Bischof von Angers prüft die Frage, ob er dieses Projekt genehmigen oder ablehnen soll; ich habe den Eindruck, daß er sich damit Zeit läßt; wie auch immer diese Sache entschieden wird, teure Mutter, so wird dadurch unsere Einheit mit Ihnen zum Dienst an unseren gemeinsamen Meister nicht abschwächen. Sie kennen alle meine Wünsche für Sie in Unserem Herrn.

In ihm verbleibe ich, teure und geehrte Mutter,

Ihr ergebenster

Eymard


Nr.1991

An Marg. Guillot

Paris, 15. Augsut 1867.

Teure Tochter im Herrn!

  1. Ich habe dem hochwst. Bischof geschrieben, daß Sie für Nemours nichts mehr schuldig sind mit Ausnahme einiger Hundert Francs als Unkosten der Übersiedlung und der Reparaturen, eine Summe, welche 400-500 Francs nicht überschreiten wird.
  2. Daß alles nach Angers zurückgeschickt wurde, was Angers nach Nemours weitergegeben hat, mit Ausnahme der Stühle, Betstühle und einiger Kisten, die hiergeblieben sind und die ich hinsenden werde.
  3. Daß P. Chanuet im Hinblick auf seine Mutter als Schwester im Kloster auf 24.000 Francs verzichtet hat, die für die Reparaturen und das Mobiliar gegeben worden waren; daß die 7.400 Francs als Unkosten des zweiten Aktes der Rückübertragung und für die Möbel von den Söhnen der Schwester Kamilla geschenkt worden sind.

Ich schloß mit der Feststellung, daß das Haus in Angers keine Schulden für die Gründung von Nemours habe.

Ich habe die 20.000 Francs von Frl. Sterlingue nicht erwähnt: das betraf nicht Nemours. ..............................................................................................................................................

............................................... 10 1/2 Zeilen gelöscht ......................................................

Ich habe den hochwst. Bischof darauf aufmerksam gemacht, daß ich den Vorschlag gemacht hatte, die verbliebenen großen Sachen zu verkaufen, um weitere 150-200 Francs Transportgelder zu vermeiden; jedoch in der Befürchtung, dabei zuviel zu verlieren, wollte ich sie nach Angers schicken.

Ich kann dies erst in drei, vier Tagen ausführen, wegen der Schwierigkeit, in diesem Augenblick Übersiedlungswagen zu beschaffen. Endlich nähert sich die Geschichte ihrem Ende.

Ich möchte Ihnen gerne etwas auftreiben, um Ihnen zur Anzahlung dieser unglückseligen Sterlingue zu helfen.

Ich verabschiede mich, es läutet zum Offizium.

Ich segne Sie und bitte den Herrn, Ihnen zu helfen und Sie zu trösten.

Eymard.


Nr.1992

An P. Audib.

G. S. J.

Paris, 17. August 1867.

Lieber Pater!

Der Bischof hat mir geschrieben, er erwarte mich zur Behandlung schwerwiegender Fragen. Ich nehme an, es handelt sich um etwas, was im Zusammenhang mit dem Vorschlag, der uns für eine Gründung in Brüssel gemacht wurde; wenn es aber um unser WERK geht, und die Diözesanverwaltung gegen uns ist, nachdem sie uns günstig gesinnt war oder wenigstens zugestimmt hat, dann wird die Frage entscheidend. Ja, was denn! Das soll also das Ende sein, das wir von Seiner Exzellenz uns gegenüber erwarten sollen! Im Anbetracht dieser recht verletzenden Schwierigkeit, überlegen Sie, ob wir uns so große Opfer auferlegen sollen.

Ich bin einverstanden, nach Angers zu gehen, aber erst sobald Sie mir schreiben werden, daß mich der Bischof empfängt und auch nachdem Sie die Ernsthaftigkeit all dieser mündlich gegebenen Versprechungen gesehen und geprüft haben. Ich bitte Sie, beraten Sie sich ausdrücklich mit P.Carrié darüber und welche Gewähr man uns bietet. Es wurden mir zwei Namen genannt: Herr Dulavoir und ein anderer.

Ich beschwöre Sie, lieber Pater, gehen Sie der Frage auf den Grund. Ich weiß genau, daß man uns in Angers nichts schuldig ist, aber man hat kein Recht, uns anzuklagen und insbesondere zu behaupten, wir wären ehrsüchtig, wir mißachteten die Armen, als ob wir nicht getrachtet hätten, unter ihnen zu bleiben! Dann schreiben Sie mir bitte, sobald Sie glauben, der günstige Zeitpunkt hinzugehen, sei gekommen.

In Unserem Herrn verbleibe ich

ganz Ihr

Eymard, P.

P.S.- Ich beglückwünsche unsere zwei neuen und alten Professen. Bruder René hat unter diesen Umständen die für ihn entscheidend wurden, viel von meiner Zuneigung gewonnen.


Nr.1993

An Fr. Chanuet

Paris, 21. August 1867.

Liebe Mutter und Schwester im Herrn!

Ich wollte Ihren lb. Sohn und unseren geschätzten Bruder begleiten; es wäre in der Tat ein großer Trost für mich, Sie zu besuchen, Sie zu segnen und für Sie zu beten; Sie sind mir vor dem Herrn stets gegenwärtig, und ich höre nicht auf, für Sie zu beten. Überlassen Sie sich ganz seiner Liebe zu Ihnen, lb. Schwester Kamilla: er ist erhaben und voll Barmherzigkeit; alles, was er im Laufe Ihres Lebens und besonders in der letzten Zeit bewirkt hat, gibt Ihnen den süßesten und festen Beweis seiner Liebe.

Bekämpfen Sie, gute Schwester, die Schrecken, welche Sie quälen, indem Sie sich den Händen der Barmherzigkeit Jesu, Ihres guten Meisters, überlassen.

Sie sind seine Dienerin, Sie haben ihm alles gegeben, Sie gehören ganz ihm; er hat Sie in seinen Dienst genommen und sogar mit sich gekreuzigt. Wie könnten Sie sich nicht in seinen Armen wie ein innig geliebtes Kind ausruhen! Sie werden in den Himmel kommen, gute Schwester Kamilla. Wenn es nach meinem Wunsch geht, so bitte ich, daß Sie noch ein bißchen arbeiten dürfen. Es ist indes vollkommener zu sagen: "Dein Reich komme, dein Wille geschehe!"

Der Pater reist ab. Es bleibt mir nur mehr Zeit, Sie zu segnen und Ihnen zu versichern, daß ich im Herrn verbleibe als Ihr ergebenster

Eymard, S.


Nr.1994

An P. Chan.

Paris, Samstag, 24. August 1867.

Lieber Pater!

Wir haben heute in der Früh alle die Hl. Messe gefeiert für die Seelenruhe Ihrer teuren und frommen Mutter und unserer vielgeliebten Schwester im Herrn. Dies ist das beste Mittel, Ihr unsere Liebe und Ihnen unsere innige Anteilnahme an Ihrem Schmerz zu beweisen.

Ich habe dem lb. Gott während acht Tagen alle Verdienste der Gesellschaft für diese gute Mutter und Tochter im Herrn geschenkt. Ich hoffte auf den Trost, Sie nochmals zu sehen, Gott hat es nicht gewollt: wir werden sie im Himmel wiedersehen. Tun Sie, was sich schickt, lb. Pater, dann kommen Sie wieder zu uns zurück.

Ich bitte Sie, Ihrer ganzen Familie mein herzlichstes und aufrichtiges Beileid auszusprechen zu unserem gemeinsamen Verlust, den wir erlitten haben; teilen Sie ihr auch unsere volle Hoffnung und Zuversicht auf die Güte Gottes mit.

Ganz Ihr

Eymard.


Nr.1995

An Frau Amadée Chanuet, geb. v. Couchies

Paris, 25. August 1867.

Liebe Frau Blanche!

Ich habe mich im Herrn und in Maria, dem Heil der Kranken, über Ihre Heilung sehr gefreut. Ich habe eine Danksagungsmesse gefeiert, und wir vereinigen uns mit Ihnen bei Ihrer Novene. Diese Gunst drückt Ihnen sehr klar aus, daß Sie Gott liebt, und daß Sie seine heiligste Mutter in besondere Obhut nimmt. Vertrauen Sie also stets auf ihre Güte.

Wir hoffen also auf die Freude, Sie bald wieder nach Ihrer Rückkehr in Paris zu sehen. Jetzt ist die Zeit, wo wir die Güte der göttlichen Vorsehung bewundern sollen, weil Sie durch sie auf den Weg nach Bayeux anstatt auf jenen nach St. Brieuc geführt werden; Unsere Lb. Frau vom Heil der Kranken erwartete Sie in Lukas! Dafür sei ihr stets gedankt!

Unser Herr hat eben unsere gute Schwester Kamilla, Ihre gute Mutter, zu sich gerufen. Möge Sie dieser Todesfall nicht allzu betrüben, denn es war ein Tod der Gerechten; sie ging in den Himmel, um dort ihre Anbetung auf Erden fortzusetzen; sie hat recht gelitten, aber nun ist es vorbei, jetzt ist die Sunde der Freude gekommen; dies ist das Leben, die Saat der himmlischen Herrlichkeit.

Gott hat bei Ihnen in einem Jahr drei Felder voll schöner Ernte eingebracht; Sie werden diese ersetzen, gute Dame, Gott hat Ihr Feld mit soviel Liebe gepflegt! Er hat darin so viele gute Gnaden gesät! Bringen Sie diese in großen Tugenden zum Blühen!

Adieu, gute Dame, oder besser gesagt: seien Sie stets mit Ihrer geliebten Familie in der Gegenwart Gottes!

Im Herrn segne ich Sie innig Ihr

Eymard Sup.

An Frau

Blanche Chanuet.


Nr.1996

An P. Audib.

Paris, 26. August 1867.

Lieber Pater!

Ich kann noch nicht nach Angers fahren, weil Pater Chanuet soeben seine gute Mutter verloren hat und daher ersetzt werden muß; ich warte also auf ihn.

Wenn uns Gott in Doutre will,so will ich es wie Sie, lieber Pater, nicht aufgrund der Worte, die dem Bischof in dem Mund gelegt wurden, denn er würde seine Meinung ändern, und die Gesellschaft würde sehr gedemütigt werden, sondern vielmehr wegen der Ergebenheit dieser guten Christen; denn wie könnten wir uns schließlich weigern, ohne uns einen Tadel zuzuziehen, nach dem, was wir - Sie und ich - gesagt haben? Und wenn man uns beim Wort nimmt, so sind wir ein wenig gebunden.

Ich werde also am ersten möglichen Tag nach Angers gehen; indes warte ich auf P. Chanuet; prüfen Sie aber alles! Und beten wir!

Ganz Ihr

Eymard.


Nr.1997

An Frl. Steph. Gourd

Paris, 27. August 1867.

Teure Tochter im Herrn!

So sind Sie nun in Thorins als Lehrerin Ihrer Nichten und die Nichten sind Ihre Kameradinnen; Sie müssen sich sagen: Gott will es so.

Die Nächstenliebe wird die Herrschaft über Ihr äußerliches Leben in die Hand nehmen; sie ist die Tugend des Augenblicks. Sehen Sie, wie es der gute Meister versteht, Sie auf den Weg der Entsagung zu stellen.

Sie hätten hoffen können, gelassen und abgeschieden bei Ihrer guten Mutter zu leben; aber siehe da, Unser Herr trennt Sie und läßt Sie den Lärm der Beschäftigung um sich herum vernehmen; er sei dafür gepriesen! Je mehr Sie sich nach außen verausgeben, umsomehr müssen Sie Ihr Inneres mit Jesus ausstatten und erfüllen.

Glauben Sie mir: sobald Sie mit dem Herrn beschäftigt sind, verbieten Sie es sich, an andere zu denken, beschäftigen Sie sich mit dem Herrn, mit ihm allein. Es soll wenig von Ihnen zu Jesus gelangen, aber viel von Jesus zu Ihnen, in Ihnen und für Sie. In der wahren Liebe muß man sich vergessen und durch das vertrauliche Gefühl des Herzens zur Lebensvereinigung mit dem Herrn gelangen. Das ermüdet nicht und verbindet sich mit allem übrigen.

Beherrschen Sie stets die äußerliche Situation, damit Sie dieselbe mit dem so guten und so geradlinigen Steuer des hl. Willens Gottes für den Augenblick leiten.

Ich segne Sie, teure Tochter im Herrn,

Eymard, S.


Nr.1998

An Fr.Math. Giraud-Jordan

Paris, 27. August 1867.

Teuerste Frau in Christus, dem Herrn!

Da bin ich wieder in meiner Rückfälligkeit. Machen Sie es mir nicht nach. Wir haben unsere großen Exerzitien gemacht; ich war in Belgien; dann fiel mir Ihre Adresse nicht mehr ein; nun aber will ich meine Schuld begleichen. Vielleicht ist dies d e r S e n f n a c h d e r M a h l z e i t, wie das Sprichwort für die Nachzügler lautet.

Vor allem muß man bedenken, daß, wenn jemand eine große Gnade innerer Erneuerung empfängt, zu Anfang alles leicht und liebenswürdig erscheint, weil man unter dem beseligenden Eindruck der Gnade steht; dann aber kommt die Stunde der Prüfung. Das ist der große Schock. E n t w e d e r t u t m a n i m e r s t e n M o m e n t z u v i e l o d e r z u w e n i g. T u t m a n z u v i e l, so folgt bei der ersten Untreue die Entmutigung auf dem Fuß: das ist die Frucht der Eigenliebe. Man hat zuviel auf sich selbst vertraut. T u t m a n z u w e n i g, kommen dann die bitteren Vorwürfe, nicht vom Gewissen, sondern vom Teufel, der uns einflüstert, alles sei bereits verloren, da man sich jetzt schon als untreu erwiesen hat.

Im Winter wird man kaum warm beim Arbeiten. Sie stehen im Winter. Arbeiten Sie nur, aber ohne dabei in Schweiß auszubrechen...; es liegt immer eine Gefahr einer Überanstrengung darin.

Denken Sie daran, daß im Dienste Gottes Treue und Großmut notwendig sind, nicht aber Stärke. Die Stärke liegt in Gott!

- Aber Sie haben Ihre Betrachtung nicht, wie Sie wollten, allein und ungestört halten können. - Das ist bedauerlich, denn Sie haben dieses Gebet weder gut beginnen noch ordentlich vollenden können. Trachten Sie jedoch, zu dieser ruhigen und friedlichen Betrachtung zu gelangen, damit Sie Gott im eigenen Innern verkosten.

Eine wichtige Regel der Heiligkeit besteht darin, daß man es versteht, für seine Seele Zeit zu finden. Der Teufel verleitet uns, die Zeit zu vergeuden. Betrachtung, innerlicher Verkehr mit Gott im tiefsten Herzen: das ist das erste Gesetz.

Das zweite Gesetz lautet: die Großmut, um den hl. Willen Gottes durch Selbstverleugnung und Pflichttreue zu erfüllen, was ebensoviel heißt wie die reine Liebe, die Dinge tun, um Gott zu gefallen.

Wollen Sie schnell innerlich in Gott umgewandelt werden? - und infolgedessen auch äußerlich, denn die Flamme im Feuerherd macht sich bemerkbar nach außen? Lernen Sie, sich selbst beherrschen! Fordern Sie gebieterisch Gehorsam von der alten Natur und seien Sie Herrin über dieselbe, um nur vom Geiste Unseres Herrn zu leben.

Ich spreche gar nicht von dem, was Sie sosehr beunruhigt und verwirrt hat. Kann man sich denn so verwirren lassen?

Merken Sie sich ein für allemal diese Regel: kommt die Unruhe n a c h einer Handlung, so ist es eine Versuchung; - kommt sie w ä h r e n d einer an sich guten oder doch mit guter Absicht begonnenen Handlung, so fahre man trotz der Unruhe damit fort; kommt die Unruhe v o r h e r, so muß man entweder die Handlung unterlassen oder einen Grundsatz anwenden, der sich stützt auf die Pflicht, den Gehorsam oder irgendeine Tugend usw.; und darnach soll man handeln.

Ich unterbreche hier; das Papier geht aus; ich wollte Ihnen nur sagen, wie trostvoll für mich das Wiedersehen Ihrer guten Mutter war; ich betrachte sie wie meine eigene Familie, ebenso auch ihre lb. Tochter.

Ich war erfreut, das so gute Fräulein kennenzulernen; ich danke Ihnen dafür.

Ich rechne damit, bald von Ihnen eine Nachricht zu erhalten. Ihre Briefe werden vernichtet, und niemand liest die meinen.

Ich segne Sie im Herrn. Nur Mut und Zuversicht!

Eymard. (1)


Nr.1999

An Fr. Gourd

Paris, 27. August 1867.

Gnädige Frau und teure Tochter im Herrn!

Wir müssen allzeit die Pläne der Barmherzigkeit und Liebe unseres guten Meisters anbeten und in dieser vorübergehenden Trennung das Wohl seiner Verherrlichung im Nächsten sehen.

Die Seele sehnte sich danach, zu Füßen Gottes zu leben, und siehe da, er gibt jeder von Ihnen einen Auftrag. Aber Sie wissen, teure Tochter, daß der hl. Wille des vorsehenden Gottes die beste und sicherste Regel unseres Lebens ist.

Sie werden sich aber oft mit Ihrer Tochter treffen müssen, denn Sie bilden zwei Existenzen in einer.

Kümmern Sie sich um Ihre zeitlichen Angelegenheiten im Vertrauen auf die Erleuchtung und Kräfte des Augenblicks, jedoch ohne Verspannung des Geistes und vor allem ohne zu große Ermüdung; Sie sollen nur leisten, was Sie mit Ihren Kräften leisten können und was Sie nach reiflicher Überlegung für gut erachten.

Nähren Sie recht am Morgen Ihre Seele mit Unserem Herrn für den ganzen Tag.

Erinnern Sie sich, daß Sie in der Kirche nur eine Dienerin des Hlst. Sakramentes sind; kümmern Sie sich infolgedessen weder zu viel um äußerliche Angelegenheiten noch um sich selbst. Die reine Liebe vergißt sich und verherrlicht die Güte und Milde Gottes in sich und in Ihnen.

Ihre Briefe trösten mich sehr, ich möchte aber nicht, daß Sie damit ermüden, indem sie ihnen die Zeit Ihrer Ruhe rauben.

Leben Sie wohl, teure Tochter und Schwester im Herrn. Ich segne Sie in Ihrer hl. Berufung.

Im Herrn verbleibe ich

Ihr ergebenster

Eymard, S.S.

P. S.- Danke für den Wein. Alles ist wohlerhalten angekommen.


Nr.2000

An Fr. Camille Jordan

A. R. T.

Paris, 27. August 1867.

Gnädige Frau in Christus, dem Herrn!

Lang ist's her, seitdem ich zuletzt Nachrichten von Ihnen erhalten habe; in einer Hinsicht freut mich dies, denn es beweis mir, daß es Ihnen gutgeht, daß die Seele gut versorgt ist und auf ihrem richtigen Weg voranschreitet.

Sie haben mich richtig verstanden und meine Ratschläge sehr exakt zusammengefaßt. Lassen Sie mich trotzdem nochmals darauf zurückkommen.

1. Grundsatz:

Die Treue in der Beobachtung der Lebensregel ist die die erste unter den Tugenden; man muß immer wieder sein Augenmerk darauf hinlenken; geregelte Kost ist die Voraussetzung für eine gute Gesundheit.

2. Grundsatz:

Man muß vor allem diese Tugend der Treue darin betätigen, daß man die äußeren Akte seiner Lebensregel gut verrichtet, d.h. zur rechten Zeit, am rechten Ort, den begleitenden Umständen entsprechend: darin liegt manches Opfer, das die Tugend erheischt. Überdies muß man sie so verrichten, wie es ihr Gegenstand natürlicherweise erfordert, mit einem Wort, wie einen moralischen Akt mit seinen gewöhnlichen Eigenschaften; darin besteht ihre Vollkommenheit: haben Sie z.B. Ihre Betrachtung nach den Ihnen vorgeschriebenen Regeln gemacht - Ihre Lesung in dem festgelegten Buch während der bestimmten Zeit gehalten und dabei die für die Seele momentan ersprießliche Aufmerksamkeit verwendet, so haben Sie eine sehr gute Lektüre geleistet.

Überlassen Sie Gott den geistlichen Erfolg, die Empfindung der empfangenen Gnaden; Sie haben nichts anderes zu tun als zu säen, zu pflanzen und zu begießen; oder wenn es Ihnen lieber ist: Gott fordert von Ihnen das B e m ü h e n, das Gelingen behält er sich selbst vor.

3. Grundsatz:

Streben Sie in Ihren Betrachtungen mehr danach, sich von Gott zu nähren, als sich zu reinigen oder zu verdemütigen; und zu diesem Zwecke nähren Sie Ihre Seele mit der Wahrheit, welche uns in der Güte Gottes personifiziert, in seiner zärtlichen, persönlichen Liebe zu uns entgegen tritt. Das ist das Geheimnis des wahren innerlichen Gebetes: Gottes Gedanken und Absichten in seiner Liebe zu uns erkennen! Erstaunt und von der Liebe gedrängt, ruft die Seele dann aus: "Wie gut bist du, o mein Gott! Was kann ich für dich tun? Was könnte dich erfreuen?" - Das ist die helle Liebesflamme.

Um aber zu diesem lebensvollen innerlichen Gebet zu gelangen, muß man eifrig daran arbeiten, sich selbst zu vergessen, in keiner Weise in der Betrachtung sich selbst zu suchen. Besonders muß man bestrebt sein, durch einfache und ruhige Erwägung der göttlichen Wahrheiten die Tätigkeit des Geistes zu vereinfachen. Das Geheimnis dieses einfachen, inneren Schauens besteht darin, die Dinge gleich zu Beginn vom Standpunkt der Güte Gottes gegen den Menschen zu betrachten, - die Gründe, denen wir diese Gnade verdanken, - was sie Unserem Herrn gekostet haben, - wie Gott uns eben jetzt diesen Liebesbeweis gibt und dessen Fortdauer in der Zukunft.

Hat die Seele das Glück, diesen richtigen Weg zu finden, so ist das innerliche Gebet mehr eine selige Schau, und die Stunde vergeht rasch. Ach, gute Tochter, wie oft wünsche ich Ihnen, daß Sie Gott so verkosten können! Das ist Stärkung für lange Zeit. Das ist mein Fels von Saint Romans.

Aber ich stelle fest, daß ich abgekommen bin von meinem ersten Gedanken, der Ihren Brief besprechen wollte; ich lasse also diese Überlegungen in der Überzeugung, daß Sie mich lieber hören als Ihnen Ihren Brief zu wiederholen.

Glauben Sie mir: verrichten Sie die äußeren Werke des Eifers nur aus Pflicht - und streben Sie nach dem inneren Leben aus Liebe, wie die göttliche Gnade Sie antreibt.

Wir werden alt und haben noch einen weiten Weg zurückzulegen; schlagen wir den kürzesten ein, - den der Liebe, der alles ohne Zinsen hingibt.

Ich habe recht oft an meinen Besuch in Lyon gedacht; Sie haben in mir gelegentlich mehr einen Freund als einen Vater gefunden. Die Freude, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen, würde meinen Glauben an meine Familie stärken; zudem war seit einiger Zeit mein Herz so traurig, daß es beim Wiedersehen seiner längjährigen Tochter zufriedengestellt wurde.

Ich habe das vorzügliche Fräulein Gérin getroffen; sie ist wirklich das, wie Sie mir von ihr erzählt haben; es schien mir, Sie zu sehen, da sie doch Ihre Freundin ist.

Adieu, gute Dame, Schwester und Tochter im Herrn! Warten Sie nicht allzulange, bis Sie mir Nachricht von Ihnen geben.

Ich möchte gern wissen, wo sich Frau Nugues aufhält.

Ich segne Sie innig im Herrn, in ihm und für ihn

bleibe ich Ihr ergenbenster

Eymard, S.

(1) Dieser Brief und der folgende wurden nicht vom Originaltext P. Eymards, sondern von einer Kopie abgeschrieben, die von Frau Giraud-Jordan stammt.


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