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Uns würdigte einst eurer Weißheit Wille, Der Kirche Dienst auch uns zu weih'n, Wer Brüder säumt, daß er die Schuld des Danks erfülle, Die wir uns solcher Gnade freun? Froh eilt der Wanderer, durch dunkle Wälder, Durch Wüsten, die von Hize glühn, Erblikt er nur von fern des Lands beglükte Felder, Wo Ruh' und Friede blühn. So können wir die frohe Bahn durcheilen, Weil schon das hohe Ziel uns lacht, Und der Bestimmung Sporn, ein Feind von trägen Weilen, Uns froh und emsig macht. Ja, dieses Glück, das, große Mäcenaten, Ihr schenkt, soll nie ein träger Sinn, Bey uns verdunkeln, nein! verehren Fleis und Thaten, Und Tugend immerhin. Euch aber kröne Ruhm und hohe Ehre, Die dem Verdienste stets gebührt, Und jeder künfftge Tag erhöhe und vermehre, Den Glanz, der euch schon ziert. Und was ist wohl für euch die schönste Krone? Der Kirche und des Staates Wohl, Stets eurer Sorgen Ziel. Wohlan, der Himmel lohne Euch stets mit ihrem Wohl.
Herr! was bist du, was Menschenkinder? Jehova du, wir schwache Sünder, Und Engel sinds die, Herr, dir dienen, Wo ewger Lohn, wo Seeligkeiten krönen. Wir aber sind es, die gefallen, Die sträflich deiner Güte Straalen In Grim verwandelt, Heil verscherzet, Durch das der Hölle Todt nicht schmerzet. Und doch o Herr! erlaubst du Sündern, Dein Heil zu sehn, wie Väter Kindern, Ertheilst du deine Himmelsgaben, Die uns, nach Gnade dürstend, laben. Rufft dein Kind Abba, rufft es Vater, So bist du Helffer, du Berather, Wann Todt und Hölle tobend krachen, So eilst als Vater du zu wachen.
Seyd gegrüßt, ihr zufluchtsvolle Schatten, Ihr Fluren, die ihr einsam um mich ruht; Du stiller Mond, du hörst, nicht wie Verläumder lauren, Mein Herz, entzükt von deinem Perlenglanz. Aus der Welt, wo tolle Thoren spotten, Um leere Schattenbilder sich bemühn, Flieht der zu euch, der nicht das schimmernde Getümmel, Der eitlen Welt, nein! nur die Tugend liebt. Nur bei dir empfindt auch hier die Seele; Wie göttlich sie dereinst wird seyn, Die Freude, deren falschem Schein so viel Altäre So viele Opfer hier gewiedmet sind. Weit hinauf, weit über euch, ihr Sterne, Geht sie entzükt mit heilgem Seraphsflug; Sieht über euch herab mit göttlich heilgem Blike, Auf ihre Erd, da wo sie schlummernd ruht. ... Goldner Schlaf, nur dessen Herz zufrieden Wohlthätger Tugend wahre Freude kennt, Nur der fühlt dich. -. Hier stellst du dürfftig schwache Arme Die seine Hülfe suchen vor ihn hin. Schnell fühlt er des armen Bruders Leiden; Der arme weint, er weinet auch mit ihm; Schon Trost genug! Doch spricht er, gab Gott seine Gaben Nur mir? nein auch für andre lebe ich. -. Nicht von Stolz, noch Eitelkeit getrieben, Kleidt er den nakten dann, und sättigt den, Dem blasse Hungersnoth sein schwach Gerippe zählet; Und himmlisch wird sein fühlend Herz entzükt. So ruht er, allein des Lasters Sclaven Quält des Gewissens bange Donnerstimm, Und Todesangst wälzt sie auf ihren weichen Lagern Wo Wollust selber sich die Ruthe hält.
O lächle fröhlich unschuldsvolle Freuden, Ja, muntrer Knabe, freue dich, Und unbekümmert, gleich dem Lamm auf Frühlings-Haiden, Entwikeln deine Keime sich. Nicht Sorgen und kein Heer von Leidenschafften Strömt über deine Seele hin; Du sahst noch nicht, wie tolle Thoren neidisch gafften, Wann sie die Tugend sehen blühn. Dich sucht noch nicht des kühnen Lästrers Zunge: Erst lobt sie, doch ihr Schlangengifft Verwandelt bald das Lob, das sie so glänzend sunge In Tadel, welcher tödtlich trifft. Du glaubst mir nicht, daß diese schöne Erde So viele unzufriedne trägt, Daß nicht der Welt, der dich der Schöpfer gab, Beschwerde, Nur eigner Kummer Seufzen regt. So folge ihr, du edle gute Seele, Wohin dich nur die Tugend treibt, Sprich; Welt! kein leerer Schatten ists, das ich mir wähle Nur Weißheit, die mir ewig bleibt.
Horat. Deformis aegrimonia. »Schiksaal! unglüksvolle Leiden »Heist du Sterblichen die Freuden, »Die die steile Laufbahn hat, »Grausam rauben. Bange Thränen »Die sich nach der Bahre sehnen, »Zu erzwingen ist dein Rath.
Hu! der Kauz! wie er heult, Wie sein Furchtgeschrei krächt Erwürgen - ha! du hungerst nach erwürgtem Aas Du naher Würger komme, komme. Sieh! er lauscht, schnaubend Todt - Ringsum schnarchet der Hauf Des Mordes Hauf, er hörts, er hörts, im Traume hört'ers Ich irre Würger, schlafe, schlafe.
Viel, viel sind meiner Tage Durch Sünd entweiht gesunken hinab O, großer Richter frage Nicht wie, o lasse ihr Grab Erbarmende Vergessenheit Laß, Vater der Barmherzigkeit Das Blut des Sohns es deken. Ach wenig sind der Tage Mit Frömmigkeit gekrönt entflohn, Sie sinds mein Engel, trage Sie vor des Ewigen Thron, Laß schimmern die geringe Zahl Daß einsten mich des Richters Wahl Zu seinen Frommen zähle.
Adramelechs Grim erwachte des Höllenbewohners: Hölle sinke tieffer hinab, Adramelech wütet Staune Satan du verzweifle König der Hölle, Nur Adramelech bleibt groß - entdek ich die grossen Entwürfe Dann und meine Gedanken, die den Olympus beherrschen, Seinen Rath vereiteln, wie werden die schwächere gaffen, Satan wird vom Thron mit neidischem Stolze herabschaun, Du Jehova sollst bald in deinem richtenden Grimme - Dieses dein Israël soll dein Rachedonner zerschmettern, Oder Mein Geist ist hin - verlohren des mächtigsten Kräffte. So sprach er - und kehrte mit Wuth zur Hölle zurüke. Sein verschlagener Stolz versammelte alle Gestalten, Alle Schreken des Tods um sich her, um seines Regenten Schrekenvolle Pracht an sich den Geistern zu zeigen. Und so fuhr er ein, die zitternde Geister der Pforte Öffneten ihre knarrende Thore weit auf, mit Erstaunen Sahn sie seine schrekbare Wuth, mit flammendem Zorne Wie nur selten Satan ergrimt, dekt' er die höllische Ränke
Erhaben glänzend sieht, und wie ein Gott Auf seine Schaaren Alexander hin, Wo jeder Spieß dem weit zerstreuten Feind Vereint durch gleichen Muth die Flucht empfiehlt. Sein scharfer Heldenblik belebt das Heer, Das jede drohende Gefahr vergißt. Sein rasches Pferd, das Siegesfreude schnaubt, Trägt ihn durch ihre Glieder; dan spricht er: Ihr Macedonier, ihr deren Muth Athen einst, das an Tapferkeit euch glich, Unwissend schwacher Flucht, bezwang: O tapfre Krieger, die ihr Philipps Thron Bevestigtet, um auch mir treu zu seyn! Es hob sich euer Schwerdt, ihr wart nicht mehr Mit dichten Mauren, voll von Todt, umringt. Erst fiel Böotien; die stärkste Stadt Daraus (stark war der Mauren Wehr) Auch sie fiel gänzlich unter euren Fuß. - Und, Krieger, wie begierig waret ihr Weit von dem Hellespont im Orient Euch Siege zu bereiten; muthig flog Die Zierde meines Reichs mir zu, um treu Kein Schwerdt des Kriegs, und nicht Gefahr zu scheun. Und nun, ihr tapfre Macedonier, Hier ist der Sieg, hier eures Muths Triumph - Der Sieg, der schon aus euren Augen blikt, Wird des Tyrannen hartes Sclavenjoch, Womit er all diß Volk despotisch plagt, Zerreißen, und ihr, Freunde, werdet seyn Und jedes Nahme, wie einst Hercules. Seht, wie ein jedes Volk euch Sieger nennt, Wie es gehorsam euern Arm verehrt, Der keine Fesseln braucht; ein jeder dient Euch willig. - Kinder, glaubts, kein Thracien, Kein steinigtes Illyrien wird's seyn, Nein! Bactra, und das schöne Indien, Des Ganges Fluren sind der Sieger Siz: Da ist der Lohn der Sieger Überfluß. O! Helden! seht, wie euer schöner Sieg, Wie er zu glänzen angefangen hat: Seht euer Rüken, nie von Flucht beflekt, Hat lauter Ruhmstrophäen hinter sich. Und du, muthvolle Schaar von Griechenland, Du wirst zu deinen Füßen ausgestrekt Die Schößlinge von Xerxes Übermuth Und all die grausame Verwüster sehn. Dein Vaterland, dein Wonsiz - war er dein? Wem war die Quelle deines Wanderers, Wem deine Saat? - war sie des Schweißes Lohn, Den ihrer Mutter Bau dich kostete? - Sie sinds, durch ihre Menge fiel dein Volk; Der Götter Hallen, welche du verehrst, Und deren Heiligkeit nur sonst der Raub Zum Schauer anderer antastete, Die lagen da, verheert, von Blut besprizt, Und von der Asche deiner Stadt bedekt. Ihr, Söhne Thraciens, ihr deren Hand Nur tapfre Waffen eures Sieges kennt, Seht, wie der Feind von Gold belastet ist, Euch, Brüder, ziert es besser, denen's nicht Die Weichlichkeit als Sclaven geben wird, Euch mahnts an euern Muth, an euren Sieg. Geht, raubt den Memmen ihre Last, ihr Gold, Bewohnt statt eurer nakten Hügel Eis Und alt bemooste Felsen, eures Feinds Vergnügenvoller Fluren Fruchtbarkeit.
Menschen, Menschen! was ist euer Leben, Eure Welt, die tränenvolle Welt, Dieser Schauplaz, kann er Freuden geben, Wo sich Trauern nicht dazu gesellt? O! die Schatten, welche euch umschweben, Die sind euer Freudenleben. Tränen, fließt! o fließet, Mitleidstränen, Taumel, Reue, Tugend, Spott der Welt, Wiederkehr zu ihr, ein neues Sehnen, Banges Seufzen, das die Leiden zählt, Sind der armen Sterblichen Begleiter, O, nur allzu wenig heiter! Banger Schauer faßt die trübe Seele, Wenn sie jene Thorenfreuden sieht, Welt, Verführung, manches Guten Hölle, Flieht von mir, auf ewig immer flieht! Ja gewiß, schon manche gute Seele hat, betrogen, Euer tödtend Gifft gesogen. Wann der Sünde dann ihr Urtheil tönet, Des Gewissens Schrekensreu sie lehrt, Wie die Lasterbahn ihr Ende krönet, Schmerz, der ihr Gebein versehrt! Dann sieht das verirrte Herz zurüke; Reue schluchzen seine Blike. Und die Tugend bietet ihre Freuden Gerne Mitleid lächelnd an, Doch die Welt - bald streut sie ihre Leiden Auch auf die zufrieden heitre Bahn: Weil sie dem, der Tugendfreuden kennet, Sein zufrieden Herz nicht gönnet. Tausend mißgunstvolle Lästerungen Sucht sie dann, daß ihr die Tugend gleicht; Beißend spotten dann des Neides Zungen, Bis die arme Unschuld ihnen weicht; Kaum verflossen etlich Freudentage, Sieh, so sinkt der Tugend Waage. Etlich' Kämpfe - Tugend und Gewissen - Nur noch schwach bewegen sie das Herz, Wieder umgefallen! - und es fließen Neue Tränen, neuer Schmerz! O du Sünde, Dolch der edlen Seelen, Muß denn jede dich erwählen? Schwachheit, nur noch etlich' Augenblike, So entfliehst du, und dann göttlich schön, Wird der Geist verklärt, ein bess'res Glüke Wird dann glänzender mein Auge sehn; Bald umgiebt dich, unvollkommne Hülle, Dunkle Nacht, des Grabes Stille.
Herr der Welten! der du deinen Menschen Leuchten läßst so liebevoll dein Angesicht, Lächle, Herr der Welten! auch des Betters Erdenwünschen, O du weist es! sündig sind sie nicht. Ich will betten für die lieben Meinen Wie dein großer Sohn für seine Jünger bat - O auch Er, er konnte Menschentränen weinen, Wann er bettend für die Menschen vor dich trat - Ja! in seinem Nahmen will ich betten, Und du zürnst des Betters Erdewünschen nicht, Ja! mit freiem, ofnem Herzen will ich vor dich tretten, Sprechen will ich, wie dein Luther spricht. - Bin ich gleich vor dir ein Wurm, ein Sünder - Floß ja auch für mich das Blut von Golgatha - O! ich glaube! Guter! Vater deiner Kinder! Glaubend, glaubend trett' ich deinem Trone nah. Meine Mutter! - o mit Freudentränen Dank' ich großer Geber, lieber Vater! dir, Mir o mir dem glüklichsten von tausend andern Söhnen Ach die beste Mutter gabst du mir. Gott! ich falle nieder mit Entzüken, Welches ewig keine Menschenlippe spricht Tränend kan ich aus dem Staube zu dir bliken - Nimm es an das Opfer! mehr vermag ich nicht! - Ach als einst in unsre stille Hütte Furchtbarer! herab dein Todesengel kam, Und den jammernden, den flehenden aus ihrer Mitte Ewigteurer Vater! dich uns nahm; Als am schröklich stillen Sterbebette Meine Mutter sinnlos in dem Staube lag - Wehe! noch erblik ich sie, die Jammerstätte, Ewig schwebt vor mir der schwarze Sterbetag - Ach! da warf ich mich zur Mutter nieder, Heischerschluchzend blikte ich an ihr hinauf; Plözlich bebt' ein heilger Schauer durch des Knaben Glieder, Kindlich sprach ich - Lasten legt er auf, Aber o! er hilft ja auch,der gute - Hilft ja auch der gute, liebevolle Gott -- Amen! amen! noch erkenn ichs! deine Ruthe Schläget väterlich! du hilfst in aller Noth! O! so hilf, so hilf in trüben Tagen, Guter, wie du bisher noch geholfen hast, Vater! liebevoller Vater! hilf, o hilf ihr tragen Meiner Mutter - jede Lebenslast. Daß allein sie sorgt die Elternsorgen! Einsam jede Schritte ihres Sohnes wägt! Für die Kinder jeden Abend, jeden Morgen - Ach! und oft ein Tränenopfer vor dich legt! Daß sie in so manchen trüben Stunden Über Witwenquäler in der Stille weint! Und dann wieder aufgerissen bluten alle Wunden, Jede Trau'rerinnrung sich vereint! Daß sie aus den schwarzen Leichenzügen Oft so schmerzlich hin nach seinem Grabe sieht! Da zu sein wünscht, wo die Tränen all' versiegen, Wo uns jede Sorge, jede Klage flieht. O so hilf, so hilf in trüben Tagen, Guter! wie du bisher noch geholfen hast! Vater! liebevoller Vater! hilf, o hilf ihr tragen, Sieh! sie weinet ! - jede Lebenslast. Lohn' ihr einst am großen Weltenmorgen All' die Sanftmuth, all' die treue Sorglichkeit, All' die Kümmernisse, all' die Muttersorgen, All' die Tränenopfer ihrer Einsamkeit. Lohn' ihr noch in diesem Erdenleben Alles, alles, was die Teure für uns that. O! ich weiß es froh, du kanst, du wirst es geben Wirst dereinst erfüllen, was ich bat. Laß sie einst mit himmlisch hellem Blike Wann um sie die Tochter - Söhne - Enkel stehn, - Himmelan die Hände faltend, groß zurüke Auf der Jahre schöne Stralenreihe sehn. Wann sie dann entflammt im Dankgebette Mit uns in den Silberloken vor dir kniet, Und ein Engelschor herunter auf die heilge Stätte Mit Entzüken in dem Auge sieht; Gott! wie soll dich dann mein Lied erheben! Halleluja! Halleluja! jauchz' ich dann; Stürm aus meiner Harfe jubelnd Leben; Heil dem grosen Geber! ruf ich himmelan. Auch für meine Schwester laß mich flehen, Gott! du weist es, wie sie meine Seele liebt, Gott! du weist es, kennest ja die Herzen, hast gesehen, Wie bei ihren Leiden sich mein Blik getrübt. - Unter Rosen, wie in Dornengängen, Leite jeden ihrer Tritte himmelan. Laß die Leiden sie zur frommen Ruhe bringen, Laß sie weise gehn auf heitrer Lebensbahn. Laß sie früh das beste Theil erwählen, Schreib ihrs tief in ihren unbefangnen Sinn, Tief wie schön - die Himmelsblume blüht in jungen Seelen, Christuslieb' und Gottesfurcht wie schön! Zeig ihr deiner Weisheit reinre Wonne, Wie sie hehrer deiner Wetter Schauernacht Heller deinen Himmel, schöner deine Sonne, Näher deinem Trone die Gestirne macht. Wie sie in das Herz des Kämpfers Frieden, Tränen in des bangen Dulders Auge giebt - Wie dann keine Stürme mehr das stille Herz ermüden, Keine Klage mehr die Seele trübt. Wie sie frei einher geht im Getümmel, Ihr vor keinem Spötter, keinem Hasser graut, Wie ihr Auge, helleschimmernd, wie dein Himmel, Schrökend dem Verführer in das Auge schaut. Aber Gott! daß unter Frühlingskränzen Oft das feine Laster seinen Stachel birgt - Daß so oft die Schlange unter heitern Jugendtänzen Wirbelt, und so schnell die Unschuld würgt -! Schwester! Schwester! reine gute Seele! Gottes Engel walte immer über dir! Häng' dich nicht an diese Schlangenhöhle, Unsers Bleibens ist - Gott seis gedankt! nicht hier. Und mein Carl -- o! Himmelsaugenblike! - O du Stunde stiller, frommer Seeligkeit! - Wohl ist mir! ich denke mich in jene Zeit zurüke - Gott! es war doch meine schönste Zeit. (O daß wiederkehrten diese Tage! O daß noch so unbewölkt des Jünglings Herz, Noch so harmlos wäre, noch so frei von Klage, Noch so ungetrübt von ungestümmem Schmerz!) Guter Carl! - in jenen schönen Tagen Saß ich einst mit dir am Nekkarstrand. Fröhlich sahen wir die Welle an das Ufer schlagen, Leiteten uns Bächlein durch den Sand. Endlich sah ich auf. Im Abendschimmer Stand der Strom. Ein heiliges Gefühl Bebte mir durchs Herz; und plözlich scherzt' ich nimmer, Plözlich stand ich ernster auf vom Knabenspiel. Bebend lispelt' ich: wir wollen betten! Schüchtern knieten wir in dem Gebüsche hin. Einfalt, Unschuld wars, was unsre Knabenherzen redten - Lieber Gott! die Stunde war so schön. Wie der leise Laut dich Abba! nannte! Wie die Knaben sich umarmten! himmelwärts Ihre Hände strekten! wie es brandte - Im Gelübde, oft zu betten - beeder Herz! Nun, mein Vater! höre, was ich bitte; Ruf ihm oft ins Herz, vor deinen Tron zu gehn; Wann der Sturm einst droht, die Wooge rauscht um seine Tritte, O so mahne ihn, zu dir zu flehn. Wann im Kampf ihm einst die Arme sinken, Bang nach Rettung seine Blike um sich sehn, Die Vernunft verirrte Wünsche lenken; O so mahne ihn dein Geist, zu dir zu flehn. Wenn er einst mit unverdorbner Seele Unter Menschen irret, wo Verderber spähn, Und ihm süßlich scheint der Pesthauch dieser Schlangenhöhle, O! so mahne ihn, zu dir zu flehn. Gott! wir gehn auf schwerem, steilem Pfade, Tausend fallen, wo noch zehen aufrecht stehn, - Gott! so leite ihn mit deiner Gnade, Mahn ihn oft durch deinen Geist, zu dir zu flehn. O! und sie im frommen Silberhaare, Der so heiß der Kinder Freudenträne rinnt Die so groß zurükblikt auf so viele schöne Jahre, Die so gut, so liebevoll mich Enkel nennt, Die, o lieber Vater! deine Gnade Führte durch so manches rauhe Distelnfeld, Durch so manche dunkle Dornenpfade - Die jezt froh die Palme hoft, die sie erhält - Laß, o laß sie lange noch genießen Ihrer Jahre lohnende Erinnerung, Laß uns alle jeden Augenblik ihr süßen, Streben, so wie sie, nach Heiligung. Ohne diese wird dich niemand sehen, Ohne diese trift uns dein Gericht; Heilige mich! sonst muß ich draußen stehen, Wann die Meinen schaunen dein heilig' Angesicht. Ja! uns alle laß einander finden, Wo mit Freuden erndten, die mit Tränen säen, Wo wir mit Eloah unser Jubellied verbinden, Ewig, ewig seelig vor dir stehn. O! so ende bald, du Bahn der Leiden! Rinne eilig, rinne eilig, Pilgerzeit! Himmel! schon empfind' ich sie, die Freuden - Deine - Wiedersehen froher Ewigkeit!
Du gute Stella! wähnest du mich beglükt, Wann ich im Thale still und verlassen, und Von dir vergessen wandle, wann in Flüchtigen Freuden dein Leben hinhüpft? Schon oft, wenn meine Brüder, die Glükliche So harmlos schliefen, blikt ich hinauf, und fragt Im Geiste, ob ich glüklich seie - Bin ich ein glüklicher Jüngling, Stella? Es streut der Schöpfer seeliges Lächeln oft In meine Tage, giebt mir der heiligen Empfindungen, der Freuden recht zu Handeln so viele, der gute Schöpfer: Doch giebt es Wünsche, denen der Spötter höhnt - O Stella! du nicht! höhne dem Armen nicht! - Giebt unerfülte Wünsche -- Tugend, Hehre Gefährtin! du kennst die Wünsche. Ach laß mich weinen! - nein! ich will heiter sein! Ist ja ein Ort, wo nimmer gewünscht wird, wo Der Sterbliche sein Schiksaal preiset, - Dort ist es, wo ich dich wiedersehe. Und stürb' ich erst mit grauem gebeugtem Haupt Nach langem Sehnen, endlich erlößt zu sein, Und sähe dich als Pilger nimmer, Stella! so seh' ich dich jenseits wieder.
Dir flüstert's leise - Nachtigall! dir allein, Dir, süße Tränenwekerin! sagt es nur Die Saite. - Stellas wehmutsvoller Seufzer - es raubte mein Herz - dein Kehlchen - Es klagte - o! es klagte - wie Stella ists. Starr sah' ich hin beim Seufzer, wie, als dein Lied Am liebevollsten schlug, am schönsten Aus der melodischen Kehle strömte. Dann sah' ich auf, sah' bebend, ob Stellas Blik Mir lächle - ach! ich suche dich, Nachtigall! Und du verbirgst dich. - Wem, o Stella! Seufztest du? Sangest du mir, du süße? Doch nein! doch nein! ich will es ja nicht, dein Lied, Von ferne will ich lauschen - o! singe dann! Die Seele schläft - und plözlich schlägt die Brust mir empor zum erhabnen Lorbeer. O Stella! sag' es! sag' es! - ich bebe nicht! - Es tödtete die Wonne, geliebt zu sein, Den Schwärmer. - Aber tränend will ich Deinen beglükten Geliebten seegnen.
Freund! wo über das Thal schauerlich Wald und Fels Herhängt, wo das Gefild leise die Erms durchschleicht, Und das Reh des Gebürges Stolz an ihrem Gestade geht - Wo im Knabengelok heiter und unschuldsvoll Wen'ge Stunden mir einst lächelnd vorüberflohn - Dort sind Hütten des Seegens, Freund! - du kennest die Hütten auch; Dort am schattichten Hain wandelt Amalia. Seegne, seegne mein Lied, kränze die Harfe mir, Denn sie nannte den Nahmen Den, du weists, des Getümmels Ohr Nicht zu kennen verdient. Stille, der Tugend nur Und der Freundschaft bekannt, wandelt die Gute dort. Liebes Mädchen, es trübe Nie dein himmlisches Auge sich.
womit bei der höchstbeglükten Ankunft Ihro herzoglichen Durchlaucht der Frau Herzoginn von Würtemberg Franzisca in dem Kloster Maulbronn, seine unterthänigste und tiefste Devotion bezeugen, und sich Höchstdero Durchlaucht zu höchster Huld und Gnaden unterthänigst empfelen wollte Joh. Christian Fridrich Hölderlin. Lang wars der heiße inniggefühlte Wunsch Des Jünglings, lange - ! oft der Gedank der Stund, Die feurig hinwiß zur Vollkommenheit - Wie ihm im Busen glühe die Ehrfurcht, Dirs hinzusagen! Aber der deutscheren Gemüthseröfnung winkte mit zärtlichem - Mit ihrem Mutterblik die Sittsamkeit Stille zu stehn - dem strömenden Danke. Du kommst - jezt winke gutgemeint immerhin Die Sittsamkeit! Die Lippe bebt nimmer mir! Franzisca ists, Franzisca! Ha, es bebt Nimmer die Lippe furchtsames Stammeln! Weh' über dich, du Menschenfeind, grausamer Bedrüker du des Schwächeren neben dir! Dem's zu alltäglich ist vom Jammerblik, Von dem entblößten Hungergerippe Erweicht zu werden - Schaue die liebende Erhalterin, wie ringsum sie Lächeln streut! Schon sank der Pilger dort der Grube zu; Wie er so ruhig jezt auf die Leiden Zurükblikt? Dann du rettetest ihn, dann du, Franzisca, gossest Balsam ihm in die Wund! -- Zu weit hab' ich den Mund schon aufgethan, Siehe die Lippe bebt, ich verstumme. --. Es sags der Greis nur, welchem der Loorbeerlohn Am glänzendsten die Stirne umfließt! Es sei Franzisca ihm der lezte Erdgedank, Und er entsinke ruhig dem Stabe. Und Carln die thät'ge Hände zu weihen, sei Des Mannes erster feurigster Trieb! und dann - Ists auch dem Jüngling dann gegönnt, für Carln Leb' er hienieden, leise zu denken?
An Stella Stella! ach! wir leiden viel! wann nur das Grab - Komme! komme kühles Grab! nimm uns beide! Siehe Stellas Tränen, komme Kühles ruhiges Grab. O ihr Menschen! o so gerne wollt' ich euch Alle lieben, warm und treu! oh ihr Menschen Sehet diese Stella haßt ihr! Gott vergebe es euch! Reißt sie nur hinweg von mir! Quäler! ihr! Ich will schweigen - Gott - Gott wird reden Lebe wohl - ich sterbe bald - O Stella! Stella vergiß mich. Viele Wonnenaugenblike gabst du mir - Vater, Vater! bebt' ich oft auf zum Ewgen Sieh' ich liebe sie so rein dein Auge Vater sieht ja mein Herz. Stella! weinen werd' ich bis ans Grab um dich Weinen, Stella, du um mich - weinen! aber Am Gerichtstag will ichs sagen Vorm versammelten Erdkreis: Diese sinds, die Stella quälten - aber nein! Gott im Himmel! nein! vergieb diesen Quälern Laß mich sterben - oder tragen Diese Leiden - mein Gott.
Mädchen! die ihr mein Herz, die ihr mein Schiksaal kennt, Und das Auge, das oft Tränen im Thale weint In den Stunden des Elends - Diß mein traurendes Auge seht! In der Stille der Nacht denket an euch mein Lied, Wo mein ewiger Gram jeglichen Stundenschlag Welcher näher mich bringt dem Trauten Grabe, mit Dank begrüßt. Aber daß ich mein Herz redlich und treu, und rein Im Gewirre der Welt, unter den Lästerern Treu und rein es behielt, ist Himmelswonne dem Leidenden. Mädchen! bleibet auch ihr redlich und rein und treu! Gute Seelen! Vieleicht wartet auf euch ein Loos, Das dem meinigen gleicht. Dann Stärkt im Leiden auch euch mein Trost.
O Freunde! Freunde! die ihr so treu mich liebt! Was trübet meine einsame Blike so? Was zwingt mein armes Herz in diese Wolkenumnachtete Todtenstille? Ich fliehe euren zärtlichen Händedruk, Den seelenvollen, seeligen Bruderkuß. O zürnt mir nicht, daß ich ihn fliehe! Schaut mir in's Innerste! Prüft und richtet! - Ists heißer Durst nach Männervollkommenheit? Ists leises Geizen um Hekatombenlohn? Ists schwacher Schwung nach Pindars Flug? ists Kämpfendes Streben nach Klopstoksgröße? Ach Freunde! welcher Winkel der Erde kan Mich deken, daß ich ewig in Nacht gehüllt Dort weine? Ich erreich' ihn nie den Weltenumeilenden Flug der Großen. Doch nein! hinan den herrlichen Ehrenpfad! Hinan! hinan! im glühenden kühnen Traum Sie zu erreichen; muß ich einst auch Sterbend noch stammeln; vergeßt mich, Kinder!
Wohl mir! daß ich den Schwarm der Thoren nimmer erblike, Daß jezt unumwölkter der Blik zu den Lüften emporschaut, Freier atmet die Brust, dann in den Mauren des Elends, Und den Winkeln des Trugs. O! schöne, seelige Stunde! Wie getrennte Geliebte nach langentbehrter Umarmung In die Arme sich stürzen, so eilt' ich herauf auf die Haide, Mir ein Fest zu bereiten auf meiner einsamen Haide. Und ich habe sie wieder gefunden, die stille Freuden Alle wieder gefunden, und meine schattigten Eichen Stehn noch eben so königlich da, umdämmern die Haide Noch in alten statlichen Reih'n die schattigten Eichen. Jedesmal wandelt an meinen tausendjährigen Eichen Mit entblößtem Haupt der Jäger vorüber, dann also Heischet die ländliche Sage, denn unter den statlichen Reihen Schlummern schon lange, gefallene Helden der eisernen Vorzeit. Aber horch! was rauschet herauf im schwarzen Gebüsche? Bleibe ferne! Störer des Sängers! - aber siehe, Siehe! - wie herrlich! wie groß! ein hochgeweihetes Hirschheer Wandelt langsam vorüber - hinab nach der Quelle des Thales. - O! jezt kenn' ich mich wieder, der menschenhassende Trübsinn Ist so ganz, so ganz aus meinem Herzen verschwunden. Wär' ich doch ewig fern von diesen Mauren des Elends, Diesen Mauren des Trugs! - Es blinken der Riesenpalläste Schimmernde Dächer herauf, und die Spizen der alternden Türme Wo so einzeln stehn die Buchen und Eichen; Es tönet Dumpf vom Thale herauf das höfische Waagengerassel Und der Huf der prangenden Rosse -- Höflinge! bleibet, Bleibet immerhin in eurem Waagengerassel, Bükt euch tief auf den Narrenbühnen der Riesenpalläste, Bleibet immerhin! - Und ihr, ihr edlere, kommet! Edle Greise und Männer, und edle Jünglinge, kommet! Laßt uns Hütten baun - des ächten germanischen Mannsins Und der Freundschaft Hütten auf meiner einsamen Haide.
Da steh' ich auf dem Hügel, und schau' umher, Wie alles auflebt, alles empor sich dehnt, Und Hain und Flur, und Thal, und Hügel Jauchzet im herrlichen Morgenstrale. O diese Nacht - da bebtet ihr, Schöpfungen! Da wekten nahe Donner die Schlummernde, Da schrekten im Gefilde grause Zakigte Blize die stille Schatten. Jezt jauchzt die Erde, feiert im Perlenschmuk Den Sieg des Tages über das Graun der Nacht - Doch freut sich meine Seele schöner Denn sie besiegt der Vernichtung Grauen. Denn - o ihr Himmel! Adams Geschlechte sinds, Die diese Erd' im niedrigen Schooße trägt - O betet an, Geschlechte Adams! Jauchzet mit Engeln, Geschlechte Adams! O ihr seid schön, ihr herrliche Schöpfungen! Geschmükt mit Perlen blizet das Blumenfeld; Doch schöner ist des Menschen Seele, Wenn sie von euch sich zu Gott erhebet. O, dich zu denken, die du aus Gottes Hand Erhaben über tausend Geschöpfe giengst, In deiner Klarheit dich zu denken, Wenn du zu Gott dich erhebst, o Seele! Ha! diese Eiche - streket die stolze nicht Ihr Haupt empor, als stünde sie ewig so? Und drohte nicht Jehovas Donner, Niederzuschmettern die stolze Eiche? Ha! diese Felsen - bliken die stolze nicht Hinab ins Thal, als blieben sie ewig so? Jahrhunderte - und an der Stelle Malmet der Wandrer zu Staub das Sandkorn. Und meine Seele - wo ist dein Stachel, Todt? O beugt euch, Felsen! neiget euch ehrfurchtsvoll, Ihr stolze Eichen! - hörts und beugt euch! Ewig ist, ewig des Menschen Seele. Mit grausem Zischen brauset der Sturm daher, Ich komme, spricht er, und das Gehölze kracht Und Türme wanken, Städte sinken, Länder zerschmettern, wenn ich ergrimme. Doch - wandelt nicht in Schweigen der Winde Dräun? Macht nicht ein Tag die brausende atemlos? Ein Tag, ein Tag, an dem ein andrer Sturm der verwesten Gebeine sammelt. Zum Himmel schäumt und wooget der Ozean In seinem Grimm, der Sonnen und Monde Heer Herab aus ihren Höh'n die stolze Niederzureißen in seine Tiefen. Was bist du Erde? hadert der Ozean, Was bist du? strek' ich nicht, wie die Fittige Aufs Reh der Adler, meine Arme Über die Schwächliche aus? - Was bist du, Wenn nicht zur Sonne seegnend mein Hauch sich hebt, Zu tränken dich mit Reegen und Morgenthau? Und wann er sich erhebt zu nahn in Mitternachtswolken, zu nah'n mit Donnern; Ha! bebst du nicht, gebrechliche? bebst du nicht? - Und doch! vor jenem Tage verkriechet sich Das Meer, und seiner Woogen keine Tönt in die Jubel der Auferstehung. Wie herrlich, Sonne! wandelst du nicht daher! Dein Kommen und dein Scheiden ist Wiederschein Vom Tron des Ewigen; wie götlich Blikst du herab auf die Menschenkinder. Der Wilde gaft mit zitternden Wimpern dich O Heldin an, von heiligen Ahndungen Durchbebt, verhüllt er schnell sein Haupt und Nennet dich Gott, und erbaut dir Tempel. Und doch, o Sonne! endet dereinst dein Lauf, Verlischt an jenem Tage dein hehres Licht. Doch wirbelt sie an jenem Tage Rauchend die Himmel hindurch, und schmettert. O du Entzüken meiner Unsterblichkeit! O kehre du Entzüken! du stärkest mich! Daß ich nicht sinke, in dem Graun der Großen Vernichtungen nicht versinke. Wenn all diß anhebt - fühle dich ganz, o Mensch! Da wirst du jauchzen, wo ist dein Stachel, Todt? Dann ewig ist sie - tönt es nach ihr Harfen des Himmels, des Menschen Seele. O Seele! jezt schon bist du so wundervoll! Wer denkt dich aus? daß wann du zu Gott dich nahst Erhabne, mir im Auge blinket Deine Erhabenheit - daß du, Seele! Wann auf die Flur das irrdische Auge blikt, So süß, so himmlisch dann dich in mir erhebst - Wer sah, was Geist an Körper bindt, wer Lauschte die Sprache der Seele mit den Verwesungen? - O Seele schon jezt bist du So groß, so himmlisch, wann du von Erdentand Und Menschendruk entlediget in Großen Momenten zu deinem Urstof Empor dich schwingst. Wie Schimmer Eloas Haupt Umschwebt der Umkreis deiner Gedanken dich Wie Edens goldne Ströme, reihen Deine Betrachtungen sich zusammen. Und o! wie wirds einst werden, wann Erdentand Und Menschendruk auf ewig verschwunden ist, Wann ich an Gottes - Gottes Trone Bin, und die Klarheit des Höchsten schaue. Und weg ihr Zweifel! quälendes Seelengift! Hinweg! der Seele Jubel ist Ewigkeit! - Und ist ers nicht, so mag noch heute Todt und Verderben des Lebens große Geseze niedertrümmern; so mag der Sohn In seinem Elend Vater und Mutterherz Durchbohren; mag ums Brodt die Armuth Tempel bestehlen; so mag das Mitlaid Zu Tigern fliehn, zu Schlangen Gerechtigkeit, Und Kannibalenrache des Kindes Brust Entflammen, und Banditentrug im Himmelsgewande der Unschuld wohnen. Doch nein! der Seele Jubel ist Ewigkeit! Jehova sprachs! ihr Jubel ist Ewigkeit! Sein Wort ist ewig, wie sein Nahme, Ewig ist, ewig des Menschen Seele. So singt ihr nach, ihr Menschengeschlechte! nach Myriaden Seelen singet den Jubel nach - Ich glaube meinem Gott, und schau' in Himmelsentzükungen meine Größe.
Dank dir! aus dem schnadernden Gedränge Nahmst du mich, Vertraute! Einsamkeit! Daß ich glühend von dem Lorbeer singe, Dem so einzig sich mein Herz geweiht. Euch zu folgen, Große! - Werd ichs können? Wirds einst stärker, eures Jünglings Lied? Soll ich in die Bahn, zum Ziel zu rennen, Dem diß Auge so entgegenglüht? Wann ein Klopstok in des Tempels Halle Seinem Gott das Flammenopfer bringt Und in seiner Psalmen Jubelschalle Himmelan sich seine Seele schwingt - Wann mein Yung in dunkeln Einsamkeiten Rings versammelnd seine Todte wacht, Himmlischer zu stimmen seine Saiten Für Begeistrungen der Mitternacht -- Ha! der Wonne! ferne nur zu stehen Lauschend ihres Liedes Flammenguß, Ihres Geistes Schöpfungen zu sehen Warlich! es ist Himmelsvorgenuß. Nein! ich wolte nichts auf dieser Erden! Dulden all' der Welt Verfolgungen Jedes Drangsaal, jegliche Beschwerden, All des Neiders bittre Schmähungen -- Lieber Gott! wie oft ich schwacher dachte, Wie ichs tröstete das arme Herz Wenn ich Nächte kummervoll durchwachte, O so oft, so oft in meinem Schmerz, Wann der Stolz verächtlich niederschaute, Wann der Eitle meiner spottete, Dem vor meinen Sittensprüchen graute, Wenn oft selbst - mich floh - der Edlere; O vieleicht, daß diese Bitterkeiten - Dacht' ich - stärker bilden deinen Geist! Daß die Stille höher deine Saiten Stimmt, zu mänlichem Gesang dich reißt! Aber still! Die goldne Bubenträume Hört in ihrer Nacht die Zukunft nicht - Schon so manche Früchte schöner Keime Logen grausam mir ins Angesicht.
Groser Nahme! - Millionenherzen Lokt ins Elend der Sirenenton Tausend Schwächen wimmern, tausend Schmerzen Um der Ehrsucht eitlen Flittertron. Seine schwarze, blutbeflekte Hände Dünken dem Erobrer götlichschön - Schwache morden scheint ihm keine Sünde, Und er jauchzt auf seine Trümmer hin. Um wie Könige zu pralen, schänden Kleinre Wütriche ihr armes Land; Und um feile Ordensbänder wenden Räthe sich das Ruder aus der Hand. Pfaffen spiegeln um Apostelehre Ihren Narren schwarze Wunder vor Um Mariasehre krächzen Nonnenchöre Wahnsinn zum Marienbild empor. Graue Sünder donnern, ihre Blöße Wegzudonnern, rauh die Unschuld an; Gott zu leugnen hält so oft für Größe, Hält für Größe noch so oft - ein Mann. Göttin in des Buben Mund zu heißen, Giebt das Mädchen ihren Reiz zum Sold; Mitzurasen in Verführerkraisen, Wird der Bube früh ein Trunkenbold. Doch es sträubet sich des Jünglings Rechte, Länger sing' ich von den Thoren nicht. Wisse! schwaches, niedriges Geschlechte! Nahe steht der Narr am Bösewicht.
Hört, größre, edlere der Schwabensöhne! Die ihr vor keinem Dominiksgesicht Euch krümmet, welchen keine Dirnenträne Das winzige, geschwächte Herzchen bricht. Hört, größre, edlere der Schwabensöhne! In welchen noch das Kleinod Freiheit pocht, Die ihr euch keines reichen Ahnherrn Miene, Und keiner Fürstenlaune unterjocht. Geschlecht von oben! Vaterlandeskronen! Nur euch bewahre Gott vor Übermuth! O! Brüder! der Gedanke soll uns lohnen, In Hermann braußte kein Despotenblut. Beweinenswürdig ist des Stolzen Ende Wann er die Grube seiner Größe gräbt, Doch fürchterlich sind seine Henkershände, Wann er sich glüklich über andre hebt. Viel sind und schön des stillen Mannes Freuden, Und stürmten auch auf ihn der Leiden viel, Er blikt gen Himmel unter seinen Leiden, Beneidet nie des Lachers Possenspiel. Sein feurigster, sein erster Wunsch auf Erden Ist allen, allen Menschen nüzlich sein, Und wann sie froh durch seine Thaten werden, Dann will der edle ihres Danks sich freun. O! Demuth! laß uns all dich lieben, Du bists, die uns zu einem Bund vereint, In welchem gute Herzen nie sich trüben, In welchem nie bedrängte Unschuld weint. Drum größre, edlere der Schwabensöhne Laßt Demuth, Demuth euer erstes sein, Wie sehr das Herz nach Außenglanz sich sehne, Laßt Demuth, Demuth euer erstes sein. Vor allen, welchen Gott ein Herz gegeben Das groß und königlich, und feurig ist Die in Gefahren nur vor Freude beben, Für Tugend selbst auf einem Blutgerüst, Vor allen, allen, solche Schwabensöhne O solche, Demuth, solche führe du Aus jeder bäurischstolzen Narrenbühne Den stillen Reihen jenes Bundes zu.
Die du schon mein Knabenherz entzüktest, Welcher schon die Knabenträne floß, Die du früh dem Lärm der Thoren mich entrüktest, Besser mich zu bilden, nahmst in Mutterschoos, Dein, du Sanfte! Freundin aller Lieben! Dein, du Immertreue! sei mein Lied! Treu bist du in Sturm und Sonnenschein geblieben, Bleibst mir treu, wenn einst mich alles, alles flieht. Jene Ruhe - jene Himmelswonne - O ich wußte nicht, wie mir geschah, Wann so oft in stiller Pracht die Abendsonne Durch den dunklen Wald zu mir heruntersah - Du, o du nur hattest ausgegossen Jene Ruhe in des Knaben Sinn, Jene Himmelswonne ist aus dir geflossen, Hehre Stille! holde Freudengeberin! Dein war sie, die Träne, die im Haine Auf den abgepflükten Erdbeerstraus Mir entfiel - mit dir ging ich im Mondenscheine Dann zurük ins liebe elterliche Haus. Fernher sah ich schon die Kerzen flimmern, Schon wars Suppenzeit - ich eilte nicht! Spähte stillen Lächelns nach des Kirchhofs Wimmern Nach dem dreigefüßten Roß am Hochgericht. War ich endlich staubigt angekommen; Theilt ich erst den welken Erdbeerstraus, Rühmend, wie mit saurer Müh ich ihn bekommen, Unter meine dankende Geschwister aus; Nahm dann eilig, was vom Abendessen An Kartoffeln mir noch übrig war, Schlich mich in der Stille, wann ich satt gegessen, Weg von meinem lustigen Geschwisterpaar. O! in meines kleinen Stübchens Stille War mir dann so über alles wohl, Wie im Tempel, war mirs in der Nächte Hülle, Wann so einsam von dem Thurm die Gloke scholl. Alles schwieg, und schlief, ich wacht' alleine; Endlich wiegte mich die Stille ein, Und von meinem dunklen Erdbeerhaine Träumt' ich, und vom Gang im stillen Mondenschein. Als ich weggerissen von den Meinen Aus dem lieben elterlichen Haus Unter Fremde irrte, wo ich nimmer weinen Durfte, in das bunte Weltgewirr' hinaus; O wie pflegtest du den armen Jungen, Teure, so mit Mutterzärtlichkeit, Wann er sich im Weltgewirre müdgerungen, In der lieben, wehmutsvollen Einsamkeit. Als mir nach dem wärmern, vollern Herzen Feuriger izt stürzte Jünglingsblut; O! wie schweigtest du oft ungestümme Schmerzen, Stärktest du den schwachen oft mit neuem Muth. Jezt belausch' ich oft in deiner Hütte Meinen Schlachtenstürmer Ossian, Schwebe oft in schimmernder Seraphen Mitte Mit dem Sänger Gottes, Klopstok, himmelan. Gott! und wann durch stille Schattenheken Mir mein Mädchen in die Arme fliegt, Und die Hasel, ihre Liebenden zu deken, Sorglich ihre grüne Zweige um uns schmiegt - Wann im ganzen seegensvollen Thale Alles dann so stille, stille ist, Und die Freudenträne, hell im Abendstrale Schweigend mir mein Mädchen von der Wange wischt - Oder wann in friedlichen Gefilden Mir mein Herzensfreund zur Seite geht, Und mich ganz dem edlen Jüngling nachzubilden Einzig vor der Seele der Gedanken steht - Und wir bei den kleinen Kümmernissen Uns so sorglich in die Augen sehn, Wann so sparsam öfters, und so abgerissen Uns die Worte von der ernsten Lippe gehn. Schön, o schön sind sie! die stille Freuden, Die der Thoren wilder Lärm nicht kennt, Schöner noch die stille gottergebne Leiden, Wann die fromme Träne von dem Auge rinnt. Drum, wenn Stürme einst den Mann umgeben, Nimmer ihn der Jugendsinn belebt, Schwarze Unglükswolken drohend ihn umschweben, Ihm die Sorge Furchen in die Stirne gräbt; O so reiße ihn aus dem Getümmel, Hülle ihn in deine Schatten ein, O! in deinen Schatten, Teure! wohnt der Himmel Ruhig wirds bei ihnen unter Stürmen sein. Und wann einst nach tausend trüben Stunden Sich mein graues Haupt zur Erde neigt, Und das Herz sich mattgekämpft an tausend Wunden Und des Lebens Last den schwachen Naken beugt: O so leite mich mit deinem Stabe - Harren will ich auf ihn hingebeugt, Biß in dem willkommnen, ruhevollen Grabe Aller Sturm, und aller Lärm der Thoren schweigt.
Freunde! Freunde! wenn er heute käme Heute mich aus unserm Bunde nähme Jener lezte große Augenblik - Wann der frohe Puls so plözlich stünde Und verworren Freundesstimme tönte, Und, ein Nebel, mich umschwebte, Erdenglük. Ha! so plözlich lebewohl zu sagen All den lieben schöndurchlebten Tagen - Doch - ich glaube - nein! ich bebte nicht! »Freunde! spräch' ich, dort auf jenen Höhen »Werden wir uns alle wiedersehen, »Freunde! wo ein schönrer Tag die Wolken bricht. »Aber Stella! fern ist deine Hütte, »Nahe rauschen schon des Würgers Tritte - »Stella! meine Stella! weine nicht! »Nur noch einmal möcht' ich sie umarmen, »Sterben dann in meiner Stella Armen, »Eile, Stella! eile, eh' das Auge bricht. »Aber ferne, ferne deine Hütte »Nahe rauschen schon des Würgers Tritte - »Freunde! bringet meine Lieder ihr. »Lieber Gott! ein großer Mann zu werden »War oft mein Wunsch, mein Traum auf Erden »Aber - Brüder - größre Rollen winken mir. »Traurt ihr, Brüder! daß so weggeschwunden »All' der Zukunft schöngeträumte Stunden »Alle, alle meine Hofnungen! »Daß die Erde meinen Leichnam deket »Eh' ich mir ein Denkmal aufgesteket »Und der Enkel nimmer denkt des Schlummernden. »Daß er kalt an meinem Leichensteine »Stehet, und des modernden Gebeine »Keines Jünglings stiller Seegen grüßt, »Daß auf meines Grabes Rosenheken »Auf den Liljen, die den Moder deken »Keines Mädchens herzergoßne Träne fließt. »Daß von Männern, die vorüberwallen, »Nicht die Worte in die Gruft erschallen, »Jüngling! du entschlummertest zu früh! »Daß den Kleinen keine Silbergreise »Sagen an dem Ziel der Lebensreise, »Kinder! mein und jenes Grab vergesset nie! »Daß sie mir so grausam weggeschwunden, »All der Zukunft langersehnte Stunden »All der frohen Hofnung Seeligkeit, »Daß die schönste Träume dieser Erden »Hin sind, ewig niemals wahr zu werden, »Hin die Träume von Unsterblichkeit. »Aber weg! in diesem todten Herzen »Bluten meiner armen Stella Schmerzen, »Folge! folge mir, Verlassene! »Wie du starr an meinem Grabe stehest »Und um Tod, um Tod zum Himmel flehest! »Stella! komm! es harret dein der Schlummernde. »O an deiner Seite! o so ende, »Jammerstand! vieleicht, daß unsre Hände »Die Verwesung ineinander legt! »Da wo keine schwarze Neider spähen »Da wo keine Splitterrichter schmähen »Träumen wir vieleicht, bis die Posaun' uns wekt. »Sprechen wird an unserm Leichensteine »Dann der Jüngling - schlummernde Gebeine! »Liebe Todte! schön war euer Loos! »Hand in Hand entfloht ihr eurem Kummer, »Heilig ist der langverfolgten Schlummer »In der kühlen Erde mütterlichem Schoos. »Und mit Liljen und mit Rosenheken »Wird das Mädchen unsern Hügel deken, »Ahndungsvoll an unsern Gräbern stehn, »Zu den Schlummernden hinab sich denken, »Mit gefaltnen Händen niedersinken, »Und um dieser Todten Loos zum Himmel flehn. »Und von Vätern, die vorüberwallen »Wird der Seegen über uns erschallen - »Ruhet wohl! ihr seid der Ruhe werth! »Gott! wie mags im Tod den Vätern bangen, »Die ein Kind in Quälerhände zwangen, »Ruhet wohl! ihr habt uns Zärtlichkeit gelehrt.
Ras' ich ewig? noch nicht ausgestritten Ist der heiße Streit der Leidenschaft? Hab' ich armer nicht genug gelitten? Sie ist hin - ist hin - des Kämpfers Kraft. Engelsauge! immer um mich schweben - O warum? warum? du liebe Grausame! Schone! schone! sieh! diß schwache Beben! Weibertränen weint der Überwundene. Weibertränen weinen? Weibertränen? Wirklich? wein' ich wirklich, Zauberin? Und diß Klopfen, dieses bange Sehnen Ists um Luzias Umarmungen? Nein! ich kann nicht! will nicht! diese Tränen Stieß der Zorn ins Auge, sie vergoß der Grim; O! mich schmelzen keine Mädchenmienen, Nur der Freiheit braußte dieses Ungestümm. Aber wie? dein Stolz hat sich betrogen, Siehe! Lügen straft die Liebe mich; Männergröße hat dein Herz gelogen, Und im schwachen Kampf verkennst du dich. Stolz verschmähst du alle Mädchenherzen, Weil dir Luzia ihr großes Herz nicht giebt, Kindisch heuchelst du verbißne Schmerzen Armer Heuchler! weil dich Luzia nicht liebt. Weh! sie kan, sie kan mich nimmer lieben, Mir geraubt durch ein tyrannisch Joch, Nur die Wunde noch ist mir geblieben, Fühlst dus? Fühlst dus? Weib! die Wunde noch. Ha! ein Abgrund droht vor meinen Sinnen - Laß mich! laß mich! todesvolle Leidenschaft! Höllenflamme? wilt du ewig brennen? Schone! schone! sie ist hin, des Kämpfers Kraft.
Lange schlummern ruhig all' die Meinen Stille atmet durch die Mitternacht; Auf dann! Hero! auf und laß das Weinen! Dank euch, Götter! Heros Muth erwacht. Fort ans Meer! ans Meer! es schäume die Welle, Brause der Sturm mir nimmer ins Angesicht! Fort ans Meer! ohn' ihn ist alles Hölle - Liebe ängstet mich arme - Sturm und Welle nicht. Ruhig will ich da hinüberlauschen Wo sein Hütgen über Felsen hängt, Rufen will ichs in der Wooge Rauschen, Wie sein Zaudern seine Hero kränkt. Ha! da wird er sich mutig von seinem Gestade Stürzen, Posidaons Kraft ihm Liebe verleihn, Lieb' ihn leiten des Meeres furchtbare Pfade, Götter! wie wird - wie wird uns wieder sein? (sie komt ans Meer) Aber Himmel! - wie hoch die Woogen schäumen! So hätt' ich den Sturm mir nicht gedacht. Weh! wie sie dräuend gegen mein Ufer sich bäumen! Stärkt mich, Götter, in dieser ernsten Nacht! - Nein! mir banget nicht um Tod und Leben - Todt und Leben, wie das Schiksaal will! Liebe besieget die Schreken, die um mich schweben Schlangengezisch, und Skorpionen, und Löwengebrüll. Jüngling! sieben solche Schrekennächte Harr' ich deiner, zager Jüngling, schon, Wenn mein Jüngling meiner Angst gedächte, O! er spräch' Orkanen und Woogen Hohn. Oder hätt' er den furchtbaren Eid gebrochen, Spottet er meiner im Arm der Bulerinn - Ha! so bin ich so leicht, so schön gerochen, Leicht und schön gerochen - ich sterbe hier um ihn. Aber weg von mir! du Donnergedanke! Weg, das flüsterte mir die Hölle zu, Daß mein Jüngling, mein Leander wanke, Nein! Geliebter! bleibe, bleibe du! Wann ich dich in diesen Woogen dächte, Deinen Pfad so schröklich ungewiß, Nein! ich will einsam durchirren die Schrekennächte, Dein zu harren, Geliebter, ist ja schon so süß. Aber horch! - o Himmel! - diese Töne - Warlich! es waren des Sturmes Töne nicht - Bist dus? - oder spielt die Narrenscene Täuschend mit mir ein grausames Traumgesicht? Götter! da ruft es ja wieder Hero! herüber, Flüstert ja wieder die Stimme der Liebe mir her - Auf! zu ihm, zu ihm in die Woogen hinüber, Wenn er ermattete - auf dem Geliebten entgegen ins Meer. Sieh! wie im Tanze, stürz ich zu dir vom Gestade, Liebe soll mir Posidaons Kraft verleihn, Liebe mich leiten des Meeres furchtbare Pfade - Götter! Götter! wie wird uns wieder sein! Kämpfend über den Woogen will ich ihn drüken, Drüken an Brust und Lippe mit Todesgefahr, Ha! und sink' ich, so träumet mein Entzüken Noch im Abgrund fort, wie schön die Stunde war. Aber Götter! was seh' ich? meinem Gestade Schon so nahe? - Gesiegt! mein Held hat gesiegt! Siehe! er schwebet verachtend die furchtbare Pfade Mutig einher vom Meere gefällig gewiegt. (freudig) Ha! er soll mich suchen - da will ich lauschen Hinter diesem Felsen - (leise) Götter! wie schön! Wie die weise Arme durch die Welle rauschen Ach! so sehnend, so strebend nach Heros Ufer hin. Aber Grauen des Orkus! Sterbegewimmer! Grauen des Orkus! dort dem Felsen zu! Wie? - so kenn ich diese Todentrümmer! Wehe! wehe also siegtest du? - Aber weg! ihr höllische Schrekengesichte! Täuschende Furien! weg! er ist es nicht! So zerschmettern nicht der Götter Gerichte - (sie hält ihre Leuchte über den Todten hin) Aber dieses Lächeln auf dem Todengesicht - Kenst dus? Hero! kenst dus? - Nimmer, nimmer Spricht das tode Lächeln Liebe dir - (sie weint heftig) Engelsauge! so ist erloschen dein Schimmer - Bliktest einst so heiße Liebe mir. Jüngling! erweken dich nicht der Geliebten Tränen? Nicht die blutige Umarmungen? Jüngling! Jüngling! diese Todesmienen - Wehe! sie töden mich! wehe! diese Zukungen. Und er dacht in seiner Todesstunde, In der Kämpfe furchtbarstem noch dein - Hero! stammelt' er noch mit sterbendem Munde - Und so schröklich muß sein Ende sein? Ha! und diese Liebe überleben - Ohne diesen Toden in der Welt - Weg! vor dem wird Hero nicht erbeben, Der zu diesem Toden die Einsame geselt. Wenig kurze schrökende Sekunden - Und du sinkst an deines Jünglings Brust, Und du hast ihn auf ewig wiedergefunden Ewig umlächelt von hoher Elisiumslust -- (Pause) Ha! ich habe gesiegt! an des Orkus Pforte Anzuklopfen - nein! ich bin nicht zu schwach! Hero! Hero! rief er, Götterworte! Stärkt mich! stärkt durchs dunkle mich! ich folge nach.
Ah! so hab' ich noch die Traubenhügel erstiegen Ehe der leuchtende Stral an der güldenen Ferne hinabsinkt. Und wie wohl ist mir! Ich strek' im stolzen Gefühle - Als umschlänge mein Arm das Unendliche - auf zu den Wolken Meine gefaltete Hände, zu danken im edlen Gefühle Daß er ein Herz mir gab, dem Schaffer der edlen Gefühle. Mich mit den frohen zu freuen, zu schauen den herbstlichen Jubel, Wie sie die köstliche Traube mit heiterstaunendem Blike Über sich halten, und lange noch zaudern, die glänzende Beere In des Kelterers Hände zu geben - wie der gerührte Silberlokigte Greis an der abgeerndteten Rebe Königlich froh zum herbstlichen Mahle sich sezt mit den Kleinen O! und zu ihnen spricht aus der Fülle des dankenden Herzens Kinder! am Seegen des Herrn ist alles, alles gelegen -- Mich mit den frohen zu freuen, zu schauen den herbstlichen Jubel War ich herauf von den Hütten der gastlichen Freundschaft gegangen. Aber siehe! allmächtig reißen mich hin in ernste Bewundrung Gegenüber die waldigte Riesengebirge. - Laß mich vergessen Laß mich deine Lust, du falbigte Rebe, vergessen, Daß ich mit voller Seele sie schaue die Riesengebirge! Ha! wie jenes so königlich über die Brüder emporragt! Tek ist sein Nahme. Da klangen einst Harnische, Schwerder ertönten Zwischen den moosigten Mauren der Fürsten und blinkende Helme. Eisern waren und groß und bieder seine Bewohner. Mit dem kommenden Tag stand über den moosigten Mauren In der ehernen Rüstung der Fürst, sein Gebirge zu schauen. Mein diß Riesengebirge - so stolz - so königlich herrlich -? Sprach er mit ernsterer Stirne, mit hohem, denkendem Auge - Mein die trozende Felsen? die tausendjährige Eichen? Ha! und ich? - und ich? - bald wäre mein Harnisch gerostet O! der Schande! mein Harnisch gerostet in diesem Gebirge. Aber ich schwör' - ich schwör', ich meide mein Riesengebirge, Fliehe mein Weib, verlasse das blaue redliche Auge, Biß ich dreimal gesiegt im Kampfe des Bluts und der Ehre. Trage mich mein Roß zu deutscher statlicher Fehde Oder wider der Christenfeinde wütende Säbel - Biß ich dreimal gesiegt, verlass' ich das stolze Gebirge. Unerträglich! stärker als ich, die trozende Felsen, Ewiger, als mein Nahme, die tausendjährige Eichen! Biß ich dreimal gesiegt, verlass' ich das stolze Gebirge. Und er gieng und schlug, der feurige Fürst des Gebirges. Ja! so erheben die Seele, so reißen sie hin in Bewundrung Diese felsigte Mitternachtswälder, so allerschütternd Ist sie, die Stunde, da ganz es fühlen, dem Herzen vergönnt ist. - Bringet ihn her, den frechen Spötter der heilsamen Wahrheit, O! und kommet die Stunde, wie wird er staunen, und sprechen: Warlich! ein Gott, ein Gott hat dieses Gebirge geschaffen. Bringet sie her, des Auslands häßlich gekünstelte Affen Bringet sie her, die hirnlos hüpfende Puppen, zu schauen Dieses Riesengebirge so einfach schön, so erhaben; O und kommet die Stunde, wie werden die Knaben erröten, Daß sie Gottes herrlichstes Werk so elend verzerren. - Bringet sie her der deutschen Biedersitte Verächter, Übernachtet mit ihnen, wo Moder und Disteln die graue Trümmer der fürstlichen Mauern, der stolzen Pforten bedeken, Wo der Eule Geheul, und des Uhus Todtengewimmer Ihnen entgegenruft aus schwarzen, sumpfigten Höhlen. Wehe! wehe! so flüstern im Sturme die Geister der Vorzeit Ausgetilget aus Suevia redliche biedere Sitte! Ritterwort, und Rittergrus, und traulicher Handschlag! - Laßt euch mahnen, Suevias Söhne! Die Trümmer der Vorzeit! Laßt sie euch mahnen! Einst standen sie hoch, die gefallene Trümmer, Aber ausgetilget ward der trauliche Handschlag, Ausgetilget das eiserne Wort, da sanken sie gerne, Gerne hin in den Staub, zu beweinen Suevias Söhne. Laßt sie euch mahnen, Suevias Söhne! die Trümmer der Vorzeit! Beben werden sie dann der Biedersitte Verächter, Und noch lange sie seufzen, die fallverkündende Worte - Ausgetilget aus Suevia redliche biedere Sitte! Aber nein! nicht ausgetilget ist biedere Sitte Nicht ganz ausgetilget aus Suevias friedlichen Landen -- O mein Thal! mein Tekbenachbartes Thal! - ich verlasse Mein Gebirge, zu schauen im Tale die Hütten der Freundschaft. Wie sie von Linden umkränzt bescheiden die rauchende Dächer Aus den Fluren erheben, die Hütten der biederen Freundschaft. O ihr, die ihr fern und nahe mich liebet, Geliebte! Wär't ihr um mich, ich drükte so warm euch die Hände, Geliebte! Jezt, o! jezt über all' den Lieblichkeiten des Abends. Schellend kehren zurük von schattigten Triften die Heerden, Und fürs dritte Gras der Wiesen, im Herbste noch fruchtbar, Schneidend geklopfet ertönt des Mähers blinkende Sense. Traulich summen benachbarte Abendgloken zusammen, Und es spielet der fröliche Junge dem lauschenden Mädchen Zwischen den Lippen mit Birnbaumblättern ein scherzendes Liedchen. Hütten der Freundschaft, der Seegen des Herrn sei über euch allen! Aber indessen hat mein hehres Riesengebirge Sein gepriesenes Haupt in nächtliche Nebel verhüllet, Und ich kehre zurük in die Hütten der biederen Freundschaft.
Ihr Freunde! mein Wunsch ist Helden zu singen, Meiner Harfe erster Laut, Glaubt es, ihr Freunde! Durchschleich' ich schon so stille mein Tal, Flammt schon mein Auge nicht feuriger, Meiner Harfe erster Laut War Kriegergeschrei und Schlachtengetümmel. Ich sah, Brüder! ich sah Im Schlachtengetümmel das Roß Auf röchelnden Leichnamen stolpern, Und zuken am sprudelnden Rumpf Den grausen gespaltenen Schädel, Und blizen und treffen das rauchende Schwerd, Und dampfen und schmettern die Donnergeschüze, Und Reuter hin auf Lanzen gebeugt Mit grimmiger Miene Reuter sich stürzen Und unbeweglich, wie eherne Mauren Mit furchtbarer Stille Und Todverhöhnender Ruhe Den Reutern entgegen sich streken die Lanzen. Ich sah, Brüder! ich sah Des kriegrischen Suezias eiserne Söhne Geschlagen von Pultawas wütender Schlacht. Kein wehe! sprachen die Krieger, Von den blutiggebißnen Lippen Ertönte kein Lebewohl - Verstummet standen sie da In wilder Verzweiflung da Und blikten es an das rauchende Schwerd Und schwangen es höher das rauchende Schwerd, Und zielten - und zielten - Und stießen es sich bitterlächelnd In die wilde braußende Brust. Noch vieles will ich sehen, Ha! vieles noch! vieles noch! Noch sehen Gustavs Schwerdschlag Noch sehen Eugenius Siegerfaust. Doch möcht ich, Brüder! zuvor In euren Armen ausruh'n, Dann schweb' ich wieder mutiger auf, Zu sehen Gustavs Schwerdschlag, Zu sehen Eugenius Siegerfaust. Willkommen, du! - Und du! - Wilkommen! Wir drei sinds? Nun! so schließet die Halle. Ihr staunt, mit Rosen bestreut Die Tische zu sehen, und Weirauch Am Fenster dampfend, Und meine Laren - Den Schatten meiner Stella, Und Klopstoks Bild und Wielands, - Mit Blumen umhängt zu sehen. Ich wolt' in meiner Halle Chöre versammeln Von singenden rosichten Mädchen Und kränzetragenden blühenden Knaben, Und euch empfangen mit Saitenspiel, Und Flötenklang, und Hörnern, und Hoboen. Doch - schwur ich nicht, ihr Freunde Am Mahle bei unsers Fürsten Fest, Nur Einen Tag mit Saitenspiel Und Flötenklang, und Hörnern und Hoboen, Mit Chören von singenden rosichten Mädchen, Und kränzetragenden blühenden Knaben Nur einen Tag zu feiren? Den Tag, an dem ein Weiser Und biedere Jünglinge, Und deutsche Mädchen Zu meiner Harfe sprächen, Du tönst uns Harfe lieblich ins Ohr, Und hauchst uns Edelmuth, Und hauchst uns Sanftmuth in die Seele. Aber heute, Brüder! O, kommt in meine Arme! Wir feiern das Fest Der Freundschaft heute. Als jüngst zum erstenmal wieder Der Mäher des Morgens die Wiese Entkleidete, und der Heugeruch Jezt wieder zum erstenmal Durchdüftete mein Tal: Da war es Brüder! O da war es! Da schlossen wir unsern Bund Den schönen, seeligen, ewigen Bund. Ihr hörtet so oft mich sprechen, Wie lang' es mir werde Bei diesem Geschlechte zu wohnen, Ihr sahet den Lebensmüden In den Stunden seiner Klage so oft. Da stürmt' ich hinaus in den Sturm Da sah' ich aus der vorüberjagenden Wolke Die Helden der eisernen Tage herunterschau'n. Da rief' ich den Nahmen der Helden In des hohlen Felsen finstres Geklüft, Und siehe! der Helden Nahmen Rief ernster mir zurük Des hohlen Felsen finstres Geklüft. Da stolpert' ich hin auf dornigten Trümmern Und drang durchs Schlehengebüsch in den alternden Turm Und lehnte mich hin an die schwärzliche Wände Und sprach mit schwärmendem Auge an ihm hinauf: Ihr Reste der Vorzeit! Euch hat ein nervigter Arm gebaut, Sonst hätte der Sturm die Wände gespalten Der Winter den moosigten Wipfel gebeugt; Da solten Greise um sich Die Knaben und Mädchen versammlen Und küssen die moosigte Schwelle, Und sprechen - seid wie eure Väter! Aber an euren steinernen Wänden Rauschet dorrendes Gras herab, In euren Wölbungen hangt Zerrißnes Spinnengewebe - Warum, ihr Reste der Vorzeit Den Fäusten des Sturmes trozen, den Zähnen des Winters. O Brüder! Brüder! Da weinte der Schwärmer blutige Tränen, Auf die Disteln des Turmes, Daß er vieleicht noch lange Verweilen müsse unter diesem Geschlechte, Da sah' er all' die Schande Der weichlichen Teutonssöhne, Und fluchte dem verderblichen Ausland, Und fluchte den verdorbnen Affen des Auslands, Und weinte blutige Tränen, Daß er vieleicht noch lange Verweilen müsse unter diesem Geschlechte. Doch siehe es kam Der seelige Tag - O Brüder in meine Arme! - O Brüder, da schlossen wir unsern Bund, Den schönen, seeligen, ewigen Bund. Da fand ich Herzen, - Brüder in meine Arme! - Da fand ich eure Herzen. Jezt wohn' ich gerne Unter diesem Geschlechte, Jezt werde der Thoren Immer mehr! immer mehr! Ich habe eure Herzen. Und nun - ich dachte bei mir An jenem Tage, Wann zum erstenmal wieder Des Schnitters Sichel Durch die goldene Ähren rauscht; So feir' ich ihn, den seeligen Tag. Und nun - es rauschet zum erstenmal wieder Des Schnitters Sichel durch die goldene Saat, Jezt laßt uns feiren, Laßt uns feiren In meiner Halle den seeligen Tag. Es warten jezt in euren Armen Der Freuden so viel' auf mich,l O Brüder! Brüder! Der edlen Freuden so viel. Und hab' ich dann ausgeruht In euren Armen, So schweb' ich mutiger auf, Zu schauen Gustavs Schwerdschlag Zu schauen Eugenius Siegerfaust.
Laß sie drohen die Stürme, die Leiden Laß trennen - der Trennung Jahre Sie trennen uns nicht! Sie trennen uns nicht! Denn mein bist du! Und über das Grab hinaus Soll sie dauren die unzertrennbare Liebe. O! wenn's einst da ist Das große seelige Jenseits Wo die Krone dem leidenden Pilger Die Palme dem Sieger blinkt Dann Freundin - lohnet auch Freundschaft - Auch Freundschaft - der Ewige.
Erhabne Tochter Gottes! Gerechtigkeit, Die du den Dreimalheilgen von Anbeginn Umstraltest, und umstralen wirst am Tage der ernsten Gerichtsposaune. Und du, o Freiheit! heiliger Überrest Aus Edens Tagen! Perle der Redlichen! In deren Halle sich der Völker Kronen begrüßen, und Thaten schwören. Und du, der Geisterkräfte gewaltigste! Du löwenstolze! Liebe des Vaterlands! Die du auf Mordgerüsten lächelst, Und in dem Blute gewälzt, noch siegest. Wer wagts, zu türmen Riesengebirge sich, Zu schau'n den Anfang eurer Erhabenheit? Wer gründt der Tiefen tiefste aus, nach Euch sich zu beugen vor euch, Erhabne? Und wir - o tönet, tönet den Jubel nach, Ihr ferne Glanzgefilde des Uranus! O beugt euch nieder, Orione! Beugt euch! wir sind der Erhabnen Söhne. Es glimmt in uns ein Funke der Göttlichen; Und diesen Funken soll aus der Männerbrust Der Hölle Macht uns nicht entreißen! Hört es, Despotengerichte, hört es! Ihn senkte seine Welt zu verherrlichen Der Gott der Götter Adams Geschlecht ins Herz, Deß preisen wir den Gott der Götter! Hört es, ihr Knechte des Lügners, hört es! Was überwiegt die Wonne, der Herrlichen, Der Töchter Gottes würdiger Sohn zu sein? Den Stolz, in ihrem Heiligtum zu Wandeln, zu dulden um ihretwillen? Und lärmten gleich dem hadernden Ozean Despotenflüche geifernd auf uns herab, Vergiftete das Schnauben ihrer Rache, wie Syrias Abendlüfte - Und dräute tausendarmigter Pöbel, uns Zu würgen, tausendzüngigte Pfaffenwuth Mit Bann den Neuerern; es lachen Ihrer die Söhne der Töchter Gottes. Und würden unsre Kinder vom Schwerdt verfolgt, Zu heulen über uns in der Finsterniß Des Wolfs, und mit dem Löwen seine Beute zu teilen, bei Kannibalen Sich Väter, und im Sande von Afrika Das Gastrecht aufzusuchen, sie dulden gern, Verlachen eure Brutgerüste, Folgen den Vätern zu Schwerd und Folter. Drum tönet, tönet, tönet den Jubel nach Ihr ferne Glanzgefilde des Uranus, Drum beugt euch nieder, Orione! Beugt euch! wir sind der Erhabnen Söhne.
Herr! Herr! Unterwunden hab' ich mich, Zu singen dir Bebenden Lobgesang. Dort oben In all der Himmel höchstem Himmel, Hoch über dem Siriusstern, Hoch über Uranus Scheitel, Wo von Anbeginn Wandelte der heilige Seraph Mit feirender, erbebender Anbetung Ums Heiligtum des Unnenbaren. Da steht im Heiligtum ein Buch Und im Buche geschrieben All die Millionenreihen Menschentage - Da steht geschrieben - Länderverwüstung und Völkerverheerung, Und feindliches Kriegergemezel, Und würgende Könige - Mit Ross' und Wagen, Und Reuter und Waffen, Und Scepter um sich her; Und giftge Tyrannen, Mit grimmigem Stachel, Tief in der Unschuld Herz. Und schrökliche Fluthen Verschlingend die Frommen, Verschlingend die Sünder, Zerreißend die Häuser Der Frommen, der Sünder. Und fressende Feuer - Palläste und Thürme Mit ehernen Thoren, Gigantischen Mauern Zernichtend im Augenblik. Geöfnete Erden Mit schwefelndem Rachen Ins rauchende Dunkel Den Vater, die Kinder, Die Mutter, den Säugling, In Wehegeröchel Und Sterbegewinsel Hinuntergurgelnd. -. Da steht geschrieben Vatermord! Brudermord! Säuglinge blaugewürgt! Greulich! Greulich! Um ein Linsengericht Därmzerfressendes Gift Dem guten, sicheren Freund gemischt. -. Hohlaugigte Krüppel Ihrer Onansschande Teuflische Opfer -. Kannibalen Von Menschenbraten gemästet- Nagend an Menschengebein, Aus Menschenschädel saufend Rauchendes Menschenblut. Wütendes Schmerzgeschrei Der Geschlachteten über dem Bauchzerschlizenden Messer. Des Feindes Jauchzen Über dem Wohlgeruch, Welcher warm dampft Aus dem Eingeweid. -. Da steht geschrieben- Die Verzweiflung schwarz Am Strik um Mitternacht Noch im quälenden Lebenskampf Die Seel - am höllenahnenden Augenblik. Da steht geschrieben- Der Vater verlassend Weib und Kind im Hunger, Zustürzend im Taumel Dem lokenden süßlichen Lasterarm. -. Im Staub das Verdienst Zurük von der Ehre Ins Elend gestoßen Vom Betrüger- Im Lumpengewand Einher der Wanderer Bettelnahrung zu suchen Dem zerstümmelten Gliederbau. Da steht geschrieben Des heitern, rosigen Mädchens Grabenaher Fieberkampf; Der Mutter Händeringen, Des donnergerührten Jünglings Wilde stume Betäubung. (Eine Pause im Gefühl.) Furchtbarer, Furchtbarer! Das all, all im Buche geschrieben Furchtbarer, Furchtbarer! Ha die Greuel des Erdgeschlechts! Richter! Richter! Warum vertilgt mit dem Flammenschwerdt All die Greuel von der Erde Der Todesengel nicht? Gerechter sieh die Gerichte Treffen den Frommen den Sünder Die Fluthen die Feuer Die Erdegerichte all'. Aber sieh ich schweige- Das sei dir Lobgesang! Du, der du lenkst Mit weiser weiser Allmachtshand Das bunte Zeitengewimmel. (Wieder eine Pause) Hallelujah, Hallelujah, Der da denkt Das bunte Zeitengewimmel Ist Liebe!!! Hörs Himmel und Erde! Unbegreiflich Liebe! Es steht im Heiligtum ein Buch Und im Buche geschrieben All die Millionenreihen Menschentage - Da steht geschrieben Jesus Christus Creuzestod! Des Sohnes Gottes Creuzestod! Des Lamms auf dem Throne Creuzestod! Seelig zu machen alle Welt, Engelswonne zu geben Seinen Glaubigen. -. Der Seraphim, Cherubim Staunende Still Weit in den Himmelsgefilden umher - Des Harfenklangs Verstummen, Kaum athmend der Strom ums Heiligtum. Anbetung - Anbetung - Über des Sohnes Werk Welcher erlößt Ein gefallen Greuelgeschlecht. Da steht geschrieben - Der gestorben ist, Jesus Christus, Abschüttelnd im Felsen den Tod! Heraus in der Gotteskraft Allgewalt! Und lebend - lebend - Zu ruffen dereinst dem Staub; Kommet wieder, Menschenkinder! Jezt tönt die Posaun' Ins unabsehliche Menschengewimmel Zum Richtstuhl hinan! Zum Richtstuhl! Zum Lohn, der aufstellt Der Gerechtigkeit Gleichgewicht! Jammerst du jezt noch, Frommer? Unter der Menschheit Druk? Und, Spötter, spottest du In tanzenden Freuden Noch des furchtbarn Richtstuhls? Da steht geschrieben - Menschliches Riesenwerk Statlich einherzugehn Auf Meerestiefen! Oceanswanderer! Stürmebezwinger! Schnell mit der Winde Frohn Niegesehene Meere Ferne von Menschen und Land Mit stolzen brausenden Seegeln Und schaurlichen Masten durchkreuzend. Leviathanserleger Lachend des Eisgebürgs Weltenentdeker Niegedacht von Anbeginn. Da steht geschrieben - Völkerseegen, Brods die Fülle, Lustgefilde Überall - Allweit Freude Niederströmend Von der guten Fürstenhand.
Vollendung! Vollendung! - O du der Geister heiliges Ziel! Wann werd ich siegestrunken Dich umfahen und ewig ruhn? Und frei und groß Entgegenlächeln der Heerschaar Die zahllos aus den Welten In den Schoos dir strömt? Ach ferne, ferne von dir! Mein göttlichster schönster Gedanke War, wie der Welten Fernstes Ende, ferne von dir! Und fleugt auf des Sturmes Flügeln Aeonen lang die Liebe dir zu, Noch schmachtet sie ferne von dir, Ach! ferne ferne von dir! Doch küner gewaltiger Unaufhaltbarer immer Fleugt durch Myriaden Aeonen Dir zu die glühende Liebe. Voll hoher Einfalt Einfältig still und groß Rangen des Siegs gewiß Rangen dir zu die Väter. Ihre Hülle verschlang die Zeit Verwest, zerstreut ist der Staub Doch rang des Sieges gewiß Der Funke Gottes, ihr Geist dir zu. Sind sie eingegangen zu dir Die da lebten im Anbeginn? Ruhen, ruhen sie nun Die frommen Väter? Vollendung! Vollendung! Der Geister heiliges Ziel! Wann werd ich siegestrunken Dich umfahen und ewig ruhn?
Ist also diß die heilige Bahn? Herrlicher Blik - o trüge mich nicht! Diese geh' ich?? schwebend auf des Liedes Hoher fliegender Morgenwolke? Und welch' ist jene? künstlich gebaut Eben hinaus mit Marmor beschränkt Prächtig gerad, gleich den Sonnenstralen - An der Pforte ein hoher Richtstuhl? Ha! wie den Richtstuhl Purpur umfließt Und der Smaragd wie blendend er glänzt Und auf dem Stuhl, mit dem großen Scepter Aristoteles hinwärts blikend Mit hellem scharfem Aug' auf des Lieds Feurigen Lauf - und jenes Gebirg' Eilt sie hinweg - muthig in die Thäler Stürzt sie, ungestüm, und ihr Boden Ist wie des Nordens Flammengewölk Wallend vom Tritt des rennenden Gangs - Waffengeräusch rauschen seine Tritte Über alternde Wolkenfelsen. Ha! sie ist heiß die heilige Bahn - Ach wie geübt der Große dort rennt Um ihn herum - wie da Staunen wimmelt Freunde - Vaterland - fernes Ausland. Und ich um ihn mit Mükengesums Niedrig - im Staub - Nein Großer, das nicht. Muthig hinan! -! - Wanns nun da ist, voll ist
Unter den Sternen ergehet sich Mein Geist, die Gefilde des Uranus Überhin schwebt er und sinnt; einsam ist Und gewagt, ehernen Tritt heischet die Bahn. Wandle mit Kraft, wie der Held, einher! Erhebe die Miene! doch nicht zu stolz, Denn es naht, siehe es naht, hoch herab Vom Gefild, wo der Triumf jubelt, der Mann, Welcher den Denker in Albion, Den Späher des Himmels um Mitternacht Ins Gefild tiefern Beschauns leitete, Und voran leuchtend sich wagt' ins Labyrinth, Daß der erhabenen Themse Stolz Im Geiste sich beugend vor seinem Grab, Ins Gefild würdigern Lohns nach ihm rief: »Du begannst, Suevias Sohn! wo es dem Blik Aller Jahrtausende schwindelte; Und ha! ich vollende, was du begannst, Denn voran leuchtetest du, Herrlicher! Im Labyrinth, Stralen beschwurst du in die Nacht. Möge verzehren des Lebens Mark Die Flamm' in der Brust - ich ereile dich, Ich vollends! denn sie ist groß, ernst und groß, Deine Bahn, höhnet des Golds, lohnet sich selbst.« Wonne Walhallas! und ihn gebahr Mein Vaterland? ihn, den die Themse pries? Der zuerst ins Labyrinth Stralen schuf, Und den Pfad, hin an dem Pol, wies dem Gestirn. Heklas Gedonner vergäß' ich so, Und, gieng' ich auf Ottern, ich bebte nicht In dem Stolz, daß er aus dir, Suevia! Sich erhub, unser der Dank Albions ist. Mutter der Redlichen! Suevia! Du stille! dir jauchzen Aeonen zu, Du erzogst Männer des Lichts ohne Zal, Des Geschlechts Mund, das da kommt, huldiget dir.
Der Leichenreihen wandelte still hinan, Und Fakelnschimmer schien' auf des Theuren Sarg, Und du, geliebte gute Mutter! Schautest entseelt aus der Jammerhütte, Als ich ein schwacher stammelnder Knabe noch, O Vater! lieber Seeliger! dich verlohr, Da fühlt' ichs nicht, was du mir warst, doch Mißte dich bald der verlaßne Waise. So weint' ich leisen Knabengefühles schon, Der Wehmuth Träne über dein traurig Loos, Doch jezt, o Thill! jezt fühl' ichs ernster, Schmerzender jezt über deinem Hügel, Was hier im Grab den Redlichen Suevias Verwest, den himmelnahenden Einsamen. Und, o mein Thill! du ließst sie Waisen? Eiltest so frühe dahin, du guter? Ihr stille Schatten seines Holunderbaums! Verbergt mich, daß kein Spötter die Tränen sieht Und lacht, wann ich geschmiegt an seinen Hügel die bebenden Wangen trokne. O wohl dir! wohl dir, guter! du schläfst so sanft Im stillen Schatten deines Holunderbaums. Dein Monument ist er, und deine Lieder bewahren des Dorfes Greisen. O daß auch mich dein Hügel umschattete, Und Hand in Hand wir schliefen, bis Erndte wird, Da schielten keine Vorurteile, Lachte kein Affe des stillen Pilgers. O Thill! Ich zage, denn er ist dornenvoll, Und noch so fern der Pfad zur Vollkommenheit; Die Starken beugen ja ihr Haupt, wie Mag ihn erkämpfen der schwache Jüngling? Doch nein! ich wag's! es streitet zur Seite ja Ein felsentreuer, muthiger Bruder mir. O freut euch, seelige Gebeine! Über dem Nahmen! Es ist - mein Neufer.
Kommt, ihr Kinder von Teut! Ihr Kinder von Teut! zum Thale der Schlacht Entblößet die Häupter, ihr Kinder von Teut! Und schauet nieder mit heiligem Blik! Denn hier - hier starb der Mann, Deß Thaten die Lande sah'n, Und ihren Felsen geboten Zu beugen die Scheitel den Thaten des Manns Und ihren Hügeln geboten Zu beugen ihr Haupt den Thaten des Manns; Deß Thaten die Meere sah'n, Und Woogen türmten, Und Stürme beriefen Zu donnern ein Lob den Thaten des Manns; Entblößet die Häupter, ihr Kinder von Teut! Denn hier - hier starb der Mann, Des Nahme, wann einst Des Ozeans Inseln sich küssen, Und Kolumbens Welt Lusitanias Küsten umarmt, Von fernen Völkern gepriesen, Von fremden Zungen genannt, Am heiligen Denkmal, im Herzen der Edlen Noch ewig, wie Gottes Gestirne steht, Entblößet die Häupter, ihr Kinder von Teut! Und schauet nieder mit heiligem Blik! Denn hier - starb - Gustav. Es lärmt im Thale die Schlacht Die Siege zu krönen, die blutige Schlacht, Und Heldenknie sanken, und Felsenherzen erbebten Vor Gustav Adolfs Schwerdt, Und Blut der Räuber floß, Und Blut der Witwenmörder, Und Blut der Schänder der Freiheit floß, Und hinan im Blute der Räuber hinan Stürzt', als ein Rachebliz des Rächers, Mit seinen Treuen Gustaf hinan. Er gedachte seiner Thaten, Da flammte sein Auge von Götterlust, Seiner Thaten vor Gott, Und Himmelsruhe verklärte sein Angesicht Und hinan, in seiner Himmelsruhe Stürzt' an der Spize der Treuen Gustav hinan - Doch wehe! unter den Treuen Lauscht' ein Verräter; Er dachte - der Verräter - den Höllengedanken, Und - Gustav - sank. Ha! Verräter! Verräter! Daß in der Todesstunde dein Weib dich verdamme, Und wehe! über dich rufen deine Söhne, Und deine Enkel die That ins Ohr dir heulen, Bis deine Blike erstarren im Grauen des Meuchelmords, Und deine Seele flieht vor den Schreken der Ewigkeit. Wir wollten seegnen In deinem Thale, du Herrlicher! Und schänden die heilige Stätte mit Fluch? O Gustav! Gustav! vergieb, Vergieb den Eifer der Deinen, Und neige dich freundlich herab vom Gefilde des Lohns, Zu den Stimmen des dankenden Lobgesangs. Dank dem Retter der Feiheit! Dem Richter der Witwenmörder! Dank dem Sieger bei Lipsia! Dank dem Sieger am Lechus! Dank dem Sieger im Todesthal! Dank und Ruhm dem Bruder des Schwachen, Dem gnadelächelnden Sieger! Dank und Ruhm dem Erwäger des Rechts, Dem Feind des Erobrers, dem Hasser des Stolzen, Dem weichen Weiner an Tillys Grab! Dank und Ruhm und Heil dem Schüzer des Frommen, Dem Trokner der Märtyrerstränen, Dem Steurer der Pfaffenwuth -- O Gustav! Gustav! Es verstummt der Seegen der Deinen, Der Seegen des Ewigen lohnet dich nur, Der donnernde Jubel des Weltgerichts.
Erscholl von jeder Haide, jedem Hügel Das Schrekengelärm gewapneter Wütriche her. Doch wenig Stunden sann um Mitternacht der Held Vollbrachte mit stürmender Hand, was er sann am geflügelten Tag, Und ha! wo war er nun der Fremdlinge Grimm? Die Racheblike, wie so bange rollten sie? Der Rosse Schnauben hatt' in Röcheln sich gewandelt, Zerrissen moderten im Blut des Flüchtlings Die güldenen Paniere, Raben krächzten Im leichenvollen Hinterhalt, und Angstgeheul Erscholl von jeder Haide, jedem Hügel. Verschlungen hatte sie der größre Strom. Der Tag des Weltgerichts - auch er! auch er! Wird zeugen einst im Angesicht der Völker. So spricht Jehovah: herrlich sei dein Lohn! Sie schändeten zum blutbeflekten Greu'l Die Fahne meines Reichs - die Lehre meines Mundes Zur Menschenwürgerin, zur Brudermörderin. Mit Henkersfäusten trieben sie vom Vaterland Die Kinder meines Luters, die das Joch des Wahns Vom Naken schüttelten, in Todeswüsten hin. Da troknet' ihre Tränen Gustav ab, Der Fromme baute Häuser meinen Irrenden. Dein Lohn sei herrlich! du Geseegneter! So spricht Jehovah, und die Myriaden Versammleter erheben ihre Häupter Und breiten ihre Arme gegen Gustav aus, Und jubeln: Amen! herrlich ist sein Lohn. --- O Gustav! Gustav! hast du dein Ohr geneigt Den Zeugen deiner Größe - du herrlicher! Und zürnst du nicht, und lächelst du im Arme der Helden zu uns herunter? Verzeih, du Liebling Gottes! ich liebe dich! - Wann Donner rollen über mein trautes Thal, So denk' ich dein, und wenn der Obstbaum Freundlich den Apfel herunterreichet So nenn' ich deinen Namen. Denn ringsum sieht Ein Denkmal deiner Thaten mein staunend Aug'. Und ha! wie wird diß Auge staunen, Führet mich förder hinauf zum Tempel, Zum höchsten Tempel seiner Erhabenheit Mit wolkenlosem Muth die Begeisterung - Hinauf, wo es dem Tändler schwindelt, Wo der gebrechliche nie hinanklimmt! Umdonnert, Meereswoogen! die einsame Gewagte Bahn! euch bebet die Saite nicht! Ertürmt euch, Felsen! ihr ermüdet Nicht den geflügelten Fuß des Sängers. Nur daß ich nie der ernsten Bewundrung Lied Mit Tand entweihe - ferne von Gleisnerslob! Und seiner gottgesandten Thaten Keine vergesse - denn diß ist Lästrung!
Ich duld' es nimmer! ewig und ewig so Die Knabenschritte, wie ein Gekerkerter Die kurzen vorgemeßnen Schritte Täglich zu wandeln, ich duld es nimmer! Ists Menschenlooß - ists meines? ich trag es nicht Mich reizt der Lorber, - Ruhe beglükt mich nicht Gefahren zeugen Männerkräfte Leiden erheben die Brust des Jünglings. Was bin ich dir, was bin ich mein Vaterland? Ein siecher Säugling, welchen mit tränendem Mit hofnungslosem Blik die Mutter In den gedultigen Armen schaukelt. Mich tröstete das blinkende Kelchglas nie Mich nie der Blik der lächelnden Tändlerin, Soll ewig trauern mich umwolken? Ewig mich tödten die zornge Sehnsucht? Was soll des Freundes traulicher Handschlag mir, Was mir des Frühlings freundlicher Morgengruß Was mir der Eiche Schatten? was der Blühenden Rebe, der Linde Düfte? Beim grauen Mana! nimmer genieß ich dein Du Kelch der Freuden, blinktest du noch so schön Bis mir ein Männerwerk gelinget Bis ich ihn hasche, den ersten Lorbeer. Der Schwur ist groß. Er zeuget im Auge mir Die Trän' und wohl mir wenn ihn Vollendung krönt Dann jauchz auch ich du Krais der Frohen, Dann o Natur, ist dein Lächeln Wonne.
Vom Gruß des Hahns, vom Sichelgetön' erwekt, Gelobt' ich dir, Beglükerin! Lobgesang, Und siehe da, am heitern Mittag Schläget sie mir, der Begeist'rung Stunde. Erquiklich, wie die heimische Ruhebank Im fernen Schlachtgetümmel dem Krieger deucht, Wenn die zerfleischten Arme sinken, Und der geschmetterte Stahl im Blut liegt - So bist du, Ruhe! freundliche Trösterin! Du schenkest Riesenkraft dem Verachteten; Er höhnet Dominiksgesichtern, Höhnet der zischenden Natterzunge. Im Veilchenthal, vom dämmernden Hain umbraust, Entschlummert er, von süßen Begeist'rungen Der Zukunft trunken, von der Unschuld Spielen im flatternden Flügelkleide. Da weiht der Ruhe Zauber den Schlummernden, Mit Muth zu schwingen im Labyrinth sein Licht, Die Fahne rasch voranzutragen, Wo sich der Dünkel entgegenstemmet. Auf springt er, wandelt ernster den Bach hinab Nach seiner Hütte. Siehe! das Götterwerk, Es keimet in der großen Seele. Wieder ein Lenz, - und es ist vollendet. An jener Stätte bauet der Herrliche Dir, gottgesandte Ruhe! den Dankaltar. Dort harrt er, wonnelächlend, wie die Scheidende Sonne, des längern Schlummers. Denn sieh', es wallt der Enkel zu seinem Grab, Voll hohen Schauers, wie zu des Weisen Grab, Des Herrlichen, der, von der Pappel Säuseln umweht, auf der Insel schlummert.
Einst war ich ruhig, schlummerte sorgenfrei Am stillen Moosquell, träumte von Stellas Kuß - Da riefst du, daß der Waldstrom stille Stand und erbebte, vom Eichenwipfel - Auf sprang ich, fühlte taumelnd die Zauberkraft, Hin flog mein Athem, wo sie den Lieblingen Die schweisbetraufte Stirn im Haine Kühlend, die Eich und die Palme spendet. Umdonnert Meereswoogen die einsame Gewagte Bahn! euch höhnet mein künes Herz, Ertürmt euch Felsen ihr ermüdet Nie den geflügelten Fuß des Sängers. So rief ich - stürzt' im Zauber des Aufrufs hin - Doch ha! der Täuschung - wenige Schritte sinds! Bemerkbar kaum! und Hohn der Spötter, Freude der Feigen umzischt den Armen. Ach! schlummert' ich am murmelnden Moosquell noch, Ach! träumt' ich noch von Stellas Umarmungen. Doch nein! bei Mana nein! auch Streben Ziert, auch der Schwächeren Schweis ist edel.
Einst, tränend Auge! sahst du so hell empor! Einst schlugst du mir so ruhig, empörtes Herz! So, wie die Wallungen des Bächleins Wo die Forell' am Gestade hinschlüpft. Einst in des Vaters Schoose, - des liebenden Geliebten Vaters - aber der Würger kam Wir weinten, flehten, doch der Würger Schnellte den Pfeil; und es sank die Stüze! Ha! du gerechte Vorsicht! so bald begann Der Sturm, so bald? - Doch - straft mich des Undanks nicht, Ihr Stunden meiner Knabenfreude Stunden des Spiels und des Ruhelächelns! Ich seh' euch wieder - herrlicher Augenblik! Da füttert' ich mein Hünchen, da pflanzt' ich Kohl Und Nelken - freute so des Frülings Mich und der Erndt', und des Herbstgewimmels. Da sucht' ich Maienblümchen im Walde mir, Da wälzt' ich mich im duftenden Heu' umher, Da brokt' ich Milch mit Schnittern ein, da Schleudert' ich Schwärmer am Rebenberge. Und o! wie warm, wie hieng ich so warm an euch Gespielen meiner Einfalt, wie stürmten wir In ofner Feldschlacht, lehrten uns den Strudel durchschwimmen, die Eich' ersteigen? Jezt wandl' ich einsam an dem Gestade hin, Ach keine Seele keine für dieses Herz? Ihr frohen Reigen? Aber weh dir Sehnender Jüngling! sie gehn vorüber! Zurük denn in die Zelle, Verachteter! Zurük zur Kummerstätte, wo schlaflos du So manche Mitternächte weintest Weintest im Durste nach Lieb' und Lorbeer. Lebt wohl, ihr güldnen Stunden vergangner Zeit, Ihr lieben Kinderträume von Größ' und Ruhm, Lebt wohl, lebt wol ihr Spielgenossen, Weint um den Jüngling er ist verachtet!
Hinweg, ihr Wünsche! Quäler des Unverstands! Hinweg von dieser Stätte Vergänglichkeit! Ernst, wie das Grab, sei meine Seele! Heilig mein Sang, wie die Todtengloke! Du, stille Weisheit! öfne dein Heiligtum. Laß, wie den Greis am Grabe Cecilias Mich lauschen deinen Göttersprüchen, Ehe der Todten Gericht sie donnert. Da unbestochne Richterin richtest du Tirannenfeste, wo sich der Höflinge Entmanntes Heer zu Trug begeistert, Wo des geschändeten Römers Kehle Die schweiserrungne Haabe des Pflügers stiehlt, Wo tolle Lust in güldnen Pokalen schäumt, Und ha! des Gräuels! an getürmten Silbergefäßen des Landes Mark klebt. Halt ein! Tyrann! Es fähret des Würgers Pfeil Daher. Halt ein! es nahet der Rache Tag Daß er, wie Bliz die giftge Staude, Nieder den taumelnden Schädel schmett're. Doch ach! am grimmen richtenden Saitenspiel Hinunter wankt die zitternde Rechte mir. In licht're Hallen, gute Göttin! - Wandle der Sturm sich in Haingeflüster! Da schlingst du liebevoll um die Jammernde Am Grabe des Erwälten den Mutterarm, Vor Menschentrost dein Kind zu schüzen, Schenkest ihr Tränen, und lispelst leise Vom Wiederseh'n vom seeligen Einst ins Herz - Da schläft in deiner Halle der Jammermann Dem Priesterhaß das Herz zerfleischet, Den ihr Gericht im Gewahrsam foltert, Der blaiche Jüngling, der in des Herzens Durst Nach Ehre rastlos klomm auf der Felsenbahn Und ach umsonst! wie wandelt er so Ruhig umher in der stillen Halle. Mit Brudersinn zu heitern den Kummerblik Der Kleinen Herz zu leiten am Gängelband, Sein Haus zu bau'n, sein Feld zu pflügen Wird ihm Beruf! und die Wünsche schweigen. Verzeih der bangen Träne du Göttliche! Auch ich vieleicht! - zwar glühet im Busen mir Die Flamme rein und kün, und ewig - Aber zurük aus den Lorbeerhainen Stieß unerweicht die Ehre den Traurenden So lang entflohn dem lachenden Knabenspiel Verhöhnend all' die Taumelfreuden Treu und [?]-[?] 1 mein Herz ihr huldigt. Drum öfne du die Arme dem Traurenden Laß deines Labebechers mich oft und viel Und einzig kosten, nenne Sohn mich! Gürte mit Stolz mich, und Kraft und Warheit! Denn viel der Stürme harren des Jünglings noch Der falschen Gruben viele des Wanderers, Sie alle wird dein Sohn besiegen So du mit stüzendem Arm ihn leitest.
Ich hasse mich! es ist ein ekles Ding Des Menschen Herz, so kindischschwach, so stolz, So freundlich wie Tobias Hündlein ist, Und doch so hämisch wieder! weg! ich hasse mich! So schwärmerisch wenn es des Dichters Flamme wärmt, Und ha wenn sich ein freundeloser Junge An unsre Seite schmiegt, so stolz so kalt! So fromm, wenn uns des Lebens Sturm Den Naken beugt,
Still und öde steht der Väter Veste, Schwarz und moosbewachsen Pfort' und Turm, Durch der Felsenwände trübe Reste Saußt um Mitternacht der Wintersturm, Dieser schaurigen Gemache Trümmer Heischen sich umsonst ein Siegesmaal Und des Schlachtgeräthes Heiligtümer Schlummern Todesschlaf im Waffensaal. Hier ertönen keine Festgesänge Lobzupreisen Manas Heldenland Keine Fahne weht im Siegsgepränge Hochgehoben in des Kriegers Hand, Keine Rosse wiehern in den Thoren Bis die Edeln zum Turniere nah'n Keine Doggen, treu, und auserkoren Schmiegen sich den blanken Panzern an. Bei des Hiefhorns schallendem Getöne Zieht kein Fräulein in der Hirsche Thal, Siegesdürstend gürten keine Söhne Um die Lenden ihrer Väter Stahl, Keine Mütter jauchzen von der Zinne Ob der Knaben stolzer Wiederkehr, Und den ersten Kuß verschämter Minne Weihn der Narbe keine Bräute mer. Aber schaurige Begeisterungen Wekt die Riesin in des Enkels Brust Sänge, die der Väter Mund gesungen Zeugt der Wehmuth zauberische Lust, Ferne von dem thörigen Gewühle, Von dem Stolze der Gefallenen, Dämmern niegeahndete Gefüle In der Seele des Begeisterten. Hier im Schatten grauer Felsenwände, Von des Städters Bliken unentweiht, Knüpfe Freundschaft deutsche Biederhände Schwöre Liebe für die Ewigkeit, Hier wo Heldenschatten niederrauschen Traufe Vaterseegen auf den Sohn Wo den Lieblingen die Geister lauschen Spreche Freiheit den Tyrannen Hohn! Hier verweine die verschloßne Zähre Wer umsonst nach Menschenfreude ringt Wen die Krone nicht der Bardenehre Nicht des Liebchens Schwanenarm umschlingt, Wer von Zweifeln one Rast gequälet, Von des Irrtums peinigendem Loos, Schlummerlose Mitternächte zählet, Komme zu genesen in der Ruhe Schoos. Aber wer des Bruders Fehle rüget Mit der Schlangenzunge losem Spott Wem für Adeltaten Gold genüget Sei er Sclave oder Erdengott Er entweihe nicht die heilge Reste Die der Väter stolzer Fuß betratt, Oder walle zitternd zu der Veste Abzuschwören da der Schande Pfad. Denn der Heldenkinder Herz zu stählen Atmet Freiheit hier und Männermuth In der Halle weilen Väterseelen Sich zu freuen ob Thuiskons Blut, Aber ha! den Spöttern und Tyrannen Weht Entsezen ihr Verdammerspruch Rache dräuend jagt er sie von dannen Des Gewissens fürchterlicher Fluch. Wohl mir! daß ich süßen Ernstes scheide, Daß die Harfe schrekenlos ertönt Daß ein Herz mir schlägt für Menschenfreude Daß die Lippe nicht der Einfalt höhnt. Süßen Ernstes will ich wiederkehren Einzutrinken freien Männermuth Bis umschimmert von den Geisterheeren In Walhallas Schoos die Seele ruht.
Erste Fassung Frei, wie Götter an dem Mahle, Singen wir um die Pokale Wo der edle Trank erglüht, Voll von Schauern, ernst und stille, In des Dunkels heil'ger Hülle Singen wir der Freundschaft Lied. Schwebt herab aus külen Lüften, Schwebet aus den Schlummergrüften, Helden der Vergangenheit! Kommt in unsern Krais hernieder, Staunt und sprecht: da ist sie wieder Unsre deutsche Herzlichkeit. Singe von ihr Jubellieder Von der Wonne deutscher Brüder, Chronos! in dem ew'gen Lauf; Singe, Sohn der Afterzeiten! Sing': Elysens Herrlichkeiten Wog ein deutscher Handschlag auf. Ha! der hohen Götterstunden! Wann der Edle sich gefunden, Der für unser Herz gehört; So begeisternd zu den Höhen, Die um uns, wie Riesen, stehen! So des deutschen Jünglings werth! Froher schlägt das Herz, und freier! Reichet zu des Bundes Feier Uns der Freund den Becher dar; Ohne Freuden, ohne Leben Erndtet' er Lyäus Reben Als er ohne Freunde war. Stärke, wenn Verläumder schreien Warheit, wenn Despoten dräuen Männermuth im Misgeschik, Duldung, wenn die Schwachen sinken, Liebe, Duldung, Wärme trinken Freunde von des Freundes Blik. Sanfter atmen Frülingslüfte, Süßer sind der Linde Düfte, Küliger der Eichenhain, Wenn bekränzt mit jungen Rosen Freunde bei den Bechern kosen Freunde sich des Abends freu'n. Brüder! laßt die Thoren sinnen, Wie sie Fürstengunst gewinnen, Häufig mögen Gut und Gold; Lächelnd kans der Edle missen, Sich geliebt, geliebt zu wissen Diß ist seiner Thaten Sold. Schmettert aus der trauten Halle Auch die Auserwälten alle In die Ferne das Geschik, Wandelt er mit Schmerz beladen Nun auf freundelosen Pfaden Schwarzen Gram im bangen Blik; Wankt er, wenn sich Wolken türmen, Wankt er nun in Winterstürmen Ohne Leiter, ohne Stab; Lauscht er abgeblaicht und düster Bangem Mitternachtsgeflüster Ahndungsvoll am frischen Grab; O da kehren all' die Stunden, So in Freundesarm verschwunden, Unter Schwüren, wahr, und warm, All' umfaßt mit sanftem Sehnen Seine Seele, süße Tränen Schaffen Ruhe nach dem Harm. Rauscht ihm dann des Todes Flügel; Schläft er ruhig unter'm Hügel, Wo sein Bund den Kranz ihm flicht; In die Loken seiner Brüder Säuselt noch sein Geist hernieder, Lispelt leis: Vergeßt mich nicht!
Zweite Fassung Wie der Held am Siegesmahle Ruhen wir um die Pokale Wo der edle Wein erglüht, Feurig Arm in Arm geschlungen Trunken von Begeisterungen Singen wir der Freundschaft Lied. Schwebt herab aus külen Lüften Schwebet aus den Schlummergrüften Helden der Vergangenheit! Kommt in unsern Krais hernieder Staunt und sprecht: da ist sie wieder Unsre deutsche Herzlichkeit! Uns ist Wonne, Gut und Leben Für den Edlen hinzugeben, Der für unser Herz gehört, Der zu groß, in stolzen Reigen Sich vor eitlem Tand zu beugen, Gott und Vaterland nur ehrt. Schon erhebt das Herz sich freier, Wärmer reicht zur frohen Feier Schon der Freund den Becher dar, Ohne Freuden, ohne Leben Kostet' er den Saft der Reben, Als er ohne Freunde war. Bruder! schleichen bang und trübe Deine Tage? beugt der Liebe Folterpein das Männerherz? Stürzt im heißen Durst nach Ehre Dir um Mitternacht die Zähre? Bruder seegne deinen Schmerz! Könten wir aus Götterhänden Freuden dir und Leiden spenden Ferne wärst du da von Harm Weiser ist der Gott der Liebe Sorgen giebt er bang und trübe, Freunde giebt er treu und warm. Stärke, wenn Verläumder schreien Warheit, wenn Despoten dräuen, Männermuth im Misgeschik Duldung, wenn die Schwachen sinken Liebe, Duldung, Wärme trinken Freunde von des Freundes Blik. Lieblich, wie der Sommerregen Reich, wie er, an Erndteseegen Wie die Perle klar und hell, Still, wie Edens Ströme gleiten, Endlos, wie die Ewigkeiten Fleußt der Freundschaft Silberquell. Drum, so wollen, eh die Freuden Trennungen und Tode neiden Wir im hehren Eichenhain Oder unter Frülingsrosen Wenn am Becher Weste kosen Würdig uns der Freundschaft freu'n. Rufet aus der trauten Halle Auch die Auserwälten alle In die Ferne das Geschik, Bleibt, auf freundelosen Pfaden Hinzugeh'n mit Schmerz beladen Tränend Einer nur zurük. Wankt er nun in Winterstürmen Wankt er, wo sich Wolken türmen Ohne Leiter, ohne Stab; Lauscht er abgeblaicht und düster Bangem Mitternachtsgeflüster Ahndungsvoll am frischen Grab; O da kehren all die Stunden Lächelnd, wie sie hingeschwunden Unter Schwüren, wahr und warm, Still und sanft, wie Blumen sinken Ruht er, bis die Väter winken Dir, Erinnerung! im Arm. Rauscht ihm dann des Todes Flügel, Schläft er ruhig unter'm Hügel Wo sein Bund den Kranz ihm flicht In den Lokken seiner Brüder Säuselt noch sein Geist hernieder Lispelt leis: vergeßt mich nicht!
Erste Fassung Engelfreuden ahndend wallen Wir hinaus auf Gottes Flur Wo die Jubel wiederhallen In dem Tempel der Natur; Heute soll kein Auge trübe, Sorge nicht hienieden sein, Jedes Wesen soll der Liebe Wonniglich, wie wir, sich freu'n. Singt den Jubel, Schwestern! Brüder! Vestgeschlungen! Hand in Hand! Singt das heiligste der Lieder Von dem hohen Wesenband! Steigt hinauf am Rebenhügel, Blikt hinab ins Schattenthal! Überall der Liebe Flügel, Wonnerauschend überall! Liebe lehrt das Lüftchen kosen Mit den Blumen auf der Au, Lokt zu jungen Frülingsrosen Aus der Wolke Morgenthau Liebe ziehet Well' an Welle Freundlichmurmelnd näher hin, Leitet aus der Kluft die Quelle Sanft hinab ins Wiesengrün. Berge knüpft mit eh'rner Kette Liebe an das Firmament, Donner ruft sie an die Stätte Wo der Sand die Pflanze brennt, Um die hehre Sonne leitet Sie die treuen Sterne her, Folgsam ihrem Winke gleitet Jeder Strom ins weite Meer. Liebe wallt in Wüsteneien, Höhnt des Dursts im dürren Sand, Sieget, wo Tyrannen dräuen, Steigt hinab ins Todtenland; Liebe trümmert Felsen nieder Zaubert Paradiese hin, Schaffet Erd und Himmel wieder Göttlich, wie im Anbeginn. Liebe schwingt den Seraphsflügel Wo der Gott der Götter wohnt Lohnt den Schweis am Felsenhügel Wann der Richter einst belohnt, Wann die Königsstühle trümmern, Hin ist jede Scheidewand Adelthaten heller schimmern Reiner, denn der Krone Tand. Mag uns jezt die Stunde schlagen Jezt der lezte Othem weh'n! Brüder! drüben wird es tagen, Schwestern! dort ist Wiedersehn; Jauchzt dem heiligsten der Triebe, Die der Gott der Götter gab, Brüder! Schwestern! jauchzt der Liebe! Sie besieget Zeit und Grab!
Zweite Fassung Engelfreuden ahndend, wallen Wir hinaus auf Gottes Flur, Daß von Jubel wiederhallen Höh'n und Tiefen der Natur. Heute soll kein Auge trübe, Sorge nicht hienieden seyn, Jedes Wesen soll der Liebe Frei und froh, wie wir, sich weih'n! Singt den Jubel, Schwestern, Brüder, Fest geschlungen, Hand in Hand! Hand in Hand das Lied der Lieder, Seelig an der Liebe Band! Steigt hinauf am Rebenhügel, Blikt hinab ins Schattenthal! Überall der Liebe Flügel, Hold und herrlich überall! Liebe lehrt das Lüftchen kosen Mit den Blumen auf der Au, Lokt zu jungen Frühlingsrosen Aus der Wolke Morgenthau, Liebe ziehet Well' an Welle Freundlich murmelnd näher hin, Leitet aus der Kluft die Quelle Sanft hinab ins Wiesengrün. Berge knüpft mit ehrner Kette Liebe an das Firmament, Donner ruft sie an die Stätte, Wo der Sand die Pflanze brennt. Um die hehre Sonne leitet Sie die treuen Sterne her, Folgsam ihrem Winke gleitet Jeder Strom ins weite Meer. Liebe schwingt den Seraphsflügel Wo der Gott der Götter thront, Lohnt die Thrän' am Felsenhügel, Wann der Richter einst belohnt, Wann die Königsstühle trümmern, Hin ist jede Scheidewand, Biedre Herzen heller schimmern Reiner, denn der Krone Tand. Laßt die Scheidestunde schlagen, Laßt des Würgers Flügel wehn! Brüder, drüben wird es tagen! Schwestern, dort ist Wiedersehn! Jauchzt dem Heiligsten der Triebe, Den der Gott der Götter gab, Brüder, Schwestern, jauchzt der Liebe, Sie besieget Zeit und Grab!
Dort im waldumkränzten Schattentale Schlürft' ich, schlummernd unter'm Rosenstrauch Trunkenheit aus deiner Götterschaale, Angeweht von deinem Liebeshauch. Sieh' es brent an deines Jünglings Wange Heiß und glühend noch Begeisterung Voll ist mir das Herz vom Lobgesange, Und der Fittig heischet Adlerschwung. Stieg ich künen Sinns zum Hades nieder Wo kein Sterblicher dich noch ersah, Schwänge sich das mutige Gefieder Zum Orion auf, so wär'st du da; Wie ins weite Meer die Ströme gleiten Stürzen dir die Zeiten alle zu In dem Schoos der alten Ewigkeiten, In des Chaos Tiefen wohntest du. In der Wüste dürrem Schrekgefilde, Wo der Hungertod des Wallers harrt, In der Stürme Land, wo schwarz und wilde Das Gebirg' im kalten Panzer starrt, In der Sommernacht, in Morgenlüften, In den Hainen weht dein Schwestergruß, Über schauerlichen Schlummergrüften Stärkt die Lieblinge dein Götterkuß. Ruhe fächelst du der Heldenseele In der Halle, wann die Schlacht beginnt, Hauchst Begeist'rung in der Felsenhöhle, Wo um Mitternacht der Denker sinnt, Schlummer träuf'st du auf die düstre Zelle, Daß der Dulder seines Grams vergißt, Lächelst traulich aus der Schattenquelle, Wo den ersten Kuß das Mädchen küßt. Ha! dir träuft die wonnetrunkne Zähre Und Entzükung strömt in mein Gebein Millionen bauen dir Altäre Zürne nicht! auch dieses Herz ist dein! Dort im Thale will ich Wonne trinken Wiederkehren in die Schattenkluft, Bis der Göttin Arme trauter winken, Bis die Braut zum stillen Bunde ruft. Keine Lauscher nah'n der Schlummerstätte, Kül und schattig ists im Leichentuch, Abgeschüttelt ist die Sclavenkette, Maigesäusel wird Gewitterfluch; Schöner rauscht die träge Fluth der Zeiten, Rings umdüstert von der Sorgen Schwarm; Wie ein Traum verfliegen Ewigkeiten Schläft der Jüngling seiner Braut im Arm.
Froh, als könnt' ich Schöpfungen beglüken, Stolz, als huldigten die Sterne mir, Fleugt, ins Stralenauge dir zu bliken, Mit der Liebe Kraft mein Geist zu dir. Schon erglüht dem wonnetrunknen Seher Deiner Halle gold'nes Morgenroth, Ha, und deinem Götterschoose näher Höhnt die Siegesfahne Grab und Tod. Mich umschimmern Orionenheere, Stolz ertönet der Plejaden Gang. Ha, sie wähnen, Ewigkeiten währe Ihrer Pole wilder Donnerklang. Majestätisch auf dem Flammenwagen Durchs Gefild' der Unermeßlichkeit, Seit das Chaos kreiste, fortgetragen, Heischt sich Helios Unsterblichkeit. Auch die Riesen dort im Gräberlande, Felsgebirg' und Sturm und Ozean, Wähnen endlos ihrer Schöpfung Bande, Wurzelnd in dem ew'gen Weltenplan; Doch es nahen die Vernichtungsstunden, Wie des Siegers Klinge, schreklichschön. - Erd' und Himmel ist dahin geschwunden, Schnell, wie Blize kommen und vergeh'n. Aber kehre, stralendes Gefieder, Zu der Halle, wo das Leben wohnt! Triumphire, triumphire wieder, Siegesfahne, wo die Göttin thront! Wenn die Pole schmettern, Sonnen sinken In den Abgrund der Vergangenheit, Wird die Seele Siegeswonne trinken, Hocherhaben über Grab und Zeit. Ach, wie oft in grausen Mitternächten, Wenn die heiße Jammerthräne rann, Wenn mit Gott und Schiksaal schon zu rechten Der verzweiflungsvolle Mensch begann, Bliktest du aus trüber Wolkenhülle Tröstend nieder auf den Schmerzenssohn! Drüben, riefst du liebevoll und stille, Drüben harrt des Dulders schöner Lohn. Müßte nicht der Mensch des Lebens fluchen, Nicht die Tugend auf der Dornenbahn Trost im Arme der Vernichtung suchen, Täuschte sie ein lügenhafter Wahn? Trümmern möchte der Natur Geseze Menschenfreiheit, möcht' in blinder Wuth, Wie die Reue die gestohlnen Schäze, Niederschmettern ihr ererbtes Gut. Aber nein, so wahr die Seele lebet, Und ein Gott im Himmel oben ist, Und ein Richter, dem die Hölle bebet, Nein, Unsterblichkeit, du bist, du bist! Mögen Spötter ihrer Schlangenzungen, Zweifler ihres Flattersinns sich freu'n, Der Unsterblichkeit Begeisterungen Kann die freche Lüge nicht entweih'n. Heil uns, Heil uns, wenn die freie Seele, Traulich an die Führerin geschmiegt, Treu dem hohen göttlichen Befehle, Jede nied're Leidenschaft besiegt! Wenn mit tiefem Ernst der Denker spähet Und durch dich sein Wesen erst begreift, Weil ihm Lebenslust vom Lande wehet, Wo das Saamenkorn zur Erndte reift! Wenn im Heiligtume alter Eichen Männer um der Königin Altar Sich die Bruderhand zum Bunde reichen, Zu dem Bunde freudiger Gefar; Wenn entzükt von ihren Götterküssen Jeglicher, des schönsten Lorbeers werth, Lieb' und Lorbeer ohne Gram zu missen Zu dem Heil des Vaterlandes schwört! Wenn die Starken den Despoten weken, Ihn zu mahnen an das Menschenrecht, Aus der Lüste Taumel ihn zu schreken, Muth zu predigen dem feilen Knecht! Wenn in todesvollen Schlachtgewittern, Wo der Freiheit Heldenfahne weht, Muthig, bis die müden Arme splittern, Ruhmumstralter Sparter Phalanx steht! Allgewaltig ist im Gräberthale, Herrscherin, dein seegensvoller Lohn! Aus der Zukunft zauberischer Schaale Trinkt sich stolzen Muth der Erdensohn. Hoffend endet er sein Erdenleben, Um an deiner mütterlichen Hand Siegestrunken einst empor zu schweben In der Geister hohes Vaterland: Wo der Tugend königliche Blume Unbetastet von dem Wurme blüht, Wo der Denker in dem Heiligtume Hell und offen alle Tiefen sieht, Wo auf Trümmern kein Tyrann mehr thronet, Keine Fessel mehr die Seele bannt, Wo den Heldentod die Palme lohnet, Engelkuß den Tod fürs Vaterland. Harret eine Weile, Orione! Schweige, Donner der Plejadenbahn! Hülle, Sonne, deine Stralenkrone, Athme leiser, Sturm und Ozean! Eilt zu feierlichen Huldigungen, All ihr großen Schöpfungen der Zeit, Denn, verloren in Begeisterungen, Denkt der Seher der Unsterblichkeit! Siehe! da verstummen Menschenlieder, Wo der Seele Lust unnennbar ist, Schüchtern sinkt des Lobgesangs Gefieder, Wo der Endlichkeit der Geist vergißt. Wann vor Gott sich einst die Geister sammeln, Aufzujauchzen ob der Seele Sieg, Mag Entzükungen der Seraph stammeln, Wo die trunkne Menschenlippe schwieg.
An Lyda Jede Blüthe war gefallen Von dem Stamme; Muth und Kraft, Fürder meine Bahn zu wallen, War im Kampfe mir erschlafft; Weggeschwunden Lust und Leben, Früher Jahre stolze Ruh; Meinem Grame hingegeben, Wankt' ich still dem Grabe zu. Himmel, wie das Herz vergebens Oft nach edler Liebe rang, Oft getäuscht des Erdelebens Träum' und Hofnungen umschlang! Ach, den Kummer abzuwenden, Bat ich, freundliche Natur! Oft von deinen Mutterhänden Einen Tropfen Freude nur. Ha, an deinem Göttermahle Trink ich nun Vergessenheit, In der vollen Zauberschaale Reichst du Kraft und Süßigkeit. In Entzükungen verloren Staun' ich die Verwandlung an! Flur und Hain ist neugeboren, Göttlich stralt der Lenz heran. - Daß ich wieder Kraft gewinne, Frei wie einst und seelig bin, Dank ich deinem Himmelssinne, Lyda, süße Retterin! Labung lächelte dem Müden, Hohen Muth, wie du zufrieden, Gut zu sein und groß wie du. Stark in meiner Freuden Fülle Wall ich fürder nun die Bahn, Reizend in der Wolkenhülle Flammt das ferne Ziel mich an. Mags den Peinigern gelingen! Mag die blaiche Sorge sich Um die stille Klause schwingen! Lyda! Lyda tröstet mich!
An Lyda Lyda, siehe! zauberisch umwunden Hält das All der Liebe Schöpferhand, Erd' und Himmel wandeln treu verbunden, Laut und Seele knüpft der Liebe Band. Lüftchen säuseln, Donner rollen nieder - Staune, Liebe! staun' und freue dich! Seelen finden sich im Donner wieder, Seelen kennen in dem Lüftchen sich. Am Gesträuche lullt in Liebesträume Süße Trunkenheit das Mädchen ein, Haucht der Früling durch die Blüthenbäume, Summen Abendsang die Käferlein; Helden springen von der Schlummerstätte, Grüßt sie brüderlich der Nachtorkan; Hinzuschmettern die Tyrannenkette Wallen sie die traute Schrekenbahn. Wo der Todtenkranz am Grabe flüstert, Wo der Wurm in schwarzen Wunden nagt, Wo, vom grauen Felsenstrauch umdüstert, Durch die Haide hin der Rabe klagt; Wo die Lerch' im Thale froher Lieder, Plätschernd die Forell' im Bache tanzt; Tönt die Seele Sympathieen wieder, Von der Liebe Zauber eingepflanzt. Wo des Geiers Schrei des Raubs sich freuet, Wo der Aar dem Felsennest entbraust, Wo Gemäuer ächzend niederdräuet, Wo der Wintersturm in Trümmern saust, Wo die Wooge, vom Orkan bezwungen, Wieder auf zum schwarzen Himmel tost, Trinkt das Riesenherz Begeisterungen, Von den Schmeicheltönen liebgekost. Felsen zwingt zu trauten Mitgefühlen Tausendstimmiger Naturgesang, Aber süßer tönt von Saitenspielen Allgewaltiger ihr Zauberklang; Rascher pocht im angestammten Triebe, Bang und süße, wie der jungen Braut, Jeder Aderschlag, in trunkner Liebe Find't das Herz den brüderlichen Laut. Aus des Jammerers erstarrtem Blike Loket Labetränen Flötenton, Im Gedränge schwarzer Mißgeschike Schafft die Schlachttrommete Siegeslohn, Wie der Stürme Macht im Rosenstrauche, Reißt dahin der Saiten Ungestümm, Kosend huldiget dem Liebeshauche Sanfter Melodie der Rache Grimm. Reizender erglüht der Wangen Rose, Flammenathem haucht der Purpurmund, Hingebannt bei lispelndem Gekose Schwört die Liebe den Vermählungsbund; Niegesung'ne königliche Lieder Sprossen in des Sängers Brust empor, Stolzer schwebt des Hochgesangs Gefieder, Rührt der Töne Reigentanz das Ohr; Wie sie langsam erst am Hügel wallen, Majestätisch dann wie Siegersgang, Hochgehoben zu der Freude Hallen, Liebe singen und Triumphgesang; Dann durch Labyrinthe hingetragen Fürder schleichen in dem Todesthal, Bis die Nachtgefilde schöner tagen, Bis Entzükung jauchzt am Göttermahl. Ha! und wann mir in des Sanges Tönen Näher meiner Liebe Seele schwebt, Hingegossen in Entzükungstränen Näher ihr des Sängers Seele bebt, Wähn' ich nicht vom Körper losgebunden Hinzujauchzen in der Geister Land? - Lyda! Lyda! zauberisch umwunden Hält das All der Liebe Schöpferhand.
Jubel! Jubel Dir auf der Wolke! Erstgeborner Der hohen Natur! Aus Kronos Halle Schwebst du herab, Zu neuen, geheiligten Schöpfungen Hold und majestätisch herab. Ha! bei der Unsterblichen Die dich gebahr, Dir gleichet keiner Unter den Brüdern Den Völkerbeherrschern Den Angebeteten allen! Dir sang in der Wiege den Weihgesang Im blutenden Panzer die ernste Gefar Zu gerechtem Siege reichte den Stahl Die heilige Freiheit dir. Von Freude glühten Von zaubrischer Liebe deine Schläfe Die goldgelokten Schläfe. Lange säumtest du unter den Göttern Und dachtest der kommenden Wunder. Vorüber schwebten wie silbern Gewölk Am liebenden Auge dir Die Geschlechter alle! Die seeligen Geschlechter. Im Angesichte der Götter Beschloß dein Mund Auf Liebe dein Reich zu gründen. Da staunten die Himmlischen alle. Zu brüderlicher Umarmung, Neigte sein königlich Haupt Der Donnerer nieder zu dir. Du gründest auf Liebe dein Reich. Du kommst und Orpheus Liebe Schwebet empor zum Auge der Welt Und Orpheus Liebe Wallet nieder zum Acheron. Du schwingest den Zauberstab, Und Aphroditäs Gürtel ersieht Der trunkene Mäonide. Ha! Mäonide! wie du! So liebte keiner, wie du; Die Erd' und Ozean Und die Riesengeister, die Helden der Erde Umfaßte dein Herz! Und die Himmel und alle die Himmlischen Umfaßte dein Herz. Auch die Blumen, die Bien' auf der Blume Umfaßte liebend dein Herz! - Ach Ilion! Ilion! Wie jammertest, hohe Gefallene, du Im Blute der Kinder! Nun bist du getröstet, dir scholl Groß und warm wie sein Herz Des Mäoniden Lied. Ha! bei der Unsterblichen Die dich gebahr, Dich, der du Orpheus Liebe, Der du schuffest Homeros Gesang
Trunken, wie im hellen Morgenstrale Der Pilote seinen Ozean, Wie die Seeligen Elysens Thale Staunt' ich meiner Liebe Freuden an, Thal' und Haine lachten neugeboren Wo ich wallte trank ich Göttlichkeit Ha! von ihr zum Liebling' auserkoren Höhnt ich stolzen Muths Geschik und Zeit. Stolzer ward und edler das Verlangen Als mein Geist der Liebe Kraft erschwang, Myriaden wähnt' ich zu umfangen Wenn ich Liebe, trunken Liebe sang, Wie der Frülingshimmel, weit und helle, Wie die Perle schön und ungetrübt, Rein und stille wie der Weisheit Quelle War das Herz von ihr, von ihr geliebt. Sieh! im Stolze hatt' ich oft geschworen, Unvergänglich dieser Herzverein! Lyda mir, zum Heile mir geboren Lyda mein, wie meine Seele mein, Aber neidisch tratt die Scheidestunde, Treues Mädchen! zwischen mich und dich, Nimmer, nimmer auf dem Erdenrunde, Lyda! nahn die trauten Arme sich. Stille wallst du nun am Rebenhügel Wo ich dich und deinen Himmel fand, Wo dein Auge, deiner Würde Spiegel Mich allmächtig, ewig an dich band! Schnell ist unser Früling hingeflogen! O du Einzige! vergieb, vergieb! Deinen Frieden hat sie dir entzogen Meine Liebe, tränenvoll und trüb. Als ich deinem Zauber hingegeben Erd und Himmel über dir vergaß Ach! so seelig in der Liebe Leben Lyda! meine Lyda! dacht' ich das?
Urania, die glänzende Jungfrau, hält mit ihrem Zauber- gürtel das Weltall in tobendem Entzüken zusammen. Ardinghello Froh, als könnt' ich Schöpfungen beglüken, Kün, als huldigten die Geister mir, Nahet, in dein Heiligtum zu bliken, Hocherhab'ne! meine Liebe dir; Schon erglüht der wonnetrunkne Seher Von den Ahndungen der Herrlichkeit, Ha, und deinem Götterschoose näher Höhnt des Siegers Fahne Grab und Zeit. Tausendfältig, wie der Götter Wille, Weht Begeisterung den Sänger an, Unerschöpflich ist der Schönheit Fülle, Grenzenlos der Hoheit Ozean. Doch vor Allem hab ich dich erkoren, Bebend, als ich ferne dich ersah, Bebend hab ich Liebe dir geschworen, Königin der Welt! Urania. Was der Geister stolzestes Verlangen In den Tiefen und den Höh'n erzielt, Hab ich allzumal in dir empfangen, Sint dich ahndend meine Seele fühlt. Dir entsprossen Myriaden Leben, Als die Stralen deines Angesichts, Wendest du dein Angesicht, so beben Und vergeh'n sie, und die Welt ist Nichts. Thronend auf des alten Chaos Woogen, Majestätisch lächelnd winktest du, Und die wilden Elemente flogen Liebend sich auf deine Winke zu. Froh der seeligen Vermälungsstunde Schlangen Wesen nun um Wesen sich, In den Himmeln, auf dem Erdenrunde Sahst du, Meisterin! im Bilde dich. - Ausgegossen ist des Lebens Schaale, Bächlein, Sonnen treten in die Bahn, Liebetrunken schmiegen junge Thale Sich den liebetrunknen Hügeln an: Schön und stolz wie Göttersöhne hangen Felsen an der mütterlichen Brust, Von der Meere wildem Arm umfangen, Bebt das Land in niegefühlter Lust. Warm und leise wehen nun die Lüfte, Liebend sinkt der holde Lenz ins Thal: Haine sprossen an dem Felsgeklüfte, Gras und Blumen zeugt der junge Stral. Siehe, siehe, vom empörten Meere, Von den Hügeln, von der Thale Schoos, Winden sich die ungezälten Heere Freudetaumelnder Geschöpfe los. Aus den Hainen wallt ins Lenzgefilde Himmlischschön der Göttin Sohn hervor, Den zum königlichen Ebenbilde Sie im Anbeginne sich erkor: Sanftbegrüßt von Paradiesesdüften Steht er wonniglichen Staunens da, Und der Liebe großen Bund zu stiften, Singt entgegen ihm Urania: »Komm, o Sohn! der süßen Schöpfungsstunde Auserwählter, komm und liebe mich! Meine Küsse weihten dich zum Bunde, Hauchten Geist von meinem Geist in dich. - Meine Welt ist deiner Seele Spiegel, Meine Welt, o Sohn! ist Harmonie, Freue dich! Zum offenbaren Siegel Meiner Liebe schuff ich dich und sie. Trümmer ist der Wesen schöne Hülle, Knüpft sie meiner Rechte Kraft nicht an. Mir entströmt der Schönheit ew'ge Fülle, Mir der Hoheit weiter Ozean. Danke mir der zauberischen Liebe, Mir der Freude stärkenden Genuß, Deine Thränen, deine schönsten Triebe Schuff, o Sohn! der schöpferische Kuß. Herrlicher mein Bild in dir zu finden, Haucht' ich Kräfte dir und Künheit ein, Meines Reichs Geseze zu ergründen, Schöpfer meiner Schöpfungen zu sein. Nur im Schatten wirst du mich erspähen, Aber liebe, liebe mich, o Sohn! Drüben wirst du meine Klarheit sehen, Drüben kosten deiner Liebe Lohn.« Nun, o Geister! in der Göttin Namen, Die uns schuff im Anbeginn der Zeit, Uns, die Sprößlinge von ihrem Saamen, Uns, die Erben ihrer Herrlichkeit, Kommt zu feierlichen Huldigungen Mit der Seele ganzer Götterkraft, Mit der höchsten der Begeisterungen Schwört vor ihr, die schuff und ewig schaft. Frei und mächtig, wie des Meeres Welle, Rein wie Bächlein in Elysium, Sei der Dienst an ihres Tempels Schwelle, Sei der Warheit hohes Priestertum. Nieder, nieder mit verjährtem Wahne! Stolzer Lüge Fluch und Untergang, Ruhm der Weisheit unbeflekter Fahne, Den Gerechten Ruhm und Siegsgesang! Ha, der Lüge Quell - wie todt und trübe! Kräftig ist der Weisheit Quell und süß! Geister! Brüder! dieser Quell ist Liebe, Ihn umgrünt der Freuden Paradieß. Von des Erdelebens Tand geläutert, Ahndet Götterlust der zarte Sinn, Von der Liebe Labetrunk erheitert, Naht die Seele sich der Schöpferin. Geister! Brüder! unser Bund erglühe Von der Liebe göttlicher Magie. Unbegränzte, reine Liebe ziehe Freundlich uns zur hohen Harmonie. Sichtbar adle sie die treuen Söhne, Schaff' in ihnen Ruhe, Muth und That, Und der heiligen Entzükung Thräne, Wenn Urania der Seele naht. Siehe, Stolz und Hader ist vernichtet, Trug ist nun und blinde Lüge stumm, Streng' ist Licht und Finsterniß gesichtet, Rein der Warheit stilles Heiligtum. Unsrer Wünsche Kampf ist ausgerungen, Himmelsruh errang der heiße Streit, Und die priesterlichen Huldigungen Lohnet göttliche Genügsamkeit. Stark und seelig in der Liebe Leben Staunen wir des Herzens Himmel an, Schnell wie Seraphin im Fluge, schweben Wir zur hohen Harmonie hinan. Das vermag die Saite nicht zu künden, Was Urania den Sehern ist, Wenn von hinnen Nacht und Wolke schwinden, Und in ihr die Seele sich vergißt. Kommt den Jubelsang mit uns zu singen, Denen Liebe gab die Schöpferin! Millionen, kommt emporzuringen Im Triumphe zu der Königin! Erdengötter, werft die Kronen nieder! Jubelt Millionen fern und nah! Und ihr Orione hallt es wieder: Heilig, heilig ist Urania!
Schwach zu königlichem Feierliede, Schloß ich lang genug geheim und stumm Deine Freuden, hohe Pieride! In des Herzens stilles Heiligtum; Endlich, endlich soll die Saite künden, Wie von Liebe mir die Seele glüht, Unzertrennbarer den Bund zu binden, Soll dir huldigen diß Feierlied. Auf den Höh'n, am ernsten Felsenhange, Wo so gerne mir die Thräne rann, Säuselte die frühe Knabenwange Schon dein zauberischer Othem an; - Bin ich, Himmlische, der Göttergnaden? Königin der Geister, bin ich werth, Daß mich oft, des Erdetands entladen, Dein allmächtiges Umarmen ehrt? - Ha! vermöcht' ich nun, dir nachzuringen, Königin! in deiner Götterkraft Deines Reiches Gränze zu erschwingen, Auszusprechen, was dein Zauber schafft! - Siehe! die geflügelten Aeonen Hält gebieterisch dein Othem an, Deinem Zauber huldigen Dämonen, Staub und Aether ist dir unterthan. Wo der Forscher Adlersblike beben, Wo der Hofnung küner Flügel sinkt, Keimet aus der Tiefe Lust und Leben, Wenn die Schöpferin vom Throne winkt; Seiner Früchte süßestes bereitet Ihr der Wahrheit gränzenloses Land; Und der Liebe schöne Quelle leitet In der Weisheit Hain der Göttin Hand. Was vergessen wallt an Lethes Strande, Was der Enkel eitle Waare dekt, Stralt heran im blendenden Gewande, Freundlich von der Göttin auferwekt; Was in Hütten und in Heldenstaaten In der göttergleichen Väter Zeit Große Seelen duldeten und thaten, Lohnt die Muse mit Unsterblichkeit. Sieh'! am Dornenstrauche keimt die Rose, So des Lenzes holder Stral erglüht; - In der Pieride Mutterschoose Ist der Menschheit Adel aufgeblüht; Auf des Wilden krausgelokte Wange Drükt sie zauberisch den Götterkuß, Und im ersten glühenden Gesange Fühlt er staunend geistigen Genuß. Liebend lächelt nun der Himmel nieder, Leben athmen alle Schöpfungen, Und im morgenröthlichen Gefieder Nahen freundlich die Unsterblichen. Heilige Begeisterung erbauet In dem Haine nun ein Heiligtum, Und im Todesvollen Kampfe schauet Der Heroë nach Elysium. Öde stehn und dürre die Gefilde, Wo die Blüthen das Gesez erzwingt; Aber wo in königlicher Milde Ihren Zauberstab die Muse schwingt, Blühen schwelgerisch und kün die Saaten, Reifen, wie der Wandelsterne Lauf, Schnell und herrlich Hofnungen und Thaten Der Geschlechter zur Vollendung auf. Laß der Wonne Zähre dir gefallen! Laß die Seele des Begeisterten In der Liebe Taumel überwallen! Laß, o Göttin! laß mich huldigen! - Siehe! die geflügelten Aeonen Hält gebieterisch dein Othem an, Deinem Zauber huldigen Dämonen - Ewig bin auch ich dir unterthan. Mag der Pöbel seinen Gözen zollen, Mag, aus deinem Heiligtum verbannt Deinen Lieblingen das Laster grollen, Mag, in ihrer Schwäche Schmerz entbrannt, Stolze Lüge deine Würde schänden, Und dein Edelstes dem Staube weih'n, Mag sie Blüthe mir und Kraft verschwenden, Meine Liebe! - dieses Herz ist dein! In der Liebe volle Lust zerflossen, Höhnt das Herz der Zeiten trägen Lauf, Stark und rein im Innersten genossen, Wiegt der Augenblik Aeonen auf; - Wehe! wem des Lebens schöner Morgen Freude nicht und trunkne Liebe schafft, Wem am Sklavenbande blaicher Sorgen Zum Genusse Kraft und Muth erschlafft. Deine Priester, hohe Pieride! Schwingen frei und froh den Pilgerstab, Mit der allgewaltigen Aegide Lenkst du mütterlich die Sorgen ab; Schäumend beut die zauberische Schaale Die Natur den Auserkornen dar, Trunken von der Schönheit Göttermahle Höhnet Glük und Zeit die frohe Schaar. Frei und muthig, wie im Siegesliede, Wallen sie der edeln Geister Bahn, Dein Umarmen, hohe Pieride! Flammt zu königlichen Thaten an; - Laßt die Miethlinge den Preis erspähen! Laßt sie seufzend für die Tugenden, Für den Schweis am Joche Lohn erflehen! Muth und That ist Lohn den Edleren! Ha! von ihr, von ihr emporgehoben Blikt dem Ziele zu der trunkne Sinn - Hör'es, Erd' und Himmel! wir geloben, Ewig Priestertum der Königin! Kommt zu süßem brüderlichem Bunde, Denen sie den Adel anerschuf, Millionen auf dem Erdenrunde! Kommt zu neuem seeligem Beruf! Ewig sei ergrauter Wahn vergessen! Was der reinen Geister Aug' ermißt, Hoffe nie die Spanne zu ermessen! - Betet an, was schön und herrlich ist! Kostet frei, was die Natur bereitet, Folgt der Pieride treuen Hand, Geht, wohin die reine Liebe leitet, Liebt und sterbt für Freund und Vaterland!
Wie den Aar im grauen Felsenhange Wildes Sehnen zu der Sterne Bahn, Flammt zu majestätischem Gesange Meiner Freuden Ungestümm mich an; Ha! das neue niegenoss'ne Leben Schaffet neuen glühenden Entschluß! Über Wahn und Stolz emporzuschweben, Süßer unaussprechlicher Genuß! Sint dem Staube mich ihr Arm entrissen, Schlägt das Herz so kün und seelig ihr; Angeflammt von ihren Götterküssen Glühet noch die heiße Wange mir; Jeder Laut von ihrem Zaubermunde Adelt noch den neugeschaff'nen Sinn - Hört, o Geister! meiner Göttin Kunde, Hört, und huldiget der Herrscherin! »Als die Liebe noch im Schäferkleide Mit der Unschuld unter Blumen gieng, Und der Erdensohn in Ruh' und Freude Der Natur am Mutterbusen hieng, Nicht der Übermuth auf Richterstühlen Blind und fürchterlich das Band zerriß; Tauscht' ich gerne mit der Götter Spielen Meiner Kinder stilles Paradiß. Liebe rief die jugendlichen Triebe Schöpferisch zu hoher stiller That, Jeden Keim entfaltete der Liebe Wärm' und Licht zu schwelgerischer Saat; Deine Flügel, hohe Liebe! trugen Lächelnd nieder die Olympier; Jubeltöne klangen - Herzen schlugen An der Götter Busen göttlicher. Freundlich bot der Freuden süße Fülle Meinen Lieblingen die Unschuld dar; Unverkennbar in der schönen Hülle Wußte Tugend nicht, wie schön sie war; Friedlich hausten in der Blumenhügel Kühlem Schatten die Genügsamen - Ach! des Haders und der Sorge Flügel Rauschte ferne von den Glüklichen. Wehe nun! - mein Paradieß erbebte! Fluch verhieß der Elemente Wut! Und der Nächte schwarzem Schoos' entschwebte Mit des Geiers Blik der Übermuth; Wehe! weinend floh' ich mit der Liebe Mit der Unschuld in die Himmel hin - Welke, Blume! rief ich ernst und trübe, Welke, nimmer, nimmer aufzublüh'n! Kek erhub sich des Gesezes Ruthe, Nachzubilden, was die Liebe schuf; Ach! gegeißelt von dem Übermuthe Fühlte keiner göttlichen Beruf; Vor dem Geist in schwarzen Ungewittern, Vor dem Racheschwerdte des Gerichts Lernte so der blinde Sklave zittern, Fröhnt' und starb im Schreken seines Nichts. Kehret nun zu Lieb' und Treue wieder - Ach! es zieht zu langentbehrter Lust Unbezwinglich mich die Liebe nieder - Kinder! kehret an die Mutterbrust! Ewig sei vergessen und vernichtet, Was ich zürnend vor den Göttern schwur; Liebe hat den langen Zwist geschlichtet, Herrschet wieder! Herrscher der Natur!« Froh und göttlichgroß ist deine Kunde, Königin! dich preise Kraft und That! Schon beginnt die neue Schöpfungsstunde, Schon entkeimt die seegenschwang're Saat: Majestätisch, wie die Wandelsterne, Neuerwacht am off'nen Ozean, Stralst du uns in königlicher Ferne, Freies kommendes Jahrhundert! an. Staunend kennt der große Stamm sich wieder, Millionen knüpft der Liebe Band; Glühend steh'n, und stolz, die neuen Brüder, Stehn und dulden für das Vaterland; Wie der Epheu, treu und sanft umwunden, Zu der Eiche stolzen Höh'n hinauf, Schwingen, ewig brüderlich verbunden, Nun am Helden Tausende sich auf. Nimmer beugt, vom Übermuth belogen, Sich die freie Seele grauem Wahn; Von der Muse zarter Hand erzogen Schmiegt sie kün an Göttlichkeit sich an; Götter führt in brüderlicher Hülle Ihr die zauberische Muse zu, Und gestärkt in reiner Freuden Fülle, Kostet sie der Götter stolze Ruh! Froh verhöhnt das königliche Leben Deine Taumel, niedre feige Lust! Der Vollendung Ahndungen erheben Über Glük und Zeit die stolze Brust. - Ha! getilget ist die alte Schande! Neuerkauft das angestammte Gut! In dem Staube modern alle Bande, Und zur Hölle flieht der Übermuth! Dann am süßen heißerrungnen Ziele, Wenn der Erndte großer Tag beginnt, Wenn verödet die Tirannenstühle, Die Tirannenknechte Moder sind, Wenn im Heldenbunde meiner Brüder Deutsches Blut und deutsche Liebe glüht; Dann, o Himmelstochter! sing' ich wieder, Singe sterbend dir das lezte Lied.
An meinen lieben Hiller Hier, in ermüdender Ruh', im bittersüßen Verlangen, Da zu sein, wo mein Herz, und jeder beßre Gedank' ist, Reichet doch Erinnerung mir den zaubrischen Becher Schäumend und voll, und hoher Genuß der kehrenden Bilder Wekt die schlummernden Fittige mir zu trautem Gesange. Bruder! dir gab ein Gott der Liebe göttlichen Funken, Zarten geläuterten Sinn, zu erspäh'n, was herrlich und schön ist; Stolzer Freiheit glühet dein Herz, und kindlicher Einfalt - Bruder! komm' und koste mit mir des zaubrischen Bechers. Dort, wo der Abendstral die Westgewölke vergüldet, Dorthin wende den Blik, und weine die Thräne der Sehnsucht! Ach! dort wandelten wir! dort flog und schwelgte das Auge Unter den Herrlichkeiten umher! - wie dehnte der Busen Diesen Himmel zu fassen, sich aus! - wie brannte die Wange Süß von Morgenlüften gekühlt, als unter Gesängen Zürch den Scheidenden schwand im sanfthingleitenden Boote! Lieber! wie drüktest du mir die heiße zitternde Rechte, Sahst so glühend und ernst mich an im donnernden Rheinsturz! Aber seelig, wie du, o Tag am Quelle der Freiheit! Festlich, wie du, sank keiner auf uns vom rosigen Himmel. Ahndung schwellte das Herz. Schon war des feiernden Klosters Ernste Gloke verhallt. Schon schwanden die friedlichen Hütten Rund an Blumenhügeln umher, am rollenden Giesbach, Unter Fichten im Thal, wo dem Ahn in heiliger Urzeit Füglich däuchte der Grund zum Erbe genügsamer Enkel. Schaurig und kühl empfieng uns die Nacht in ewigen Wäldern, Und wir klommen hinauf am furchtbarherrlichen Haken. Nächtlicher immer wards und enger im Riesengebürge. Jäher herunter hieng der Pfad zu den einsamen Wallern. Dicht zur Rechten donnert hinab der zürnende Waldstrom: Nur sein Donner berauscht den Sinn. Die schäumenden Woogen Birgt uns Felsengesträuch, und modernde Tannen am Abhang, Vom Orkane gestürzt. - Nun tagte die Nacht am Gebirge Schaurig und wundersam, wie Heldengeister am Lego, Wälzten sich kämpfende Wolken heran auf scheeiger Haide. Sturm und Frost entschwebte der Kluft. Vom Sturme getragen Schrie und stürzte der Aar, die Beut' im Thale zu haschen. Und der Wolken Hülle zerriß, und im ehernen Panzer Kam die Riesin heran, die majestätische Myten. Staunend wandelten wir vorüber. - Ihr Väter der Freien! Heilige Schaar! nun schau'n wir hinab, hinab, und erfüllt ist Was der Ahndungen künste versprach, was süße Begeist'rung Einst mich lehrt' im Knabengewande, gedacht' ich des hohen Hirten in Mamre's Hain' und der schönen Tochter von Laban, Ach! es kehrt so warm in die Brust; - Arkadiens Friede Köstlicher, unerkannter, und du, allheilige Einfalt, Wie so anders blüht in eurem Strale die Freude! - Vor entweihendem Prunk, vor Stolz und knechtischer Sitte Von den ewigen Wächtern geschirmt, den Riesengebirgen, Lachte das heilige Thal uns an, die Quelle der Freiheit. Freundlich winkte der See vom fernen Lager; die Schreken Seiner Arme verbarg die schwarze Kluft im Gebirge: Freundlicher sahn aus der Tiefe herauf, in blühende Zweige Reizend verhüllt, und kindlichfroh der jauchzenden Heerde Und des tiefen Grases umher, die friedsamen Hütten. Und wir eilten hinab in Liebe; kosteten lächelnd Auf dem Pfade des Sauerklees, und erfrischender Ampfer, Bis der begeisternde Sohn der schwarzen italischen Traube Uns mit Lächeln gereicht in der herzerfreuenden Hütte Neues Leben in uns gebahr, und die schäumenden Gläser Unter Jubelgesang erklangen, zur Ehre der Freiheit. Lieber! wie war uns da! - bei solchem Mahle begehret Nichts auf Erden die Brust, und alle Kräfte gedeihen. Lieber! er schwand so schnell, der köstliche Tag; in der kühlen Dämmerung schieden wir; an den Heiligtümern der Freiheit Wallten wir dann vorbei in frommer seeliger Stille, Faßten sie tief in's Herz, und seegneten sie, und schieden! Lebt dann wol, ihr Glüklichen dort! im friedsamen Thale Lebe wol, du Stätte des Schwurs! dir jauchz'ten die Sterne, Als in heiliger Nacht der ernste Bund dich besuchte. Herrlich Gebirg! wo der blaiche Tyrann den Knechten vergebens, Zahm und schmeichlerisch Muth gebot - zu gewaltig erhub sich Wider den Troz die gerechte, die unerbittliche Rache - Lebe wol, du herrlich Gebirg. Dich schmükte der Freien Opferblut - es wehrte der Thräne der einsame Vater. Schlummre sanft, du Heldengebein! o schliefen auch wir dort Deinen eisernen Schlaf, dem Vaterlande geopfert, Walthers Gesellen und Tells, im schönen Kampfe der Freiheit! Könnt' ich dein vergessen, o Land, der göttlichen Freiheit! Froher wär' ich; zu oft befällt die glühende Schaam mich, Und der Kummer, gedenk' ich dein, und der heiligen Kämpfer. Ach! da lächelt Himmel und Erd' in fröhlicher Liebe Mir umsonst, umsonst der Brüder forschendes Auge. Doch ich vergesse dich nicht! ich hoff' und harre des Tages, Wo in erfreuende That sich Schaam und Kummer verwandelt.
Les bornes du possible dans les choses morales sont moins étroites, que nous ne pensons. Ce sont nos foiblesses, nos vices, nos préjugés, qui les rétrécissent. Les ames basses ne croient point aux grands hommes: de vils esclaves sourient d' un air moqueur à ce mot de liberté. J.J. Rousseau Die ernste Stunde hat geschlagen; Mein Herz gebeut; erkoren ist die Bahn! Die Wolke fleucht, und neue Sterne tagen, Und Hesperidenwonne lacht mich an! Vertroknet ist der Liebe stille Zähre, Für dich geweint, mein brüderlich Geschlecht! Ich opfre dir; bei deiner Väter Ehre! Beim nahen Heil! das Opfer ist gerecht. Schon wölbt zu reinerem Genusse Dem Auge sich der Schönheit Heiligtum; Wir kosten oft, von ihrem Mutterkusse Geläutert und gestärkt, Elysium; Des Schaffens süße Lust, wie sie, zu fülen, Belauscht sie kün der zartgewebte Sinn, Und magisch tönt von unserm Saitenspielen Die Melodie der ernsten Meisterin. Schon lernen wir das Band der Sterne, Der Liebe Stimme männlicher versteh'n, Wir reichen uns die Bruderrechte gerne, Mit Heereskraft der Geister Bahn zu geh'n; Schon höhnen wir des Stolzes Ungebärde, Die Scheidewand, von Flittern aufgebaut, Und an des Pflügers unentweihtem Heerde Wird sich die Menschheit wieder angetraut. Schon fülen an der Freiheit Fahnen Sich Jünglinge, wie Götter, gut und groß, Und, ha! die stolzen Wüstlinge zu mahnen, Bricht jede Kraft von Bann und Kette los; Schon schwingt er kün und zürnend das Gefieder, Der Warheit unbesiegter Genius, Schon trägt der Aar des Rächers Blize nieder, Und donnert laut, und kündet Siegsgenuß. So wahr, von Giften unbetastet, Elysens Blüthe zur Vollendung eilt, Der Heldinnen, der Sonnen keine rastet, Und Orellana nicht im Sturze weilt! Was unsre Lieb' und Siegeskraft begonnen, Gedeih't zu üppiger Vollkommenheit; Der Enkel Heer geneußt der Erndte Wonnen; Uns lohnt die Palme der Unsterblichkeit. Hinunter dann mit deinen Thaten, Mit deinen Hofnungen, o Gegenwart! Von Schweis bethaut, entkeimten unsre Saaten! Hinunter dann, wo Ruh' der Kämpfer harrt! Schon geh't verherrlichter aus unsern Grüften Die Glorie der Endlichkeit hervor; Auf Gräbern hier Elysium zu stiften, Ringt neue Kraft zu Göttlichem empor. In Melodie den Geist zu wiegen, Ertönet nun der Saite Zauber nur; Der Tugend winkt zu gleichen Meisterzügen Die Grazie der göttlichen Natur; In Fülle schweben lesbische Gebilde, Begeisterung, vom Seegenshorne dir! Und in der Schönheit weitem Lustgefilde Verhöhnt das Leben knechtische Begier. Gestärkt von hoher Lieb' ermüden Im Fluge nun die jungen Aare nie, Zum Himmel führt die neuen Tyndariden Der Freundschaft allgewaltige Magie; Veredelt schmiegt an thatenvoller Greise Begeisterung des Jünglings Flamme sich; Sein Herz bewahrt der lieben Väter Weise, Wird kün, wie sie, und froh und brüderlich. Er hat sein Element gefunden, Das Götterglük, sich eig'ner Kraft zu freu'n; Den Räubern ist das Vaterland entwunden, Ist ewig nun, wie seine Seele, sein! Kein eitel Ziel entstellt die Göttertriebe, Ihm winkt umsonst der Wollust Zauberhand; Sein höchster Stolz und seine wärmste Liebe, Sein Tod, sein Himmel ist das Vaterland. Zum Bruder hat er dich erkoren, Geheiliget von deiner Lippe Kuß Unwandelbare Liebe dir geschworen, Der Warheit unbesiegter Genius! Emporgereift in deinem Himmelslichte, Stralt furchtbarherrliche Gerechtigkeit, Und hohe Ruh' vom Heldenangesichte - Zum Herrscher ist der Gott in uns geweih't. So jubelt, Siegsbegeisterungen! Die keine Lipp' in keiner Wonne sang; Wir ahndeten - und endlich ist gelungen, Was in Aeonen keiner Kraft gelang - Vom Grab' ersteh'n der alten Väter Heere, Der königlichen Enkel sich zu freu'n; Die Himmel kündigen des Staubes Ehre, Und zur Vollendung geht die Menschheit ein.
Erste Fassung Hab ich vor der Götter Ohren Zauberische Muse, dir Lieb und Treue nicht geschworen? Sankst du nicht in Lust verloren Glühend in die Arme mir? - Ha! so wall' ich one Zagen Durch die Liebe froh und kün, Lächelnd zu den Höhen hin Wo die lezten Nächte tagen, Wo der Sonnen lezte schien. Waltend über Orionen, Wo der Sterne Klang verhallt, Lächelt, opfernden Dämonen Mit der Liebe Blik zu lonen Schönheit in der Urgestalt; Dort dem hohen Götterglanze Der Gebieterin zu nah'n, Flammet Lieb' und Stolz mich an, Denn mit hellem Siegeskranze Lonet sie die küne Bahn. Reinere Begeisterungen Trinkt die freie Seele schon, Meines Lebens Peinigungen Hat die neue Lust verschlungen, Nacht und Wolke sind entflohn; Wann im schrekenden Gerichte Schnell der Welten Axe bricht Hier erbebt die Liebe nicht, Wo von ihrem Angesichte Lieb' und Göttergröße spricht. Stiegst du so zur Erde nieder, Hohe süße Zauberin! Ha! der Staub erwachte wieder Und des Kummers morsche Glieder Hüpften üppig vor dir hin; Von der Liebe Blik betroffen Bebt' und küßte brüderlich Groll und wilder Haader sich, Wie der Himmel, hell und offen Grüßten Wahn und Irre dich. Schon im grünen Erdenrunde Schmekt ich hohen Vorgenuß Bebend dir am Göttermunde Trank ich früh der Weihestunde Süßen mütterlichen Kuß; Fremde meinem Kindersinne Folgte mir zu Wies' und Wald Die arkadische Gestalt. Ha! und staunend ward ich inne Ihres Zaubers Allgewalt. In den Tiefen und den Höhen Der erfreuenden Natur Fand' ich, Wonne zu erspähen Von der Holdin ausersehen Liebetrunken ihre Spur; Wo das Thal der Blumenhügel Freundlich in die Arme schloß, Wo die Quelle niederfloß In den klaren Wasserspiegel Fand ich Spuren, hold und groß! Glühend an der Purpurwange Sanft berürt vom Lokenhaar Von der Lippe, süß und bange Bebend in dem Liebesdrange Vom geschloßnen Augenpaar, - In der hohen Meisterzüge Wonniglicher Harmonie In der Stimme Melodie Fand, verrathen ihrem Siege Fand die trunkne Seele Sie.
Zweite Fassung Die Natur in ihren schönen Formen spricht figürlich zu uns, und die Auslegungsgabe ihrer Chiffernschrift ist uns im mo- ralischen Gefühl verliehen. Kant Hat vor aller Götter Ohren Zauberische Muse! dir Treue bis zu Orkus Thoren Meine Seele nicht geschworen? Lachte nicht dein Auge mir? Ha! so wall' ich ohne Beben, Durch die Liebe froh und kün, Zu den ernsten Höhen hin, Wo in ewig jungem Leben Kränze für den Sänger blüh'n. Waltend über Orionen, Wo der Pole Klang verhallt, Lacht vollendeter Dämonen Priesterlichen Dienst zu lohnen, Schönheit in der Urgestalt; Dort im Glanze mich zu sonnen, Dort der Schöpferin zu nah'n, Flammet stolzer Wunsch mich an, Denn mit hohen Siegeswonnen Lohnet sie die küne Bahn. Reinere Begeisterungen Trinkt die freie Seele schon; Meines Lebens Peinigungen Hat die neue Lust verschlungen, Nacht und Wolke sind entfloh'n; Wenn im schrekenden Gerichte Schnell der Welten Axe bricht - Hier erblaicht die Freude nicht, Wo von ihrem Angesichte Lieb' und stille Größe spricht. Stiegst du so zur Erde nieder, Königin im Lichtgewand'! Ha! der Staub erwachte wieder, Und des Kummers morsch Gefieder Schwänge sich in's Jubelland; Durch der Liebe Blik genesen Freut' und küßte brüderlich Groll und wilder Hader sich; Jubelnd fühlten alle Wesen Auf erhöhter Stuffe dich. Schon im grünen Erdenrunde Schmekt' ich hohen Vorgenuß; Bebend dir am Göttermunde, Trank ich früh der Weihestunde Süßen mütterlichen Kuß; Fremde meinem Kindersinne Folgte mir zu Wies' und Wald Die arkadische Gestalt - Ha! und staunend ward ich inne Ihres Zaubers Allgewalt. In den Tiefen und den Höhen Ihrer Tochter, der Natur, Fand ich, Wonne zu erspähen Von der Holdin ausersehen, Rein und trunken ihre Spur; Wo das Thal der Tannenhügel Freundlich in die Arme schloß, Wo die Quelle niederfloß In dem blauen Wasserspiegel, Fühlt' ich seelig mich und groß. - Lächle, Grazie der Wange! Götterauge, rein und mild! Leihe, daß er leb' und prange Deinen Adel dem Gesange, Meiner Antiphile Bild. - Mutter! dich erspäht der Söhne Küne Liebe fern und nah; Schon im holden Schleier sah, Schon in Antiphilens Schöne Kannt' ich dich, Urania! Siehe! mild, wie du, erlaben Sinn und Herz dem Endlichen, Über Preis und Lohn erhaben, Deiner Priester Wundergaben, Deiner Söhne Schöpfungen; Ha! mit tausend Huldigungen Glühend, wie sich Jachus freut, Kost' ich eurer Göttlichkeit, Söhne der Begeisterungen! Kost' und jauchze Trunkenheit. Schaar, zu künem Ziel' erkoren! Still und mächtig Priestertum! Lieblinge! von euch beschworen, Blüht im Kreise güldner Horen, Wo ihr wallt, Elysium; - O! so lindert, ihr Geweihten! Der gedrükten Brüder Last! Seid der Tyrannei verhaßt! Kostet eurer Seeligkeiten! Darbet, wo der Schmeichler praßt! Ha! die schönsten Keim' entfalten In der Priester Dienste sich; - Freuden, welche nie veralten, Lächeln, wo die Götter walten - Diese Freuden ahndet' ich! Hier im Glanze mich zu sonnen, Hier der Schöpferin zu nah'n, Flammte stolzer Wunsch mich an, Und mit hohen Siegeswonnen Lohnet sie die küne Bahn. Feiert, wie an Hochaltären Dieser Geister lichte Schaar, Brüder! bringt der Liebe Zähren, Bringt, die Göttliche zu ehren, Muth und That zum Opfer dar! Huldiget! von diesem Trone Donnert ewig kein Gericht, Ihres Reiches süße Pflicht Kündet sie im Muttertone - Hört! die Götterstimme spricht: »Mahnt im seeligen Genieße, Mahnet nicht, am Innern sie Nachzubilden, jede süße Stelle meiner Paradiese, Jede Weltenharmonie? Mein ist, wem des Bildes Adel Zauberisch das Herz verschönt, Daß er niedre Gier verhöhnt, Und im Leben ohne Tadel Reine Götterlust ersehnt. Was im eisernen Gebiete Mühsam das Gesez erzwingt, Reift, wie Hesperidenblüthe, Schnell zu wandelloser Güte, So mein Stral an's Innre dringt; Knechte, vom Gesez gedungen, Heischen ihrer Mühe Lohn; Meiner Gottheit großen Sohn Lohnt der treuen Huldigungen, Lohnt der Liebe Wonne schon. Rein, wie diese Sterne klingen, Wie melodisch himmelwärts Auf der künen Freude Schwingen Süße Preisgesänge dringen, Naht sich mir des Sohnes Herz: Schöner blüht der Liebe Rose! Ewig ist die Klage stumm! Aus des Geistes Heiligtum', Und, Natur! in deinem Schoose Lächelt ihm Elysium.«
Wonne säng' ich an des Orkus Thoren, Und die Schatten lehrt' ich Trunkenheit, Denn ich sah', vor tausenden erkohren, Meiner Göttin ganze Göttlichkeit; Wie nach dumpfer Nacht im Purpurscheine Der Pilote seinen Ozean, Wie die Seeligen Elysens Haine, Staun' ich dich geliebtes Wunder! an. Ehrerbietig senkten ihre Flügel, Ihres Raubs vergessen, Falk und Aar, Und getreu dem diamantnen Zügel Schritt vor ihr ein trozig Löwenpaar; Jugendliche wilde Ströme standen, Wie mein Herz, vor banger Wonne stumm; Selbst die kühnen Boreasse schwanden, Und die Erde ward zum Heiligtum. Ha! zum Lohne treuer Huldigungen Bot die Königin die Rechte mir, Und von zauberischer Kraft durchdrungen Jauchzte Sinn und Herz verschönert ihr; Was sie sprach, die Richterin der Kronen, Ewig tönts in dieser Seele nach, Ewig in der Schöpfung Regionen - Hört, o Geister, was die Mutter sprach! »Taumelnd in des alten Chaos Woogen, Froh und wild, wie Evans Priesterin, Von der Jugend kühner Lust betrogen, Nannt' ich mich der Freiheit Königin; Doch es winkte der Vernichtungsstunde Zügelloser Elemente Streit; Da berief zu brüderlichem Bunde Mein Gesez die Unermeßlichkeit.« »Mein Gesez, es tödtet zartes Leben, Kühnen Muth, und bunte Freude nicht, Jedem ward der Liebe Recht gegeben, Jedes übt der Liebe süße Pflicht; Froh und stolz im ungestörten Gange Wandelt Riesenkraft die weite Bahn, Sicher schmiegt in süßem Liebesdrange Schwächeres der großen Welt sich an.« »Kann ein Riese meinen Aar entmannen? Hält ein Gott die stolzen Donner auf? Kann Tyrannenspruch die Meere bannen? Hemmt Tyrannenspruch der Sterne Lauf? - Unentweiht von selbsterwählten Gözen, Unzerbrüchlich ihrem Bunde treu, Treu der Liebe seeligen Gesezen, Lebt die Welt ihr heilig Leben frei.« »Mit gerechter Herrlichkeit zufrieden Flammt Orions helle Rüstung nie Auf die brüderlichen Tyndariden, Selbst der Löwe grüßt in Liebe sie; Froh des Götterlooses, zu erfreuen, Lächelt Helios in süßer Ruh Junges Leben, üppiges Gedeihen Dem geliebten Erdenrunde zu.« »Unentweiht von selbsterwählten Gözen, Unzerbrüchlich ihrem Bunde treu, Treu der Liebe seeligen Gesezen, Lebt die Welt ihr heilig Leben frei; Einer, Einer nur ist abgefallen, Ist gezeichnet mit der Hölle Schmach; Stark genug, die schönste Bahn zu wallen, Kriecht der Mensch am trägen Joche nach.« »Ach! er war das göttlichste der Wesen, Zürn' ihm nicht, getreuere Natur! Wunderbar und herrlich zu genesen Trägt er noch der Heldenstärke Spur; - Eil', o eile, neue Schöpfungsstunde, Lächle nieder, süße güldne Zeit! Und im schöner'n, unverlezten Bunde, Feire dich die Unermeßlichkeit.« Nun, o Brüder! wird die Stunde säumen? Brüder! um der tausend Jammernden, Um der Enkel, die der Schande keimen, Um der königlichen Hofnungen, Um der Güter, so die Seele füllen, Um der angestammten Göttermacht, Brüder ach! um unsrer Liebe willen Könige der Endlichkeit, erwacht! - Gott der Zeiten! in der Schwüle fächeln Kühlend deine Tröstungen uns an; Süße rosige Gesichte lächeln Uns so gern auf öder Dornenbahn; Wenn der Schatten väterlicher Ehre, Wenn der Freiheit lezter Rest zerfällt, Weint mein Herz der Trennung bittre Zähre Und entflieht in seine schön're Welt. Was zum Raube sich die Zeit erkohren, Morgen steht's in neuer Blüthe da; Aus Zerstörung wird der Lenz gebohren, Aus den Fluthen stieg Urania; Wenn ihr Haupt die blaichen Sterne neigen, Stralt Hyperion im Heldenlauf - Modert, Knechte! freie Tage steigen Lächelnd über euern Gräbern auf. Lange war zu Minos ernsten Hallen Weinend die Gerechtigkeit entfloh'n - Sieh! in mütterlichem Wohlgefallen Küßt sie nun den treuen Erdensohn; Ha! der göttlichen Catone Manen Triumphiren in Elysium, Zahllos weh'n der Tugend stolze Fahnen, Heere lohnt des Ruhmes Heiligtum. Aus der guten Götter Schoose regnet Trägem Stolze nimmermehr Gewinn, Ceres heilige Gefilde segnet Freundlicher die braune Schnitterin, Lauter tönt am heißen Rebenhügel, Muthiger des Winzers Jubelruf, Unentheiligt von der Sorge Flügel Blüht und lächelt, was die Freude schuf. Aus den Himmeln steigt die Liebe nieder, Männermuth, und hoher Sinn gedeiht, Und du bringst die Göttertage wieder, Kind der Einfalt! süße Trauligkeit! Treue gilt! und Freundesretter fallen, Majestätisch, wie die Ceder fällt, Und des Vaterlandes Rächer wallen Im Triumphe nach der bessern Welt. Lange schon vom engen Haus umschlossen, Schlummre dann im Frieden mein Gebein! - Hab' ich doch der Hofnung Kelch genossen, Mich gelabt am holden Dämmerschein! Ha! und dort in wolkenloser Ferne, Winkt auch mir der Freiheit heilig Ziel! Dort, mit euch, ihr königlichen Sterne, Klinge festlicher mein Saitenspiel!
An Neuffer und Magenau Rings in schwesterlicher Stille Lauscht die blühende Natur; Aus des künen Herzens Fülle Tönt des Bundes Stimme nur; Leise rauscht's im Eichenhaine Nie gefühlte Lüfte weh'n, Wo in höhrem Sternenscheine Wir das ernste Fest begeh'n. Ha! in süßem Wohlgefallen Säuselt hier der Väter Schaar, Abgeschiedne Freunde wallen Lächelnd um den Moosaltar; Und der hellen Tyndariden Brüderliches Auge lacht Froh wie wir in deinem Frieden, Schöne feierliche Nacht! Heiliger und reiner tönte Dieser Herzen Jubel nie, Unter Schwur und Kuß verschönte, Freundschaft! deine Milde sie; Zürne nicht der Wonne Zähren! Laß, o laß uns huldigen, Schönste von Olympos Heeren, Krone der Unsterblichen! Als der Geister Wunsch gelungen, Und gereift die Stunde war, Da von Ares Arm' umschlungen, Cytherea dich gebar; Als die Heldin ohne Tadel Nun der Erde Sohn so nah', Staunend in des Vaters Adel, In der Mutter Gürtel sah'; Da begann zu Sonnenhöhen Nie versuchten Adlerflug, Was von Göttern ausersehen Kraft und Lieb' im Busen trug; Stolzer hub des Sieges Flügel, Rosiger der Friede sich; Jauchzend um die Blumenhügel Grüßte Gram und Sorge dich. Blutend trug die Siegesfahne, In der Stürme Donner schwamm Durch die wilden Ozeane, Wer aus deinem Schoose kam; Deiner Riesen Wehre klangen Bis hinab zur alten Nacht - Ha! des Orkus Thore sprangen, Zitternd deiner Zaubermacht! Trunken, wie von Hebe's Schaale, Kos'ten sie in süßer Rast Am ersehnten Opfermahle Nach der schwülen Tage Last; Göttern glich der Freunde Rächer, Wenn die stolze Zähre sank In den vollen Labebecher, Den er seinem Siege trank. Liebend stieg die Muse nieder, Als sie in Arkadia Dich im göttlichen Gefieder Schwebend um die Schäfer sah'; Mutter! Herz und Lippe brannten, Feierten im Liede dich, Und am süßen Laute kannten Jubelnd deine Söhne sich. - Ha! in deinem Schoose schwindet Jede Sorg' und fremde Lust; Nur in deinem Himmel findet Sättigung die wilde Brust; Frommen Kindersinnes wiegen Sich im Schoose der Natur - Über Stolz und Lüge siegen Deine Auserwählten nur. - Dank, o milde Seegensrechte! Für die Wonn' und Heiligkeit, Für der hohen Bundesnächte Süße küne Trunkenheit; Für des Trostes Melodien, Für der Hofnung Labetrank, Für die tausend Liebesmühen Weinenden entflammten Dank! Siehe, Frücht' und Äste fallen, Felsen stürzt der Zeitenfluß; Freundlich winkt zu Minos Hallen Bald der stille Genius; Doch es lebe, was hienieden Schönes, göttliches verblüht, Hier, o Brüder! Tyndariden! Wo die reine Flamme glüh't. - Ha! die frohen Geister ringen Zur Unendlichkeit hinan, Tiefer ahndungsvoller dringen Wir in diesen Ozean! Hin zu deiner Wonne schweben Wir aus Sturm und Dämmerung, Du, der Myriaden Leben Heilig Ziel! Vereinigung! Wo in seiner Siegesfeier Götterlust der Geist genießt, Süßer, heiliger und freier Seel' in Seele sich ergießt, Wo in's Meer die Ströme rinnen, Singen bei der Pole Klang Schönster einst Triumphgesang.
Froh der süßen Augenwaide Wallen wir auf grüner Flur; Unser Priestertum ist Freude, Unser Tempel die Natur; - Heute soll kein Auge trübe, Sorge nicht hienieden sein! Jedes Wesen soll der Liebe, Frei und froh, wie wir, sich freu'n! Höhnt im Stolze, Schwestern, Brüder! Höhnt der scheuen Knechte Tand! Jubelt kün das Lied der Lieder, Vestgeschlungen Hand in Hand! Steigt hinauf ins weite Thal! Überall der Liebe Flügel, Hold und herrlich überall! Liebe bringt zu jungen Rosen Morgenthau von hoher Luft, Lehrt die warmen Lüfte kosen In der Maienblume Duft; Um die Orione leitet Sie die treuen Erden her, Folgsam ihrem Winke, gleitet Jeder Strom in's weite Meer; An die wilden Berge reihet Sie die sanften Thäler an, Die entbrannte Sonn' erfreuet Sie im stillen Ozean; Siehe! mit der Erde gattet Sich des Himmels heil'ge Lust, Von den Wettern überschattet Bebt entzükt der Mutter Brust. Liebe wallt durch Ozeane, Höhnt der dürren Wüste Sand, Blutet an der Siegesfahne Jauchzend für das Vaterland; Liebe trümmert Felsen nieder, Zaubert Paradiese hin - Lächelnd kehrt die Unschuld wieder, Göttlichere Lenze blüh'n. Mächtig durch die Liebe, winden Von der Fessel wir uns los, Und die trunknen Geister schwinden Zu den Sternen, frei und groß! Unter Schwur und Kuß vergessen Wir die träge Fluth der Zeit, Und die Seele naht vermessen Deiner Lust, Unendlichkeit!
Heil! das schlummernde Gefieder Ist zu neuem Flug' erwacht, Triumphirend fühl' ich wieder Lieb' und stolze Geistesmacht; Siehe! deiner Himmelsflamme, Deiner Freud' und Stärke voll, Herrscher in der Götter Stamme! Sei der künen Liebe Zoll. Ha! der brüderlichen Milde, So von deiner Stirne spricht! Solch' harmonisches Gebilde Waidete kein Auge nicht; Wie um ihn die Aare schweben, Wie die Lok' im Fluge weht! - Wo im ungemeßnen Leben Lebt so süße Majestät? Lächelnd sah' der Holde nieder Auf die winterliche Flur, Und sie lebt und liebet wieder Die entschlummerte Natur; Um die Hügel und die Thale Jauchz' ich nun im Vollgenuß, Über deinem Freudenmahle, Königlicher Genius! Ha! wie diese Götteraue Wieder lächelt und gedeiht! Alles, was ich fühl' und schaue, Eine Lieb' und Seeligkeit! Felsen hat der Falk' erschwungen, Sich, wie dieses Herz, zu freu'n, Und, von gleicher Kraft durchdrungen, Strebt und rauscht der Eichenhain. Unter liebendem Gekose Schmieget Well' an Welle sich; Liebend fühlt die süße Rose, Fühlt die heil'ge Myrthe dich; Tausend frohe Leben winden Schüchtern sich um Tellus Brust, Und dem blauen Aether künden Tausend Jubel deine Lust. Doch des Herzens schöne Flamme, Die mir deine Huld verlieh, Herrscher in der Götter Stamme! Süßer, stolzer fühl' ich sie; Deine Frülinge verblühten, Manch' Geliebtes welkte dir; - Wie vor Jahren sie erglühten, Glühen Herz und Stirne mir. O! du lohnst die stille Bitte Noch mit innigem Genuß, Leitest noch des Pilgers Tritte Zu der Freude Götterkuß; Mit der Balsamtropfe kühlen Hofnungen die Wunde doch, Süße Täuschungen umspielen Doch die dürren Pfade noch. Jedem Adel hingegeben, Jeder lesbischen Gestalt, Huldiget das trunkne Leben Noch der Schönheit Allgewalt; Thörig hab' ich oft gerungen, Dennoch herrscht zu höchster Lust, Herrscht zu süßen Peinigungen Liebe noch, in dieser Brust. An der alten Thaten Heere Waidet noch das Auge sich. Ha! der großen Väter Ehre Spornet noch zum Ziele mich; Rastlos, bis in Plutons Hallen Meiner Sorgen schönste ruht, Die erkorne Bahn zu wallen, Fühl' ich Stärke noch und Muth. Wo die Nektarkelche glühen, Seiner Siege Zeus genießt, Und sein Aar, von Melodien Süß berauscht, das Auge schließt, Wo, mit heil'gem Laub' umwunden, Der Heroen Schaar sich freut, Fühlt noch oft, von dir entbunden, Meine Seele Göttlichkeit. Preis, o Schönster der Dämonen! Preis dir, Herrscher der Natur! Auch der Götter Regionen Blüh'n durch deine Milde nur; Trübte sich in heil'gem Zorne Je dein stralend Angesicht - Ha! sie tränken aus dem Borne Ew'ger Lust und Schöne nicht! Eos, glühend vom Genusse, Durch die Liebe schön und groß, Wände sich von Tithons Kusse Alternd und verkümmert los; Der in königlicher Eile Lächelnd durch den Aether wallt, Phoebus trauert' um die Pfeile, Um die Künheit und Gestalt. Träg zu lieben, und zu hassen, Ganz, von ihrer Siegeslust, Ihrer wilden Kraft verlassen, Schlummert' Ares stolze Brust; Ha! den Todesbecher tränke Selbst des Donnergottes Macht! - Erd' und Firmament versänke Wimmernd in des Chaos Nacht. Doch in nahmenlosen Wonnen Feiern ewig Welten dich, In der Jugend Stralen sonnen Ewig alle Geister sich; - Mag des Herzens Gluth erkalten, Mag im langen Kampfe mir Jede süße Kraft veralten, Neuverschönt erwacht sie dir!
Ewig trägt im Mutterschoose, Süße Königin der Flur! Dich und mich die stille, große, Allbelebende Natur; Röschen! unser Schmuk veraltet, Stürm' entblättern dich und mich, Doch der ewge Keim entfaltet Bald zu neuer Blüthe sich.
Du lebtest, Freund! - Wer nicht die köstliche Reliquie des Paradieses, nicht Der Liebe goldne königliche Frucht, Wie du, auf seinem Lebenswege brach, Wem nie im Kreise freier Jünglinge In süßem Ernst der Freundschaft trunkne Zähre Hinab ins Blut der heil'gen Rebe rann, Wer nicht, wie du, aus dem begeisternden Dem ewigvollen Becher der Natur Sich Muth und Kraft, und Lieb' und Freude trank, Der lebte nie, und wenn sich ein Jahrhundert, Wie ein Last, auf seiner Schulter häuft. - Du lebtest, Freund! es blüht nur wenigen Des Lebens Morgen, wie er dir geblüht; Du fandest Herzen, dir an Einfalt, dir An edlem Stolze gleich; es sproßten dir Viel schöne Blüthen der Geselligkeit; Auch adelte die innigere Lust, Die Tochter weiser Einsamkeit, dein Herz; Für jeden Reiz der Hügel und der Thale, Für jede Grazien des Frülings ward Ein offnes unumwölktes Auge dir. Dich, Glüklicher, umfieng die Riesentochter Der schaffenden Natur, Helvetia; Wo frei und stark, der alte, stolze Rhein Vom Fels hinunter donnert, standest du Und jubeltest ins herrliche Getümmel. Wo Fels und Wald ein holdes zauberisches Arkadien umschließt, wo himmelhoch Gebirg, Deß tausendjähr'gen Scheitel ew'ger Schnee, Wie Silberhaar des Greisen Stirne, kränzt, Umschwebt von Wetterwolken und von Adlern, Sich unabsehbar in die Ferne dehnt, Wo Tells und Walthers heiliges Gebein Der unentweihten freundlichen Natur Im Schoose schläft, und manches Helden Staub Vom leisen Abendwind emporgeweht, Des Sennen sorgenfreies Dach umwallt, Dort fühltest du, was groß und göttlich ist, Von seeligen Entwürfen glühte dir, Von tausend goldnen Träumen deine Brust; Und als du nun vom lieben heilgen Lande Der Einfalt und der freien Künste schiedst, Da wölkt freilich sich die Stirne dir, Doch schuff dir bald mit ihrem Zauberstaabe Manch seelig Stündchen die Erinnerung. Wohl ernster schlägt sie nun, die Scheidestunde; Denn ach! sie mahnt, die unerbittliche, Daß unser liebstes welkt, daß ew'ge Jugend Nur drüben im Elysium gedeiht; Sie wirft uns auseinander, Herzensfreund! Wie Mast und Seegel vom zerriss'nen Schiffe Im wilden Ocean der Sturm zerstreut. Vieleicht indeß uns andre nah und ferne Der unerforschten Pepromene Wink Durch Steppen oder Paradiese führt, Fliegst du der jungen seeligeren Welt Auf deiner Philadelphier Gestaden Voll frohen Muths im fernen Meere zu; Vieleicht, daß auch ein süßes Zauberband Ans abgelebte feste Land dich fesselt! Denn traun! ein Räthsel ist des Menschen Herz! Oft flammt der Wunsch, unendlich fortzuwandern, Unwiderstehlich herrlich in uns auf; Oft däucht uns auch im engbeschränkten Kreise Ein Freund, ein Hüttchen, und ein liebes Weib Zu aller Wünsche Sättigung genug. - Doch werfe, wie sie will, die Scheidestunde Die Herzen, die sich lieben, auseinander! Es scheuet ja der Freundschaft heil'ger Fels Die träge Zeit, und auch die Ferne nicht. Wir kennen uns, du Theurer! - Lebe wohl!
Eine Hymne Wer bist du? wie zur Beute, breitet Das Unermeßliche vor dir sich aus, Du Herrlicher! mein Saitenspiel geleitet Dich auch hinab in Plutons dunkles Haus; So flogen auf Ortygias Gestaden, Indeß der Lieder Sturm die Wolken brach, Dem Rebengott die taumelnden Mänaden In wilder Lust durch Hain und Klüfte nach. Einst war, wie mir, der stille Funken Zu freier heitrer Flamme dir erwacht, Du braustest so, von junger Freude trunken, Voll Übermuths durch deiner Wälder Nacht, Als von der Meisterin, der Noth, geleitet, Dein ungewohnter Arm die Keule schwang, Und drohend sich, vom ersten Feind erbeutet, Die Löwenhaut um deine Schulter schlang. - Wie nun in jugendlichem Kriege Heroënkraft mit der Natur sich maß! Ach! wie der Geist vom wunderbaren Siege Berauscht, der armen Sterblichkeit vergaß! Die stolzen Jünglinge! die kühnen! Sie legten froh dem Tyger Fesseln an, Sie bändigten, von staunenden Delphinen Umtanzt, den königlichen Ozean. Oft hör' ich deine Wehre rauschen, Du Genius der Kühnen! und die Lust, Den Wundern deines Heldenvolks zu lauschen, Sie stärkt mir oft die lebensmüde Brust; Doch weilst du freundlicher um stille Laren, Wo eine Welt der Künstler kühn belebt, Wo um die Majestät des Unsichtbaren Ein edler Geist der Dichtung Schleier webt. Den Geist des Alls, und seine Fülle Begrüßte Mäons Sohn auf heil'ger Spur, Sie stand vor ihm, mit abgelegter Hülle, Voll Ernstes da, die ewige Natur; Er rief sie kühn vom dunklen Geisterlande, Und lächelnd trat, in aller Freuden Chor, Entzükender im menschlichen Gewande Die nahmenlose Königin hervor. Er sah die dämmernden Gebiete, Wohin das Herz in banger Lust begehrt, Er streuete der Hofnung süße Blüthe Ins Labyrinth, wo keiner wiederkehrt, Dort glänzte nun in mildem Rosenlichte Der Lieb' und Ruh' ein lächelnd Heiligtum, Er pflanzte dort der Hesperiden Früchte, Dort stillt die Sorgen nun Elysium. Doch schreklich war, du Gott der Kühnen! Dein heilig Wort, wenn unter Nacht und Schlaf Verkündiger des ew'gen Lichts erschienen, Und den Betrug der Warheit Flamme traf; Wie seinen Bliz aus hohen Wetternächten Der Donnerer auf bange Thale streut, So zeigtest du entarteten Geschlechten Der Riesen Sturz, der Völker Sterblichkeit. Du wogst mit strenggerechter Schaale, Wenn mit der Toge du das Schwerd vertauscht, Du sprachst, sie wankten, die Sardanapale, Vom Taumelkelche deines Zorns berauscht; Es schrökt' umsonst mit ihrem Tygergrimme Dein Tribunal die alte Finsterniß, Du hörtest ernst der Unschuld leise Stimme, Und opfertest der heil'gen Nemesis. Verlaß mit deinem Götterschilde, Verlaß, o du der Kühnen Genius! Die Unschuld nie. Gewinne dir und bilde Das Herz der Jünglinge mit Siegsgenuß! O säume nicht! ermahne, strafe, siege! Und sichre stets der Warheit Majestät, Bis aus der Zeit geheimnißvoller Wiege Des Himmels Kind, der ew'ge Friede geht.
An St. Hätt' ich dich im Schatten der Platanen, Wo durch Blumen der Cephissus rann, Wo die Jünglinge sich Ruhm ersannen, Wo die Herzen Sokrates gewann, Wo Aspasia durch Myrthen wallte, Wo der brüderlichen Freude Ruf Aus der lärmenden Agora schallte, Wo mein Plato Paradiese schuf, Wo den Frühling Festgesänge würzten, Wo die Ströme der Begeisterung Von Minervens heil'gem Berge stürzten - Der Beschüzerin zur Huldigung - Wo in tausend süßen Dichterstunden, Wie ein Göttertraum, das Alter schwand, Hätt' ich da, Geliebter! dich gefunden, Wie vor Jahren dieses Herz dich fand; Ach! wie anders hätt' ich dich umschlungen! - Marathons Heroën sängst du mir, Und die schönste der Begeisterungen Lächelte vom trunknen Auge dir, Deine Brust verjüngten Siegsgefühle, Deinen Geist, vom Lorbeerzweig umspielt, Drükte nicht des Lebens stumpfe Schwüle, Die so karg der Hauch der Freude kühlt. Ist der Stern der Liebe dir verschwunden? Und der Jugend holdes Rosenlicht? Ach! umtanzt von Hellas goldnen Stunden, Fühltest du die Flucht der Jahre nicht, Ewig, wie der Vesta Flamme, glühte Muth und Liebe dort in jeder Brust, Wie die Frucht der Hesperiden, blühte Ewig dort der Jugend stolze Lust. Ach! es hätt' in jenen bessern Tagen Nicht umsonst so brüderlich und gros Für das Volk dein liebend Herz geschlagen, Dem so gern der Freude Zähre floß! - Harre nun! sie kömmt gewiß die Stunde, Die das Göttliche vom Kerker trennt - Stirb! du suchst auf diesem Erdenrunde, Edler Geist! umsonst dein Element. Attika, die Heldin, ist gefallen; Wo die alten Göttersöhne ruhn, Im Ruin der schönen Marmorhallen Steht der Kranich einsam trauernd nun; Lächelnd kehrt der holde Frühling nieder, Doch er findet seine Brüder nie In Ilissus heilgem Thale wieder - Unter Schutt und Dornen schlummern sie. Mich verlangt ins ferne Land hinüber Nach Alcäus und Anakreon, Und ich schlief' im engen Hause lieber, Bei den Heiligen in Marathon; Ach! es sei die lezte meiner Thränen, Die dem lieben Griechenlande rann, Laßt, o Parzen, laßt die Scheere tönen, Denn mein Herz gehört den Todten an!
Im Merz. 1794 Noch kehrt in mich der süße Früling wieder, Noch altert nicht mein kindischfrölich Herz, Noch rinnt vom Auge mir der Thau der Liebe nieder, Noch lebt in mir der Hofnung Lust und Schmerz. Noch tröstet mich mit süßer Augenwaide Der blaue Himmel und die grüne Flur, Mir reicht die Göttliche den Taumelkelch der Freude, Die jugendliche freundliche Natur. Getrost! es ist der Schmerzen werth, diß Leben, So lang uns Armen Gottes Sonne scheint, Und Bilder beßrer Zeit um unsre Seele schweben, Und ach! mit uns ein freundlich Auge weint.
Proskunountes thn eimarmenhn, sojoi.. Aeschylus Als von des Friedens heil'gen Thalen, Wo sich die Liebe Kränze wand, Hinüber zu den Göttermahlen Des goldnen Alters Zauber schwand, Als nun des Schiksaals eh'rne Rechte, Die große Meisterin, die Noth, Dem übermächtigen Geschlechte Den langen, bittern Kampf gebot; Da sprang er aus der Mutter Wiege, Da fand er sie, die schöne Spur Zu seiner Tugend schwerem Siege, Der Sohn der heiligen Natur; Der hohen Geister höchste Gaabe, Der Tugend Löwenkraft begann Im Siege, den ein Götterknabe Den Ungeheuern abgewann. Es kann die Lust der goldnen Erndte Im Sonnenbrande nur gedeih'n; Und nur in seinem Blute lernte Der Kämpfer, frei und stolz zu sein; Triumph! die Paradiese schwanden, Wie Flammen aus der Wolke Schoos, Wie Sonnen aus dem Chaos, wanden Aus Stürmen sich Heroën los. Der Noth ist jede Lust entsprossen, Und unter Schmerzen nur gedeiht Das Liebste, was mein Herz genossen, Der holde Reiz der Menschlichkeit; So stieg, in tiefer Fluth erzogen, Wohin kein sterblich Auge sah, Stilllächelnd aus den schwarzen Woogen In stolzer Blüte Cypria. Durch Noth vereiniget, beschwuren Vom Jugendtraume süß berauscht Den Todesbund die Dioskuren, Und Schwerd und Lanze ward getauscht; In ihres Herzens Jubel eilten Sie, wie ein Adlerpaar, zum Streit, Wie Löwen ihre Beute, theilten Die Liebenden Unsterblichkeit.- Die Klagen lehrt die Noth verachten, Beschämt und ruhmlos läßt sie nicht Die Kraft der Jünglinge verschmachten, Giebt Muth der Brust, dem Geiste Licht; Der Greise Faust verjüngt sie wieder; Sie kömmt, wie Gottes Bliz, heran, Und trümmert Felsenberge nieder, Und wallt auf Riesen ihre Bahn. Mit ihrem heil'gen Wetterschlage, Mit Unerbittlichkeit vollbringt Die Noth an Einem großen Tage, Was kaum Jahrhunderten gelingt; Und wenn in ihren Ungewittern Selbst ein Elysium vergeht, Und Welten ihrem Donner zittern - Was groß und göttlich ist, besteht.- O du, Gespielin der Kolossen, O weise, zürnende Natur, Was je ein Riesenherz beschlossen, Es keimt' in deiner Schule nur. Wohl ist Arkadien entflohen; Des Lebens beßre Frucht gedeiht Durch sie, die Mutter der Heroën, Die eherne Nothwendigkeit. - Für meines Lebens goldnen Morgen Sei Dank, o Pepromene, dir! Ein Saitenspiel und süße Sorgen Und Träum' und Thränen gabst du mir; Die Flammen und die Stürme schonten Mein jugendlich Elysium, Und Ruh' und stille Liebe thronten In meines Herzens Heiligtum. Es reife von des Mittags Flamme, Es reife nun vom Kampf und Schmerz Die Blüth' am gränzenlosen Stamme, Wie Sprosse Gottes, dieses Herz! Beflügelt von dem Sturm, erschwinge Mein Geist des Lebens höchste Lust, Der Tugend Siegeslust verjünge Bei kargem Glüke mir die Brust! Im heiligsten der Stürme falle Zusammen meine Kerkerwand, Und herrlicher und freier walle Mein Geist in's unbekannte Land! Hier blutet oft der Adler Schwinge; Auch drüben warte Kampf und Schmerz! Bis an der Sonnen lezte ringe, Genährt vom Siege, dieses Herz.
AN ROSINE ST.- Wenn vom Früling rund umschlungen, Von des Morgens Hauch umweht, Trunken nach Erinnerungen Meine wache Seele späht, Wenn, wie einst am fernen Heerde, Mir so süß die Sonne blinkt, Und ihr Stral ins Herz der Erde, Und der Erdenkinder dringt; Wenn umdämmert von der Weide, Wo der Bach vorüber rinnt, Tief bewegt von Leid und Freude Meine Seele träumt, und sinnt, Wenn im Haine Geister säuseln, Wenn im Mondenschimmer sich Kaum die stillen Teiche kräuseln, Schau ich oft und grüße dich. Edles Herz, du bist der Sterne Und der schönen Erde werth, Bist deß werth, so viel die ferne Nahe Mutter dir bescheert. Sieh, mit deiner Liebe lieben Schöner die Erwählten nur; Denn du bist ihr treu geblieben, Deiner Mutter, der Natur! Der Gesang der Haine schalle Froh, wie du, um deinen Pfad; Sanft bewegt vom Weste, walle, Wie dein friedlich Herz, die Saat. Deine liebste Blüthe regne, Wo du wandelst, auf die Flur, Wo dein Auge weilt, begegne Dir das Lächeln der Natur. Oft im stillen Tannenhaine Webe dir ums Angesicht Seine zauberische reine Glorie das Abendlicht! Deines Herzens Sorge wiege Drauf die Nacht in süße Ruh, Und die freie Seele fliege Liebend den Gestirnen zu.
Gehn dir im Dämmerlichte, Wenn in der Sommernacht Für seelige Gesichte Dein liebend Auge wacht, Noch oft der Freunde Manen Und, wie der Sterne Chor, Die Geister der Titanen Des Altertums empor; Wird da, wo sich im Schönen Das Göttliche verhüllt, Noch oft das tiefe Sehnen Der Liebe dir gestillt; Belohnt des Herzens Mühen Der Ruhe Vorgefühl, Und tönt von Melodien Der Seele Saitenspiel; So such' im stillsten Thale Den blüthenreichsten Hain, Und gieß' aus goldner Schaale Den frohen Opferwein! Noch lächelt unveraltet Des Herzens Früling dir, Der Gott der Jugend waltet Noch über dir und mir. Wie unter Tiburs Bäumen, Wenn da der Dichter saß, Und unter Götterträumen Der Jahre Flucht vergaß, Wenn ihn die Ulme külte, Und wenn sie stolz und froh Um Silberblüthen spielte, Die Fluth des Anio; Und wie um Platons Hallen, Wenn durch der Haine Grün, Begrüßt von Nachtigallen, Der Stern der Liebe schien, Wenn alle Lüfte schliefen, Und, sanft bewegt vom Schwan, Cephissus durch Oliven Und Myrthensträuche rann; So schön ist's noch hienieden! Auch unser Herz erfuhr Das Leben und den Frieden Der freundlichen Natur; Noch blüht des Himmels Schöne, Noch mischen brüderlich In unsers Herzens Töne Des Frülings Laute sich. Drum such' im stillsten Thale Den düftereichsten Hain, Und gieß' aus goldner Schaale Den frohen Opferwein, Noch lächelt unveraltet Das Bild der Erde dir, Der Gott der Jugend waltet Noch über dir und mir.
Da ich noch um deinen Schleier spielte, Noch an dir, wie eine Blüthe hieng, Noch dein Herz in jedem Laute fühlte, Der mein zärtlichbebend Herz umfieng, Da ich noch mit Glauben und mit Sehnen Reich, wie du, vor deinem Bilde stand, Eine Stelle noch für meine Thränen, Eine Welt für meine Liebe fand, Da zur Sonne noch mein Herz sich wandte, Als vernähme seine Töne sie, Und die Sterne seine Brüder nannte Und den Frühling Gottes Melodie, Da im Hauche, der den Hain bewegte, Noch dein Geist, dein Geist der Freude sich In des Herzens stiller Welle regte, Da umfiengen goldne Tage mich. Wenn im Thale, wo der Quell mich kühlte, Wo der jugendlichen Sträuche Grün Um die stillen Felsenwände spielte Und der Aether durch die Zweige schien, Wenn ich da, von Blüthen übergossen, Still und trunken ihren Othem trank Und zu mir, von Licht und Glanz umflossen, Aus den Höh'n die goldne Wolke sank - Wenn ich fern auf nakter Haide wallte, Wo aus dämmernder Geklüfte Schoos Der Titanensang der Ströme schallte Und die Nacht der Wolken mich umschloß, Wenn der Sturm mit seinen Wetterwoogen Mir vorüber durch die Berge fuhr Und des Himmels Flammen mich umflogen, Da erschienst du, Seele der Natur! Oft verlor ich da mit trunknen Thränen Liebend, wie nach langer Irre sich In den Ozean die Ströme sehnen, Schöne Welt! in deiner Fülle mich; Ach! da stürzt' ich mit den Wesen allen Freudig aus der Einsamkeit der Zeit, Wie ein Pilger in des Vaters Hallen, In die Arme der Unendlichkeit. - Seid gesegnet, goldne Kinderträume, Ihr verbargt des Lebens Armuth mir, Ihr erzogt des Herzens gute Keime, Was ich nie erringe, schenktet ihr! O Natur! an deiner Schönheit Lichte, Ohne Müh' und Zwang entfalteten Sich der Liebe königliche Früchte, Wie die Erndten in Arkadien. Todt ist nun, die mich erzog und stillte, Todt ist nun die jugendliche Welt, Diese Brust, die einst ein Himmel füllte, Todt und dürftig, wie ein Stoppelfeld; Ach! es singt der Frühling meinen Sorgen Noch, wie einst, ein freundlich tröstend Lied, Aber hin ist meines Lebens Morgen, Meines Herzens Frühling ist verblüht. Ewig muß die liebste Liebe darben, Was wir lieben, ist ein Schatten nur, Da der Jugend goldne Träume starben, Starb für mich die freundliche Natur; Das erfuhrst du nicht in frohen Tagen, Daß so ferne dir die Heimath liegt, Armes Herz, du wirst sie nie erfragen, Wenn dir nicht ein Traum von ihr genügt.
Kennst du sie, die seelig, wie die Sterne, Von des Lebens dunkler Wooge ferne Wandellos in stiller Schöne lebt, Die des Herzens löwenkühne Siege Des Gedankens fesselfreie Flüge, Wie der Tag den Adler, überschwebt? Die uns trift mit ihren Mittagsstrahlen Uns entflammt mit ihren Idealen, Wie vom Himmel, uns Gebote schikt Die die Weisen nach dem Wege fragen, Stumm und ernst, wie von dem Sturm verschlagen Nach dem Orient der Schiffer blikt? Die das Beste giebt aus schöner Fülle Wenn aus ihr die Riesenkraft der Wille Und der Geist sein stilles Urtheil nimmt, Die dem Lebensliede seine Weise, Die das Maas der Ruhe, wie dem Fleiße Durch den Mittler unsern Geist bestimmt? Die, wenn uns des Lebens Leere tödtet Magisch uns die welken Schläfe röthet, Uns mit Hofnungen das Herz verjüngt, Die den Dulder, den der Sturm zertrümmert, Den sein fernes Ithaka bekümmert, In Alcinous Gefilde bringt? Kennst du sie, die uns mit Lorbeerkronen Mit der Freude beßrer Regionen Ehe wir zu Grabe gehn, vergilt Die der Liebe göttlichstes Verlangen, Die das schönste, was wir angefangen, Mühelos im Augenblik erfüllt? Die der Kindheit Wiederkehr beschleunigt, Die den Halbgott, unsern Geist, vereinigt Mit den Göttern, die er kühn verstößt, Die des Schiksaals eh'rne Schlüsse mildert, Und im Kampfe, wenn das Herz verwildert, Uns besänftigend den Harnisch löst? Die das Eine, das im Raum der Sterne, Das du suchst in aller Zeiten Ferne Unter Stürmen, auf verwegner Fahrt, Das kein sterblicher Verstand ersonnen, Keine, keine Tugend noch gewonnen, Die des Friedens goldne Frucht bewahrt?
In der Kindheit Schlaf begraben Lag ich, wie das Erz im Schacht; Dank, mein Herkules! den Knaben Hast zum Manne du gemacht, Reif bin ich zum Königssize Und mir brechen stark und groß Thaten, wie Kronions Blize, Aus der Jugend Wolke los. Wie der Adler seine Jungen, Wenn der Funk' im Auge klimmt, Auf die kühnen Wanderungen In den frohen Aether nimmt, Nimmst du aus der Kinderwiege, Von der Mutter Tisch' und Haus In die Flamme deiner Kriege, Hoher Halbgott mich hinaus. Wähntest du, dein Kämpferwagen Rolle mir umsonst ins Ohr? Jede Last, die du getragen, Hub die Seele mir empor, Zwar der Schüler mußte zahlen; Schmerzlich brannten, stolzes Licht Mir im Busen deine Stralen, Aber sie verzehrten nicht. Wenn für deines Schiksaals Woogen Hohe Götterkräfte dich, Kühner Schwimmer! auferzogen, Was erzog dem Siege mich? Was berief den Vaterlosen, Der in dunkler Halle saß, Zu dem Göttlichen und Großen, Daß er kühn an dir sich maß? Was ergriff und zog vom Schwarme Der Gespielen mich hervor? Was bewog des Bäumchens Arme Nach des Aethers Tag empor? Freundlich nahm des jungen Lebens Keines Gärtners Hand sich an, Aber kraft des eignen Strebens Blikt und wuchs ich himmelan. Sohn Kronions! an die Seite Tret' ich nun erröthend dir, Der Olymp ist deine Beute; Komm und theile sie mit mir! Sterblich bin ich zwar geboren, Dennoch hat Unsterblichkeit Meine Seele sich geschworen, Und sie hält, was sie gebeut.
Aus den Gärten komm' ich zu euch, ihr Söhne des Berges! Aus den Gärten, da lebt die Natur geduldig und häuslich, Pflegend und wieder gepflegt mit dem fleißigen Menschen zusammen. Aber ihr, ihr Herrlichen! steht, wie ein Volk von Titanen In der zahmeren Welt und gehört nur euch und dem Himmel, Der euch nährt' und erzog und der Erde, die euch geboren. Keiner von euch ist noch in die Schule der Menschen gegangen, Und ihr drängt euch fröhlich und frei, aus der kräftigen Wurzel, Unter einander herauf und ergreift, wie der Adler die Beute, Mit gewaltigem Arme den Raum, und gegen die Wolken Ist euch heiter und groß die sonnige Krone gerichtet. Eine Welt ist jeder von euch, wie die Sterne des Himmels Lebt ihr, jeder ein Gott, in freiem Bunde zusammen. Könnt' ich die Knechtschaft nur erdulden, ich neidete nimmer Diesen Wald und schmiegte mich gern ans gesellige Leben. Fesselte nur nicht mehr ans gesellige Leben das Herz mich, Das von Liebe nicht läßt, wie gern würd' ich unter euch wohnen!
Wangen sah' ich verblühn, und die Kraft der Arme veralten Du mein Herz! noch alterst du nicht; wie Luna den Liebling Wekte des Himmels Kind, die Freude vom Schlafe dich wieder; Denn Sie erwacht mit mir zu neuer, glühender Jugend Meine Schwester, die süße Natur, und meine geliebten Thale lächeln mich an, und meine geliebteren Haine, Voll erfreulichen Vogelgesangs, und scherzender Lüfte Jauchzen in wilder Lust der freundlichen Gruß mir entgegen. Der du Herzen verjüngst, und Fluren, heiliger Früling Heil dir! Erstgeborner der Zeit! erquikender Früling Erstgeborner im Schoose der Zeit! Gewaltiger! Heil dir Heil! die Fessel zerriß, und tönt dir Feiergesänge, Daß die Gestad' erbeben, der Strom; wir Jünglinge taumeln Jauchzen hinaus wo der Strom dich preißt, wir enthüllen du Holder Deinem Liebeshauche die glühende Brust, und stürzen hinunter In den Strom, und jauchzen mit ihm, und nennen dich Bruder. Bruder! wie tanzt so schön, mit tausendfältiger Freude Ach! und tausendfältiger Lieb' im lächelnden Aether Deine Erde dahin, seit aus Elysiums Thalen Du mit dem Zauberstab ihr nahtest, himmlischer Jüngling! Sahn wir nicht, wie sie freundlicher nun den stolzen Geliebten Grüßt', den heiligen Tag, wenn er kün vom Siege der Schatten Über die Berge flammt! wie sie sanfterrötend im Schleier Silberner Düfte verhüllt, in süßen Erwartungen aufblikt, Biß sie glühet von ihm, und ihre friedlichen Kinder Alle, Blumen und Hain', und Staaten und sprossende Reben, Schlummre, schlummre nun, mit deinen friedlichen Kindern Mutter Erde! denn Helios hat die glühenden Rosse Längst zur Ruhe gelenkt, und die freundlichen Helden des Himmels Perseus dort, und Herkules dort sie wallen in stiller Liebe vorbei, und leise durchstreift der flüsternde Nachthauch Deine fröliche Saat, und die fernher tönenden Bäche Lispeln Schlummergesänge darein,
Treu und freundlich, wie du, erzog der Götter und Menschen Keiner, o Vater Aether! mich auf; noch ehe die Mutter In die Arme mich nahm und ihre Brüste mich tränkten, Faßtest du zärtlich mich an und gossest himmlischen Trank mir, Mir den heiligen Othem zuerst in den keimenden Busen. Nicht von irrdischer Kost gedeihen einzig die Wesen, Aber du nährst sie all' mit deinem Nektar, o Vater! Und es drängt sich und rinnt aus deiner ewigen Fülle Die beseelende Luft durch alle Röhren des Lebens. Darum lieben die Wesen dich auch und ringen und streben Unaufhörlich hinauf nach dir in freudigem Wachstum. Himmlischer! sucht nicht dich mit ihren Augen die Pflanze, Strekt nach dir die schüchternen Arme der niedrige Strauch nicht? Daß er dich finde, zerbricht der gefangene Saame die Hülse, Daß er belebt von dir in deiner Welle sich bade, Schüttelt der Wald den Schnee, wie ein überlästig Gewand ab. Auch die Fische kommen herauf und hüpfen verlangend Über die glänzende Fläche des Stroms, als begehrten auch diese Aus der Wiege zu dir; auch den edeln Thieren der Erde Wird zum Fluge der Schritt, wenn oft das gewaltige Sehnen Die geheime Liebe zu dir sie ergreift, sie hinaufzieht. Stolz verachtet den Boden das Roß, wie gebogener Stahl strebt In die Höhe sein Hals, mit der Hufe berührt es den Sand kaum. Wie zum Scherze, berührt der Fuß der Hirsche den Grashalm, Hüpft, wie ein Zephyr, über den Bach, der reißend hinabschäumt, Hin und wieder und schweift kaum sichtbar durch die Gebüsche. Aber des Aethers Lieblinge, sie, die glüklichen Vögel Wohnen und spielen vergnügt in der ewigen Halle des Vaters! Raums genug ist für alle. Der Pfad ist keinem bezeichnet, Und es regen sich frei im Hauße die Großen und Kleinen. Über dem Haupte frolokken sie mir und es sehnt sich auch mein Herz Wunderbar zu ihnen hinauf; wie die freundliche Heimath Winkt es von oben herab und auf die Gipfel der Alpen Möcht' ich wandern und rufen von da dem eilenden Adler, Daß er, wie einst in die Arme des Zeus den seeligen Knaben, Aus der Gefangenschaft in des Aethers Halle mich trage. Thöricht treiben wir uns umher; wie die irrende Rebe, Wenn ihr Stab gebricht, woran zum Himmel sie aufwächst, Breiten wir über dem Boden uns aus und suchen und wandern Durch die Zonen der Erd', o Vater Aether! vergebens, Denn es treibt uns die Lust in deinen Gärten zu wohnen. In die Meersfluth werfen wir uns, in den freieren Ebnen Uns zu sättigen, und es umspielt die unendliche Wooge Unsern Kiel, es freut sich das Herz an den Kräften des Meergotts. Dennoch genügt ihm nicht; denn der tiefere Ozean reizt uns, Wo die leichtere Welle sich regt - o wer dort an jene Goldnen Küsten das wandernde Schiff zu treiben vermöchte! Aber indeß ich hinauf in die dämmernde Ferne mich sehne, Wo du fremde Gestad' umfängst mit der bläulichen Wooge, Kömmst du säuselnd herab von des Fruchtbaums blühenden Wipfeln, Vater Aether! und sänftigest selbst das strebende Herz mir, Und ich lebe nun gern, wie zuvor, mit den Blumen der Erde.
Einsam stand ich und sah in die Afrikanischen dürren Ebnen hinaus; vom Olymp reegnete Feuer herab. Fernhin schlich das haagre Gebirg, wie ein wandelnd Gerippe, Hohl und einsam und kahl blikt' aus der Höhe sein Haupt. Ach! nicht sprang, mit erfrischendem Grün der schattende Wald hier In die säuselnde Luft üppig und herrlich empor, Bäche stürzten hier nicht in melodischem Fall vom Gebirge, Durch das blühende Thal schlingend den silbernen Strom, Keiner Heerde vergieng am plätschernden Brunnen der Mittag, Freundlich aus Bäumen hervor blikte kein wirthliches Dach. Unter dem Strauche saß ein ernster Vogel gesanglos, Ängstig und eilend flohn wandernde Störche vorbei. Nicht um Wasser rief ich dich an, Natur! in der Wüste, Wasser bewahrte mir treulich das fromme Kameel. Um der Haine Gesang, um Gestalten und Farben des Lebens Bat ich, vom lieblichen Glanz heimischer Fluren verwöhnt. Aber ich bat umsonst; du erschienst mir feurig und herrlich, Aber ich hatte dich einst göttlicher, schöner gesehn. Auch den Eispol hab' ich besucht; wie ein starrendes Chaos Thürmte das Meer sich da schröklich zum Himmel empor. Todt in der Hülse von Schnee schlief hier das gefesselte Leben, Und der eiserne Schlaf harrte des Tages umsonst. Ach! nicht schlang um die Erde den wärmenden Arm der Olymp hier Wie Pygmalions Arm um die Geliebte sich schlang. Hier bewegt' er ihr nicht mit dem Sonnenblike den Busen, Und in Reegen und Thau sprach er nicht freundlich zu ihr. Mutter Erde! rief ich, du bist zur Witwe geworden, Dürftig und kinderlos lebst du in langsamer Zeit.
und die ewigen Bahnen Lächelnd über uns hin zögen die Herrscher der Welt, Sonne und Mond und Sterne, und auch die Blize der Wolken Spielten, des Augenbliks feurige Kinder, um uns, Aber in unsrem Innern, ein Bild der Fürsten des Himmels, Wandelte neidlos der Gott unserer Liebe dahin, Und er mischte den Duft, die reine, heilige Seele, Die, von des Frühlinges silberner Stunde genährt, Oft überströmte, hinaus in's glänzende Meer des Tages, Und in das Abendroth und in die Woogen der Nacht, Ach! wir lebten so frei im innig unendlichen Leben, Unbekümmert und still, selber ein seeliger Traum, Jezt uns selber genug und jezt in's Weite verfliegend, Aber im Innersten doch immer lebendig und eins. Glüklicher Baum! wie lange, wie lange könnt' ich noch singen Und vergehen im Blik auf dein erbebendes Haupt, Aber siehe! dort regt sich's, es wandeln in Schleiern die Jungfrau'n Und wer weiß es, vieleicht wäre mein Mädchen dabei; Laß mich, laß mich, ich muß - lebwohl! es reißt mich in's Leben, Daß ich im kindischen Gang folge der lieblichen Spur, Aber du Guter, dich will, dich will ich nimmer vergessen, Ewig bist du und bleibst meiner Geliebtesten Bild. Und käm' einmal ein Tag, wo sie die meinige wäre O! dann ruht' ich mit ihr, unter dir, Freundlicher, aus Und du zürnetest nicht, du gössest Schatten und Düfte Und ein rauschendes Lied über die Glüklichen aus.
Komm und siehe die Freude um uns; in kühlenden Lüften Fliegen die Zweige des Hains, Wie die Loken im Tanz'; und wie auf tönender Leier Ein erfreulicher Geist Spielt mit Reegen und Sonnenschein auf der Erde der Himmel Wie in liebendem Streit Über dem Saitenspiel' ein tausendfältig Gewimmel Flüchtiger Töne sich regt, Wandelt Schatten und Licht in süßmelodischem Wechsel Über die Berge dahin. Leise berührte der Himmel zuvor mit der silbernen Tropfe Seinen Bruder den Strom Nah ist er nun, nun schüttet er ganz, die köstliche Fülle Die er am Herzen trug Über den Hain und den Strom, und Und das Grünen des Hains, und des Himmels Bild in dem Strome Dämmert und schwindet vor uns Und des einsamen Berges Haupt mit den Hütten und Felsen Die er im Schoose verbirgt, Und die Hügel, die um ihn her, wie Lämmer, gelagert Und in blühend Gesträuch Wie in zarte Wolle gehüllt, sich nähren von klaren Kühlenden Quellen des Bergs, Und das dampfende Thal mit seinen Saaten und Blumen, Und der Garten vor uns Nah und fernes entweicht, verliert sich in froher Verwirrung Und die Sonne verlischt. Aber vorübergerauscht sind nun die Fluthen des Himmels Und geläutert, verjüngt Geht mit den seeligen Kindern hervor die Erd' aus dem Bade. Froher lebendiger Glänzt im Haine das Grün, und goldner funkeln die Blumen, Weiß, wie die Heerde, die in den Strom, der Schäfer geworfen,
Bruchstücke einer älteren Fassung Lange todt und tiefverschlossen, Grüßt mein Herz die schöne Welt, Seine Zweige blühn und sprossen, Neu von Lebenskraft geschwellt; O! ich kehre noch in's Leben, Wie heraus in Luft und Licht, Meiner Blumen seelig Streben Aus der dürren Hülse bricht. Die ihr meine Klage kanntet, Die ihr liebezürnend oft Meines Sinnes Fehle nanntet Und geduldet und gehoft, Eure Noth ist aus, ihr Lieben! Und das Dornenbett ist leer, Und ihr kennt den immertrüben Kranken Weinenden nicht mehr. Wie so anders ist's geworden! Alles was ich haßt und mied, Stimmt in freundlichen Akkorden Nun in meines Lebens Lied, Und mit jedem Stundenschlage Werd ich wunderbar gemahnt An der Kindheit goldne Tage, Seit ich dieses Eine fand. Diotima! seelig Wesen! Herrliche, durch die mein Geist Von des Lebens Angst genesen Götterjugend sich verheißt! Unser Himmel wird bestehen, Unergründlich sich verwandt Hat, noch eh' wir uns gesehen Unser Wesen sich gekannt. Da ich noch in Kinderträumen Friedlich wie der blaue Tag, Unter meines Gartens Bäumen Auf der warmen Erde lag, Da mein erst Gefühl sich regte, Da zum erstenmale sich Göttliches in mir bewegte, Säuselte dein Geist um mich. Ach und da mein schöner Friede Wie ein Saitenspiel, zerriß, Da von Haß und Liebe müde Mich mein guter Geist verließ, Kamst du, wie vom Himmel nieder Und es gab mein einzig Glük Meines Sinnes Wohllaut wieder Mir ein Traum von dir zurük. Da ich flehend mich vergebens An der Wesen kleinstes hieng, Durch den Sonnenschein des Lebens Einsam, wie ein Blinder, gieng, Oft vor treuem Angesichte Stand und keine Deutung fand, Darbend vor des Himmels Lichte, Vor der Mutter Erde stand, Lieblich Bild mit deinem Strale Drangst du da in meine Nacht! Neu an meinem Ideale Neu und stark war ich erwacht; Dich zu finden, warf ich wieder Warf ich meinen trägen Kahn Von dem todten Porte nieder In den blauen Ozean. - Nun ich habe dich gefunden! Schöner, als ich ahndend sah In der Liebe Feierstunden, Hohe Gute! bist du da; O der armen Phantasien! Dieses Eine bildest nur Du in deinen Harmonien Frohvollendete Natur! Wie auf schwanker Halme Bogen Sich die trunkne Biene wiegt, Hin und wieder angezogen Taumelnd hin und wieder fliegt, Wankt und weilt vor diesem Bilde Hab', ins tiefste Herz getroffen, Oft um Schonung sie gefleht, Wenn so klar und heilig offen Mir ihr eigner Himmel steht, Wenn die Schlaken, die mich kümmern, Dieses Engelsauge sieht, Wenn vor meines Friedens Trümmern Dieser Unschuld Blume blüht; Habe, wenn in reicher Stille Wenn in einem Blik und Laut Seine Ruhe, seine Fülle Mir ihr Genius vertraut, Wenn ihr Geist, der mich begeistert, An der hohen Stirne tagt, Von Bewundrung übermeistert, Zürnend ihr mein Nichts geklagt. Aber, wie in zarten Zweigen, Liebend oft von mir belauscht, Traulich durch der Haine Schweigen Mir ein Gott vorüberrauscht, So umfängt ihr himmlisch Wesen Auch im Kinderspiele mich, Und in süßem Zauber lösen Freudig meine Bande sich.
Mittlere Fassung Lange todt und tiefverschlossen, Grüßt mein Herz die schöne Welt; Seine Zweige blühn und sprossen, Neu von Lebenskraft geschwellt; O! ich kehre noch in's Leben, Wie heraus in Luft und Licht Meiner Blumen seelig Streben Aus der dürren Hülse bricht. Wie so anders ists geworden! Alles, was ich haßt' und mied, Stimmt in freundlichen Akkorden Nun in meines Lebens Lied, Und mit jedem Stundenschlage Werd' ich wunderbar gemahnt An der Kindheit goldne Tage, Seit ich dieses Eine fand. Diotima! seelig Wesen! Herrliche, durch die mein Geist, Von des Lebens Angst genesen, Götterjugend sich verheißt! Unser Himmel wird bestehen, Unergründlich sich verwandt, Hat sich, eh wir uns gesehen, Unser Innerstes gekannt. Da ich noch in Kinderträumen, Friedlich, wie der blaue Tag, Unter meines Gartens Bäumen Auf der warmen Erde lag, Und in leiser Lust und Schöne Meines Herzens Mai begann, Säuselte, wie Zephirstöne, Diotimas Geist mich an. Ach! und da, wie eine Sage, Mir des Lebens Schöne schwand, Da ich vor des Himmels Tage Darbend, wie ein Blinder, stand, Da die Last der Zeit mich beugte, Und mein Leben, kalt und blaich, Sehnend schon hinab sich neigte In der Schatten stummes Reich; Da, da kam vom Ideale, Wie vom Himmel, Muth und Macht, Du erscheinst mit deinem Strahle, Götterbild! in meiner Nacht; Dich zu finden, warf ich wieder, Warf ich den entschlafnen Kahn Von dem todten Porte nieder In den blauen Ocean. - Nun! ich habe dich gefunden, Schöner, als ich ahndend sah In der Liebe Feierstunden, Hohe! Gute! bist du da; O der armen Phantasien! Dieses Eine bildest nur Du, in ew'gen Harmonien Frohvollendete Natur! Wie die Seeligen dort oben, Wo hinauf die Freude flieht, Wo, des Daseyns überhoben, Wandellose Schöne blüht, Wie melodisch bei des alten Chaos Zwist Urania, Steht sie, göttlich rein erhalten, Im Ruin der Zeiten da. Unter tausend Huldigungen Hat mein Geist, beschämt, besiegt, Sie zu fassen schon gerungen, Die sein Kühnstes überfliegt. Sonnengluth und Frühlingsmilde, Streit und Frieden wechselt hier Vor dem schönen Engelsbilde In des Busens Tiefe mir. Viel der heil'gen Herzensthränen Hab' ich schon vor ihr geweint, Hab' in allen Lebenstönen Mit der Holden mich vereint, Hab', ins tiefste Herz getroffen, Oft um Schonung sie gefleht, Wenn so klar und heilig offen Mir ihr eigner Himmel steht; Habe, wenn in reicher Stille, Wenn in einem Blik und Laut Seine Ruhe,seine Fülle Mir ihr Genius vertraut, Wenn der Gott, der mich begeistert, Mir an ihrer Stirne tagt, Von Bewundrung übermeistert, Zürnend ihr mein Nichts geklagt; Dann umfängt ihr himmlisch Wesen Süß im Kinderspiele mich, Und in ihrem Zauber lösen Freudig meine Bande sich; Hin ist dann mein dürftig Streben, Hin des Kampfes lezte Spur, Und ins volle Götterleben Tritt die sterbliche Natur. Da, wo keine Macht auf Erden, Keines Gottes Wink uns trennt, Wo wir Eins und Alles werden, Das ist nun mein Element; Wo wir Noth und Zeit vergessen, Und den kärglichen Gewinn Nimmer mit der Spanne messen, Da, da weiß ich, daß ich bin. Wie der Stern der Tyndariden, Der in lichter Majestät Seine Bahn, wie wir, zufrieden Dort in dunkler Höhe geht, Wie er in die Meereswoogen, Wo die schöne Ruhe winkt, Von des Himmels steilem Bogen Klar und groß hinuntersinkt: O Begeisterung, so finden Wir in dir ein seelig Grab, Tief in deine Woogen schwinden, Still frohlokend, wir hinab, Bis der Hore Ruf wir hören Und, mit neuem Stolz erwacht, Wie die Sterne wieder kehren In des Lebens kurze Nacht.
Jüngere Fassung Leuchtest du wie vormals nieder, Goldner Tag! und sprossen mir Des Gesanges Blumen wieder Lebenathmend auf zu dir? Wie so anders ist's geworden! Manches, was ich trauernd mied, Stimmt in freundlichen Akkorden Nun in meiner Freude Lied, Und mit jedem Stundenschlage Werd' ich wunderbar gemahnt An der Kindheit stille Tage, Seit ich Sie, die Eine, fand. Diotima! edles Leben! Schwester, heilig mir verwandt! Eh' ich dir die Hand gegeben, Hab' ich ferne dich gekannt. Damals schon, da ich in Träumen, Mir entlokt vom heitern Tag, Unter meines Gartens Bäumen, Ein zufriedner Knabe lag, Da in leiser Lust und Schöne Meiner Seele Mai begann, Säuselte, wie Zephirstöne, Göttliche! dein Geist mich an. Ach! und da, wie eine Sage, Jeder frohe Gott mir schwand, Da ich vor des Himmels Tage Darbend, wie ein Blinder, stand, Da die Last der Zeit mich beugte, Und mein Leben, kalt und blaich, Sehnend schon hinab sich neigte In der Todten stummes Reich: Wünscht' ich öfters noch, dem blinden Wanderer, dies Eine mir, Meines Herzens Bild zu finden Bei den Schatten oder hier. Nun! ich habe dich gefunden! Schöner, als ich ahndend sah, Hoffend in den Feierstunden, Holde Muse! bist du da; Von den Himmlischen dort oben, Wo hinauf die Freude flieht, Wo des Alterns überhoben, Immerheitre Schöne blüht, Scheinst Du mir herabgestiegen, Götterbotin! weiltest du Nun in gütigem Genügen Bei dem Sänger immerzu. Sommerglut und Frühlingsmilde, Streit und Frieden wechselt hier Vor dem stillen Götterbilde Wunderbar im Busen mir; Zürnend unter Huldigungen Hab' ich oft, beschämt, besiegt, Sie zu fassen, schon gerungen, Die mein Kühnstes überfliegt; Unzufrieden im Gewinne, Hab' ich stolz darob geweint, Daß zu herrlich meinem Sinne Und zu mächtig sie erscheint. Ach! an deine stille Schöne, Seelig holdes Angesicht! Herz! an deine Himmelstöne Ist gewohnt das meine nicht; Aber deine Melodien Heitern mählig mir den Sinn, Daß die trüben Träme fliehen, Und ich selbst ein andrer bin; Bin ich dazu denn erkoren? Ich zu deiner hohen Ruh, So zu Licht und Lust geboren, Göttlichglükliche! wie du? - Wie dein Vater und der meine, Der in heitrer Majestät Über seinem Eichenhaine Dort in lichter Höhe geht, Wie er in die Meereswoogen, Wo die kühle Tiefe blaut, Steigend von des Himmels Bogen, Klar und still herunterschaut: So will ich aus Götterhöhen, Neu geweiht in schön'rem Glük, Froh zu singen und zu sehen, Nun zu Sterblichen zurük.
Ich sollte nicht im Lebensfelder ringen, So lang mein Herz nach höchster Schöne strebt, Ich soll mein Schwanenlied am Grabe singen, Wo ihr so gern lebendig uns begräbt? O! schonet mein und laßt das rege Streben, Bis seine Fluth in's fernste Meer sich stürzt, Laßt immerhin, ihr Ärzte, laßt mich leben, So lang die Parze nicht die Bahn verkürzt. Des Weins Gewächs verschmäht die kühlen Thale, Hesperiens beglükter Garten bringt Die goldnen Früchte nur im heißen Strahle, Der, wie ein Pfeil, in's Herz der Erde dringt; Was warnt ihr dann, wenn stolz und ungeschändet Des Menschen Herz von kühnem Zorn entbrennt, Was nimmt ihr ihm, der nur im Kampf vollendet, Ihr Weichlinge, sein glühend Element? Er hat das Schwerdt zum Spiele nicht genommen, Der Richter, der die alte Nacht verdammt, Er ist zum Schlafe nicht herabgekommen, Der reine Geist, der aus dem Aether stammt; Er strahlt heran, er schrökt, wie Meteore, Befreit und bändigt, ohne Ruh' und Sold, Bis, wiederkehrend durch des Himmels Thore, Sein Kämpferwagen im Triumphe rollt. Und ihr, ihr wollt des Rächers Arme lähmen, Dem Geiste, der mit Götterrecht gebeut, Bedeutet ihr, sich knechtisch zu bequemen, Nach eures Pöbels Unerbittlichkeit? Das Irrhaus wählt ihr euch zum Tribunale, Dem soll der Herrliche sich unterzieh'n, Den Gott in uns, den macht ihr zum Scandale, Und sezt den Wurm zum König über ihn. - Sonst ward der Schwärmer doch ans Kreuz geschlagen, Und oft in edlem Löwengrimme rang Der Mensch an donnernden Entscheidungstagen, Bis Glük und Wuth das kühne Recht bezwang; Ach! wie die Sonne, sank zur Ruhe nieder Wer unter Kampf ein herrlich Werk begann, Er sank und morgenrötlich hub er wieder In seinen Lieblingen zu leuchten an. Jezt blüht die neue Kunst, das Herz zu morden, Zum Todesdolch in meuchlerischer Hand Ist nun der Rath des klugen Manns geworden, Und furchtbar, wie ein Scherge, der Verstand; Bekehrt von euch zu feiger Ruhe, findet Der Geist der Jünglinge sein schmählich Grab, Ach! ruhmlos in die Nebelnächte schwindet Aus heitrer Luft manch schöner Stern hinab. Umsonst, wenn auch der Geister Erste fallen, Die starken Tugenden, wie Wachs, vergehn, Das Schöne muß aus diesen Kämpfen allen, Aus dieser Nacht der Tage Tag entstehn; Begräbt sie nur, ihr Todten, eure Todten! Indeß ihr noch die Leichenfakel hält, Geschiehet schon, wie unser Herz geboten, Bricht schon herein die neue beßre Welt.
Ich sollte ruhn? Ich soll die Liebe zwingen, Die feurigfroh nach hoher Schöne strebt? Ich soll mein Schwanenlied am Grabe singen, Wo ihr so gern lebendig uns begräbt? O schonet mein! Allmächtig fortgezogen, Muß immerhin des Lebens frische Fluth Mit Ungedult im engen Bette woogen, Bis sie im heimatlichen Meere ruht. Des Weins Gewächs verschmäht die kühlen Thale, Hesperiens beglükter Garten bringt Die goldnen Früchte nur im heißen Strale, Der, wie ein Pfeil, ins Herz der Erde dringt. Was sänftiget ihr dann, wenn in den Ketten Der ehrnen Zeit die Seele mir entbrennt, Was immer ihr mir, den nur die Kämpfe retten, Ihr Weichlinge! mein glühend Element? Das Leben ist zum Tode nicht erkoren, Zum Schlafe nicht der Gott, der uns entflammt, Zum Joch' ist nicht der Herrliche geboren, Der Genius, der aus dem Aether stammt; Er kommt herab; er taucht sich, wie zum Bade, In des Jahrhunderts Strom und glüklich raubt Auf eine Zeit den Schwimmer die Najade, Doch hebt er heitrer bald sein leuchtend Haupt. Darum laßt die Lust, das Große zu verderben, Und geht und sprecht von eurem Glüke nicht! Pflanzt keinen Cedernbaum in eure Scherben! Nimmt keinen Geist in eure Söldnerspflicht! Versucht es nicht, das Sonnenroß zu lähmen! Laßt immerhin den Sternen ihre Bahn! Und mir, mir rathet nicht, mich zu bequemen, Und macht mich nicht den Knechten unterthan. Und könnt ihr ja das Schöne nicht ertragen, So führt den Krieg mit offner Kraft und That! Sonst ward der Schwärmer doch ans Kreuz geschlagen, Jezt mordet ihn der sanfte kluge Rath; Wie manchen habt ihr herrlich zubereitet Fürs Reich der Noth! wie oft auf euern Sand Den hoffnungsfrohen Steuermann verleitet Auf kühner Fahrt in's warme Morgenland! Umsonst! mich hält die dürre Zeit vergebens, Und mein Jahrhundert ist mir Züchtigung; Ich sehne mich in's grüne Feld des Lebens Und in den Himmel der Begeisterung; Begrabt sie nur, ihr Todten, eure Todten, Und preist das Menschenwerk und scheltet nur! Doch reift in mir, so wie mein Herz geboten, Die schöne, die lebendige Natur.
Eil, o zaudernde Zeit, sie ans Ungereimte zu führen, Anders belehrest du sie nie wie verständig sie sind. Eile, verderbe sie ganz, und führ' ans furchtbare Nichts sie, Anders glauben sie dir nie, wie verdorben sie sind. Diese Thoren bekehren sich nie, wenn ihnen nicht schwindelt, Diese sich nie, wenn sie Verwesung nicht sehn.
Hast du Verstand und ein Herz, so zeige nur eines von beiden, Beides verdammen sie dir, zeigest du beides zugleich.
Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit.
Lieben Brüder! versucht es nur nicht, vortreflich zu werden Ehrt das Schiksaal und tragts, Stümper auf Erden zu seyn Denn ist Einmal der Kopf voran, so folget der Schweif auch Und die klassische Zeit deutscher Poëten ist aus.
Wißt! Apoll ist der Gott der Zeitungsschreiber geworden Und sein Mann ist, wer ihm treulich das Factum erzählt.
O der Menschenkenner! er stellt sich kindisch mit Kindern Aber der Baum und das Kind suchet, was über ihm ist.
Schönes Leben! du lebst, wie die zarten Blüthen im Winter, In der gealterten Welt blühst du verschlossen, allein. Liebend strebst du hinaus, dich zu sonnen am Lichte des Frühlings, Zu erwarmen an ihr suchst du die Jugend der Welt. Deine Sonne, die schönere Zeit, ist untergegangen Und in frostiger Nacht zanken Orkane sich nun.
Komm und besänftige mir, die du einst Elemente versöhntest Wonne der himmlischen Muse das Chaos der Zeit, Ordne den tobenden Kampf mit Friedenstönen des Himmels Bis in der sterblichen Brust sich das entzweite vereint, Bis der Menschen alte Natur die ruhige große, Aus der gährenden Zeit, mächtig und heiter sich hebt. Kehr' in die dürftigen Herzen des Volks, lebendige Schönheit! Kehr an den gastlichen Tisch, kehr in die Tempel zurük! Denn Diotima lebt, wie die zarten Blüthen im Winter, Reich an eigenem Geist sucht sie die Sonne doch auch. Aber die Sonne des Geists, die schönere Welt ist hinunter Und in frostiger Nacht zanken Orkane sich nur.
Dein Morgen, Bruder, gieng so schön hervor, So herrlich schimmerte dein Morgenrot - Und doch - und doch besiegt ein schwarzer Sturm Das hehre Licht - und wälzet schrekenvoll Den grimmen Donner auf dein sichres Haupt! O Bruder! Bruder! daß dein Bild so wahr So schreklich wahr des Lebens Wechsel deutet! Daß Disteln hinter Blumengängen lauern - Und Jammer auf die Rosenwange schielt! Und blaicher Tod in Jünglingsadern schleicht, Und bange Trennung treuer Freunde Loos Und edler Herzen Schiksaal Druk und Kummer ist! Da baun wir Plane, träumen so entzükt Vom nahen Ziel - und plözlich zukt Ein Bliz herab, und öfnet uns die Augen! Du frägst warum diß all'? - aus heller Laune. Ich sah' im Geist sich deine Stirne wölken, In deiner Eingezogenheit - da gieng Ich trüben Bliks hinab zu meinem Nekar Und sah' in seine Woogen, bis mir schwindelte - Und kehrte still und voll der dunklen Zukunft, Und voll des Schiksaals, welches unsrer wartet, Zurük - und sezte mich, und also ward Die - freilich nicht erbauliche - Tirade Vom ungewissen Wechsel unsers Lebens. Doch - komme du - du scherze mir Tiraden Und Ahndungen der Zukunft von der Stirne weg, O komm - es harret dein ein eigen Dekelglas - Stiefmütterlich soll warlich nicht mein Fäßchen sein. Und findst du schon kein Städtermahl, so würzet es Doch meine Freundschaft, und der Meinen guter Wille.
seinem Freund Neuffer Dein Morgen, Bruder, gieng so schön hervor, Ein heitres Frühroth glänzte dir entgegen, Den wonnevollsten Lebenstag verheißend. Die Musen weihten dich zu ihrem Priester, Die Liebe kränzte dir das Haupt mit Rosen, Und goß die reinsten Freuden in dein Herz. Wer war wie du beglükt? Das Schiksaal hat Es anders nun gemacht; ein schwarzer Sturm Verschlang des Tages Licht; der Donner rollte Und traf dein sichres Haupt; im Grabe liegt, Was du geliebt; dein Eden ist vernichtet. O Bruder, Bruder, daß dein Schiksaal mir So schreklichwahr des Lebens Wechsel deutet! Daß Disteln hinter Blumengängen lauern, Daß gift'ger Tod in Jugendadern schleicht, Daß bittre Trennung selbst den Freunden oft Den armen Trost versagt, den Schmerz zu theilen! Da bau'n wir Plane, träumen so entzükt Vom nahen Ziel, und plözlich, plözlich zukt Ein Bliz herab, und öfnet uns das Grab. Ich sah im Geist dein Leiden all. Da gieng Ich trüben Bliks hinab am Maingestade, Sah in die Woogen, bis mir schwindelte, Und kehrte still und voll der dunkeln Zukunft, Und voll des Schiksaals, welches unser wartet, Beim Untergang der Sonn' in meine Klause. O Bruder, komm nach jahrelanger Trennung An meine Brust! Vieleicht gelingt es uns Noch einen jener schönen Abende, Die wir so oft am Herzen der Natur Mit reinem Sinn und mit Gesang gefeiert, Zurük zu zaubern, und noch einmal froh Hinein zu schauen in das Leben! Komm, Es wartet dein ein eigen Dekelglas, Stiefmütterlich soll nicht mein Fäßchen fließen. Es wartet dein ein freundliches Gemach, Wo unsre Herzen liebend sich ergießen! Komm, eh der Herbst der Gärten Schmuk verderbt, Bevor die schönen Tage von uns eilen, Und laß durch Freundschaft uns des Herzens Wunden heilen.
Brüderlich Herz! ich komme zu dir, wie der thauende Morgen Schließe du, wie der Kelch zärtlicher Blumen dich auf Einen Himmel empfängst du, der Freude goldene Wolke Rieselt in eilenden freundlichen Tönen herab. Freund! ich kenne mich nicht, ich kenne nimmer den Menschen, Und es schämet der Geist aller Gedanken sich nun. Fassen wollt' er auch sie, wie er faßt die Dinge der Erde Fassen Aber ein Schwindel ergriff ihn süß, und die ewige Veste Seiner Gedanken stürzt'
Sorglos schlummert die Brust und es ruhn die strengen Gedanken. Auf die Wiese geh' ich hinaus, wo das Gras aus der Wurzel Frisch, wie die Quelle mir keimt, wo die liebliche Lippe der Blume Mir sich öffnet und stumm mit süßem Othem mich anhaucht, Und an tausend Zweigen des Hains, wie an brennenden Kerzen Mir das Flämmchen des Lebens glänzt, die röthliche Blüthe, Wo im sonnigen Quell die zufriednen Fische sich regen, Wo die Schwalbe das Nest mit den thörigen Jungen umflattert, Und die Schmetterlinge sich freun und die Bienen, da wandl' ich Mitten in ihrer Lust; ich steh im friedlichen Felde Wie ein liebender Ulmbaum da, und wie Reben und Trauben Schlingen sich rund um mich die süßen Spiele des Lebens. Oder schau ich hinauf zum Berge, der mit Gewölken Sich die Scheitel umkränzt und die düstern Loken im Winde Schüttelt, und wenn er mich trägt auf seiner kräftigen Schulter, Wenn die leichtere Luft mir alle Sinne bezaubert Und das unendliche Thal, wie eine farbige Wolke Unter mir liegt, da werd' ich zum Adler, und ledig des Bodens Wechselt mein Leben im All der Natur wie Nomaden den Wohnort. Und nun führt mich der Pfad zurük ins Leben der Menschen, Fernher dämmert die Stadt, wie eine eherne Rüstung Gegen die Macht des Gewittergotts und der Menschen geschmiedet, Majestätisch herauf, und ringsum ruhen die Dörfchen; Und die Dächer umhüllt, vom Abendlichte geröthet Freundlich der häußliche Rauch; es ruhn die sorglich umzäunten Gärten, es schlummert der Pflug auf den gesonderten Feldern. Aber ins Mondlicht steigen herauf die zerbrochenen Säulen Und die Tempelthore, die einst der Furchtbare traf, der geheime Geist der Unruh, der in der Brust der Erd' und der Menschen Zürnet und gährt, der Unbezwungne, der alte Erobrer Der die Städte, wie Lämmer, zerreißt, der einst den Olympus Stürmte, der in den Bergen sich regt, und Flammen herauswirft, Der die Wälder entwurzelt und durch den Ozean hinfährt Und die Schiffe zerschlägt und doch in der ewigen Ordnung Niemals irre dich macht, auf der Tafel deiner Geseze Keine Sylbe verwischt, der auch dein Sohn, o Natur, ist Mit dem Geiste der Ruh' aus Einem Schoose geboren. - Hab' ich zu Hauße dann, wo die Bäume das Fenster umsäuseln Und die Luft mit dem Lichte mir spielt, von menschlichem Leben Ein erzählendes Blatt zu gutem Ende gelesen: Leben! Leben der Welt! du liegst wie ein heiliger Wald da, Sprech ich dann, und es nehme die Axt, wer will dich zu ebnen, Glüklich wohn' ich in dir.
Die Völker schwiegen, schlummerten, da sahe Das Schiksaal, daß sie nicht entschliefen und es kam Der unerbittliche, der furchtbare Sohn der Natur, der alte Geist der Unruh. Der regte sich, wie Feuer, das im Herzen Der Erde gährt, das wie den reifen Obstbaum Die alten Städte schüttelt, das die Berge Zerreißt, und die Eichen hinabschlingt und die Felsen. Und Heere tobten, wie die kochende See. Und wie ein Meergott, herrscht' und waltete Manch großer Geist im kochenden Getümmel. Manch feurig Blut zerran im Todesfeld Und jeder Wunsch und jede Menschenkraft Vertobt auf Einer da, auf ungeheurer Wahlstatt Wo von dem blauen Rheine bis zur Tyber Die unaufhaltsame die jahrelange Schlacht In wilder Ordnung sich umherbewegte. Es spielt' ein kühnes Spiel in dieser Zeit Mit allen Sterblichen das mächtge Schiksaal. Und blinken goldne Früchte wieder dir Wie heitre holde Sterne, durch die kühle Nacht Der Pomeranzenwälder in Italien.
Heilige Gefäße sind die Dichter, Worinn des Lebens Wein, der Geist Der Helden sich aufbewahrt, Aber der Geist dieses Jünglings Der schnelle, müßt' er es nicht zersprengen Wo es ihn fassen wollte, das Gefäß? Der Dichter laß ihn unberührt wie den Geist der Natur, An solchem Stoffe wird zum Knaben der Meister. Er kann im Gedichte nicht leben und bleiben, Er lebt und bleibt in der Welt.
Das Leben suchst du, suchst, und es quillt und glänzt Ein göttlich Feuer tief aus der Erde dir, Und du in schauderndem Verlangen Wirfst dich hinab, in des Aetna Flammen. So schmelzt' im Weine Perlen der Übermuth Der Königin; und mochte sie doch! hättst du Nur deinen Reichtum nicht, o Dichter Hin in den gährenden Kelch geopfert! Doch heilig bist du mir, wie der Erde Macht, Die dich hinwegnahm, kühner Getödteter! Und folgen möcht' ich in die Tiefe, Hielte die Liebe mich nicht, dem Helden.
Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen! Und einen Herbst zu reifem Gesange mir, Daß williger mein Herz, vom süßen Spiele gesättiget, dann mir sterbe. Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht; Doch ist mir einst das Heil'ge, das am Herzen mir liegt, das Gedicht gelungen, Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt! Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel Mich nicht hinab geleitet; Einmal Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht.
Du schweigst und duldest, und sie versteh'n dich nicht, Du heilig Leben! welkest hinweg und schweigst, Denn ach, vergebens bei Barbaren Suchst du die Deinen im Sonnenlichte, Die zärtlichgroßen Seelen, die nimmer sind! Doch eilt die Zeit. Noch siehet mein sterblich Lied Den Tag, der, Diotima! nächst den Göttern mit Helden dich nennt, und dir gleicht.
Send' ihr Blumen und Frücht' aus nieversiegender Fülle, Send' ihr, freundlicher Geist, ewige Jungend herab! Hüll' in deine Wonnen sie ein und laß sie die Zeit nicht Sehn, wo einsam und fremd sie, die Athenerin, lebt, Bis sie im Lande der Seeligen einst die fröhlichen Schwestern, Die zu Phidias Zeit herrschten und liebten, umfängt.
Heilig Wesen! gestört hab' ich die goldene Götterruhe dir oft, und der geheimeren, Tiefern Schmerzen des Lebens Hast du manche gelernt von mir. O vergiß es, vergieb! gleich dem Gewölke dort Vor dem friedlichen Mond, geh' ich dahin, und du Ruhst und glänzest in deiner Schöne wieder, du süßes Licht!
Du seiest Gottes Stimme, so ahndet' ich In heil'ger Jugend; ja, und ich sag' es noch. - Um meine Weisheit unbekümmert Rauschen die Wasser doch auch, und dennoch Hör' ich sie gern, und öfters bewegen sie Und stärken mir das Herz, die gewaltigen; Und meine Bahn nicht, aber richtig Wandeln in's Meer sie die Bahn hinunter.
In jüngern Tagen war ich des Morgens froh, Des Abends weint' ich; jezt, da ich älter bin, Beginn ich zweifelnd meinen Tag, doch Heilig und heiter ist mir sein Ende.
Hoch auf strebte mein Geist, aber die Liebe zog Schön ihn nieder; das Laid beugt ihn gewaltiger; So durchlauf ich des Lebens Bogen und kehre, woher ich kam.
»Warum bist du so kurz? liebst du, wie vormals, denn »Nun nicht mehr den Gesang? fandst du, als Jüngling, doch, »In den Tagen der Hoffnung, »Wenn du sangest, das Ende nie! Wie mein Glük, ist mein Lied. - Willst du im Abendroth Froh dich baden? hinweg ists! und die Erd' ist kalt, Und der Vogel der Nacht schwirrt Unbequem vor das Auge dir.
Trennen wollten wir uns, wähnten es gut und klug; Da wir's thaten, warum schrökt' uns, wie Mord, die That? Ach! wir kennen uns wenig, Denn es waltet ein Gott in uns.
Ist nicht heilig mein Herz, schöneren Lebens voll, Seit ich liebe? warum achtetet ihr mich mehr, Da ich stolzer und wilder, Wortereicher und leerer war? Ach! der Menge gefällt, was auf den Marktplaz taugt, Und es ehret der Knecht nur den Gewaltsamen; An das Göttliche glauben Die allein, die es selber sind.
Froh kehrt der Schiffer heim an den stillen Strom Von fernen Inseln, wo er geerndtet hat; Wohl möcht' auch ich zur Heimath wieder; Aber was hab' ich, wie Laid, geerndtet? - Ihr holden Ufer, die ihr mich auferzogt, Stillt ihr der Liebe Laiden? ach! gebt ihr mir, Ihr Wälder meiner Kindheit, wann ich Komme, die Ruhe noch Einmal wieder?
Schönes Leben! du liegst krank, und das Herz ist mir Müd vom Weinen und schon dämmert die Furcht in mir, Doch, doch kann ich nicht glauben, Daß du sterbest, so lang du liebst.
Deine Freundin, Natur! leidet und schläft und du Allbelebende, säumst? ach! und ihr heilt sie nicht, Mächt'ge Lüfte des Aethers, Nicht ihr Quellen des Sonnenlichts? Alle Blumen der Erd', alle die fröhlichen, Schönen Früchte des Hains, heitern sie alle nicht Dieses Leben, ihr Götter! Das ihr selber in Lieb' erzogt? - Ach! schon athmet und tönt heilige Lebenslust Ihr im reizenden Wort wieder wie sonst und schon Glänzt das Auge des Lieblings Freundlichoffen, Natur! dich an.
Wenn ihr Freunde vergeßt, wenn ihr den Künstler höhnt, Und den tieferen Geist klein und gemein versteht, Gott vergiebt es, doch stört nur Nie den Frieden der Liebenden.
Lieben Brüder! es reift unsere Kunst vieleicht, Da, dem Jünglinge gleich, lange sie schon gegährt, Bald zur Stille der Schönheit; Seid nur fromm, wie der Grieche war! Liebt die Götter und denkt freundlich der Sterblichen! Haßt den Rausch, wie den Frost! lehrt und beschreibet nicht! Wenn der Meister euch ängstigt, Fragt die große Natur um Rath.
Spottet ja nicht des Kinds, wenn es mit Peitsch' und Sporn Auf dem Rosse von Holz muthig und groß sich dünkt, Denn, ihr Deutschen, auch ihr seyd Thatenarm und gedankenvoll. Oder kömmt, wie der Stral aus dem Gewölke kömmt, Aus Gedanken die That? Leben die Bücher bald? O ihr Lieben, so nimmt mich, Daß ich büße die Lästerung.
Ihr kalten Heuchler, sprecht von den Göttern nicht! Ihr habt Verstand! ihr glaubt nicht an Helios, Noch an den Donnerer und Meergott; Todt ist die Erde, wer mag ihr danken? - Getrost ihr Götter! zieret ihr doch das Lied, Wenn schon aus euren Nahmen die Seele schwand, Und ist ein großes Wort vonnöthen, Mutter Natur! so gedenkt man deiner.
Wo bist du? trunken dämmert die Seele mir Von aller deiner Wonne; denn eben ists, Daß ich gesehn, wie, müde seiner Fahrt, der entzükende Götterjüngling Die jungen Loken badet' im Goldgewölk'; Und jezt noch blikt mein Auge von selbst nach ihm; Doch fern ist er zu frommen Völkern, Die ihn noch ehren, hinweggegangen. Dich lieb' ich, Erde! trauerst du doch mit mir! Und unsre Trauer wandelt, wie Kinderschmerz, In Schlummer sich, und wie die Winde Flattern und flüstern im Saitenspiele, Bis ihm des Meisters Finger den schönern Ton Entlokt, so spielen Nebel und Träum' um uns, Bis der Geliebte wiederkömt und Leben und Geist sich in uns entzündet.
Wo bist du? trunken dämmert die Seele mir Von aller deiner Wonne; denn eben ist's, Daß ich gelauscht, wie, goldner Töne Voll, der entzükende Sonnenjüngling Sein Abendlied auf himmlischer Leyer spielt'; Es tönten rings die Wälder und Hügel nach. Doch fern ist er zu frommen Völkern, Die ihn noch ehren, hinweggegangen.
»Warum huldigest du, heiliger Sokrates, »Diesem Jünglinge stets? kennest du Größers nicht? »Warum siehet mit Liebe, »Wie auf Götter, dein Aug' auf ihn? Wer das Tiefste gedacht, liebt das Lebendigste, Hohe Jugend versteht, wer in die Welt geblikt Und es neigen die Weisen Oft am Ende zu Schönem sich.
Des Ganges Ufer hörten des Freudengotts Triumph, als allerobernd vom Indus her Der junge Bacchus kam, mit heilgem Weine vom Schlafe die Völker wekend. O wekt, ihr Dichter! wekt sie vom Schlummer auch, Die jezt noch schlafen, gebt die Geseze, gebt Uns Leben, siegt, Heroën! ihr nur Habt der Eroberung Recht, wie Bacchus.
Den Gottverächter schalten sie dich? mit Fluch Beschwerten sie dein Herz dir und banden dich Und übergaben dich den Flammen, Heiliger Mann! o warum nicht kamst du Vom Himmel her in Flammen zurük, das Haupt Der Lästerer zu treffen und riefst dem Sturm; Daß er die Asche der Barbaren Fort aus der Erd', aus der Heimath werfe! Doch die du lebend liebtest, die dich empfieng, Den Sterbenden, die heil'ge Natur vergißt Der Menschen Thun und deine Feinde Kehrten, wie du, in den alten Frieden.
Kaum sproßten aus den Wassern, o Erde, dir Der jungen Berge Gipfel und dufteten Lustathmend, immergrüner Haine Voll, in des Oceans grauer Wildniß Die ersten holden Inseln; und freudig sah Des Sonnengottes Auge die Neulinge Die Pflanzen, seiner ew'gen Jugend Lächelnde Kinder, aus dir geboren. Da auf der Inseln schönster, wo immerhin Den Hain in zarter Ruhe die Luft umfloß, Lag unter Trauben einst, nach lauer Nacht, in der dämmernden Morgenstunde Geboren, Mutter Erde! dein schönstes Kind;- Und auf zum Vater Helios sieht bekannt Der Knab', und wacht und wählt die süßen Beere versuchend, die heil'ge Rebe Zur Amme sich; und bald ist er groß; ihn scheun Die Thiere, denn ein anderer ist, wie sie Der Mensch; nicht dir und nicht dem Vater Gleicht er, denn kühn ist in ihm und einzig Des Vaters hohe Seele mit deiner Lust, O Erd'! und deiner Trauer von je vereint; Der Göttermutter, der Natur, der Allesumfassenden möcht' er gleichen! Ach! darum treibt ihn, Erde! vom Herzen dir Sein Übermuth, und deine Geschenke sind Umsonst und deine zarten Bande; Sucht er ein Besseres doch, der Wilde! Von seines Ufers duftender Wiese muß Ins blüthenlose Wasser hinaus der Mensch, Und glänzt auch, wie die Sternenacht, von Goldenen Früchten sein Hain, doch gräbt er Sich Höhlen in den Bergen und späht im Schacht Von seines Vaters heiterem Lichte fern, Dem Sonnengott auch ungetreu, der Knechte nicht liebt und der Sorge spottet. Denn freier athmen Vögel des Walds, wenn schon Des Menschen Brust sich herrlicher hebt, und der Die dunkle Zukunft sieht, er muß auch Sehen den Tod und allein ihn fürchten. Und Waffen wider alle, die athmen, trägt In ewigbangem Stolze der Mensch; im Zwist Verzehrt er sich und seines Friedens Blume, die zärtliche, blüht nicht lange. Ist er von allen Lebensgenossen nicht Der seeligste? Doch tiefer und reißender Ergreift das Schiksaal, allausgleichend, Auch die entzündbare Brust dem Starken.
Ihr wandelt droben im Licht Auf weichem Boden, seelige Genien! Glänzende Götterlüfte Rühren euch leicht, Wie die Finger der Künstlerin Heilige Saiten. Schiksaallos, wie der schlafende Säugling, athmen die Himmlischen; Keusch bewahrt In bescheidener Knospe, Blühet ewig Ihnen der Geist, Und die seeligen Augen Bliken in stiller Ewiger Klarheit. Doch uns ist gegeben, Auf keiner Stätte zu ruhn, Es schwinden, es fallen Die leidenden Menschen Blindlings von einer Stunde zur andern, Wie Wasser von Klippe Zu Klippe geworfen, Jahr lang ins Ungewisse hinab.
Da ich ein Knabe war, Rettet' ein Gott mich oft Vom Geschrei und der Ruthe der Menschen, Da spielt' ich sicher und gut Mit den Blumen des Hains, Und die Lüftchen des Himmels Spielten mit mir. Und wie du das Herz Der Pflanzen erfreust, Wenn sie entgegen dir Die zarten Arme streken, So hast du mein Herz erfreut Vater Helios! und, wie Endymion, War ich dein Liebling, Heilige Luna! Oh all ihr treuen Freundlichen Götter! Daß ihr wüßtet, Wie euch meine Seele geliebt! Zwar damals rieff ich noch nicht Euch mit Nahmen, auch ihr Nanntet mich nie, wie die Menschen sich nennen Als kennten sie sich. Doch kannt' ich euch besser, Als ich je die Menschen gekannt, Ich verstand die Stille des Aethers Der Menschen Worte verstand ich nie. Mich erzog der Wohllaut Des säuselnden Hains Und lieben lernt' ich Unter den Blumen. Im Arme der Götter wuchs ich groß.
Herrlicher Göttersohn! da du die Geliebte verloren, Giengst du ans Meergestaad, weintest hinaus in die Fluth, Weheklagend hinab verlangt' in den heiligen Abgrund, In die Stille dein Herz, wo, von der Schiffe Gelärm Fern, tief unter den Woogen, in friedlicher Grotte die blaue Thetis wohnte, die dich schüzte, die Göttin des Meers. Mutter war dem Jünglinge sie, die mächtige Göttin, Hatte den Knaben einst liebend, am Felsengestaad Seiner Insel, gesäugt, mit dem kräftigen Liede der Welle Und im stärkenden Bad' ihn zum Heroën genährt. Und die Mutter vernahm die Weheklage des Jünglings, Stieg vom Grunde der See, trauernd, wie Wölkchen, herauf, Stillte mit zärtlichem Umfangen die Schmerzen des Lieblings, Und er hörte, wie sie schmeichelnd zu helfen versprach. Göttersohn! o wär ich, wie du, so könnt' ich vertraulich Einem der Himmlischen klagen mein heimliches Laid. Sehen soll ich es nicht, soll tragen die Schmach, als gehört ich Nimmer zu ihr, die doch meiner mit Thränen gedenkt. Gute Götter! doch hört ihr jegliches Flehen des Menschen, Ach! und innig und fromm liebt' ich dich heiliges Licht, Seit ich lebe, dich Erd' und deine Quellen und Wälder, Vater Aether und dich fühlte zu sehnend und rein Dieses Herz - o sänftiget mir, ihr Guten, mein Laiden, Daß die Seele mir nicht allzu frühe verstummt, Daß ich lebe und euch, ihr hohen himmlischen Mächte, Noch am fliehenden Tag danke mit frommem Gesang, Danke für voriges Gut, für Freuden vergangener Jugend, Und dann nehmet zu euch gütig den Einsamen auf.
Zu ihrem 72sten Geburtstag Vieles hast du erlebt, du theure Mutter! und ruhst nun Glüklich, von Fernen und Nah'n liebend beim Namen genannt, Mir auch herzlich geehrt in des Alters silberner Krone Unter den Kindern, die dir reifen und wachsen und blühn. Langes Leben hat dir die sanfte Seele gewonnen Und die Hofnung, die dich freundlich in Leiden geführt. Denn zufrieden bist du und fromm, wie die Mutter, die einst den Besten der Menschen, den Freund unserer Erde gebahr. - Ach! sie wissen es nicht, wie der Hohe wandelt im Volke, Und vergessen ist fast, was der Lebendige war. Wenige kennen ihn doch und oft erscheinet erheiternd Mitten in stürmischer Zeit ihnen das himmlische Bild. Allversöhnend und still mit den armen Sterblichen gieng er, Dieser einzige Mann, göttlich im Geiste, dahin. Keines der Lebenden war aus seiner Seele geschlossen Und die Leiden der Welt trug er an liebender Brust. Mit dem Tode befreundet er sich, im Nahmen der andern Gieng er aus Schmerzen und Müh' siegend zum Vater zurük. Und du kennest ihn auch, du theure Mutter! und wandelst Glaubend und duldend und still ihm, dem Erhabenen, nach. Sieh! es haben mich selbst verjüngt die kindlichen Worte, Und es rinnen, wie einst, Thränen vom Auge mir noch; Und ich denke zurük an längst vergangene Tage, Und die Heimath erfreut wieder mein einsam Gemüth, Und das Haus, wo ich einst bei deinen Seegnungen aufwuchs, Wo, von Liebe genährt, schneller der Knabe gedieh. Ach! wie dacht' ich dann oft, du solltest meiner dich freuen, Wann ich ferne mich sah wirkend in offener Welt. Manches hab' ich versucht und geträumt und habe die Brust mir Wund gerungen indeß, aber ihr heilet sie mir, O ihr Lieben! und lange, wie du, o Mutter! zu leben Will ich lernen; es ist ruhig das Alter und fromm. Kommen will ich zu dir; dann seegne den Enkel noch Einmal, Daß dir halte der Mann, was er, als Knabe, gelobt.
Götter wandelten einst bei Menschen, die herrlichen Musen Und der Jüngling, Apoll, heilend, begeisternd wie du. Und du bist mir, wie sie, als hätte der Seeligen Einer Mich ins Leben gesandt, geh ich, es wandelt das Bild Meiner Heldin mit mir, wo ich duld' und bilde, mit Liebe Bis in den Tod, denn diß lernt' ich und hab' ich von ihr. Laß uns leben, o du mit der ich leide, mit der ich Innig und glaubig und treu ringe nach schönerer Zeit. Sind doch wirs! und wüßten sie noch in kommenden Jahren Von uns beiden, wenn einst wieder der Genius gilt, Sprächen sie: es schuffen sich einst die Einsamen liebend Nur von Göttern gekannt ihre geheimere Welt. Denn die Sterbliches nur besorgt, es empfängt sie die Erde Aber näher zum Licht wandern, zum Aether hinauf Sie, die inniger Liebe treu, und göttlichem Geiste Hoffend und duldend und still über das Schiksaal gesiegt.
Hört' ich die Warnenden izt, sie lächelten meiner und dächten, Früher anheim uns fiel, weil er uns scheute, der Thor. Und sie achtetens keinen Gewinn, Singt, o singet mir nur, unglükweissagend, ihr Furchtbarn Schiksaalsgötter das Lied immer und immer ums Ohr Euer bin ich zulezt, ich weiß es, doch will zuvor ich Mir gehören und mir Leben erbeuten und Ruhm.
Wenn ich sterbe mit Schmach, wenn an den Frechen nicht Meine Seele sich rächt, wenn ich hinunter bin Von des Genius Feinden Überwunden, ins feige Grab, Dann vergiß mich, o dann rette vom Untergang Meinen Nahmen auch du, gütiges Herz! nicht mehr Dann erröthe, die du mir Hold gewesen, doch eher nicht! Aber weiß ich es nicht? Wehe! du liebender Schuzgeist! ferne von dir spielen zerreißend bald Auf den Saiten des Herzens Alle Geister des Todes mir. O so blaiche dich denn Loke der muthigen Jugend! heute noch, du lieber als morgen mir, hier wo am einsamen Scheidewege der Schmerz mich, Mich der Tödtende niederwirft.
EMILIE AN KLARA Ich bin im Walde mit dem Vater draus Gewesen, diesen Abend, auf dem Pfade, Du kennest ihn, vom vor'gen Frühlinge. Es blühten wilde Rosen nebenan, Und von der Felswand überschattet' uns Der Eichenbüsche sonnenhelles Grün; Und oben durch der Buchen Dunkel quillt Das klare flüchtige Gewässer nieder. Wie oft, du Liebe! stand ich dort und sah Ihm nach aus seiner Bäume Dämmerung Hinunter in die Ferne, wo zum Bach' Es wird, zum Strome, sehnte mich mit ihm Hinaus - wer weiß, wohin? Das hast du oft Mir vorgeworfen, daß ich immerhin Abwesend bin mit meinem Sinne, hast Mirs oft gesagt, ich habe bei den Menschen Kein friedlich Bleiben nicht, verschwende Die Seele an die Lüfte, lieblos sei Ich öfters bei den Meinen. Gott! ich lieblos? Wohl mag es freudig seyn und schön, zu bleiben, Zu ruhn in einer lieben Gegenwart, Wenn eine große Seele, die wir kennen, Vertraulich nahe wartet über uns, Sich um uns schließt, daß wir, die Heimathlosen, Doch wissen, wo wir wohnen. Gute! Treue! Dorch hast du recht. Bist du denn nicht mir eigen? Und hab' ich ihn den theuern Vater nicht, Den Heiligjugendlichen, Vielerfahrnen, Der, wie ein stiller Gott auf dunkler Wolke, Verborgenwirkend über seiner Welt mit freiem Auge ruht, und wenn er schon Ein Höhers weiß, und ich des Mannes Geist Nur ahnen kann, doch ehrt er liebend mich, Und nennt mich seine Freude, ja! und oft Giebt eine neue Seele mir sein Wort. Dann möcht' ich wohl den Seegen, den er gab, Mit einem, das ich liebte, gerne theilen, Und bin allein - ach! ehmals war ichs nicht! Mein Eduard! mein Bruder! denkst du sein Und denkst du noch der frommen Abende, Wenn wir im Garten oft zusammensaßen Nach schönem Sommertage, wenn die Luft Um unsre Stille freundlich athmete, Und über uns des Aethers Blumen glänzten; Wenn von den Alten er, den Hohen, uns Erzählte, wie in Freude sie und Freiheit Aufstrebten seine Meister; tönender Hub dann aus seiner Brust die Stimme sich, Und zürnend war und liebend oft voll Thränen Das Auge meinem Stolzen; ach! den lezten Der Abende, wie nun, da Großes ihm Bevorstand, ruhiger der Jüngling war, Noch mit Gesängen, die wir gerne hörten, Und mit der Zithar uns die Trauernden Vergnügt'! Ich seh ihn immer, wie er gieng. Nie war er schöner, kühn, die Seele glänzt' Ihm auf der Stirne, dann voll Andacht trat Er vor den alten Vater. Kann ich Glük Von dir empfangen, sprach er, heil'ger Mann! So wünsche lieber mir das größte, denn Ein anders, und betroffen schien der Vater. Wenns seyn soll, wünsch' ich dirs, antwortet' er. Ich stand beiseit, und wehemüthig sah Der Scheidende mich an und rief mich laut; Mir bebt' es durch die Glieder, und er hielt Mich zärtlich vest, in seinen Armen stärkte Der Starke mir das Herz, und da ich aufsah Nach meinem Lieben, war er fortgeeilt. »Ein edel Volk ist hier auf Korsika; Schrieb freudig er im lezten Briefe mir, »Wie wenn ein zahmer Hirsch zum Walde kehrt »Und seine Brüder trift, so bin ich hier, »Und mir bewegt im Männerkriege sich »Die Brust, daß ich von allem Weh genese. »Wie lebst du, theure Seele! und der Vater? »Hier unter frohem Himmel, wo zu schnell »Die Frühlinge nicht altern, und der Herbst »Aus lauer Luft dir goldne Früchte streut, »Auf dieser guten Insel werden wir »Uns wiedersehen; diß ist meine Hofnung. »Ich lobe mir den Feldherrn. Oft im Traum' »Hab' ich ihn fast gesehen, wie er ist, »Mein Paoli, noch eh' er freundlich mich »Empfieng und zärtlich vorzog, wie der Vater »Den Jüngstgebornen, der es mehr bedarf. »Und schämen muß ich vor den andern mich, »Den furchtbarstillen, ernsten Jünglingen. »Sie dünken traurig dir bei Ruh und Spiel; »Unscheinbar sind sie, wie die Nachtigall, »Wenn von Gesang sie ruht; am Ehrentag' »Erkennst du sie. Ein eigen Leben ists! - »Wenn mit der Sonne wir, mit heil'gem Lied' »Heraufgehn übern Hügel, und die Fahnen »Ins Thal hinab im Morgenwinde wehn, »Und drunten auf der Ebne fernher sich, »Ein gährend Element, entgegen uns »Die Menge regt und treibt, da fühlen wir »Frohlokender, wie wir uns herrlich lieben; »Denn unter unsern Zelten und auf Woogen »Der Schlacht begegnet uns der Gott, der uns »Zusammenhält. Wir thun, was sich gebührt, »Und führen wohl das edle Werk hinaus. »Dann küßt ihr noch den heimatlichen Boden, »Den trauernden, und kommt und lebt mit uns »Emilie! -Wie wirds dem alten Vater »Gefallen, bei den Lebenden noch Einmal »Zum Jüngling aufzuleben und zu ruhn »In unentweihter Erde, wenn er stirbt. »Denkst du des tröstenden Gesanges noch, »Emilie, den seiner theuern Stadt »In ihrem Fall der stille Römer sang, »Noch hab' ich einiges davon im Sinne. »Klagt nicht mehr! kommt in neues Land! so sagt' er. »Der Ocean, der die Gefild' umschweift, »Erwartet uns. Wir suchen seelige »Gefilde, reiche Inseln, wo der Boden »Noch ungepflügt die Früchte jährlich giebt, »Und unbeschnitten noch der Weinstok blüht, »Wo der Olivenzweig nach Wunsche wächst, »Und ihren Baum die Feige keimend schmükt, »Wo Honig rinnt aus hohler Eich' und leicht »Gewässer rauscht von Bergeshöhn. - Noch manches »Bewundern werden wir die Glüklichen. - »Es sparte für ein frommes Volk Saturnus Sohn »Diß Ufer auf, da er die goldne Zeit »Mit Erze mischte. - Lebe wohl, du Liebe! Der Edle fiel des Tags darauf im Treffen Mit seiner Liebsten Einem, ruht mit ihm In Einem Grab'. In deinem Schoose ruht Er, schönes Korsika! und deine Wälder Umschatten ihn, und deine Lüfte wehn Am milden Herbsttag freundlich über ihm, Dein Abendlicht vergoldet seinen Hügel. Ach! dorthin möcht' ich wohl, doch hälf es nicht. Ich sucht' ihn, so wie hier. Ich würde fast Dort weniger, wie hier, mich sein entwöhnen. So wuchs ich auf mit ihm, und weinen muß ich Und lächeln, deuk' ich, wie mirs ehmals oft Beschwerlich ward, dem Wilden nachzukommen, Wenn nirgend er beim Spiele bleiben wollte. Nun bist du dennoch fort und lässest mich Allein, du Lieber! und ich habe nun Kein Bleiben auch, und meine Augen sehn Das Gegenwärtige nicht mehr, o Gott! Und mit Phantomen peiniget und tröstet Nun meine Seele sich, die einsame. Das weißt du, gutes Mädchen! nicht, wie sehr Ich unvernünftig bin. Ich will dirs all' Erzählen. Morgen! Mich besucht doch immer Der süße Schlaf, und wie die Kinder bin ich, Die besser schlummern, wenn sie ausgeweint. EMILIE AN KLARA Der Vater schwieg im Laide tagelang, Da ers erfuhr; und scheuen mußt' ich mich, Mein Weh ihn sehn zu lassen; lieber gieng Ich dann hinaus zum Hügel und das Herz Gewöhnte mir zum freien Himmel sich. Ich tadelt' oft ein wenig mich darüber, Daß nirgend mehr im Hauße mirs gefiel. Vergnügt mit allem war ich ehmals da, Und leicht war alles mir. Nun ängstigt' es Mich oft; noch trieb ich mein Geschäft, doch leblos, Bis in die Seele stumm in meiner Trauer. Es war, wie in der Schattenwelt, im Hauße. Der stille Vater und das stumme Kind! Wir wollen fort auf eine Reise, Tochter! Sagt' eines Tags mein Vater, und wir giengen, Und kamen dann zu dir. In diesem Land', An deines Nekars friedlichschönen Ufern, Da dämmert' eine stille Freude mir Zum erstenmale wieder auf. Wie oft Im Abendlichte stand ich auf dem Hügel Mit dir, und sah das grüne Thal hinauf, Wo zwischen Bergen, da die Rebe wächst, An manchem Dorf vorüber, durch die Wiesen Zu uns herab, von luft'ger Weid' umkränzt, Das goldne ruhige Gewässer wallte! Mir bleibt die Stelle lieb, wo ich gelebt. Ihr heiterfreien Ebenen des Mains, Ihr reichen, blühenden! wo nahe bald Der frohe Strom, des stolzen Vaters Liebling, Mit offnem Arm' ihn grüßt, den alten Rhein! Auch ihr! Sie sind wie Freunde mir geworden, Und aus der Seele mir vergehen soll Kein frommer Dank, und trag' ich Laid im Busen, So soll mir auch die Freude lebend bleiben. Erzählen wollt' ich dir, doch hell ist nie Das Auge mir, wenn dessen ich gedenke. Vor seinen kindischen, geliebten Träumen Bebt immer mir das Herz. Wir reisten dann Hinein in andre Gegenden, ins Land Des Varusthals, dort bei den dunkeln Schatten Der wilden heil'gen Berge lebten wir, Die Sommertage durch, und sprachen gern Von Helden, die daselbst gewohnt, und Göttern. Noch giengen wir des Tages, ehe wir Vom Orte schieden, in den Eichenwald Des herrlichen Gebirgs hinaus, und standen In kühler Luft auf hoher Haide nun. »Hier unten in dem Thale schlafen sie »Zusammen, sprach mein Vater, lange schon »Die Römer mit den Deutschen, und es haben »Die Freigebornen sich, die stolzen, stillen, »Im Tode mit den Welteroberern »Versöhnt, und Großes ist und Größeres »Zusammen in der Erde Schoos gefallen. »Wo seid ihr, meine Todten all? Es lebt »Der Menschengenius, der Sprache Gott, »Der alte Braga noch, und Hertha grünt »Noch immer ihren Kindern, und Walhalla »Blaut über uns, der heimatliche Himmel; »Doch euch, ihr Heldenbilder, find' ich nicht. Ich sah hinab und leise schauerte Mein Herz, und bei den Starken war mein Sinn, Den Guten, die hier unten vormals lebten. Izt stand ein Jüngling, der, uns ungesehn, Am einsamen Gebüsch beiseit gesessen, Nicht ferne von mir auf. 0 Vater! mußt' Ich rufen, das ist Eduard! - Du bist Nicht klug, mein Kind! erwiedert' er und sah Den Jüngling an; es mocht' ihn wohl auch treffen, Er faßte schnell mich bei der Hand und zog Mich weiter. Einmal mußt' ich noch mich umsehn. Derselbe wars und nicht derselbe! Stolz und groß, Voll Macht war die Gestalt, wie des Verlornen, Und Aug und Stirn' und Loke; schärfer blikt' Er nur, und um die seelenvolle Miene War, wie ein Schleier, ihm ein stiller Ernst Gebreitet. Und er sah mich an. Es war, Als sagt' er, gehe nur auch du, so geht Mir alles hin, doch duld' ich aus und bleibe. Wir reisten noch desselben Abends ab, Und langsamtraurig fuhr der Wagen weiter Und weiter durchs unwegsame Gebirg. Es wechselten in Nebel und in Reegen Der Bäum' und des Gebüsches dunkle Bilder Im Walde nebenan. Der Vater schlief, In dumpfem Schmerze träumt' ich hin, und kaum Nur eben noch, die lange Zeit zu zählen, War mir die Seele wach. Ein schöner Strom Erwekt' ein wenig mir das Aug; es standen Im breiten Boot die Schiffer am Gestad; Die Pferde traten folgsam in die Fähre, Und ruhig schifften wir. Erheitert war Die Nacht, und auf die Wellen leuchtet' Und Hütten, wo der fromme Landmann schlief, Aus blauer Luft das stille Mondlicht nieder; Und alles dünkte friedlich mir und sorglos, In Schlaf gesungen von des Himmels Sternen. Und ich sollt' ohne Ruhe seyn von nun an, Verloren ohne Hofnung mir an Fremdes Die Seele meiner Jugend! Ach! ich fühlt' Es izt, wie es geworden war mit mir. Dem Adler gleich, der in der Wolke fliegt, Erschien und schwand mir aus dem Auge wieder, Und wieder mir des hohen Fremdlings Bild, Daß mir das Herz erbebt' und ich umsonst Mich fassen wollte. Schliefst du gut, mein Kind! Begrüßte nun der gute Vater mich, Und gerne wollt' ich auch ein Wort ihm sagen. Die Thränen doch erstikten mir die Stimme, Und in den Strom hinunter mußt' ich sehn, Und wußte nicht, wo ich mein Angesicht Verbergen sollte. Glükliche! die du Diß nie erfahren, überhebe mein Dich nicht. Auch du, und wer von allen mag Sein eigen bleiben unter dieser Sonne? Oft meint' ich schon, wir leben nur, zu sterben, Uns opfernd hinzugeben für ein Anders. O schön zu sterben, edel sich zu opfern, Und nicht so fruchtlos, so vergebens, Liebe! Das mag die Ruhe der Unsterblichen Dem Menschen seyn. Bedaure du mich nur! Doch tadeln, Gute, sollst du mir es nicht! Nennst du sie Schatten, jene, die ich liebe? Da ich kein Kind mehr war, da ich ins Leben Erwachte, da aufs neu mein Auge sich Dem Himmel öffnet' und dem Licht, da schlug Mein Herz dem Schönen; und ich fand es nah; Wie soll ichs nennen, nun es nicht mehr ist Für mich? O laßt! Ich kann die Todten lieben, Die Fernen; und die Zeit bezwingt mich nicht. Mein oder nicht! du bist doch schön, ich diene Nicht Eitlem, was der Stunde nur gefällt, Dem Täglichen gehör ich nicht; es ist Ein anders, was ich lieb'; unsterblich Ist was du bist, und du bedarfst nicht meiner, Damit du groß und gut und liebenswürdig Und herrlich seist, du edler Genius! Laßt nur mich stolz in meinem Laide seyn, Und zürnen, wenn ich ihn verläugnen soll; Bin ich doch sonst geduldig, und nicht oft Aus meinem Munde kömmt ein Männerwort. Demüthigt michs doch schon genug, daß ich Was ich dir lang verborgen, nun gesagt. Wie dank' ich dir, du Liebe, daß du mir Vertrauen abgewonnen, daß ich dir Mein still Geheimniß endlich ausgesprochen. Ich bin nun ruhiger - wie nenn' ichs dir? Und an die schönen Tage denk ich, wenn ich oft Hinausgieng mit dem Bruder, und wir oben Auf unserm Hügel beieinander saßen, Und ich den Lieben bei den Händen hielt, Und mirs gefallen ließ am offnen Feld' Und an der Straß', und ins Gewölb' hinauf Des grünen Ahorns staunt', an dem wir lagen. Ein Sehnen war in mir, doch war ich still. Es blühten uns der ersten Hofnung Tage, Die Tage des Erwachens. Holde Dämmerung! So schön ists, wenn die gütige Natur Ins Leben lokt ihr Kind. Es singen nur Den Schlummersang am Abend unsre Mütter. Sie brauchen nie das Morgenlied zu singen. Diß singt die andre Mutter uns, die gute, Die wunderbare, die uns Lebenslust In unsern Busen athmet, uns mit süßen Verheißungen erwekt. Wie ist mir, Liebe! Ich kann an Jugend heute nur, und nur An Jugend denken. Sieh! ein heitrer Tag Ists eben auch. Seit frühem Morgen siz' ich Am lieben Fenster. und es wehn die Lüfte, Die zärtlichen, herein, mir blikt das Licht Durch meine Bäume, die zu nahe mir Gewachsen sind, und mählig mit den Blüthen Das ferne Land verhüllen, daß ich mich Bescheiden muß, und hie und da noch kaum Hinaus mich find' aus diesem freundlichen Gefängniß; und es fliegen über ihnen Die Schwalben und die Lerchen, und es singen Die Stunde durch genug die Nachtigallen, Und wie sie heißen all die Lieblinge Der schönen Jahrszeit; eigne Nahmen möcht' Ich ihnen geben, und den Blumen auch, Den stillen, die aus dunklem Beete duften, Zu mir herauf wie junge Sterne glänzend. Und wie es lebt und glüklich ist im Wachstum, Und seiner Reife sich entgegen freut! Es findet jedes seine Stelle doch, Sein Haus, die Speise, die das Herz ihm sättigt, Und jedes seegnest du mit eignem Seegen, Natur! und giebst dich ihnen zum Geschäfft, Und trägst und nährst zu ihrer Blüthenfreud' Und ihrer Frucht sie fort, du gütige! Und klagtest du doch öfters, trauernd Herz! Vergaßest mir den Glauben, danktest nicht, Und dachtest nicht, wenn dir dein Thun zu wenig Bedeuten wollt', es sei ein frommes Opfer, Das du, wie andre, vor das Leben bringest, Wohlmeinend, wie der Lerche Lied, das sie Den Lüften singt, den freudegebenden - Nun geh' ich noch hinaus und hohle Blumen Dem Vater aus dem Feld', und bind' ihm sie In Einen Straus, die drunten in dem Garten, Und die der Bach erzog; ich will's schon richten, Daß ihm's gefallen soll. Und dir? dir bring' ich Genug des Neuen. Da ist's immer anders. Izt blühn die Weiden; izt vergolden sich Die Wiesen; izt beginnt der Buche Grün, Und izt der Eiche - nun! leb wohl indessen! EMILIE AN KLARA Ihr Himmlischen! das war er. Kannst du mir Es glauben? - Beste! - wärst du bei mir! - Er! Der Hohe, der Gefürchtete, Geliebte! - Mein bebend Herz, hast du so viel gewollt? Da gieng ich so zurük mit meinen Blumen, Sah auf den Pfad, den abendröthlichen, In meiner Stille nieder, und es schlief Mir sanft im Busen das Vergangene, Ein kindlich Hoffen athmete mir auf; Wie wenn uns zwischen süßem Schlaf und Wachen Die Augen halb geöffnet sind, so war Ich Blinde. Sieh! da stand er vor mir mein Heroë und ich Arme war, wie todt, Und ihm, dem Brüderlichen, überglänzte Das Angesicht, wie einem Gott, die Freude. »Emilie!« - das war sein frommer Gruß. Ach! alles Sehnen wekte mir und all Das liebe Leiden, so ich eingewiegt, Der goldne Ton des Jünglings wieder auf! Nicht aufsehn durft' ich! keine Sylbe durft' Ich sagen! O, was hätt' ich ihm gesagt! Was wein' ich denn, du Gute? - laß mich nur! Nun darf ich ja, nun ists so thöricht nimmer, Und schön ists, wenn der Schmerz mit seiner Schwester Der Wonne sich versöhnt, noch eh' er weggeht. O Wiedersehn! das ist noch mehr, du Liebe! Als wenn die Bäume wieder blühn, und Quellen Von neuem fröhlich rauschen - Ja! ich hab' Ihn oft gesucht und ernstlich oft es mir Versagt, doch wollt' ich sein Gedächtniß ehren. Die Bilder der Gespielen, die mit mir Auf grüner Erd' in stummer Kindheit saßen, Sie dämmern ja um meine Seele mir, Und dieser edle Schatte, sollt' er nicht? Das Herz im Busen, das unsterbliche, Kann nicht vergessen, sieh! und öfters bringt Ein guter Genius die Liebenden Zusammen, daß ein neuer Tag beginnt, Und ihren Mai die Seele wieder feiert. O wunderbar ist mir! auch er! - daß du Hinunter mußtest, Lieber! ehe dir Das deine ward, und dich die frohe Braut Zum Männerruhme seegnete! Doch starbst Du schön, und oft hab' ich gehört, es fallen Die Lieblinge des Himmels früh, damit Sie sterblich Glük und Laid und Alter nicht Erfahren. Nimmermehr vergeß ich dich, Und ehren soll er dich. Dein Bild will ich Ihm zeigen, wenn er kömmt; und wenn der Stolze Sich dann verwundert, daß er sich bei mir Gefunden, sag' ich ihm, es sei ein Andrer, Und den er lieben müsse. O, er wirds! Da schrieb er mir. Ja! theures Herz! er ists, Den ich gesucht. Wie dieser Jüngling mich Demüthiget und hebt! Nun! lies es nur! »So bist du's wieder, und ich habe dich »Gegrüßt, gefunden, habe dich noch Einmal »In deiner frommen Ruh gestört, du Kind »Des Himmels! - Nein Emilie! du kanntest »Mich ja. Ich kann nicht fragen. Wir sind's, »Die Längstverwandten, die der Gott getraut, »Und bleiben wird es, wie die Sonne droben. »Ich bin voll Freude, schöne Seele! bin »Der neuen Melodieen ungewohnt. »Es ist ein anders Lied, als jenes, so »Dem Jünglinge die Parze lehrend singt »Bis ihm, wie Wohllaut, ihre Weise tönt; »Dann gönnt sie ihm, du Friedliche! von dir »Den süßern Ton, den liebsten, einzigen »Zu hören. Mein? o sieh! du wirst in Lust »Die Mühe mir und was mein Herz gebeut, »Du wirst es all in heil'ge Liebe wandeln. »Und hab' ich mit Unmöglichem gerungen, »Und mir die Brust zu Treu und Ruh gehärtet, »Du wärmest sie mit frommer Hofnung mir, »Daß sie vertrauter mit dem Siege schlägt. »Und wenn das Urbild, das, wie Morgenlicht, »Mir aus des Lebens dunkler Wolke stieg, »Das himmlische mir schwindet, seh ich Dich, »Und eine schöne Götterbotinn, mahnst »Du lächelnd mich an meinen Phöbus wieder; »Und wenn ich zürne, sänftigest du mich. »Dein Schüler bin ich dann, und lausch' und lerne. »Von deinem Munde nehm' ich, Zauberinn, »Des überredens süße Gaabe mir, »Daß sie die Geister freundlich mir bezwingt, »Und wenn ich ferne war von dir, und wund »Und müd dir wiederkehre, heilst du mich »Und singst in Ruhe mich, du holde Muse! »Emilie! daß wir uns wiedersahn! »Daß wir uns einst gefunden, und du nun »Mich nimmer fliehst und nahe bist! Zu gern, »Zu gern entwich dein stolzes Bild dem Wandrer, »Das zarte, reine, da du ferne warst, »Du Heiligschönes! Doch ich sah dich oft, »Wenn ich des Tags allein die Pfade gieng, »Und Abends in der fremden Hütte schwieg. »O heute! grüße, wenn du willst, den Vater! »Ich kenn' ihn wohl; auch meinen Nahmen kennt er; »Und seiner Freunde Freund bin ich. Ich wußte nicht, »Daß er es war, da wir zuerst einander »Begegneten, und lang erfuhr ichs nicht. »Bald grüß ich schöner dich. - Armenion. EMILIE AN KLARA Er woll' ihn morgen sprechen, sagte mir Mein Vater, morgen! und er schien nicht freundlich. Nun siz ich hier und meine Augen ruhn Und schlummern nicht - ach! schämen muß ich mich, Es dir zu klagen - will ich stille werden, So regt ein Laut mich auf; ich sinn und bitte, Und weiß nicht, was? und sagen möcht' ich viel, Doch ist die Seele stumm - o fragen möcht' ich Die sorgenfreien Bäume hier, die Stralen Der Nacht und ihre Schatten, wie es nun Mir endlich werden wird. Zu still ists mir In dieser schönen Nacht, und ihre Lüfte Sind mir nicht hold, wie sonst. Die Thörin! So lang er ferne war, so liebt' ich ihn; Nun bin ich kalt, und zag' und zürne mir Und andern. - Auch die Worte, so ich dir In dieser bösen Stunde schreibe, lieb' Ich nicht, und was ich sonst von ihm geschrieben, Unleidlich ist es mir. Was ist es denn? Ich wünsche fast, ich hätt' ihn nie gesehn. Mein Friede war doch schöner. Theures Herz! Ich bin betrübt, und anders, denn ichs war, Da ich um den Verlornen trauerte. Ich bin es nimmer, nein! ich bin es nicht. Ich bin nicht gut, und seellos bin ich auch. Mich läßt die Furcht, die häßliche, nicht ruhn. O daß der goldne Tag die Ruhe mir, Mein eigen Leben wiederbrächt'! - Ich will Geduldig seyn, und wenn der Vater ihn Nicht ehrt, mir ihn versagt, den Theuren, So schweig' ich lieber, und es soll mir nicht Zu sehr die Seele kränken; kann ich still Ihn ehren doch, und bleiben, wie ich bin. EMILIE AN KLARA Nun muß ich lächeln über alles Schlimme, Was ich die vor'ge Nacht geträumt; und hab' Ich dir es gar geschrieben? Anders bin Ich izt gesinnt. Er kam und mir frohlokte Das Herz, wie er herab die Straße gieng, Und mir das Volk den fremden Herrlichen Bestaunt'! und lobend über ihn geheim Die Nachbarn sich besprachen, und er izt Den Knaben, der an ihm vorübergieng, Nach meinem Hauße fragt'; ich sahe nicht Hinaus, ich konnt', an meinem Tische sizend, Ihn ohne Scheue sehn - wie red' ich viel? Und da er nun herauf die Treppe kam, Und ich die Tritte hört' und seine Thüre Mein Vater öffnete, sie draußen sich Stillschweigend grüßten, daß ich nicht Ein Wort vernehmen konnt', ich Unvernünft'ge Wie ward mir bange wieder? Und sie blieben Nicht kurze Zeit allein im andern Zimmer, Daß ich es länger nicht erdulden konnt', Und dacht': ich könnte wohl den Vater fragen Um diß und jenes, was ich wissen mußte. Dann hätt' ichs wohl gesehn in ihren Augen, Wie mir es werden sollte. Doch ich kam Bis an die Schwelle nur, gieng lieber doch In meinen Garten, wo die Pflanzen sonst, In andrer Zeit, die Stunde mir gekürzt. Und fröhlich glänzten, von des Morgens Thau Gesättiget, im frischen Lichte sie Ins Auge mir, wie liebend sich das Kind An die betrübte Mutter drängt, so waren Die Blumen und die Blüthen um mich rings, Und schöne Pforten wölbten über mir Die Bäume. Doch ich konnt' es izt nicht achten, Nur ernster ward und schwerer nur, und bänger Das Herz mir Armen immer, und ich sollte Wie eine Dienerinn von ferne lauschen, Ob sie vieleicht mich riefen, diese Männer. Ich wollte nun auch nimmer um mich sehn, Und barg in meiner Laube mich und weinte, Und hielt die Hände vor das Auge mir. Da hört' ich sanft des Vaters Stimme nah' Und lächelnd traten, da ich noch die Thränen Mir troknete, die beiden in die Laube: »Hast du dich so geängstiget, mein Kind! »Und zürnst du, sprach der Vater, daß ich erst »Vor mich den edeln Gast behalten wollt'? »Ihn hast du nun. Er mag die Zürnende »Mit mir versöhnen, wenn ich Unrecht that. So sprach er; und wir reichten alle drei Die Händ' einander, und der Vater sah Mit stiller Freud' uns an - »Ein Treflicher »Ist dein geworden, Tochter! sprach er izt, »Und dein, o Sohn! diß heiligliebend Weib. »Ein freudig Wunder, daß die alten Augen »Mir übergehen, seid ihr mir, und blüht, »Wie eine seltne Blume mir, ihr Beiden! »Denn nicht gelingt es immerhin den Menschen, »Das Ihrige zu finden. Großes Glük »Zu tragen und zu opfern giebt der Gott »Den Einen, weniger gegeben ist »Den Andern; aber hoffend leben sie. »Zwei Genien geleiten auf und ab »Uns Lebende, die Hofnung und der Dank. »Mit Einsamen und Armen wandelt jene, »Die Immerwache; dieser führt aus Wonne »Die Glüklichen des Weges freundlich weiter, »Vor bösem Schiksaal sie bewahrend. Oft, »Wenn er entfloh, erhuben sich zu sehr »Die Freudigen, und rächend traf sie bald »Das ungebetne Weh. Doch gerne theilt »Das freie Herz von seinen Freuden aus, »Der Sonne gleich, die liebend ihre Stralen »An ihrem Tag' aus goldner Fülle giebt; »Und um die Guten dämmert oft und glänzt »Ein Kreis voll Licht und Lust, so lang sie leben. »O Frühling meiner Kinder, blühe nun, »Und altre nicht zu bald, und reife schön! So sprach der gute Vater. Vieles wollt' Er wohl noch sagen, denn die Seele war Ihm aufgegangen; aber Worte fehlten ihm. Er gab ihn mir und seegnet' uns und gieng Hinweg. Ihr Himmelslüfte, die ihr oft Mich tröstend angeweht, nun athmetet Ihr heiligend um unser goldnes Glük! Wie anders wars, wie anders, da mit ihm Dem Liebenden, dem Freudigen ich izt Ich Freudige zu unsrer Mutter auf, Zur schönen Sonne sah! nun dämmert' es Im Auge nicht, wie sonst im sehnenden, Nun grüßt' ich helle dich, du stolzes Licht! Und lächelnd weiltest du, und kamst und schmüktest Den Lieben mir, und kränztest ihm mit Rosen Die Schläfe, Freundliches! Und meine Bäume, Sie streuten auch ein hold Geschenk herab, Zu meinem Fest, vom überfluß der Blüthen! Da gieng ich sonst; ach! zu den Pflanzen flüchtet' Ich oft mein Herz, bei ihnen weilt' ich oft Und hieng an ihnen; dennoch ruht' ich nie, Und meine Seele war nicht gegenwärtig. Wie eine Quelle, wenn die jugendliche Dem heimathlichen Berge nun entwich, Die Pfade bebend sucht, und flieht und zögert, Und durch die Wiesen irrt und bleiben möcht', Und sehnend, hoffend immer doch enteilt: So war ich; aber liebend hat der stolze, Der schöne Strom die flüchtige genommen, Und ruhig wall' ich nun, wohin der sichre Mich bringen will, hinab am heitern Ufer.
Hör' ich ferne nur her, wenn ich für mich geklagt, Saitenspiel und Gesang, schweigt mir das Herz doch gleich; Bald auch bin ich verwandelt, Blinkst du, purpurner Wein! mich an Unter Schatten des Walds, wo die gewaltige Mittagssonne mir sanft über dem Laube glänzt; Ruhig siz' ich daselbst, wenn Zürnend schwerer Belaidigung Ich im Felde geirrt - Zürnen zu gerne doch Deine Dichter, Natur! trauern und weinen leicht, Die Beglükten; wie Kinder, Die zu zärtlich die Mutter hält, Sind sie mürrisch und voll herrischen Eigensinns; Wandeln still sie des Wegs, irret Geringes doch Bald sie wieder; sie reißen Aus dem Gleise sich sträubend dir. Doch du rührest sie kaum, Liebende! freundlich an, Sind sie friedlich und fromm; fröhlich gehorchen sie; Du lenkst, Meisterinn! sie mit Weichem Zügel, wohin du willst.
Du kömmst, o Schlacht! schon woogen die Jünglinge Hinab von ihren Hügeln, hinab in's Thal, Wo kek herauf die Würger dringen, Sicher der Kunst und des Arms, doch sichrer Kömmt über sie die Seele der Jünglinge, Denn die Gerechten schlagen, wie Zauberer, Und ihre Vaterlandsgesänge Lähmen die Kniee den Ehrelosen. O nimmt mich, nimmt mich mit in die Reihen auf, Damit ich einst nicht sterbe gemeinen Tods! Umsonst zu sterben, lieb' ich nicht, doch Lieb' ich, zu fallen am Opferhügel Für's Vaterland, zu bluten des Herzens Blut Für's Vaterland - und bald ist's gescheh'n! Zu euch Ihr Theuern! komm' ich, die mich leben Lehrten und sterben, zu euch hinunter! Wie oft im Lichte dürstet' ich euch zu seh'n, Ihr Helden und ihr Dichter aus alter Zeit! Nun grüßt ihr freundlich den geringen Fremdling und brüderlich ist's hier unten; Und Siegesboten kommen herab: Die Schlacht Ist unser! Lebe droben, o Vaterland, Und zähle nicht die Todten! Dir ist, Liebes! nicht Einer zu viel gefallen.
Zu lang schon waltest über dem Haupte mir Du in der dunkeln Wolke, du Gott der Zeit! Zu wild, zu bang ist's ringsum, und es Trümmert und wankt ja, wohin ich blike. Ach! wie ein Knabe, seh' ich zu Boden oft, Such' in der Höhle Rettung von dir, und möcht' Ich Blöder, eine Stelle finden, Alleserschütt'rer! wo du nicht wärest. Lass' endlich, Vater! offenen Aug's mich dir Begegnen! hast denn du nicht zuerst den Geist Mit deinem Stral aus mir gewekt? mich Herrlich an's Leben gebracht, o Vater! - Wohl keimt aus jungen Reben uns heil'ge Kraft; In milder Luft begegnet den Sterblichen, Und wenn sie still im Haine wandeln, Heiternd ein Gott; doch allmächt'ger wekst du Die reine Seele Jünglingen auf, und lehrst Die Alten weise Künste; der Schlimme nur Wird schlimmer, daß er bälder ende, Wenn du, Erschütterer! ihn ergreiffest.
Vor seiner Hütte ruhig im Schatten sizt Der Pflüger, dem Genügsamen raucht sein Heerd. Gastfreundlich tönt dem Wanderer im Friedlichen Dorfe die Abendgloke. Wohl kehren izt die Schiffer zum Hafen auch, In fernen Städten, fröhlich verrauscht des Markts Geschäfft'ger Lärm; in stiller Laube Glänzt das gesellige Mahl den Freunden. Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen Von Lohn und Arbeit; wechselnd in Müh' und Ruh' Ist alles freudig; warum schläft denn Nimmer nur mir in der Brust der Stachel? Am Abendhimmel blühet ein Frühling auf; Unzählig blühn die Rosen und ruhig scheint Die goldne Welt; o dorthin nimmt mich Purpurne Wolken! und möge droben In Licht und Luft zerrinnen mir Lieb' und Laid! - Doch, wie verscheucht von thöriger Bitte, flieht Der Zauber; dunkel wirds und einsam Unter dem Himmel, wie immer, bin ich - Komm du nun, sanfter Schlummer! zu viel begehrt Das Herz; doch endlich, Jugend! verglühst du ja, Du ruhelose, träumerische! Friedlich und heiter ist dann das Alter.
Vom Thaue glänzt der Rasen; beweglicher Eilt schon die wache Quelle; die Buche neigt Ihr schwankes Haupt und im Geblätter Rauscht es und schimmert; und um die grauen Gewölke streifen röthliche Flammen dort, Verkündende, sie wallen geräuschlos auf; Wie Fluthen am Gestade, woogen Höher und höher die Wandelbaren. Komm nun, o komm, und eile mir nicht zu schnell, Du goldner Tag, zum Gipfel des Himmels fort! Denn offner fliegt, vertrauter dir mein Auge, du Freudiger! zu, so lang du In deiner Schöne jugendlich blikst und noch Zu herrlich nicht, zu stolz mir geworden bist; Du möchtest immer eilen, könnt ich, Göttlicher Wandrer, mit dir! - doch lächelst Des frohen Übermüthigen du, daß er Dir gleichen möchte; seegne mir lieber dann Mein sterblich Thun und heitre wieder Gütiger! heute den stillen Pfad mir.
Wohl manches Land der lebenden Erde möcht' Ich sehn, und öfters über die Berg' enteilt Das Herz mir, und die Wünsche wandern Über das Meer, zu den Ufern, die mir Vor andern, so ich kenne, gepriesen sind; Doch lieb ist in der Ferne nicht Eines mir, Wie jenes, wo die Göttersöhne Schlafen, das trauernde Land der Griechen. Ach! einmal dort an Suniums Küste möcht' Ich landen, deine Säulen, Olympion! Erfragen, dort, noch eh der Nordsturm Hin in den Schutt der Athenertempel Und ihrer Götterbilder auch dich begräbt; Denn lang schon einsam stehst du, o Stolz der Welt, Die nicht mehr ist! - und o ihr schönen Inseln Ioniens, wo die Lüfte Vom Meere kühl an warme Gestade wehn, Wenn unter kräft'ger Sonne die Traube reift, Ach! wo ein goldner Herbst dem armen Volk in Gesänge die Seufzer wandelt, Wenn die Betrübten izt ihr Limonenwald Und ihr Granatbaum, purpurner Äpfel voll Und süßer Wein und Pauk' und Zithar Zum labyrintischen Tanze ladet - Zu euch vieleicht, ihr Inseln! geräth noch einst Ein heimathloser Sänger; denn wandern muß Von Fremden er zu Fremden, und die Erde, die freie, sie muß ja leider! Statt Vaterlands ihm dienen, so lang er lebt, Und wenn er stirbt - doch nimmer vergeß ich dich, So fern ich wandre, schöner Main! und Deine Gestade, die vielbeglükten. Gastfreundlich nahmst du Stolzer! bei dir mich auf Und heitertest das Auge dem Fremdlinge, Und still hingleitende Gesänge Lehrtest du mich und geräuschlos Leben. O ruhig mit den Sternen, du Glüklicher! Wallst du von deinem Morgen zum Abend fort, Dem Bruder zu, dem Rhein; und dann mit Ihm in den Ocean freudig nieder!
Viele versuchten umsonst das Freudigste freudig zu sagen Hier spricht endlich es mir, hier in der Trauer sich aus.
Fürchtet den Dichter nicht, wenn er edel zürnet, sein Buchstab Tödtet, aber es macht Geister lebendig der Geist.
Immer spielt ihr und scherzt? ihr müßt! o Freunde! mir geht diß In die Seele, denn diß müssen Verzweifelte nur.
Einig zu seyn, ist göttlich und gut; woher ist die Sucht denn Unter den Menschen, daß nur Einer und Eines nur sei?
In seiner Fülle ruhet der Herbsttag nun, Geläutert ist die Traub und der Hain ist roth Vom Obst, wenn schon der holden Blüthen Manche der Erde zum Danke fielen. Und rings im Felde, wo ich den Pfad hinaus Den stillen wandle, ist den Zufriedenen Ihr Gut gereift und viel der frohen Mühe gewähret der Reichtum ihnen. Vom Himmel bliket zu den Geschäfftigen Durch ihre Bäume milde das Licht herab, Die Freude theilend, denn es wuchs durch Hände der Menschen allein die Frucht nicht. Und leuchtest du, o Goldnes, auch mir, und wehst Auch du mir wieder, Lüftchen, als seegnetest Du eine Freude mir, wie einst, und Irrst, wie um Glükliche, mir am Busen? Einst war ichs, doch wie Rosen, vergänglich war Das fromme Leben, ach! und es mahnen noch, Die blühend mir geblieben sind, die Holden Gestirne zu oft mich dessen. Beglükt, wer, ruhig liebend ein frommes Weib, Am eignen Heerd in rühmlicher Heimath lebt, Es leuchtet über vestem Boden Schöner dem sicheren Mann sein Himmel. Denn, wie die Pflanze, wurzelt auf eignem Grund Sie nicht, verglüht die Seele des Sterblichen, Der mit dem Tageslichte nur, ein Armer, auf heiliger Erde wandelt. Zu mächtig ach! ihr himmlischen Höhen zieht Ihr mich empor, bei Stürmen, am heitern Tag Fühl ich verzehrend euch im Busen Wechseln, ihr wandelnden Götterkräfte. Doch heute laß mich stille den trauten Pfad Zum Haine gehn, dem golden die Wipfel schmükt Sein sterbend Laub, und kränzt auch mir die Stirne, ihr holden Erinnerungen! Und daß mir auch zu retten mein sterblich Herz, Wie andern eine bleibende Stätte sei, Und heimathlos die Seele mir nicht Über das Leben hinweg sich sehne, Sei du, Gesang, mein freundlich Asyl! sei du Beglükender! mit sorgender Liebe mir Gepflegt, der Garten, wo ich, wandelnd Unter den Blüthen, den immerjungen, In sichrer Einfalt wohne, wenn draußen mir Mit ihren Wellen allen die mächtge Zeit Die Wandelbare fern rauscht und die Stillere Sonne mein Wirken fördert. Ihr seegnet gütig über den Sterblichen Ihr Himmelskräfte! jedem sein Eigentum, O seegnet meines auch und daß zu Frühe die Parze den Traum nicht ende.
Was dämmert um mich, Erde! dein freundlich Grün? Was wehst du wieder, Lüftchen, wie einst, mich an? In allen Wipfeln rauschts, Was wekt ihr mir die Seele? was regt ihr mir Vergangnes auf, ihr Guten! o schonet mein Und laßt sie ruhn, die Asche meiner Freuden, ihr spottetet nur! o wandelt, Ihr schiksaallosen Götter, vorbei und blüht In eurer Jugend über den Alternden Und wollt ihr zu den Sterblichen euch Gerne gesellen, so blühn der Jungfraun Euch viel, der jungen Helden, und schöner spielt Der Morgen um die Wange der Glüklichen Denn um ein trübes Aug' und lieblich Tönen die Sänge der Mühelosen. Ach! vormals rauschte leicht des Gesanges Quell Auch mir vom Busen, da noch die Freude mir Die himmlische vom Auge glänzte Versöhnung o Versöhnung, ihr gütigen Ihr immergleichen Götter und haltet ein Weil ihr die reinen Quellen liebt
Aus stillem Hauße senden die Götter oft Auf kurze Zeit zu Fremden die Lieblinge Damit, erinnert, sich am edlen Bilde der Sterblichen Herz erfreue. So kommst du aus Luisiums Hainen auch Aus heiliger Schwelle dort, wo geräuschlos rings Die Lüfte sind und friedlich um dein Dach die geselligen Bäume spielen, Aus deines Tempels Freuden, o Priesterin! Zu uns, wenn schon die Wolke das Haupt uns beugt Und längst ein göttlich Ungewitter Über dem Haupt uns wandelt. O theuer warst du, Priesterin! da du dort Im Stillen göttlich Feuer behütetest, Doch theurer heute, da du Zeiten Unter den Zeitlichen seegnend feierst. Denn wo die Reinen wandeln, vernehmlicher Ist da der Geist, und offen und heiter blühn Des Lebens dämmernde Gestalten Da, wo ein sicheres Licht erscheinet. Und wie auf dunkler Wolke der schweigende Der schöne Bogen blühet, ein Zeichen ist Er künftger Zeit, ein Angedenken Seeliger Tage, die einst gewesen, So ist dein Leben, heilige Fremdlingin! Wenn du Vergangnes über Italiens Zerbrochnen Säulen, wenn du neues Grünen aus stürmischer Zeit betrachtest.
Den 28ten Nov. 1799 Noch freundlichzögernd scheidet vom Auge dir Das Jahr, und in hesperischer Milde glänzt Der Winterhimmel über deinen Gärten, den dichtrischen, immergrünen. Und da ich deines Festes gedacht' und sann, Was ich dir dankend reichte, da weilten noch Am Pfade Blumen, daß sie dir zur Blühenden Krone, du Edle, würden. Doch Andres beut dir, Größeres, hoher Geist! Die festlichere Zeit, denn es hallt hinab Am Berge das Gewitter, sieh! und Klar, wie die ruhigen Sterne, gehen Aus langem Zweifel reine Gestalten auf; So dünkt es mir; und einsam, o Fürstin! ist Das Herz der Freigebornen wohl nicht Länger im eigenen Glük; denn würdig Gesellt im Lorbeer ihm der Heroë sich, Der schöngereifte, ächte; die Weisen auch, Die Unsern sind es werth; sie bliken Still aus der Höhe des Lebens, die ernsten Alten. Geringe dünkt der träumende Sänger sich, Und Kindern gleich am müßigen Saitenspiel, Wenn ihn der Edlen Glük, wenn ihn die That und der Ernst der Gewalt'gen aufwekt. Doch herrlicht mir dein Nahme das Lied; dein Fest Augusta! durft' ich feiern; Beruf ist mirs, Zu rühmen Höhers, darum gab die Sprache der Gott und den Dank ins Herz mir. O daß von diesem freudigen Tage mir Auch meine Zeit beginne, daß endlich auch Mir ein Gesang in deinen Hainen, Edle! gedeihe, der deiner werth sei.
Wohl geh' ich täglich andere Pfade, bald Ins grüne Laub im Walde, zur Quelle bald, Zum Felsen, wo die Rosen blühen, Blike vom Hügel ins Land, doch nirgend Du Holde, nirgend find ich im Lichte dich Und in die Lüfte schwinden die Worte mir Die frommen, die bei dir ich ehmals Ja, ferne bist du, seeliges Angesicht! Und deines Lebens Wohllaut verhallt von mir Nicht mehr belauscht, und ach! wo seid ihr Zaubergesänge, die einst das Herz mir Besänftiget mit Ruhe der Himmlischen? Wie lang ist's! o wie lange! der Jüngling ist Gealtert, selbst die Erde, die mir Damals gelächelt, ist anders worden. Leb immer wohl! es scheidet und kehrt zu dir Die Seele jeden Tag, und es weint um dich Das Auge, daß es helle wieder Dort wo du säumest, hinüberblike.
Geh unter, schöne Sonne, sie achteten Nur wenig dein, sie kannten dich, Heilge, nicht, Denn mühelos und stille bist du Über den mühsamen aufgegangen. Mir gehst du freundlich unter und auf, o Licht! Und wohl erkennt mein Auge dich, herrliches! Denn göttlich stille ehren lernt' ich Da Diotima den Sinn mir heilte. O du des Himmels Botin! wie lauscht ich dir! Dir, Diotima! Liebe! wie sah von dir Zum goldnen Tage dieses Auge Glänzend und dankend empor. Da rauschten Lebendiger die Quellen, es athmeten Der dunkeln Erde Blüthen mich liebend an, Und lächelnd über Silberwolken Neigte sich seegnend herab der Aether.
Ich bitte dieses Blatt nur gutmüthig zu lesen. So wird es sicher nicht unfaßlich, noch weniger anstößig seyn. Sollten aber dennoch einige eine solche Sprache zu wenig konventionell finden, so muß ich ihnen gestehen: ich kann nicht anders. An einem schönen Tage läßt sich ja fast jede Sangart hören, und die Natur, wovon es her ist, nimmts auch wieder. Der Verfasser gedenkt dem Publikum eine ganze Sammlung von dergleichen Blättern vorzulegen, und dieses soll irgend eine Probe seyn davon. Der himmlischen, still wiederklingenden, Der ruhigwandelnden Töne voll, Und gelüftet ist der altgebaute, Seeliggewohnte Saal; um grüne Teppiche duftet Die Freudenwolk' und weithinglänzend stehn, Gereiftester Früchte voll und goldbekränzter Kelche, Wohlangeordnet, eine prächtige Reihe, Zur Seite da und dort aufsteigend über dem Geebneten Boden die Tische. Denn ferne kommend haben Hieher, zur Abendstunde, Sich liebende Gäste beschieden. Und dämmernden Auges denk' ich schon, Vom ernsten Tagwerk lächelnd, Ihn selbst zu sehn, den Fürsten des Fests. Doch wenn du schon dein Ausland gern verläugnest, Und als vom langen Heldenzuge müd, Dein Auge senkst, vergessen, leichtbeschattet, Und Freundesgestalt annimmst, du Allbekannter, doch Beugt fast die Knie das Hohe. Nichts vor dir, Nur Eines weiß ich, Sterbliches bist du nicht. Ein Weiser mag mir manches erhellen; wo aber Ein Gott noch auch erscheint, Da ist doch andere Klarheit. Von heute aber nicht, nicht unverkündet ist er; Und einer, der nicht Fluth noch Flamme gescheuet, Erstaunet, da es stille worden, umsonst nicht, jezt, Da Herrschaft nirgend ist zu sehn bei Geistern und Menschen. Das ist, sie hören das Werk, Längst vorbereitend, von Morgen nach Abend, jezt erst, Denn unermeßlich braußt, in der Tiefe verhallend, Des Donnerers Echo, das tausendjährige Wetter, Zu schlafen, übertönt von Friedenslauten, hinunter. Ihr aber, theuergewordne, o ihr Tage der Unschuld, Ihr bringt auch heute das Fest, ihr Lieben! und es blüht Rings abendlich der Geist in dieser Stille; Und rathen muß ich, und wäre silbergrau Die Loke, o ihr Freunde! Für Kränze zu sorgen und Mahl, jezt ewigen Jünglingen ähnlich. Und manchen möcht' ich laden, aber o du, Der freundlichernst den Menschen zugethan, Dort unter syrischer Palme, Wo nahe lag die Stadt, am Brunnen gerne war; Das Kornfeld rauschte rings, still athmete die Kühlung Vom Schatten des geweiheten Gebirges, Und die lieben Freunde, das treue Gewölk, Umschatteten dich auch, damit der heiligkühne Durch Wildniß mild dein Stral zu Menschen kam, o Jüngling! Ach! aber dunkler umschattete, mitten im Wort, dich Furchtbarentscheidend ein tödtlich Verhängniß. So ist schnell Vergänglich alles Himmlische; aber umsonst nicht; Denn schonend rührt des Maases allzeit kundig Nur einen Augenblik die Wohnungen der Menschen Ein Gott an, unversehn, und keiner weiß es, wenn? Auch darf alsdann das Freche drüber gehn, Und kommen muß zum heilgen Ort das Wilde Von Enden fern, übt rauhbetastend den Wahn, Und trift daran ein Schiksaal, aber Dank, Nie folgt der gleich hernach dem gottgegebnen Geschenke; Tiefprüfend ist es zu fassen. Auch wär' uns, sparte der Gebende nicht Schon längst vom Seegen des Heerds Uns Gipfel und Boden entzündet. Des Göttlichen aber empfiengen wir Doch viel. Es ward die Flamm' uns In die Hände gegeben, und Ufer und Meersfluth. Viel mehr, denn menschlicher Weise Sind jene mit uns, die fremden Kräfte, vertrauet. Und es lehret Gestirn dich, das Vor Augen dir ist, doch nimmer kannst du ihm gleichen. Vom Alllebendigen aber, von dem Viel Freuden sind und Gesänge, Ist einer ein Sohn, ein Ruhigmächtiger ist er, Und nun erkennen wir ihn, Nun, da wir kennen den Vater Und Feiertage zu halten Der hohe, der Geist Der Welt sich zu Menschen geneigt hat. Denn längst war der zum Herrn der Zeit zu groß Und weit aus reichte sein Feld, wann hats ihn aber erschöpfet? Einmal mag aber ein Gott auch Tagewerk erwählen, Gleich Sterblichen und theilen alles Schiksaal. Schiksaalgesez ist diß, daß Alle sich erfahren, Daß, wenn die Stille kehrt, auch eine Sprache sei. Wo aber wirkt der Geist, sind wir auch mit, und streiten, Was wohl das Beste sei. So dünkt mir jezt das Beste, Wenn nun vollendet sein Bild und fertig ist der Meister, Und selbst verklärt davon aus seiner Werkstatt tritt, Der stille Gott der Zeit und nur der Liebe Gesez, Das schönausgleichende gilt von hier an bis zum Himmel. Viel hat von Morgen an, Seit ein Gespräch wir sind und hören voneinander, Erfahren der Mensch; bald sind wir aber Gesang. Und das Zeitbild, das der große Geist entfaltet, Ein Zeichen liegts vor uns, daß zwischen ihm und andern Ein Bündniß zwischen ihm und andern Mächten ist. Nicht er allein, die Unerzeugten, Ew'gen Sind kennbar alle daran, gleichwie auch an den Pflanzen Die Mutter Erde sich und Licht und Luft sich kennet. Zulezt ist aber doch, ihr heiligen Mächte, für euch Das Liebeszeichen, das Zeugniß Daß ihrs noch seiet, der Festtag, Der Allversammelnde, wo Himmlische nicht Im Wunder offenbar, noch ungesehn im Wetter, Wo aber bei Gesang gastfreundlich untereinander In Chören gegenwärtig, eine heilige Zahl Die Seeligen in jeglicher Weise Beisammen sind, und ihr Geliebtestes auch, An dem sie hängen, nicht fehlt; denn darum rief ich Zum Gastmahl, das bereitet ist, Dich, Unvergeßlicher, dich, zum Abend der Zeit, O Jüngling, dich zum Fürsten des Festes; und eher legt Sich schlafen unser Geschlecht nicht, Bis ihr Verheißenen all, All ihr Unsterblichen, uns Von eurem Himmel zu sagen. Da seid in unserem Hauße. Leichtathmende Lüfte Verkünden euch schon, Euch kündet das rauchende Thal Und der Boden, der vom Wetter noch dröhnet, Doch Hoffnung röthet die Wangen, Und vor der Thüre des Haußes Sizt Mutter und Kind, Und schauet den Frieden Und wenige scheinen zu sterben Es hält ein Ahnen die Seele, Vom goldnen Lichte gesendet, Hält ein Versprechen die Ältesten auf. Wohl sind die Würze des Lebens, Von oben bereitet und auch Hinausgeführet, die Mühen. Denn Alles gefällt jezt, Einfältiges aber Am meisten, denn die langgesuchte, Die goldne Frucht, Uraltem Stamm In schütternden Stürmen entfallen, Dann aber, als liebstes Gut, vom heiligen Schiksaal selbst, Mit zärtlichen Waffen umschüzt, Die Gestalt der Himmlischen ist es. Wie die Löwin, hast du geklagt, O Mutter, da du sie, Natur, die Kinder verloren. Denn es stahl sie, Allzuliebende, dir Dein Feind, da du ihn fast Wie die eigenen Söhne genommen, Und Satyren die Götter gesellt hast. So hast du manches gebaut, Und manches begraben, Denn es haßt dich, was Du, vor der Zeit Allkräftige, zum Lichte gezogen. Nun kennest, nun lässest du diß; Denn gerne fühllos ruht, Bis daß es reift, furchtsamgeschäfftiges drunten.
Freundschaft, Liebe, Kirch und Heilige, Kreuze, Bilder, Altar und Kanzel und Musik. Es tönet ihm die Predigt. Die Kinderlehre scheint nach Tisch ein schlummernd müßig Gespräch für Mann und Kind und Jungfraun, fromme Frauen; Hernach geht er, der Herr, der Burgersmann und Künstler Auf Feldern froh umher und heimatlichen Auen, Die Jugend geht betrachtend auch.
Wenn aus der Ferne, da wir geschieden sind, Ich dir noch kennbar bin, die Vergangenheit O du Theilhaber meiner Leiden! Einiges Gute bezeichnen dir kann, So sage, wie erwartet die Freundin dich? In jenen Gärten, da nach entsezlicher Und dunkler Zeit wir uns gefunden? Hier an den Strömen der heiligen Urwelt. Das muß ich sagen, einiges Gutes war In deinen Bliken, als in den Fernen du Dich einmal fröhlich umgesehen Immer verschlossener Mensch, mit finstrem Aussehn. Wie flossen Stunden dahin, wie still War meine Seele über der Wahrheit, daß Ich so getrennt gewesen wäre? Ja! ich gestand es, ich war die deine. Wahrhafftig! wie du alles Bekannte mir In mein Gedächtniß bringen und schreiben willst, Mit Briefen, so ergeht es mir auch Daß ich Vergangenes alles sage. Wars Frühling? war es Sommer? die Nachtigall Mit süßem Liede lebte mit Vögeln, die Nicht ferne waren im Gebüsche Und mit Gerüchen umgaben Bäum' uns. Die klaren Gänge, niedres Gesträuch und Sand Auf dem wir traten, machten erfreulicher Und lieblicher die Hyacinthe Oder die Tulpe, Viole, Nelke. Um Wänd und Mauern grünte der Epheu, grünt' Ein seelig Dunkel hoher Alleeen. Offt Des Abends, Morgens waren dort wir Redeten manches und sahn uns froh an. In meinen Armen lebte der Jüngling auf, Der, noch verlassen, aus den Gefilden kam, Die er mir wies, mit einer Schwermuth, Aber die Nahmen der seltnen Orte Und alles Schöne hatt' er behalten, das An seeligen Gestaden, auch mir sehr werth Im heimatlichen Lande blühet Oder verborgen, aus hoher Aussicht, Allwo das Meer auch einer beschauen kann, Doch keiner seyn will. Nehme vorlieb, und denk An die, die noch vergnügt ist, darum, Weil der entzükende Tag uns anschien, Der mit Geständniß oder der Hände Druck Anhub, der uns vereinet. Ach! wehe mir! Es waren schöne Tage. Aber Traurige Dämmerung folgte nachher. Du seiest so allein in der schönen Welt, Behauptest du mir immer, Geliebter! das Weist aber du nicht,
Die Schönheit ist den Kindern eigen, Ist Gottes Ebenbild vieleicht, - Ihr Eigentum ist Ruh und Schweigen, Das Engeln auch zum Lob gereicht.
Es knüpft an Gott der Wohllaut, der geleitet Ein sehr berühmtes Ohr, denn wunderbar Ist ein berühmtes Leben groß und klar, Es geht der Mensch zu Fuße oder reitet. Der Erde Freuden, Freundlichkeit und Güter, Der Garten, Baum, der Weinberg mit dem Hüter, Sie scheinen mir ein Wiederglanz des Himmels, Gewähret von dem Geist den Söhnen des Gewimmels. - Wenn Einer ist mit Gütern reich beglüket, Wenn Obst den Garten ihm, und Gold ausschmüket Die Wohnung und das Haus, was mag er haben Noch mehr in dieser Welt, sein Herz zu laben?
Wie wird des Himmels Vater schauen Mit Freude das erwachs'ne Kind, Gehend auf blumenreichen Auen, Mit andern, welche lieb ihm sind. Indessen freue dich des Lebens, Aus einer guten Seele kommt Die Schönheit herrlichen Bestrebens, Göttlicher Grund dir mehr noch frommt.
Das Angenehme dieser Welt hab' ich genossen, Die Jugendstunden sind, wie lang! wie lang! verflossen, April und Mai und Julius sind ferne, Ich bin nichts mehr, ich lebe nicht mehr gerne!
Die Linien des Lebens sind verschieden Wie Wege sind, und wie der Berge Gränzen. Was hier wir sind, kan dort ein Gott ergänzen Mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden.
Wenn aus dem Himmel hellere Wonne sich Herabgießt, eine Freude den Menschen kommt, Daß sie sich wundern über manches Sichtbares, Höheres, Angenehmes: Wie tönet lieblich heilger Gesang dazu! Wie lacht das Herz in Liedern die Wahrheit an, Daß Freudigkeit an einem Bildniß - Über dem Stege beginnen Schaafe Den Zug, der fast in dämmernde Wälder geht. Die Wiesen aber, welche mit lautrem Grün Bedekt sind, sind wie jene Haide, Welche gewöhnlicher Weise nah ist Dem dunkeln Walde. Da, auf den Wiesen auch Verweilen diese Schaafe. Die Gipfel, die Umher sind, nakte Höhen sind mit Eichen bedeket und seltnen Tannen. Da, wo des Stromes regsame Wellen sind, Daß einer, der vorüber des Weges kommt, Froh hinschaut, da erhebt der Berge Sanfte Gestalt und der Weinberg hoch sich. Zwar gehn die Treppen unter den Reben hoch Herunter, wo der Obstbaum blühend darüber steht Und Duft an wilden Heken weilet, Wo die verborgenen Veilchen sprossen; Gewässer aber rieseln herab, und sanft Ist hörbar dort ein Rauschen den ganzen Tag; Die Orte aber in der Gegend Ruhen und schweigen den Nachmittag durch.
Von einem Menschen sag ich, wenn der ist gut Und weise, was bedarf er? Ist irgend eins Das einer Seele gnüget? ist ein Halm, ist Eine gereifteste Reb' auf Erden Gewachsen, die ihn nähre? Der Sinn ist deß Also . Ein Freund ist oft die Geliebte, viel Die Kunst. O Theurer, dir sag ich die Wahrheit. Dädalus Geist und des Walds ist deiner.
Wenn auf Gefilden neues Entzüken keimt Und sich die Ansicht wieder verschönt und sich An Bergen, wo die Bäume grünen, Hellere Lüfte, Gewölke zeigen, O! welche Freude haben die Menschen! froh Gehn an Gestaden Einsame, Ruh und Lust Und Wonne der Gesundheit blühet, Freundliches Lachen ist auch nicht ferne.
Wer Gutes ehrt, er macht sich keinen Schaden, Er hält sich hoch, er lebt den Menschen nicht vergebens, Er kennt den Werth, den Nuzzen solchen Lebens, Er traut dem Bessern sich, er geht auf Seegenspfaden. Hölderlin.
Wenn ich auf die Wiese komme, Wenn ich auf dem Felde jezt, Bin ich noch der Zahme, Fromme Wie von Dornen unverlezt. Mein Gewand in Winden wehet, Wie der Geist mir lustig fragt, Worinn Inneres bestehet, Bis Auflösung diesem tagt. O vor diesem sanften Bilde, Wo die grünen Bäume stehn, Wie vor einer Schenke Schilde Kann ich kaum vorübergehn. Denn die Ruh an stillen Tagen Dünkt entschieden treflich mir, Dieses mußt du gar nicht fragen, Wenn ich soll antworten dir. Aber zu dem schönen Bache Such' ich einen Lustweg wohl, Der, als wie in dem Gemache, Schleicht durch's Ufer wild und hohl, Wo der Steg darüber gehet, Geht's den schönen Wald hinauf, Wo der Wind den Steg umwehet, Sieht das Auge fröhlich auf. Droben auf des Hügels Gipfel Siz' ich manchen Nachmittag, Wenn der Wind umsaust die Wipfel, Bei des Thurmes Glokenschlag, Und Betrachtung giebt dem Herzen Frieden, wie das Bild auch ist, Und Beruhigung den Schmerzen, Welche reimt Verstand und List. Holde Landschaft! wo die Straße Mitten durch sehr eben geht, Wo der Mond aufsteigt, der blasse, Wenn der Abendwind entsteht, Wo die Natur sehr einfältig, Wo die Berg' erhaben stehn, Geh' ich heim zulezt, haushältig, Dort nach goldnem Wein zu sehn.
Ihr Wälder schön an der Seite, Am grünen Abhang gemahlt, Wo ich umher mich leite, Durch süße Ruhe bezahlt Für jeden Stachel im Herzen, Wenn dunkel mir ist der Sinn, Den Kunst und Sinnen hat Schmerzen Gekostet von Anbeginn. Ihr lieblichen Bilder im Thale, Zum Beispiel Gärten und Raum, Und dann der Steg der schmale, Der Bach zu sehen kaum, Wie schön aus heiterer Ferne Glänzt Einem das herrliche Bild Der Landschaft, die ich gerne Besuch' in Witterung mild. Die Gottheit freundlich geleitet Uns erstlich mit Blau, Hernach mit Wolken bereitet, Gebildet wölbig und grau, Mit sengenden Blizen und Rollen Des Donners, mit Reiz des Gefilds, Mit Schönheit, die gequollen Vom Quell ursprünglichen Bilds.
Du stiller Ort, der grünt mit jungem Grase, Da liegen Mann und Frau, und Kreuze stehn, Wohin hinaus geleitet Freunde gehn, Wo Fenster sind glänzend mit hellem Glase. Wenn glänzt an dir des Himmels hohe Leuchte Des Mittags, wann der Frühling dort oft weilt, Wenn geistige Wolke dort, die graue, feuchte Wenn sanft der Tag vorbei mit Schönheit eilt! Wie still ist's nicht an jener grauen Mauer, Wo drüber her ein Baum mit Früchten hängt; Mit schwarzen thauigen, und Laub voll Trauer, Die Früchte aber sind sehr schön gedrängt. Dort in der Kirch' ist eine dunkle Stille Und der Altar ist auch in dieser Nacht geringe, Noch sind darin einige schöne Dinge, Im Sommer aber singt auf Feldern manche Grille. Wenn Einer dort Reden des Pfarrherrn hört, Indeß die Schaar der Freunde steht daneben, Die mit dem Todten sind, welch eignes Leben Und welcher Geist, und fromm seyn ungestört.
Wenn aus dem Leben kann ein Mensch sich finden, Und das begreifen, wie das Leben sich empfindet, So ist es gut; wer aus Gefahr sich windet, Ist wie ein Mensch, der kommt aus Sturm' und Winden. Doch besser ists, die Schönheit auch zu kennen, Einrichtung, die Erhabenheit des ganzen Lebens, Wenn Freude kommt aus Mühe des Bestrebens, Und wie die Güter all' in dieser Zeit sich nennen. Der Baum, der grünt, die Gipfel von Gezweigen, Die Blumen, die des Stammes Rind' umgeben, Sind aus der göttlichen Natur, sie sind ein Leben, Weil über dieses sich des Himmels Lüfte neigen. Wenn aber mich neugier'ge Menschen fragen, Was dieses sei, sich für Empfindung wagen, Was die Bestimmung sei, das Höchste, das Gewinnen, So sag' ich, das ist es, das Leben, wie das Sinnen. Wen die Natur gewöhnlich, ruhig machet, Er mahnet mich, den Menschen froh zu leben, Warum? die Klarheit ist's, vor der auch Weise beben, Die Freudigkeit ist schön, wenn alles scherzt und lachet. Der Männer Ernst, der Sieg und die Gefahren, Sie kommen aus Gebildetheit, und aus Gewahren, Es geb' ein Ziel; das Hohe von den Besten Erkennt sich an dem Seyn, und schönen Überresten. Sie selber aber sind, wie Auserwählte, Von ihnen ist das Neue, das Erzählte, Die Wirklichkeit der Thaten geht nicht unter, Wie Sterne glänzen, giebts ein Leben groß und munter. Das Leben ist aus Thaten und verwegen, Ein hohes Ziel, gehaltener's Bewegen, Der Gang und Schritt, doch Seeligkeit aus Tugend Und großer Ernst, und dennoch lautre Jugend. Die Reu, und die Vergangenheit in diesem Leben Sind ein verschiednes Seyn, die Eine glüket Zu Ruhm und Ruh', und allem, was entrüket, Zu hohen Regionen, die gegeben; Die Andre führt zu Quaal, und bittern Schmerzen Wenn Menschen untergehn, die mit dem Leben scherzen, Und das Gebild' und Antliz sich verwandelt Von Einem, der nicht gut und schön gehandelt. Die Sichtbarkeit lebendiger Gestalt, das Währen In dieser Zeit, wie Menschen sich ernähren, Ist fast ein Zwist, der lebet der Empfindung, Der andre strebt nach Mühen und Erfindung.
Nicht alle Tage nennet die schönsten der, Der sich zurüksehnt unter die Freuden wo Ihn Freunde liebten wo die Menschen Über dem Jüngling mit Gunst verweilten.
Wenn Menschen fröhlich sind, ist dieses vom Gemüthe, Und aus dem Wohlergehn, doch aus dem Felde kommet, Zu schaun der Bäume Wuchs, die angenehme Blüthe, Da Frucht der Erndte noch den Menschen wächst und frommet. Gebirg umgiebt das Feld, vom Himmel hoch entstehet Die Dämmerung und Luft, der Ebnen sanfte Wege Sind in den Feldern fern, und über Wasser gehet Der Mensch zu Örtern dort die kühn erhöhten Stege. Erinnerung ist auch dem Menschen in den Worten, Und der Zusammenhang der Menschen gilt die Tage Des Lebens durch zum Guten in den Orten, Doch zu sich selber macht der Mensch des Wissens Frage. Die Aussicht scheint Ermunterung, der Mensch erfreuet Am Nuzen sich, mit Tagen dann erneuet Sich sein Geschäft, und um das Gute waltet Die Vorsicht gut, zu Dank, der nicht veraltet.
Sie, Edler! sind der Mensch, von dem das Beste sagen Nicht fälschlich ist, da jeder Mensch es kennet, Doch die Vollkommenheit enthält verschiedne Fragen, Wenn schon der Mensch es leicht bezeuget nennet. Sie aber haben diß in recht gewohntem Leben, In der Gewogenheit, von der sich Menschen ehren, Das ist den Würdigern als wie ein Gut gegeben, Da viele sich in Noth und Gram verzehren. So unverlierbar diß, so geht es, hoch zu gelten, Aus der Gewogenheit; die Menschen leben nimmer Allein und schlechterdings von ihrem Schein und Schimmer, Der Mensch bezeuget diß und Weisheit geht in Welten.
Wie seelig ists, zu sehn, wenn Stunden wieder tagen, Wo sich vergnügt der Mensch umsieht in den Gefilden, Wenn Menschen sich um das Befinden fragen, Wenn Menschen sich zum frohen Leben bilden. Wie sich der Himmel wölbt, und außeinander dehnet, So ist die Freude dann an Ebnen und im Freien, Wenn sich das Herz nach neuem Leben sehnet, Die Vögel singen, zum Gesange schreien. Der Mensch, der offt sein Inneres gefraget, Spricht von dem Leben dann, aus dem die Rede gehet, Wenn nicht der Gram an einer Seele naget, Und froh der Mann vor seinen Gütern stehet. Wenn eine Wohnung prangt, in hoher Luft gebauet, So hat der Mensch das Feld geräumiger und Wege Sind weit hinaus, daß Einer um sich schauet, Und über einen Bach gehen wohlgebaute Stege.
Die Sagen, die der Erde sich entfernen, Vom Geiste, der gewesen ist und wiederkehret, Sie kehren zu der Menschheit sich, und vieles lernen Wir aus der Zeit, die eilends sich verzehret. Die Bilder der Vergangenheit sind nicht verlassen Von der Natur, als wie die Tag' verblassen Im hohen Sommer, kehrt der Herbst zur Erde nieder, Der Geist der Schauer findet sich am Himmel wieder. In kurzer Zeit hat vieles sich geendet, Der Landmann, der am Pfluge sich gezeiget, Er siehet, wie das Jahr sich frohem Ende neiget, In solchen Bildern ist des Menschen Tag vollendet. Der Erde Rund mit Felsen ausgezieret Ist wie die Wolke nicht, die Abends sich verlieret, Es zeiget sich mit einem goldnen Tage, Und die Vollkommenheit ist ohne Klage.
Das Erndtefeld erscheint, auf Höhen schimmert Der hellen Wolke Pracht, indeß am weiten Himmel In stiller Nacht die Zahl der Sterne flimmert, Groß ist und weit von Wolken das Gewimmel. Die Pfade gehn entfernter hin, der Menschen Leben Es zeiget sich auf Meeren unverborgen, Der Sonne Tag ist zu der Menschen Streben Ein hohes Bild, und golden glänzt der Morgen. Mit neuen Farben ist geschmükt der Gärten Breite, Der Mensch verwundert sich, daß sein Bemühn gelinget, Was er mit Tugend schafft, und was er hoch vollbringet, Es steht mit der Vergangenheit in prächtigem Geleite.
Es kommt der neue Tag aus fernen Höhn herunter, Der Morgen der erwacht ist aus den Dämmerungen, Er lacht die Menschheit an, geschmükt und munter, Von Freuden ist die Menschheit sanft durchdrungen. Ein neues Leben will der Zukunft sich enthüllen, Mit Blüthen scheint, dem Zeichen froher Tage, Das große Thal, die Erde sich zu füllen, Entfernt dagegen ist zur Frühlingszeit die Klage. Mit Unterthänigkeit d: 3ten März 1648. Scardanelli.
Der off'ne Tag ist Menschen hell mit Bildern, Wenn sich das Grün aus ebner Ferne zeiget, Noch eh' des Abends Licht zur Dämmerung sich neiget, Und Schimmer sanft den Klang des Tages mildern. Oft scheint die Innerheit der Welt umwölkt, verschlossen, Des Menschen Sinn von Zweifeln voll, verdrossen, Die prächtige Natur erheitert seine Tage Und ferne steht des Zweifels dunkle Frage. Mit Unterthänigkeit Den 24. März 1671 Scardanelli.
Die Sonne glänzt, es blühen die Gefilde, Die Tage kommen blüthenreich und milde, Der Abend blüht hinzu, und helle Tage gehen Vom Himmel abwärts, wo die Tag' entstehen. Das Jahr erscheint mit seinen Zeiten Wie eine Pracht, wo Feste sich verbreiten, Der Menschen Thätigkeit beginnt mit neuem Ziele, So sind die Zeichen in der Welt, der Wunder viele. mit Unterthänigkeit d. 24 April Scardanelli. 1839.
Der Mensch erwählt sein Leben, sein Beschließen, Von Irrtum frei kennt Weisheit er, Gedanken, Erinnrungen, die in der Welt versanken, Und nichts kann ihm der innern Werth verdrießen. Die prächtige Natur verschönet seine Tage, Der Geist in ihm gewährt ihm neues Trachten In seinem Innern offt, und das, die Wahrheit achten, Und höhern Sinn, und manche seltne Frage. Damit kann der Mensch des Lebens Sinn auch kennen, Das Höchste seinem Zwek, das Herrlichste benennen, Gemäß der Menschheit so des Lebens Welt betrachten, Und hohen Sinn als höhres Leben achten. Scardanelli
Den Menschen ist der Sinn ins Innere gegeben, Daß sie als anerkannt das Beßre wählen, Es gilt als Ziel, es ist das wahre Leben, Von dem sich geistiger des Lebens Jahre zählen. Scardanelli.
Des Geistes Werden ist den Menschen nicht verborgen, Und wie das Leben ist, das Menschen sich gefunden, Es ist des Lebens Tag, es ist des Lebens Morgen, Wie Reichtum sind des Geistes hohe Stunden. Wie die Natur sich dazu herrlich findet, Ist, daß der Mensch nach solcher Freude schauet, Wie er dem Tage sich, dem Leben sich vertrauet, Wie er mit sich den Bund des Geistes bindet.
Der Mensch vergißt die Sorgen aus dem Geiste, Der Frühling aber blüh't, und prächtig ist das Meiste, Das grüne Feld ist herrlich ausgebreitet Da glänzend schön der Bach hinuntergeleitet. Die Berge stehn bedeket mit den Bäumen, Und herrlich ist die Luft in offnen Räumen, Das weite Thal ist in der Welt gedehnet Und Thurm und Haus an Hügeln angelehnet. Mit Unterthänigkeit Scardanelli
Wenn dann vorbei des Frühlings Blüthe schwindet, So ist der Sommer da, der um das Jahr sich windet. Und wie der Bach das Thal hinuntergleitet, So ist der Berge Pracht darum verbreitet. Daß sich das Feld mit Pracht am meisten zeiget, Ist, wie der Tag, der sich zum Abend neiget; Wie so das Jahr verweilt, so sind des Sommers Stunden Und Bilder der Natur dem Menschen oft verschwunden. d. 24 Mai 1778. Scardanelli.
Wenn blaicher Schnee verschönert die Gefilde, Und hoher Glanz auf weiter Ebne blinkt, So reizt der Sommer fern, und milde Naht sich der Frühling oft, indeß die Stunde sinkt. Die prächtige Erscheinung ist, die Luft ist feiner, Der Wald ist hell, es geht der Menschen keiner Auf Straßen, die zu sehr entlegen sind, die Stille machet Erhabenheit, wie dennoch alles lacht. Der Frühling scheint nicht mit der Blüthen Schimmer Dem Menschen so gefallend, aber Sterne Sind an dem Himmel hell, man siehet gerne Den Himmel fern, der ändert fast sich nimmer. Die Ströme sind, wie Ebnen, die Gebilde Sind, auch zerstreut, erscheinender, die Milde Des Lebens dauert fort, der Städte Breite Erscheint besonders gut auf ungemeßner Weite.
Wenn sich das Laub auf Ebnen weit verloren, So fällt das Weiß herunter auf die Thale, Doch glänzend ist der Tag vom hohen Sonnenstrale, Es glänzt das Fest den Städten aus den Thoren. Es ist die Ruhe der Natur, des Feldes Schweigen Ist wie des Menschen Geistigkeit, und höher zeigen Die Unterschiede sich, daß sich zu hohem Bilde Sich zeiget die Natur, statt mit des Frühlings Milde. d. 25 Dezember 1841. Dero unterthänigster Scardanelli.
Das Feld ist kahl, auf ferner Höhe glänzet Der blaue Himmel nur, und wie die Pfade gehen Erscheinet die Natur, als Einerlei, das Wehen Ist frisch, und die Natur von Helle nur umkränzet. Der Erde Stund ist sichtbar von dem Himmel Den ganzen Tag, in heller Nacht umgeben Wenn hoch erscheint von Sternen das Gewimmel, Und geistiger das weit gedehnte Leben.
Noch ist die Zeit des Jahrs zu sehn, und die Gefilde Des Sommers stehn in ihrem Glanz, in ihrer Milde; Des Feldes Grün ist prächtig ausgebreitet, Allwo der Bach hinab mit Wellen gleitet. So zieht der Tag hinaus durch Berg und Thale, Mit seiner Unaufhaltsamkeit und seinem Strale, Und Wolken ziehn in Ruh', in hohen Räumen, Es scheint das Jahr mit Herrlichkeit zu säumen. Mit Unterthänigkeit d. 9ten Merz Scardanelli 1940. [sic.]
Wenn neu das Licht der Erde sich gezeiget, Von Frühlingsreegen glänzt das grüne Thal und munter Der Blüthen Weiß am hellen Strom hinunter, Nachdem ein heitrer Tag zu Menschen sich geneiget. Die Sichtbarkeit gewinnt von hellen Unterschieden, Der Frühlingshimmel weilt mit seinem Frieden, Daß ungestört der Mensch des Jahres Reiz betrachtet, Und auf Vollkommenheit des Lebens achtet. Mit Unterthänigkeit d. 15 Merz Scardanelli. 1842
Das Glänzen der Natur ist höheres Erscheinen, Wo sich der Tag mit vielen Freuden endet, Es ist das Jahr, das sich mit Pracht vollendet, Wo Früchte sich mit frohem Glanz vereinen. Das Erdenrund ist so geschmükt, und selten lärmet Der Schall durchs offne Feld, die Sonne wärmet Den Tag des Hebstes mild, die Felder stehen Als eine Aussicht weit, die Lüffte wehen Die Zweig' und Äste durch mit frohem Rauschen Wenn schon mit Leere sich die Felder dann vertauschen, Der ganze Sinn des hellen Bildes lebt Als wie ein Bild, das goldne Pracht umschwebet. d. 15ten Nov. 1759.
Im Thale rinnt der Bach, die Berg' an hoher Seite, Sie grünen weit umher an dieses Thales Breite, Und Bäume mit dem Laub stehn gebreitet, Daß fast verborgen dort der Bach hinunter gleitet. So glänzt darob des schönen Sommers Sonne, Daß fast zu eilen scheint des hellen Tages Wonne, Der Abend mit der Frische kommt zu Ende, Und trachtet, wie er das dem Menschen noch vollende. mit Unterthänigkeit d. 24 Mai Scardanelli. 1758.
Die Tage gehn vorbei mit sanffter Lüffte Rauschen, Wenn mit der Wolke sie der Felder Pracht vertauschen, Des Thales Ende trifft der Berge Dämmerungen, Dort, wo des Stromes Wellen sich hinabgeschlungen. Der Wälder Schatten sieht umhergebreitet, Wo auch der Bach entfernt hinuntergleitet, Und sichtbar ist der Ferne Bild in Stunden, Wenn sich der Mensch zu diesem Sinn gefunden. d. 24 Mai Scardanelli. 1758.
Wenn aus sich lebt der Mensch und wenn sein Rest sich zeiget, So ist's, als wenn ein Tag sich Tagen unterscheidet, Daß ausgezeichnet sich der Mensch zum Reste neiget, Von der Natur getrennt und unbeneidet. Als wie allein ist er im andern weiten Leben, Wo rings der Frühling grünt, der Sommer freundlich weilet Bis daß das Jahr im Herbst hinunter eilet, Und immerdar die Wolken uns umschweben. d. 28ten Juli mit Unterthänigkeit 1842. Scardanelli.
Wenn ungesehn und nun vorüber sind die Bilder Der Jahreszeit, so kommt des Winters Dauer, Das Feld ist leer, die Ansicht scheinet milder, Und Stürme wehn umher und Reegenschauer. Als wie ein Ruhetag, so ist des Jahres Ende, Wie einer Frage Ton, daß dieser sich vollende, Alsdann erscheint des Frühlings neues Werden, So glänzet die Natur mit ihrer Pracht auf Erden. Mit Unterthänigkeit d. 24 April Scardanelli. 1849
Wenn sich das Jahr geändert, und der Schimmer Der prächtigen Natur vorüber, blühet nimmer Der Glanz der Jahreszeit, und schneller eilen Die Tage dann vorbei, die langsam auch verweilen. Der Geist des Lebens ist verschieden in den Zeiten Der lebenden Natur, verschiedne Tage breiten Das Glänzen aus, und immerneues Wesen Erscheint den Menschen recht, vorzüglich und erlesen. Mit Unterthänigkeit Scardanelli. d. 24 Januar 1676.
Wenn sich der Tag des Jahrs hinabgeneiget Und rings das Feld mit den Gebirgen schweiget, So glänzt das Blau des Himmels an den Tagen, Die wie Gestirn in heitrer Höhe ragen. Der Wechsel und die Pracht ist minder umgebreitet, Dort, wo ein Strom hinab mit Eile gleitet, Der Ruhe Geist ist aber in den Stunden Der prächtigen Natur mit Tiefigkeit verbunden. Mit Unterthänigkeit d. 24 Scardanelli. Januar 1743.
Wie Menschen sind, so ist das Leben prächtig, Die Menschen sind der Natur öfters mächtig, Das prächt'ge Land ist Menschen nicht verborgen Mit Reiz erscheint der Abend und der Morgen. Die offnen Felder sind als in der Erndte Tage Mit Geistigkeit ist weit umher die alte Sage, Und neues Leben kommt aus Menschheit wieder So sinkt das Jahr mit einer Stille nieder. Mit Unterthänigkeit Den 24t. Mai 1748 Scardanelli.
Der Tag erwacht, und prächtig ist der Himmel, Entschwunden ist von Sternen das Gewimmel, Der Mensch empfindet sich, wie er betrachtet, Der Anbeginn des Jahrs wird hoch geachtet. Erhaben sind die Berge, wo die Ströme glänzen, Die Blüthenbäume sind, als wie mit Kränzen, Das junge Jahr beginnt, als wie mit Festen, Die Menschen bilden mit Höchsten sich und Besten. mit Unterthänigkeit d. 24 Mai Scardanelli. 1748.
Die Sonne kehrt zu neuen Freuden wieder, Der Tag erscheint mit Stralen, wie die Blüthe, Die Zierde der Natur erscheint sich dem Gemüthe, Als wie entstanden sind Gesang und Lieder. Die neue Welt ist aus der Thale Grunde, Und heiter ist des Frühlings Morgenstunde, Aus Höhen glänzt der Tag, des Abends Leben Ist der Betrachtung auch des innern Sinns gegeben. d. 20 Mit Unterthänigkeit Jan. 1758. Scardanelli.
Wenn aus der Tiefe kommt der Frühling in das Leben, Es wundert sich der Mensch, und neue Worte streben Aus Geistigkeit, die Freude kehret wieder Und festlich machen sich Gesang und Lieder. Das Leben findet sich aus Harmonie der Zeiten, Daß immerdar den Sinn Natur und Geist geleiten, Und die Vollkommenheit ist Eines in dem Geiste, So findet vieles sich, und aus Natur das Meiste. Mit Unterthänigkeit d. 24 Mai Scardanelli. 1758.
Die Menschen finden sich in dieser Welt zum Leben, Wie Jahre sind, wie Zeiten höher streben, So wie der Wechsel ist, ist übrig vieles Wahre, Daß Dauer kommt in die verschied'nen Jahre; Vollkommenheit vereint sich so in diesem Leben, Daß diesem sich bequemt der Menschen edles Streben. Mit Unterthänigkeit 24. Mai 1748. Scardanelli.
Wenn Menschen sich aus innrem Werthe kennen, So können sie sich freudig Freunde nennen, Das Leben ist den Menschen so bekannter, Sie finden es im Geist interessanter. Der hohe Geist ist nicht der Freundschafft ferne, Die Menschen sind den Harmonien gerne Und der Vertrautheit hold, daß sie der Bildung leben, Auch dieses ist der Menschheit so gegeben. Mit Unterthänigkeit d. 20 Mai Scardanelli. 1758.
Wenn in die Ferne geht der Menschen wohnend Leben, Wo in die Ferne sich erglänzt die Zeit der Reben, Ist auch dabei des Sommers leer Gefilde, Der Wald erscheint mit seinem dunklen Bilde. Daß die Natur ergänzt das Bild der Zeiten, Daß die verweilt, sie schnell vorübergleiten, Ist aus Vollkommenheit, des Himmels Höhe glänzet Den Menschen dann, wie Bäume Blüth' umkränzet. Mit Unterthänigkeit d. 24 Mai Scardanelli. 1748.
O heilig Herz der Völker, o Vaterland! Allduldend, gleich der schweigenden Mutter Erd', Und allverkannt, wenn schon aus deiner Tiefe die Fremden ihr Bestes haben! Sie erndten den Gedanken, den Geist von dir, Sie pflüken gern die Traube, doch höhnen sie Dich, ungestalte Rebe! daß du Schwankend den Boden und wild umirrest. Du Land des hohen ernsteren Genius! Du Land der Liebe! bin ich der deine schon, Oft zürnt' ich weinend, daß du immer Blöde die eigene Seele läugnest. Doch magst du manches Schöne nicht bergen mir; Oft stand ich überschauend das holde Grün, Den weiten Garten hoch in deinen Lüften auf hellem Gebirg' und sah dich. An deinen Strömen gieng ich und dachte dich, Indeß die Töne schüchtern die Nachtigall Auf schwanker Weide sang, und still auf Dämmerndem Grunde die Welle weilte. Und an den Ufern sah ich die Städte blühn, Die Edlen, wo der Fleiß in der Werkstatt schweigt, Die Wissenschaft, wo deine Sonne Milde dem Künstler zum Ernste leuchtet. Kennst du Minervas Kinder? sie wählten sich Den Oelbaum früh zum Lieblinge; kennst du sie? Noch lebt, noch waltet der Athener Seele, die sinnende, still bei Menschen, Wenn Platons frommer Garten auch schon nicht mehr Am alten Strome grünt und der dürftge Mann Die Heldenasche pflügt, und scheu der Vogel der Nacht auf der Säule trauert. O heilger Wald! o Attika! traf Er doch Mit seinem furchtbarn Strale dich auch, so bald, Und eilten sie, die dich belebt, die Flammen entbunden zum Aether über? Doch, wie der Frühling, wandelt der Genius Von Land zu Land. Und wir? ist denn Einer auch Von unsern Jünglingen, der nicht ein Ahnden, ein Räthsel der Brust, verschwiege? Den deutschen Frauen danket! sie haben uns Der Götterbilder freundlichen Geist bewahrt, Und täglich sühnt der holde klare Friede das böse Gewirre wieder. Wo sind jezt Dichter, denen der Gott es gab, Wie unsern Alten, freudig und fromm zu seyn, Wo Weise, wie die unsre sind? die Kalten und Kühnen, die Unbestechbarn! Nun! sei gegrüßt in deinem Adel, mein Vaterland, Mit neuem Nahmen, reifeste Frucht der Zeit! Du lezte und du erste aller Musen, Urania, sei gegrüßt mir! Noch säumst und schweigst du, sinnest ein freudig Werk, Das von dir zeuge, sinnest ein neu Gebild, Das einzig, wie du selber, das aus Liebe geboren und gut, wie du, sei - Wo ist dein Delos, wo dein Olympia, Daß wir uns alle finden am höchsten Fest? - Doch wie erräth der Sohn, was du den Deinen, Unsterbliche, längst bereitest?
Wie wenn die alten Wasser, die in andern Zorn In schröklichern verwandelt wieder Kämen, zu reinigen, da es noth war, So gählt und wuchs und woogte von Jahr zu Jahr Rastlos und überschwemmte das bange Land Die unerhörte Schlacht, daß weit hüllt Dunkel und Blässe das Haupt der Menschen. Die Heldenkräfte flogen, wie Wellen, auf Und schwanden weg, du kürztest o Rächerin! Den Dienern oft die Arbeit schnell und Brachtest in Ruhe sie heim, die Streiter. O du die unerbittlich und unbesiegt Den Feigern und den Übergewaltgen trift, Daß bis ins lezte Glied hinab vom Schlage sein armes Geschlecht erzittert, Die du geheim den Stachel und Zügel hältst Zu hemmen und zu fördern, o Nemesis, Strafst du die Todten noch, es schliefen Unter Italiens Lorbeergärten Sonst ungestört die alten Eroberer. Und schonst du auch des müßigen Hirten nicht, Und haben endlich wohl genug den Üppigen Schlummer gebüßt die Völker? Wer hub es an? wer brachte den Fluch? von heut Ists nicht und nicht von gestern, und die zuerst Das Maas verloren, unsre Väter Wußten es nicht, und es trieb ihr Geist sie. Zu lang, zu lang schon treten die Sterblichen Sich gern aufs Haupt, und zanken um Herrschaft sich, Den Nachbar fürchtend, und es hat auf Eigenem Boden der Mann nicht Seegen. Und unstät wehn und irren, dem Chaos gleich, Dem gährenden Geschlechte die Wünsche noch Umher und wild ist und verzagt und kalt von Sorgen das Leben der Armen immer. Du aber wandelst ruhig die sichre Bahn O Mutter Erd im Lichte. Dein Frühling blüht, Melodischwechselnd gehn dir hin die Wachsenden Zeiten, du Lebensreiche! Komm du nun, du der heiligen Musen all, Und der Gestirne Liebling, verjüngender Ersehnter Friede, komm und gieb ein Bleiben im Leben, ein Herz uns wieder. Unschuldiger! sind klüger die Kinder doch Beinahe, denn wir Alten; es irrt der Zwist Den Guten nicht den Sinn, und klar und Freudig ist ihnen ihr Auge blieben. Und wie mit andern Schauenden lächelnd ernst Der Richter auf der Jünglinge Rennbahn sieht, Wo glühender die Kämpfenden die Wagen in stäubende Wolken treiben, So steht und lächelt Helios über uns Und einsam ist der Göttliche, Froh nie, Denn ewig wohnen sie, des Aethers Blühende Sterne, die Heiligfreien.
Spottet nimmer des Kinds, wenn noch das alberne Auf dem Rosse von Holz herrlich und viel sich dünkt, O ihr Guten! auch wir sind Thatenarm und gedankenvoll! Aber kommt, wie der Stral aus dem Gewölke kommt, Aus Gedanken vieleicht, geistig und reif die That? Folgt die Frucht, wie des Haines Dunklem Blatte, der stillen Schrift? Und das Schweigen im Volk, ist es die Feier schon Vor dem Feste? die Furcht, welche den Gott ansagt? O dann nimmt mich, ihr Lieben! Daß ich büße die Lästerung. Schon zu lange, zu lang irr ich, dem Laien gleich, In des bildenden Geists werdender Werkstatt hier, Nur was blühet, erkenn ich, Was er sinnet, erkenn ich nicht. Und zu ahnen ist süß, aber ein Leiden auch, Und schon Jahre genug leb' ich in sterblicher Unverständiger Liebe Zweifelnd, immer bewegt vor ihm, Der das stetige Werk immer aus liebender Seele näher mir bringt, lächelnd dem Sterblichen Wo ich zage, des Lebens Reine Tiefe zu Reife bringt. Schöpferischer, o wann, Genius unsers Volks, Wann erscheinest du ganz, Seele des Vaterlands, Daß ich tiefer mich beuge, Daß die leiseste Saite selbst Mir verstumme vor dir, daß ich beschämt Eine Blume der Nacht, himmlischer Tag, vor dir Enden möge mit Freuden, Wenn sie alle, mit denen ich Vormals trauerte, wenn unsere Städte nun Hell und offen und wach, reineren Feuers voll Und die Berge des deutschen Landes Berge der Musen sind, Wie die herrlichen einst, Pindos und Helikon, Und Parnassos, und rings unter des Vaterlands Goldnem Himmel die freie, Klare, geistige Freude glänzt. Wohl ist enge begränzt unsere Lebenszeit, Unserer Jahre Zahl sehen und zählen wir, Doch die Jahre der Völker, Sah ein sterbliches Auge sie? Wenn die Seele dir auch über die eigne Zeit Sich die sehnende schwingt, trauernd verweilest du Dann am kalten Gestade Bei den Deinen und kennst sie nie, Und die Künftigen auch, sie, die Verheißenen Wo, wo siehest du sie, daß du an Freundeshand Einmal wieder erwarmest, Einer Seele vernehmlich seist? Klanglos, ists in der Halle längst, Armer Seher! bei dir, sehnend verlischt dein Aug Und du schlummerst hinunter Ohne Namen und unbeweint.
Wie eng begränzt ist unsere Tageszeit. Du warst und sahst und stauntest, schon Abend ists, Nun schlafe, wo unendlich ferne Ziehen vorüber der Völker Jahre. Und mancher siehet über die eigne Zeit Ihm zeigt ein Gott ins Freie, doch sehnend stehst Am Ufer du, ein Ärgerniß den Deinen, ein Schatten, und liebst sie nimmer, Und jene, die du nennst, die Verheißenen, Wo sind die Neuen, daß du an Freundeshand Erwarmst, wo nahn sie, daß du einmal Einsame Rede, vernehmlich seiest? Klanglos ists, armer Mann, in der Halle dir, Und gleich den Unbegrabenen, irrest du Unstät und suchest Ruh und niemand Weiß den beschiedenen Weg zu weisen. Sei denn zufrieden! der Baum entwächst Dem heimatlichen Boden, aber es sinken ihm Die liebenden, die jugendlichen Arme, und trauernd neigt er sein Haupt. Des Lebens Überfluß, das Unendliche, Das um ihn und dämmert, er faßt es nie. Doch lebts in ihm und gegenwärtig, Wärmend und wirkend, die Frucht entquillt ihm. Du hast gelebt! auch dir, auch dir Erfreuet die ferne Sonne dein Haupt, Und die Stralen aus der schönern Zeit. Es Haben die Boten dein Herz gefunden. Vernommen hast du sie, verstanden die Sprache der Fremdlinge Gedeutet ihre Seele! Dem Sehnenden war Der Wink genug, und Winke sind Von alters her die Sprache der Götter. Und wunderbar, als hätte von Anbeginn Des Menschen Geist das Werden und Wirken all, Des Lebens Weise schon erfahren, Kennt er im ersten Zeichen Vollendetes schon, Und fliegt, der kühne Geist, wie Adler den Gewittern, weissagend seinen Kommenden Göttern voraus.
Lange lieb ich dich schon, möchte dich, mir zur Lust, Mutter nennen und dir schenken ein kunstlos Lied, Du der Vaterlandsstädte Ländlichschönste, so viel ich sah. Wie der Vogel des Walds über die Gipfel fliegt, Schwingt sich über den Strom, wo er vorbei dir glänzt Leicht und kräftig die Brüke Die von Wagen und Menschen tönt. Wie von Göttern gesandt, fesselt ein Zauber einst Auf der Brüke mich an, da ich vorüber gieng Und herein in die Berge Mir die reizende Ferne schien, Und der Jüngling, der Strom, fort in die Ebne zog Traurigfroh, wie das Herz, wenn es, sich selbst zu schön Liebend unterzugehen In die Fluthen der Zeit sich wirft. Quellen hattest du ihm, hattest dem Flüchtigen Kühle Schatten geschenkt, und die Gestade sahn All' ihm nach, und es bebte Aus den Wellen ihr lieblich Bild. Aber schwer in das Thal hieng die gigantische Schiksaalskundige Burg nieder bis auf den Grund, Von den Wettern zerrissen; Doch die ewige Sonne goß Ihr verjüngendes Licht über das alternde Riesenbild, und umher grünte lebendiger Epheu; freundliche Wälder Rauschten über die Burg herab. Sträuche blühten herab, bis wo im heitern Thal, An den Hügel gelehnt, oder dem Ufer hold, Deine fröhlichen Gassen Unter duftenden Gärten ruhn.
Du stiller Aether! immer bewahrst du schön Die Seele mir im Schmerz, und es adelt sich Zur Tapferkeit vor deinen Stralen, Helios! oft die empörte Brust mir. Ihr guten Götter! arm ist, wer euch nicht kennt, Im rohen Busen ruhet der Zwist ihm nie, Und Nacht ist ihm die Welt und keine Freude gedeihet und kein Gesang ihm. Nur ihr, mit eurer ewigen Jugend, nährt In Herzen die euch lieben, den Kindersinn, Und laßt in Sorgen und in Irren Nimmer den Genius sich vertrauern.
In deinen Thälern wachte mein Herz mir auf Zum Leben, deine Wellen umspielten mich, Und all der holden Hügel, die dich Wanderer! kennen, ist keiner fremd mir. Auf ihren Gipfeln löste des Himmels Luft Mir oft der Knechtschaft Schmerzen; und aus dem Thal, Wie Leben aus dem Freudebecher, Glänzte die bläuliche Silberwelle. Der Berge Quellen eilten hinab zu dir, Mit ihnen auch mein Herz und du nahmst uns mit, Zum stillerhabnen Rhein, zu seinen Städten hinunter und lustgen Inseln. Noch dünkt die Welt mir schön, und das Aug entflieht Verlangend nach den Reizen der Erde mir, Zum goldenen Paktol, zu Smirnas Ufer, zu Ilions Wald. Auch möcht ich Bei Sunium oft landen, den stummen Pfad Nach deinen Säulen fragen, Olympion! Noch eh der Sturmwind und das Alter Hin in den Schutt der Athenertempel Und ihrer Gottesbilder auch dich begräbt, Denn lang schon einsam stehst du, o Stolz der Welt, Die nicht mehr ist. Und o ihr schönen Inseln Ioniens! wo die Meerluft Die heißen Ufer kühlt und den Lorbeerwald Durchsäuselt, wenn die Sonne den Weinstok wärmt, Ach! wo ein goldner Herbst dem armen Volk in Gesänge die Seufzer wandelt, Wenn sein Granatbaum reift, wenn aus grüner Nacht Die Pomeranze blinkt, und der Mastyxbaum Von Harze träuft und Pauk und Cymbel Zum labyrintischen Tanze klingen. Zu euch, ihr Inseln! bringt mich vielleicht, zu euch Mein Schuzgott einst; doch weicht mir aus treuem Sinn Auch da mein Nekar nicht mit seinen Lieblichen Wiesen und Uferweiden.
Froh kehrt der Schiffer heim an den stillen Strom, Von Inseln fernher, wenn er geerndtet hat; So käm' auch ich zur Heimath, hätt' ich Güter so viele, wie Laid, geerndtet. Ihr theuern Ufer, die mich erzogen einst, Stillt ihr der Liebe Leiden, versprecht ihr mir, Ihr Wälder meiner Jugend, wenn ich Komme, die Ruhe noch einmal wieder? Am kühlen Bache, wo ich der Wellen Spiel, Am Strome, wo ich gleiten die Schiffe sah, Dort bin ich bald; euch traute Berge, Die mich behüteten einst, der Heimath Verehrte sichre Grenzen, der Mutter Haus Und liebender Geschwister Umarmungen Begrüß' ich bald und ihr umschließt mich, Daß, wie in Banden, das Herz mir heile, Ihr treugebliebnen! aber ich weiß, ich weiß, Der Liebe Laid, diß heilet so bald mir nicht, Diß singt kein Wiegensang, den tröstend Sterbliche singen, mir aus dem Busen. Denn sie, die uns das himmlische Feuer leihn, Die Götter schenken heiliges Laid uns auch, Drum bleibe diß. Ein Sohn der Erde Schein' ich; zu lieben gemacht, zu leiden.
Wenn ihr Freunde vergeßt, wenn ihr die Euern all, O ihr Dankbaren, sie, euere Dichter schmäht, Gott vergeb' es, doch ehret Nur die Seele der Liebenden. Denn o saget, wo lebt menschliches Leben sonst, Da die knechtische jezt alles, die Sorge zwingt? Darum wandelt der Gott auch Sorglos über dem Haupt uns längst. Doch, wie immer das Jahr kalt und gesanglos ist Zur beschiedenen Zeit, aber aus weißem Feld Grüne Halme doch sprossen, Oft ein einsamer Vogel singt, Wenn sich mälig der Wald dehnet, der Strom sich regt, Schon die mildere Luft leise von Mittag weht Zur erlesenen Stunde, So ein Zeichen der schönern Zeit, Die wir glauben, erwächst einziggenügsam noch, Einzig edel und fromm über dem ehernen, Wilden Boden die Liebe, Gottes Tochter, von ihm allein. Sei geseegnet, o sei, himmlische Pflanze, mir Mit Gesange gepflegt, wenn des ätherischen Nektars Kräfte dich nähren, Und der schöpfrische Stral dich reift. Wachs und werde zum Wald! eine beseeltere, Vollentblühende Welt! Sprache der Liebenden Sei die Sprache des Landes, Ihre Seele der Laut des Volks!
Größers wolltest auch du, aber die Liebe zwingt All uns nieder, das Laid beuget gewaltiger, Doch es kehret umsonst nicht Unser Bogen, woher er kommt. Aufwärts oder hinab! herrschet in heil'ger Nacht, Wo die stumme Natur werdende Tage sinnt, Herrscht im schiefesten Orkus Nicht ein Grades, ein Recht noch auch? Diß erfuhr ich. Denn nie, sterblichen Meistern gleich, Habt ihr Himmlischen, ihr Alleserhaltenden, Daß ich wüßte, mit Vorsicht Mich des ebenen Pfads geführt. Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen, Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern', Und verstehe die Freiheit, Aufzubrechen, wohin er will.
Sieh! dein Liebstes, Natur, leidet und schläft und du Allesheilende, säumst? oder ihr seids nicht mehr, Zarte Lüfte des Aethers, Und ihr Quellen des Morgenlichts? Alle Blumen der Erd, alle die goldenen Frohen Früchte des Hains, alle sie heilen nicht Dieses Leben, ihr Götter, Das ihr selber doch euch erzogt? Ach! schon athmet und tönt heilige Lebenslust Ihr im reizenden Wort wieder, wie sonst und schon Glänzt in zärtlicher Jugend Deine Blume, wie sonst, dich an, Heilge Natur, o du, welche zu oft, zu oft, Wenn ich trauernd versank, lächelnd das zweifelnde Haupt mit Gaaben umkränzte, Jugendliche, nun auch, wie sonst! Wenn ich altre dereinst, siehe so geb ich dir, Die mich täglich verjüngt, Allesverwandelnde, Deiner Flamme die Schlaken, Und ein anderer leb ich auf.
Erste Fassung Trennen wollten wir uns? wähnten es gut und klug? Da wirs thaten, warum schrökte, wie Mord, die That? Ach! wir kennen uns wenig, Denn es waltet ein Gott in uns. Den verrathen? ach ihn, welcher uns alles erst, Sinn und Leben erschuff, ihn, den beseelenden Schuzgott unserer Liebe, Diß, diß; Eine vermag ich nicht. Aber anderen Fehl denket der Menschen Sinn, Andern ehernen Dienst übt er und anders Recht, Und es fodert [sic] die Seele Tag für Tag der Gebrauch uns ab. Wohl! ich wußt' es zuvor. Seit der gewurzelte Allentzweiende Haß Götter und Menschen trennt, Muß, mit Blut sie zu sühnen, Muß der Liebenden Herz vergehn. Laß mich schweigen! o laß nimmer von nun an mich Dieses Tödtliche sehn, daß ich im Frieden doch Hin ins Einsame ziehe, Und noch unser der Abschied sei! Reich die Schaale mir selbst, daß ich des rettenden Heilgen Giftes genug, daß ich des Lethetranks Mit dir trinke, daß alles Haß und Liebe vergessen sei! Hingehn will ich. Vieleicht seh' ich in langer Zeit Diotima! dich hier. Aber verblutet ist Dann das Wünschen und friedlich Gleich den Seeligen, fremd sind wir, Und ein ruhig Gespräch führet uns auf und ab, Sinnend, zögernd, doch izt faßt die Vergessenen Hier die Stelle des Abschieds, Es erwarmet ein Herz in uns, Staunend seh' ich dich an, Stimmen und süßen Sang, Wie aus voriger Zeit hör' ich und Saitenspiel, Und befreiet, in Lüfte Fliegt in Flammen der Geist uns auf.
Zweite Fassung Trennen wollten wir uns? wähnten es gut und klug? Da wirs thaten, warum schrökte, wie Mord, die That? Ach! wir kennen uns wenig, Denn es waltet ein Gott in uns. Den verrathen? ach ihn, welcher uns alles erst, Sinn und Leben erschuff, ihn, den beseelenden Schuzgott unserer Liebe, Diß, diß Eine vermag ich nicht. Aber anderen Fehl denket der Weltsinn sich, Andern ehernen Dienst übt er und anders Recht, Und es listet die Seele Tag für Tag der Gebrauch uns ab. Wohl! ich wußt' es zuvor. Seit die gewurzelte Ungestalte die Furcht Götter und Menschen trennt, Muß, mit Blut sie zu sühnen, Muß der Liebenden Herz vergehn. Laß mich schweigen! o laß nimmer von nun an mich Dieses Tödtliche sehn, daß ich im Frieden doch Hin ins Einsame ziehe, Und noch unser der Abschied sei! Reich die Schaale mir selbst, daß ich des rettenden Heilgen Giftes genug, daß ich des Lethetranks Mit dir trinke, daß alles Haß und Liebe vergessen sei! Hingehn will ich. Vieleicht seh' ich in langer Zeit Diotima! dich hier. Aber verblutet ist Dann das Wünschen und friedlich Gleich den Seeligen, fremde gehn Wir umher, ein Gespräch führet uns ab und auf, Sinnend, zögernd, doch izt mahnt die Vergessenen Hier die Stelle des Abschieds, Es erwarmet ein Herz in uns, Staunend seh' ich dich an, Stimmen und süßen Sang, Wie aus voriger Zeit hör' ich und Saitenspiel, Und die Lilie duftet Golden über dem Bach uns auf.
Du schweigst und duldest, denn sie verstehn dich nicht, Du edles Leben! siehest zur Erd' und schweigst Am schönen Tag, denn ach! umsonst nur Suchst du die Deinen im Sonnenlichte, Die Königlichen, welche, wie Brüder doch, Wie eines Hains gesellige Gipfel sonst Der Lieb' und Heimath sich und ihres Immerumfangenden Himmels freuten, Des Ursprungs noch in tönender Brust gedenk; Die Dankbarn, sie, sie mein' ich, die einzigtreu Bis in den Tartarus hinab die Freude Brachten, die Freien, die Göttermenschen, Die zärtlichgroßen Seelen, die nimmer sind; Denn sie beweint, so lange das Trauerjahr Schon dauert, von den vor'gen Sternen Täglich gemahnet, das Herz noch immer Und diese Todtenklage, sie ruht nicht aus. Die Zeit doch heilt. Die Himmlischen sind jezt stark, Sind schnell. Nimmt denn nicht schon ihr altes Freudiges Recht die Natur sich wieder? Sieh! eh noch unser Hügel, o Liebe, sinkt, Geschiehts, und ja! noch siehet mein sterblich Lied Den Tag, der, Diotima! nächst den Göttern mit Helden dich nennt, und dir gleicht.
Ihr milden Lüfte! Boten Italiens! Und du mit deinen Pappeln, geliebter Strom! Ihr woogenden Gebirg! o all ihr Sonnigen Gipfel, so seid ihrs wieder? Du stiller Ort! in Träumen erschienst du fern Nach hoffnungslosem Tage dem Sehnenden, Und du mein Haus, und ihr Gespielen, Bäume des Hügels, ihr wohlbekannten! Wie lang ists, o wie lange! des Kindes Ruh Ist hin, und hin ist Jugend und Lieb' und Lust; Doch du, mein Vaterland! du heilig- Duldendes! siehe, du bist geblieben. Und darum, daß sie dulden mit dir, mit dir Sich freun, erziehst du, theures! die Deinen auch Und mahnst in Träumen, wenn sie ferne Schweifen und irren, die Ungetreuen. Und wenn im heißen Busen dem Jünglinge Die eigenmächt'gen Wünsche besänftiget Und stille vor dem Schiksaal sind, dann Giebt der Geläuterte dir sich lieber. Lebt wohl dann, Jugendtage, du Rosenpfad Der Lieb', und all' ihr Pfade des Wanderers, Lebt wohl! und nimm und seegne du mein Leben, o Himmel der Heimath, wieder!
Täglich geh' ich heraus und such' ein Anderes immer, Habe längst sie befragt, alle die Pfade des Lands; Droben die kühlenden Höhn, die Schatten alle besuch' ich, Und die Quellen; hinauf irret der Geist und hinab, Ruh' erbittend; so flieht das getroffene Wild in die Wälder, Wo es um Mittag sonst sicher im Dunkel geruht; Aber nimmer erquikt sein grünes Laager das Herz ihm Wieder und schlummerlos treibt es der Stachel umher. Nicht die Wärme des Lichts und nicht die Kühle der Nacht hilft Und in Woogen des Stroms taucht es die Wunden umsonst. Ihm bereitet umsonst die Erd' ihr stärkendes Heilkraut Und sein schäumendes Blut stillen die Lüftchen umsonst. Wehe! so ists auch, so, ihr Todesgötter! vergebens, Wenn ihr ihn haltet und vest habt den bezwungenen Mann, Wenn ihr einmal hinab in eure Nacht ihn gerissen, Dann zu suchen zu flehn, oder zu zürnen mit euch, Oder geduldig auch wohl in euren Banden zu wohnen Und mit Lächeln von euch hören das furchtbare Lied. Denn bestehn, wie anderes, muß in seinem Geseze, Immer altern und nie enden das schaurige Reich. Aber noch immer nicht, o meine Seele! noch kannst dus Nicht gewohnen und träumst mitten im eisernen Schlaf. Tag der Liebe! scheinest du auch den Todten, du goldner! Bilder aus hellerer Zeit leuchtet ihr mir in die Nacht? Liebliche Gärten, seid, ihr abendröthlichen Berge, Seid willkommen, und ihr, schweigende Pfade des Hains. Zeugen himmlischen Glüks! und ihr, allschauende Sterne, Die mir damals oft seegnende Blike gegönnt! Euch, ihr Liebenden, auch, ihr schönen Kinder des Frühlings, Stille Rosen und euch, Lilien! nenn' ich noch oft, - Ihr Vertrauten! ihr Lebenden all', einst nahe dem Herzen, Einst wahrhaftiger, einst heller und schöner gesehn! Tage kommen und gehn, ein Jahr verdränget das andre, Wechselnd und streitend; so tost furchtbar vorüber die Zeit Über sterblichem Haupt, doch nicht vor seeligen Augen, Und den Liebenden ist anderes Leben gewährt. Denn sie alle die Tag' und Stunden und Jahre der Sterne Und der Menschen, zur Lust anders und anders bekränzt Fröhlicher, ernster, sie all', als ächte Kinder des Aethers Lebten, in Wonne vereint, innig und ewig um uns. Aber wir, unschädlich gesellt, wie die friedlichen Schwäne, Wenn sie ruhen am See, oder, auf Wellen gewiegt, Niedersehn in die Wasser, wo silberne Wolken sich spiegeln, Und das himmlische Blau unter den Schiffenden wallt, So auf Erden wandelten wir. Und drohte der Nord auch, Er, der Liebenden Feind, sorgenbereitend, und fiel Von den Ästen das Laub und flog im Winde der Reegen, Lächelten ruhig wir, fühlten den Gott und das Herz Unter trautem Gespräch, im hellen Seelengesange, So im Frieden mit uns kindlich und seelig allein. Ach! wo bist du, Liebende, nun? Sie haben mein Auge Mir genommen, mein Herz hab' ich verloren mit ihr. Darum irr' ich umher, und wohl, wie die Schatten, so muß ich Leben und sinnlos dünkt lange das Übrige mir. Danken möcht' ich, aber wofür? verzehret das Lezte Selbst die Erinnerung nicht? nimmt von der Lippe denn nicht Bessere Rede mir der Schmerz, und lähmet ein Fluch nicht Mir die Sehnen und wirft, wo ich beginne, mich weg? Daß ich fühllos size den Tag und stumm, wie die Kinder, Nur vom Auge mir kalt öfters die Tropfe noch schleicht, Und in schaudernder Brust die allerwärmende Sonne Kühl und fruchtlos mir dämmert, wie Stralen der Nacht, Sonst mir anders bekannt! O Jugend! und bringen Gebete Dich nicht wieder, dich nie? führet kein Pfad mich zurük? Soll es werden auch mir, wie den Tausenden, die in den Tagen Ihres Frühlings doch auch ahndend und liebend gelebt, Aber am trunkenen Tag von den rächenden Parzen ergriffen, Ohne Klag' und Gesang heimlich hinuntergeführt Dort im allzunüchternen Reich, dort büßen im Dunkeln, Wo bei trügrischem Schein irres Gewimmel sich treibt, Wo die langsame Zeit bei Frost und Dürre sie zählen, Nur in Seufzern der Mensch noch die Unsterblichen preist? Aber o du, die noch am Scheidewege mir damals, Da ich versank vor dir, tröstend ein Schöneres wies, Du, die Großes zu sehn und die schweigenden Götter zu singen, Selber schweigend mich einst stillebegeisternd gelehrt, Götterkind! erscheinest du mir und grüßest, wie einst, mich, Redest wieder, wie einst, Leben und Frieden mir zu? Siehe! weinen vor dir und klagen muß ich, wenn schon noch Denkend der edleren Zeit, dessen die Seele sich schämt. Denn zu lange, zu lang' auf matten Pfaden der Erde Bin ich, deiner gewohnt, einsam gegangen indeß, O mein Schutzgeist! denn wie der Nord die Wolke des Herbsttags Scheuchten von Ort zu Ort feindliche Geister mich fort. So zerrann mein Leben, ach! so ists anders geworden, Seit, o Liebe, wir einst giengen am ruhigen Strom. Aber dich, dich erhielt dein Licht, o Heldin! im Lichte, Und dein Dulden erhielt liebend, o Himmlische! dich. Und sie selbst, die Natur und ihre melodischen Musen Sangen aus heimischen Höhn Wiegengesänge dir zu. Noch, noch ist sie es ganz! noch schwebt vom Haupte zur Sohle, Stillhinwandelnd, wie sonst, mir die Athenerin vor. Seelig, seelig ist sie! denn es scheut die Kinder des Himmels Selbst der Orkus, es rinnt, gleich den Unsterblichen selbst, Ihnen der milde Geist von heitersinnender Stirne, Wo sie auch wandeln und sind, seegnend und sicher herab. Darum möcht', ihr Himmlischen! euch ich danken und endlich Tönet aus leichter Brust wieder des Sängers Gebet. Und, wie wenn ich mit ihr auf Bergeshöhen mit ihr stand, Wehet belebend auch mich, göttlicher Othem mich an. Leben will ich denn auch! schon grünen die Pfade der Erde Schöner und schöner schließt wieder die Sonne sich auf. Komm! es war, wie ein Traum! die blutenden Fittige sind ja Schon genesen, verjüngt wachen die Hoffnungen all. Dien' im Orkus, wem es gefällt! wir, welche die stille Liebe bildete, wir suchen zu Göttern die Bahn. Und geleitet ihr uns, ihr Weihestunden! ihr ernsten, Jugendlichen! o bleibt, heilige Ahnungen, ihr, Fromme Bitten, und ihr Begeisterungen, und all ihr Schönen Genien, die gerne bei Liebenden sind, Bleibet, bleibet mit uns, bis wir auf seeligen Inseln, Wo die Unsern vieleicht, Dichter der Liebe, mit uns, Oder auch, wo die Adler sind, in Lüften des Vaters, Dort, wo die Musen, woher all' die Unsterblichen sind, Dort uns staunend und fremd und bekannt uns wieder begegnen, Und von neuem ein Jahr unserer Liebe beginnt.
An Heinze 1 Rings um ruhet die Stadt; still wird die erleuchtete Gasse, Und, mit Fakeln geschmükt, rauschen die Wagen hinweg. Satt gehn heim von Freuden des Tags zu ruhen die Menschen, Und Gewinn und Verlust wäget ein sinniges Haupt Wohlzufrieden zu Haus; leer steht von Trauben und Blumen, Und von Werken der Hand ruht der geschäfftige Markt. Aber das Saitenspiel tönt fern aus Gärten; vieleicht, daß Dort ein Liebendes spielt oder ein einsamer Mann Ferner Freunde gedenkt und der Jugendzeit; und die Brunnen Immerquillend und frisch rauschen an duftendem Beet. Still in dämmriger Luft ertönen geläutete Gloken, Und der Stunden gedenk rufet ein Wächter die Zahl. Jezt auch kommet ein Wehn und regt die Gipfel des Hains auf, Sieh! und das Schattenbild unserer Erde, der Mond Kommet geheim nun auch; die Schwärmerische, die Nacht kommt, Voll mit Sternen und wohl wenig bekümmert um uns, Glänzt die Erstaunende dort, die Fremdlingin unter den Menschen Über Gebirgeshöhn traurig und prächtig herauf. 2 Wunderbar ist die Gunst der Hocherhabnen und niemand Weiß von wannen und was einem geschiehet von ihr. So bewegt sie die Welt und die hoffende Seele der Menschen, Selbst kein Weiser versteht, was sie bereitet, denn so Will es der oberste Gott, der sehr dich liebet, und darum Ist noch lieber, wie sie, dir der besonnene Tag. Aber zuweilen liebt auch klares Auge den Schatten Und versuchet zu Lust, eh' es die Noth ist, den Schlaf, Oder es blikt auch gern ein treuer Mann in die Nacht hin, Ja, es ziemet sich ihr Kränze zu weihn und Gesang, Weil den Irrenden sie geheiliget ist und den Todten, Selber aber besteht, ewig, in freiestem Geist. Aber sie muß uns auch,daß in der zaudernden Weile, Daß im Finstern für uns einiges Haltbare sei, Uns die Vergessenheit und das Heiligtrunkene gönnen, Gönnen das strömende Wort, das, wie die Liebenden, sei, Schlummerlos und vollern Pokal und kühneres Leben, Heilig Gedächtniß auch, wachend zu bleiben bei Nacht. 3 Auch verbergen umsonst das Herz im Busen, umsonst nur Halten den Muth noch wir, Meister und Knaben, denn wer Möcht' es hindern und wer möcht' uns die Freude verbieten? Göttliches Feuer auch treibet, bei Tag und bei Nacht, Aufzubrechen. So komm! daß wir das Offene schauen, Daß ein Eigenes wir suchen, so weit es auch ist. Fest bleibt Eins; es sei um Mittag oder es gehe Bis in die Mitternacht, immer bestehet ein Maas, Allen gemein, doch jeglichem auch ist eignes beschieden, Dahin gehet und kommt jeder, wohin er es kann. Drum! und spotten des Spotts mag gern frohlokkender Wahnsinn, Wenn er in heiliger Nacht plözlich die Sänger ergreift. Drum an den Isthmos komm! dorthin, wo das offene Meer rauscht Am Parnaß und der Schnee delphische Felsen umglänzt, Dort ins Land des Olymps, dort auf die Höhe Cithärons, Unter die Fichten dort, unter die Trauben, von wo Thebe drunten und Ismenos rauscht im Lande des Kadmos, Dorther kommt und zurük deutet der kommende Gott. 4 Seeliges Griechenland! du Haus der Himmlischen alle, Also ist wahr, was einst wir in der Jugend gehört? Festlicher Saal! der Boden ist Meer! und Tische die Berge, Wahrlich zu einzigem Brauche vor Alters gebaut! Aber die Thronen, wo? die Tempel, und wo die Gefäße, Wo mit Nectar gefüllt, Göttern zu Lust der Gesang? Wo, wo leuchten sie denn, die fernhintreffenden Sprüche? Delphi schlummert und wo tönet das große Geschik? Wo ist das schnelle? wo brichts, allgegenwärtigen Glüks voll Donnernd aus heiterer Luft über die Augen herein? Vater Aether! so riefs und flog von Zunge zu Zunge Tausendfach, es ertrug keiner das Leben allein; Ausgetheilet erfreut solch Gut und getauschet, mit Fremden, Wirds ein Jubel, es wächst schlafend des Wortes Gewalt Vater! heiter! und hallt, so weit es gehet, das uralt Zeichen, von Eltern geerbt, treffend und schaffend hinab. Denn so kehren die Himmlischen ein, tiefschütternd gelangt so Aus den Schatten herab unter die Menschen ihr Tag. 5 Unempfunden kommen sie erst, es streben entgegen Ihnen die Kinder, zu hell kommet, zu blendend das Glük, Und es scheut sie der Mensch, kaum weiß zu sagen ein Halbgott, Wer mit Nahmen sie sind, die mit den Gaaben ihm nahn. Aber der Muth von ihnen ist groß, es füllen das Herz ihm Ihre Freuden und kaum weiß er zu brauchen das Gut, Schafft, verschwendet und fast ward ihm Unheiliges heilig, Das er mit seegnender Hand thörig und gütig berührt. Möglichst dulden die Himmlischen diß; dann aber in Wahrheit Kommen sie selbst und gewohnt werden die Menschen des Glüks Und des Tags und zu schaun die Offenbaren, das Antliz Derer, welche, schon längst Eines und Alles genannt, Tief die verschwiegene Brust mit freier Genüge gefüllet, Und zuerst und allein alles Verlangen beglükt; So ist der Mensch; wenn da ist das Gut, und es sorget mit Gaaben Selber ein Gott für ihn, kennet und sieht er es nicht. Tragen muß er, zuvor; nun aber nennt er sein Liebstes, Nun, nun müssen dafür Worte, wie Blumen, entstehn. 6 Und nun denkt er zu ehren in Ernst die seeligen Götter, Wirklich und wahrhaft muß alles verkünden ihr Lob. Nichts darf schauen das Licht, was nicht den Hohen gefället, Vor den Aether gebührt müßigversuchendes nicht. Drum in der Gegenwart der Himmlischen würdig zu stehen, Richten in herrlichen Ordnungen Völker sich auf Untereinander und baun die schönen Tempel und Städte Vest und edel, sie gehn über Gestaden empor - Aber wo sind sie? wo blühn die Bekannten, die Kronen des Festes? Thebe welkt und Athen; rauschen die Waffen nicht mehr In Olympia, nicht die goldnen Wagen des Kampfspiels, Und bekränzen sich denn nimmer die Schiffe Korinths? Warum schweigen auch sie, die alten heilgen Theater? Warum freuet sich denn nicht der geweihete Tanz? Warum zeichnet, wie sonst, die Stirne des Mannes ein Gott nicht, Drükt den Stempel, wie sonst, nicht dem Getroffenen auf? Oder er kam auch selbst und nahm des Menschen Gestalt an Und vollendet' und schloß tröstend das himmlische Fest. 7 Aber Freund! wir kommen zu spät. Zwar leben die Götter, Aber über dem Haupt droben in anderer Welt. Endlos wirken sie da und scheinens wenig zu achten, Ob wir leben, so sehr schonen die Himmlischen uns. Denn nicht immer vermag ein schwaches Gefäß sie zu fassen, Nur zu Zeiten erträgt göttliche Fülle der Mensch. Traum von ihnen ist drauf das Leben. Aber das Irrsaal Hilft, wie Schlummer und stark machet die Noth und die Nacht, Biß daß Helden genug in der ehernen Wiege gewachsen, Herzen an Kraft, wie sonst, ähnlich den Himmlischen sind. Donnernd kommen sie drauf. Indessen dünket mir öfters Besser zu schlafen, wie so ohne Genossen zu seyn, So zu harren und was zu thun indeß und zu sagen, Weiß ich nicht und wozu Dichter in dürftiger Zeit? Aber sie sind, sagst du, wie des Weingotts heilige Priester, Welche von Lande zu Land zogen in heiliger Nacht. 8 Nemlich, als vor einiger Zeit, uns dünket sie lange, Aufwärts stiegen sie all, welche das Leben beglükt, Als der Vater gewandt sein Angesicht von den Menschen, Und das Trauern mit Recht über der Erde begann, Als erschienen zu lezt ein stiller Genius, himmlisch Tröstend, welcher des Tags Ende verkündet' und schwand, Ließ zum Zeichen, daß einst er da gewesen und wieder Käme, der himmlische Chor einige Gaaben zurük, Derer menschlich, wie sonst, wir uns zu freuen vermöchten, Denn zur Freude, mit Geist, wurde das Größre zu groß Unter den Menschen und noch, noch fehlen die Starken zu höchsten Freuden, aber es lebt stille noch einiger Dank. Brod ist der Erde Frucht, doch ists vom Lichte geseegnet, Und vom donnernden Gott kommet die Freude des Weins. Darum denken wir auch dabei der Himmlischen, die sonst Da gewesen und die kehren in richtiger Zeit, Darum singen sie auch mit Ernst die Sänger den Weingott Und nicht eitel erdacht tönet dem Alten das Lob. 9 Ja! sie sagen mit Recht, er söhne den Tag mit der Nacht aus, Führe des Himmels Gestirn ewig hinunter, hinauf, Allzeit froh, wie das Laub der immergrünenden Fichte, Das er liebt, und der Kranz, den er von Epheu gewählt, Weil er bleibet und selbst die Spur der entflohenen Götter Götterlosen hinab unter das Finstere bringt. Was der Alten Gesang von Kindern Gottes geweissagt, Siehe! wir sind es, wir; Frucht von Hesperien ists! Wunderbar und genau ists als an Menschen erfüllet, Glaube, wer es geprüft! aber so vieles geschieht, Keines wirket, denn wir sind herzlos, Schatten, bis unser Vater Aether erkannt jeden und allen gehört. Aber indessen kommt als Fakelschwinger des Höchsten Sohn, der Syrier, unter die Schatten herab. Seelige Weise sehns; ein Lächeln aus der gefangnen Seele leuchtet, dem Licht thauet ihr Auge noch auf. Sanfter träumet und schläft in Armen der Erde der Titan, Selbst der neidische, selbst Cerberus trinket und schläft.
Kehren die Kraniche wieder zu dir, und suchen zu deinen Ufern wieder die Schiffe den Lauf? umathmen erwünschte Lüfte dir die beruhigte Fluth, und sonnet der Delphin, Aus der Tiefe gelokt, am neuen Lichte den Rüken? Blüht Ionien? ists die Zeit? denn immer im Frühling, Wenn den Lebenden sich das Herz erneut und die erste Liebe den Menschen erwacht und goldner Zeiten Erinnrung, Komm' ich zu dir und grüß' in deiner Stille dich, Alter! Immer, Gewaltiger! lebst du noch und ruhest im Schatten Deiner Berge, wie sonst; mit Jünglingsarmen umfängst du Noch dein liebliches Land, und deiner Töchter, o Vater! Deiner Inseln ist noch, der blühenden, keine verloren. Kreta steht und Salamis grünt, umdämmert von Lorbeern, Rings von Stralen umblüht, erhebt zur Stunde des Aufgangs Delos ihr begeistertes Haupt, und Tenos und Chios Haben der purpurnen Früchte genug, von trunkenen Hügeln Quillt der Cypriertrank, und von Kalauria fallen Silberne Bäche, wie einst, in die alten Wasser des Vaters. Alle leben sie noch, die Heroënmütter, die Inseln, Blühend von Jahr zu Jahr, und wenn zu Zeiten, vom Abgrund Losgelassen, die Flamme der Nacht, das untre Gewitter, Eine der holden ergriff, und die Sterbende dir in den Schoos sank, Göttlicher! du, du dauertest aus, denn über den dunkeln Tiefen ist manches schon dir auf und untergegangen. Auch die Himmlischen, sie, die Kräfte der Höhe, die stillen, Die den heiteren Tag und süßen Schlummer und Ahnung Fernher bringen über das Haupt der fühlenden Menschen Aus der Fülle der Macht, auch sie, die alten Gespielen, Wohnen, wie einst, mit dir, und oft am dämmernden Abend, Wenn von Asiens Bergen herein das heilige Mondlicht Kömmt und die Sterne sich in deiner Wooge begegnen, Leuchtest du von himmlischem Glanz, und so, wie sie wandeln, Wechseln die Wasser dir, es tönt die Weise der Brüder Droben, ihr Nachtgesang, im liebenden Busen dir wieder. Wenn die allverklärende dann, die Sonne des Tages, Sie, des Orients Kind, die Wunderthätige, da ist, Dann die Lebenden all' im goldenen Traume beginnen, Den die Dichtende stets des Morgens ihnen bereitet, Dir, dem trauernden Gott, dir sendet sie froheren Zauber, Und ihr eigen freundliches Licht ist selber so schön nicht Denn das Liebeszeichen, der Kranz, den immer, wie vormals, Deiner gedenk, doch sie um die graue Loke dir windet. Und umfängt der Aether dich nicht, und kehren die Wolken, Deine Boten, von ihm mit dem Göttergeschenke, dem Strale Aus der Höhe dir nicht? dann sendest du über das Land sie, Daß am heißen Gestad die gewittertrunkenen Wälder Rauschen und woogen mit dir, daß bald, dem wandernden Sohn gleich, Wenn der Vater ihn ruft, mit den tausend Bächen Mäander Seinen Irren enteilt und aus der Ebne Kayster Dir entgegenfrohlokt, und der Erstgeborne, der Alte, Der zu lange sich barg, dein majestätischer Nil izt Hochherschreitend aus fernem Gebirg, wie im Klange der Waffen, Siegreich kömmt, und die offenen Arme der sehnende reichet. Dennoch einsam dünkest du dir; in schweigender Nacht hört Deine Weheklage der Fels, und öfters entflieht dir Zürnend von Sterblichen weg die geflügelte Wooge zum Himmel. Denn es leben mit dir die edlen Lieblinge nimmer, Die dich geehrt, die einst mit den schönen Tempeln und Städten Deine Gestade bekränzt, und immer suchen und missen, Immer bedürfen ja, wie Heroën den Kranz, die geweihten Elemente zum Ruhme das Herz der fühlenden Menschen. Sage, wo ist Athen? ist über den Urnen der Meister Deine Stadt, die geliebteste dir, an den heiligen Ufern, Trauernder Gott! dir ganz in Asche zusammengesunken, Oder ist noch ein Zeichen von ihr, daß etwa der Schiffer, Wenn er vorüberkommt, sie nenn' und ihrer gedenke? Stiegen dort die Säulen empor und leuchteten dort nicht Sonst vom Dache der Burg herab die Göttergestalten? Rauschte dort die Stimme des Volks, die stürmischbewegte, Aus der Agora nicht her, und eilten aus freudigen Pforten Dort die Gassen dir nicht zu geseegnetem Hafen herunter? Siehe! da löste sein Schiff der fernhinsinnende Kaufmann, Froh, denn es wehet' auch ihm die beflügelnde Luft und die Götter Liebten so, wie den Dichter, auch ihn, dieweil er die guten Gaaben der Erd' ausglich und Fernes Nahem vereinte. Fern nach Cypros ziehet er hin und ferne nach Tyros, Strebt nach Kolchis hinauf und hinab zum alten Aegyptos, Daß er Purpur und Wein und Korn und Vließe gewinne Für die eigene Stadt, und öfters über des kühnen Herkules Säulen hinaus, zu neuen seeligen Inseln Tragen die Hoffnung ihn und des Schiffes Flügel, indessen Anders bewegt, am Gestade der Stadt ein einsamer Jüngling Weilt und die Wooge belauscht, und Großes ahndet der Ernste, Wenn er zu Füßen so des erderschütternden Meisters Lauschet und sizt, und nicht umsonst erzog ihn der Meergott. Denn des Genius Feind, der vielgebietende Perse, Jahrlang zählt' er sie schon, der Waffen Menge, der Knechte, Spottend des griechischen Lands und seiner wenigen Inseln, Und sie deuchten dem Herrscher ein Spiel, und noch, wie ein Traum, war Ihm das innige Volk, vom Göttergeiste gerüstet. Leicht aus spricht er das Wort und schnell, wie der flammende Bergquell, Wenn er furchtbar umher vom gährenden Aetna gegossen, Städte begräbt in der purpurnen Fluth und blühende Gärten, Bis der brennende Strom im heiligen Meere sich kühlet, So mit dem Könige nun, versengend, städteverwüstend, Stürzt von Ekbatana daher sein prächtig Getümmel; Weh! und Athene, die herrliche, fällt; wohl schauen und ringen Vom Gebirg, wo das Wild ihr Geschrei hört, fliehende Greise Nach den Wohnungen dort zurük und den rauchenden Tempeln; Aber es wekt der Söhne Gebet die heilige Asche Nun nicht mehr, im Thal ist der Tod, und die Wolke des Brandes Schwindet am Himmel dahin, und weiter im Lande zu erndten, Zieht, vom Frevel erhizt, mit der Beute der Perse vorüber. Aber an Salamis Ufern, o Tag an Salamis Ufern! Harrend des Endes stehn die Athenerinnen, die Jungfraun, Stehn die Mütter, wiegend im Arm das gerettete Söhnlein, Aber den Horchenden schallt von Tiefen die Stimme des Meergotts Heilweissagend herauf, es schauen die Götter des Himmels Wägend und richtend herab, denn dort an den bebenden Ufern Wankt seit Tagesbeginn, wie langsamwandelnd Gewitter, Dort auf schäumenden Wassern die Schlacht, und es glühet der Mittag, Unbemerket im Zorn, schon über dem Haupte den Kämpfern. Aber die Männer des Volks, die Heroënenkel, sie walten Helleren Auges jezt, die Götterlieblinge denken Des beschiedenen Glüks, es zähmen die Kinder Athenes Ihren Genius, ihn, den todverachtenden, jezt nicht. Denn wie aus rauchendem Blut das Wild der Wüste noch einmal Sich zulezt verwandelt erhebt, der edleren Kraft gleich, Und den Jäger erschrökt; kehrt jezt im Glanze der Waffen, Bei der Herrscher Gebot, furchtbargesammelt den Wilden, Mitten im Untergang die ermattete Seele noch einmal. Und entbrandter beginnts; wie Paare ringender Männer Fassen die Schiffe sich an, in die Wooge taumelt das Steuer, Unter den Streitern bricht der Boden, und Schiffer und Schiff sinkt. Aber in schwindelnden Traum vom Liede des Tages gesungen, Rollt der König den Blik; irrlächelnd über den Ausgang Droht er, und fleht, und frohlokt, und sendet, wie Blize, die Boten. Doch er sendet umsonst, es kehret keiner ihm wieder. Blutige Boten, Erschlagne des Heers, und berstende Schiffe, Wirft die Rächerin ihm zahllos, die donnernde Wooge, Vor den Thron, wo er sizt am bebenden Ufer, der Arme, Schauend die Flucht, und fort in die fliehende Menge gerissen, Eilt er, ihn treibt der Gott, es treibt sein irrend Geschwader Über die Fluthen der Gott, der spottend sein eitel Geschmeid ihm Endlich zerschlug und den Schwachen erreicht' in der drohenden Rüstung. Aber liebend zurük zum einsamharrenden Strome Kommt der Athener Volk und von den Bergen der Heimath Woogen, freudig gemischt, die glänzenden Schaaren herunter Ins verlassene Thal, ach! gleich der gealterten Mutter, Wenn nach Jahren das Kind, das verlorengeachtete, wieder Lebend ihr an die Brüste kehrt, ein erwachsener Jüngling, Aber im Gram ist ihr die Seele gewelkt und die Freude Kommt der hoffnungsmüden zu spät und mühsam vernimmt sie, Was der liebende Sohn in seinem Danke geredet; So erscheint den Kommenden dort der Boden der Heimath. Denn es fragen umsonst nach ihren Hainen die Frommen, Und die Sieger empfängt die freundliche Pforte nicht wieder, Wie den Wanderer sonst sie empfieng, wenn er froh von den Inseln Wiederkehrt' und die seelige Burg der Mutter Athene Über sehnendem Haupt ihm fernherglänzend heraufgieng. Aber wohl sind ihnen bekannt die verödeten Gassen Und die trauernden Gärten umher und auf der Agora, Wo des Portikus Säulen gestürzt und die göttlichen Bilder Liegen, da reicht in der Seele bewegt, und der Treue sich freuend, Jezt das liebende Volk zum Bunde die Hände sich wieder. Bald auch suchet und sieht den Ort des eigenen Haußes Unter dem Schutt der Mann; ihm weint am Halse, der trauten Schlummerstäte gedenk, sein Weib, es fragen die Kindlein Nach dem Tische, wo sonst in lieblicher Reihe sie saßen, Von den Vätern gesehn, den lächelnden Göttern des Haußes. Aber Gezelte bauet das Volk, es schließen die alten Nachbarn wieder sich an, und nach des Herzens Gewohnheit Ordnen die luftigen Wohnungen sich umher an den Hügeln. So indessen wohnen sie nun, wie die Freien, die Alten, Die, der Stärke gewiß und dem kommenden Tage vertrauend, Wandernden Vögeln gleich, mit Gesange von Berge zu Berg' einst Zogen, die Fürsten des Forsts und des weitumirrenden Stromes. Doch umfängt noch, wie sonst, die Muttererde, die treue, Wieder ihr edel Volk, und unter heiligem Himmel Ruhen sie sanft, wenn milde, wie sonst, die Lüfte der Jugend Um die Schlafenden wehn, und aus Platanen Ilissus Ihnen herüberrauscht, und neue Tage verkündend, Lokend zu neuen Thaten, bei Nacht die Wooge des Meergotts Fernher tönt und fröhliche Träume den Lieblingen sendet. Schon auch sprossen und blühn die Blumen mälig, die goldnen, Auf zertretenem Feld, von frommen Händen gewartet, Grünet der Ölbaum auf, und auf Kolonos Gefilden Nähren friedlich, wie sonst, die Athenischen Rosse sich wieder. Aber der Muttererd' und dem Gott der Wooge zu Ehren Blühet die Stadt izt auf, ein herrlich Gebild, dem Gestirn gleich Sichergegründet, des Genius Werk, denn Fesseln der Liebe Schafft er gerne sich so, so hält in großen Gestalten, Die er selbst sich erbaut, der immerrege sich bleibend. Sieh! und dem Schaffenden dienet der Wald, ihm reicht mit den andern Bergen nahe zur Hand der Pentele Marmor und Erze, Aber lebend, wie er, und froh und herrlich entquillt es Seinen Händen, und leicht, wie der Sonne, gedeiht das Geschäfft ihm. Brunnen steigen empor und über die Hügel in reinen Bahnen gelenkt, ereilt der Quell das glänzende Beken; Und umher an ihnen erglänzt, gleich festlichen Helden Am gemeinsamen Kelch, die Reihe der Wohnungen, hoch ragt Der Prytanen Gemach, es stehn Gymnasien offen, Göttertempel entstehn, ein heiligkühner Gedanke Steigt, Unsterblichen nah, das Olympion auf in den Aether Aus dem seeligen Hain; noch manche der himmlischen Hallen! Mutter Athene, dir auch, dir wuchs dein herrlicher Hügel Stolzer aus der Trauer empor und blühte noch lange, Gott der Woogen und dir, und deine Lieblinge sangen Frohversammelt noch oft am Vorgebirge den Dank dir. O die Kinder des Glüks, die frommen! wandeln sie fern nun Bei den Vätern daheim, und der Schiksaalstage vergessen, Drüben am Lethestrom, und bringt kein Sehnen sie wieder? Sieht mein Auge sie nie? ach! findet über den tausend Pfaden der grünenden Erd', ihr göttergleichen Gestalten! Euch das Suchende nie, und vernahm ich darum die Sprache, Darum die Sage von euch, daß immertrauernd die Seele Vor der Zeit mir hinab zu euern Schatten entfliehe? Aber näher zu euch, wo eure Haine noch wachsen, Wo sein einsames Haupt in Wolken der heilige Berg hüllt, Zum Parnassos will ich, und wenn im Dunkel der Eiche Schimmernd, mir Irrenden dort Kastalias Quelle begegnet, Will ich, mit Thränen gemischt, aus blüthenumdufteter Schaale Dort, auf keimendes Grün, das Wasser gießen, damit doch, O ihr Schlafenden all! ein Todtenopfer euch werde. Dort im schweigenden Thal, an Tempes hangenden Felsen, Will ich wohnen mit euch, dort oft, ihr herrlichen Nahmen! Her euch rufen bei Nacht, und wenn ihr zürnend erscheinet, Weil der Pflug die Gräber entweiht, mit der Stimme des Herzens Will ich, mit frommem Gesang euch sühnen, heilige Schatten! Bis zu leben mit euch, sich ganz die Seele gewöhnet. Fragen wird der Geweihtere dann euch manches, ihr Todten! Euch, ihr Lebenden auch, ihr hohen Kräfte des Himmels, Wenn ihr über dem Schutt mit euren Jahren vorbeigeht, Ihr in der sicheren Bahn! denn oft ergreiffet das Irrsaal Unter den Sternen mir, wie schaurige Lüfte, den Busen, Daß ich spähe nach Rath, und lang schon reden sie nimmer Trost den Bedürftigen zu, die prophetischen Haine Dodonas, Stumm ist der delphische Gott, und einsam liegen und öde Längst die Pfade, wo einst, von Hoffnungen leise geleitet, Fragend der Mann zur Stadt des redlichen Sehers heraufstieg. Aber droben das Licht, es spricht noch heute zu Menschen, Schöner Deutungen voll und des großen Donnerers Stimme Ruft es: denket ihr mein? und die trauernde Wooge des Meergotts Hallt es wieder: gedenkt ihr nimmer meiner, wie vormals? Denn es ruhn die Himmlischen gern am fühlenden Herzen; Immer, wie sonst, geleiten sie noch, die begeisternden Kräfte, Gerne den strebenden Mann und über Bergen der Heimath Ruht und waltet und lebt allgegenwärtig der Aether, Daß ein liebendes Volk in des Vaters Armen gesammelt, Menschlich freudig, wie sonst, und Ein Geist allen gemein sei. Aber weh! es wandelt in Nacht, es wohnt, wie im Orkus, Ohne Göttliches unser Geschlecht. Ans eigene Treiben Sind sie geschmiedet allein, und sich in der tosenden Werkstatt Höret jeglicher nur und viel arbeiten die Wilden Mit gewaltigem Arm, rastlos, doch immer und immer Unfruchtbar, wie die Furien, bleibt die Mühe der Armen. Bis, erwacht vom ängstigen Traum, die Seele den Menschen Aufgeht, jugendlich froh, und der Liebe seegnender Othem Wieder, wie vormals oft, bei Hellas blühenden Kindern, Wehet in neuer Zeit und über freierer Stirne Uns der Geist der Natur, der fernherwandelnde, wieder Stilleweilend der Gott in goldnen Wolken erscheinet. Ach! und säumest du noch? und jene, die göttlichgebornen, Wohnen immer, o Tag! noch als in Tiefen der Erde Einsam unten, indeß ein immerlebender Frühling Unbesungen über dem Haupt den Schlafenden dämmert? Aber länger nicht mehr! schon hör' ich ferne des Festtags Chorgesang auf grünem Gebirg' und das Echo der Haine, Wo der Jünglinge Brust sich hebt, wo die Seele des Volks sich Stillvereint im freieren Lied, zur Ehre des Gottes, Dem die Höhe gebührt, doch auch die Thale sind heilig; Denn, wo fröhlich der Strom in wachsender Jugend hinauseilt, Unter Blumen des Lands, und wo auf sonnigen Ebnen Edles Korn und der Obstwald reift, da kränzen am Feste Gerne die Frommen sich auch, und auf dem Hügel der Stadt glänzt, Menschlicher Wohnung gleich, die himmlische Halle der Freude. Denn voll göttlichen Sinns ist alles Leben geworden, Und vollendend, wie sonst, erscheinst du wieder den Kindern Überall, o Natur! und, wie vom Quellengebirg, rinnt Seegen von da und dort in die keimende Seele dem Volke. Dann, dann, o ihr Freuden Athens! ihr Thaten in Sparta! Köstliche Frühlingszeit im Griechenlande! wenn unser Herbst kömmt, wenn ihr gereift, ihr Geister alle der Vorwelt! Wiederkehret und siehe! des Jahrs Vollendung ist nahe! Dann erhalte das Fest auch euch, vergangene Tage! Hin nach Hellas schaue das Volk, und weinend und dankend Sänftige sich in Erinnerungen der stolze Triumphtag! Aber blühet indeß, bis unsre Früchte beginnen, Blüht, ihr Gärten Ioniens! nur, und die an Athens Schutt Grünen, ihr Holden! verbergt dem schauenden Tage die Trauer! Kränzt mit ewigem Laub, ihr Lorbeerwälder! die Hügel Eurer Todten umher, bei Marathon dort, wo die Knaben Siegend starben, ach! dort auf Chäroneas Gefilden, Wo mit den Waffen ins Blut die lezten Athener enteilten, Fliehend vor dem Tage der Schmach, dort, dort von den Bergen Klagt ins Schlachtthal täglich herab, dort singet von Oetas Gipfeln das Schiksaalslied, ihr wandelnden Wasser, herunter! Aber du, unsterblich, wenn auch der Griechengesang schon Dich nicht feiert, wie sonst, aus deinen Woogen, o Meergott! Töne mir in die Seele noch oft, daß über den Wassern Furchtlosrege der Geist, dem Schwimmer gleich, in der Starken Frischem Glüke sich üb', und die Göttersprache, das Wechseln Und das Werden versteh', und wenn die reißende Zeit mir Zu gewaltig das Haupt ergreifft und die Noth und das Irrsaal Unter Sterblichen mir mein sterblich Leben erschüttert, Laß der Stille mich dann in deiner Tiefe gedenken.
Einen vergänglichen Tag lebt' ich und wuchs mit den Meinen, Eins um's andere schon schläft mir und fliehet dahin. Doch ihr Schlafenden wacht am Herzen mir, in verwandter Seele ruhet von euch mir das entfliehende Bild. Und lebendiger lebt ihr dort, wo des göttlichen Geistes Freude die Alternden all, alle die Todten verjüngt.
Sei froh! Du hast das gute Loos erkoren, Denn tief und treu ward eine Seele dir; Der Freunde Freund zu seyn, bist du geboren, Diß zeugen dir am Feste wir. Und seelig, wer im eignen Hauße Frieden, Wie du, und Lieb' und Fülle sieht und Ruh; Manch Leben ist, wie Licht und Nacht, verschieden, In goldner Mitte wohnest du. Dir glänzt die Sonn' in wohlgebauter Halle, Am Berge reift die Sonne dir den Wein, Und immer glüklich führt die Güter alle Der kluge Gott dir aus und ein. Und Kind gedeiht, und Mutter um den Gatten, Und wie den Wald die goldne Wolke krönt, So seid auch ihr um ihn, geliebte Schatten! Ihr Seeligen, an ihn gewöhnt! O seid mit ihm! denn Wolk' und Winde ziehen Unruhig öfters über Land und Haus, Doch ruht das Herz bei allen Lebensmühen Im heil'gen Angedenken aus. Und sieh! aus Freude sagen wir von Sorgen; Wie dunkler Wein, erfreut auch ernster Sang; Das Fest verhallt, und jedes gehet morgen Auf schmaler Erde seinen Gang.
Ihr Städte des Euphrats! Ihr Gassen von Palmyra! Ihr Säulenwälder in der Eb'ne der Wüste, Was seid ihr? Euch hat die Kronen, Dieweil ihr über die Gränze Der Othmenden seid gegangen, Von Himmlischen der Rauchdampf und Hinweg das Feuer genommen; Jezt aber siz' ich unter Wolken (deren Ein jedes eine Ruh' hat eigen) unter Wohleingerichteten Eichen, auf Der Heide des Rehs, und fremd Erscheinen und gestorben mir Der Seeligen Geister.
Hinunter sinket der Wald, Und Knospen ähnlich, hängen Einwärts die Blätter, denen Blüht unten auf ein Grund, Nicht gar unmündig. Da nemlich ist Ulrich Gegangen; oft sinnt, über den Fußtritt, Ein groß Schiksaal Bereit, an übrigem Orte.
Mit gelben Birnen hänget Und voll mit wilden Rosen Das Land in den See, Ihr holden Schwäne, Und trunken von Küssen Tunkt ihr das Haupt Ins heilignüchterne Wasser. Weh mir, wo nehm' ich, wenn Es Winter ist, die Blumen, und wo Den Sonnenschein, Und Schatten der Erde? Die Mauern stehn Sprachlos und kalt, im Winde Klirren die Fahnen.
DEM LANDGRAFEN VON HOMBURG Nah ist Und schwer zu fassen der Gott. Wo aber Gefahr ist, wächst Das Rettende auch. Im Finstern wohnen Die Adler und furchtlos gehn Die Söhne der Alpen über den Abgrund weg Auf leichtgebaueten Brüken. Drum, da gehäuft sind rings Die Gipfel der Zeit, und die Liebsten Nah wohnen, ermattend auf Getrenntesten Bergen, So gieb unschuldig Wasser, O Fittige gieb uns, treuesten Sinns Hinüberzugehn und wiederzukehren. So sprach ich, da entführte Mich schneller, denn ich vermuthet Und weit, wohin ich nimmer Zu kommen gedacht, ein Genius mich Vom eigenen Hauß'. Es dämmerten Im Zwielicht, da ich gieng Der schattige Wald Und die sehnsüchtigen Bäche Der Heimath; nimmer kannt' ich die Länder; Doch bald, in frischem Glanze, Geheimnißvoll Im goldenen Rauche, blühte Schnellaufgewachsen, Mit Schritten der Sonne, Mit tausend Gipfeln duftend, Mir Asia auf, und geblendet sucht' Ich eines, das ich kennete, denn ungewohnt War ich der breiten Gassen, wo herab Vom Tmolus fährt Der goldgeschmükte Pactol Und Taurus stehet und Messogis, Und voll von Blumen der Garten, Ein stilles Feuer; aber im Lichte Blüht hoch der silberne Schnee; Und Zeug unsterblichen Lebens An unzugangbaren Wänden Uralt der Epheu wächst und getragen sind Von lebenden Säulen, Cedern und Lorbeern Die feierlichen, Die göttlichgebauten Palläste. Es rauschen aber um Asias Thore Hinziehend da und dort In ungewisser Meeresebene Der schattenlosen Straßen genug, Doch kennt die Inseln der Schiffer. Und da ich hörte Der nahegelegenen eine Sei Patmos, Verlangte mich sehr, Dort einzukehren und dort Der dunkeln Grotte zu nahn. Denn nicht, wie Cypros, Die quellenreiche, oder Der anderen eine Wohnt herrlich Patmos, Gastfreundlich aber ist Im ärmeren Hauße Sie dennoch Und wenn vom Schiffbruch oder klagend Um die Heimath oder Den abgeschiedenen Freund Ihr nahet einer Der Fremden, hört sie es gern, und ihre Kinder Die Stimmen des heißen Hains, Und wo der Sand fällt, und sich spaltet Des Feldes Fläche, die Laute Sie hören ihn und liebend tönt Es wieder von den Klagen des Manns. So pflegte Sie einst des gottgeliebten, Des Sehers, der in seeliger Jugend war Gegangen mit Dem Sohne des Höchsten, unzertrennlich, denn Es liebte der Gewittertragende die Einfalt Des Jüngers und es sahe der achtsame Mann Das Angesicht des Gottes genau, Da, beim Geheimnisse des Weinstoks, sie Zusammensaßen, zu der Stunde des Gastmals, Und in der großen Seele, ruhigahnend den Tod Aussprach der Herr und die lezte Liebe, denn nie genug Hatt' er von Güte zu sagen Der Worte, damals, und zu erheitern, da Ers sahe, das Zürnen der Welt. Denn alles ist gut. Drauf starb er. Vieles wäre Zu sagen davon. Und es sahn ihn, wie er siegend blikte Den Freudigsten die Freunde noch zulezt, Doch trauerten sie, da nun Es Abend worden, erstaunt, Denn Großentschiedenes hatten in der Seele Die Männer, aber sie liebten unter der Sonne Das Leben und lassen wollten sie nicht Vom Angesichte des Herrn Und der Heimath. Eingetrieben war, Wie Feuer im Eisen, das, und ihnen gieng Zur Seite der Schatte des Lieben. Drum sandt' er ihnen Den Geist, und freilich bebte Das Haus und die Wetter Gottes rollten Ferndonnernd über Die ahnenden Häupter, da, schwersinnend Versammelt waren die Todeshelden, Izt, da er scheidend Noch einmal ihnen erschien. Denn izt erlosch der Sonne Tag Der Königliche und zerbrach Den geradestralenden, Den Zepter, göttlichleidend, von selbst, Denn wiederkommen sollt es Zu rechter Zeit. Nicht wär es gut Gewesen, später, und schroffabbrechend, untreu, Der Menschen Werk, und Freude war es Von nun an, Zu wohnen in liebender Nacht, und bewahren In einfältigen Augen, unverwandt Abgründe der Weisheit. Und es grünen Tief an den Bergen auch lebendige Bilder, Doch furchtbar ist, wie da und dort Unendlich hin zerstreut das Lebende Gott. Denn schon das Angesicht Der theuern Freunde zu lassen Und fernhin über die Berge zu gehn Allein, wo zweifach Erkannt, einstimmig War himmlischer Geist; und nicht geweissagt war es, sondern Die Loken ergriff es, gegenwärtig, Wenn ihnen plözlich Ferneilend zurük blikte Der Gott und schwörend, Damit er halte, wie an Seilen golden Gebunden hinfort Das Böse nennend, sie die Hände sich reichten - Wenn aber stirbt alsdenn An dem am meisten Die Schönheit hieng, daß an der Gestalt Ein Wunder war und die Himmlischen gedeutet Auf ihn, und wenn, ein Räthsel ewig füreinander Sie sich nicht fassen können Einander, die zusammenlebten Im Gedächtniß, und nicht den Sand nur oder Die Weiden es hinwegnimmt und die Tempel Ergreifft, wenn die Ehre Des Halbgotts und der Seinen Verweht und selber sein Angesicht Der Höchste wendet Darob, daß nirgend ein Unsterbliches mehr am Himmel zu sehn ist oder Auf grüner Erde, was ist diß? Es ist der Wurf des Säemanns, wenn er faßt Mit der Schaufel den Waizen, Und wirft, dem Klaren zu, ihn schwingend über die Tenne. Ihm fällt die Schaale vor den Füßen, aber Ans Ende kommet das Korn, Und nicht ein Übel ists, wenn einiges Verloren gehet und von der Rede Verhallet der lebendige Laut, Denn göttliches Werk auch gleichet dem unsern, Nicht alles will der Höchste zumal. Zwar Eisen träget der Schacht, Und glühende Harze der Aetna, So hätt' ich Reichtum, Ein Bild zu bilden, und ähnlich Zu schaun, wie er gewesen, den Christ, Wenn aber einer spornte sich selbst, Und traurig redend, unterweges, da ich wehrlos wäre Mich überfiele, daß ich staunt' und von dem Gotte Das Bild nachahmen möcht' ein Knecht - Im Zorne sichtbar sah' ich einmal Des Himmels Herrn, nicht, daß ich seyn sollt etwas, sondern Zu lernen. Gütig sind sie, ihr Verhaßtestes aber ist, So lange sie herrschen, das Falsche, und es gilt Dann Menschliches unter Menschen nicht mehr. Denn sie nicht walten, es waltet aber Unsterblicher Schiksaal und es wandelt ihr Werk Von selbst, und eilend geht es zu Ende. Wenn nemlich höher gehet himmlischer Triumphgang, wird genennet, der Sonne gleich Von Starken der frohlokende Sohn des Höchsten, Ein Loosungszeichen, und hier ist der Stab Des Gesanges, niederwinkend, Denn nichts ist gemein. Die Todten weket Er auf, die noch gefangen nicht Vom Rohen sind. Es warten aber Der scheuen Augen viele Zu schauen das Licht. Nicht wollen Am scharfen Strale sie blühn, Wiewohl den Muth der goldene Zaum hält. Wenn aber, als Von schwellenden Augenbraunen Der Welt vergessen Stillleuchtende Kraft aus heiliger Schrift fällt, mögen Der Gnade sich freuend, sie Am stillen Blike sich üben. Und wenn die Himmlischen jezt So, wie ich glaube, mich lieben Wie viel mehr Dich, Denn Eines weiß ich, Daß nemlich der Wille Des ewigen Vaters viel Dir gilt. Still ist sein Zeichen Am donnernden Himmel. Und Einer stehet darunter Sein Leben lang. Denn noch lebt Christus. Es sind aber die Helden, seine Söhne Gekommen all und heilige Schriften Von ihm und den Bliz erklären Die Thaten der Erde bis izt, Ein Wettlauf unaufhaltsam. Er ist aber dabei. Denn seine Werke sind Ihm alle bewußt von jeher. Zu lang, zu lang schon ist Die Ehre der Himmlischen unsichtbar. Denn fast die Finger müssen sie Uns führen und schmählich Entreißt das Herz uns eine Gewalt. Denn Opfer will der Himmlischen jedes, Wenn aber eines versäumt ward, Nie hat es Gutes gebracht. Wir haben gedienet der Mutter Erd' Und haben jüngst dem Sonnenlichte gedient, Unwissend, der Vater aber liebt, Der über allen waltet, Am meisten, daß gepfleget werde Der veste Buchstab, und bestehendes gut Gedeutet. Dem folgt deutscher Gesang.
Der Nordost wehet, Der liebste unter den Winden Mir, weil er feurigen Geist Und gute Fahrt verheißet den Schiffern. Geh aber nun und grüße Die schöne Garonne, Und die Gärten von Bourdeaux Dort, wo am scharfen Ufer Hingehet der Steg und in den Strom Tief fällt der Bach, darüber aber Hinschauet ein edel Paar Von Eichen und Silberpappeln; Noch denket das mir wohl und wie Die breiten Gipfel neiget Der Ulmwald, über die Mühl', Im Hofe aber wächset ein Feigenbaum. An Feiertagen gehn Die braunen Frauen daselbst Auf seidnen Boden, Zur Märzenzeit, Wenn gleich ist Nacht und Tag, Und über langsamen Stegen, Von goldenen Träumen schwer, Einwiegende Lüfte ziehen. Es reiche aber, Des dunkeln Lichtes voll, Mir einer den duftenden Becher, Damit ich ruhen möge; denn süß Wär' unter Schatten der Schlummer. Nicht ist es gut, Seellos von sterblichen Gedanken zu seyn. Doch gut Ist ein Gespräch und zu sagen Des Herzens Meinung, zu hören viel Von Tagen der Lieb', Und Thaten, welche geschehen. Wo aber sind die Freunde? Bellarmin Mit dem Gefährten? Mancher Trägt Scheue, an die Quelle zu gehn; Es beginnet nemlich der Reichtum Im Meere. Sie, Wie Mahler, bringen zusammen Das Schöne der Erd' und verschmähn Den geflügelten Krieg nicht, und Zu wohnen einsam, jahrlang, unter Dem entlaubten Mast, wo nicht die Nacht durchglänzen Die Feiertage der Stadt, Und Saitenspiel und eingeborener Tanz nicht. Nun aber sind zu Indiern Die Männer gegangen, Dort an der luftigen Spiz' An Traubenbergen, wo herab Die Dordogne kommt, Und zusammen mit der prächt'gen Garonne meerbreit Ausgehet der Strom. Es nehmet aber Und giebt Gedächtniß die See, Und die Lieb' auch heftet fleißig die Augen, Was bleibet aber, stiften die Dichter.
An die Verwandten Drin in den Alpen ists noch helle Nacht und die Wolke, Freudiges dichtend, sie deckt drinnen das gähnende Tal. Dahin, dorthin toset und stürzt die scherzende Bergluft, Schroff durch Tannen herab glänzet und schwindet ein Strahl. Langsam eilt und kämpft das freudigschauernde Chaos, Jung an Gestalt, doch stark, feiert es liebenden Streit Unter den Felsen, es gärt und wankt in den ewigen Schranken, Denn bacchantischer zieht drinnen der Morgen herauf. Denn es wächst unendlicher dort das Jahr und die heilgen Stunden, die Tage, sie sind kühner geordnet, gemischt. Dennoch merket die Zeit der Gewittervogel und zwischen Bergen, hoch in der Luft weilt er und rufet den Tag. Jetzt auch wachet und schaut in der Tiefe drinnen das Dörflein Furchtlos, Hohem vertraut, unter den Gipfeln hinauf. Wachstum ahnend, denn schon, wie Blitze, fallen die alten Wasserquellen, der Grunden unter den Stürzenden dampft, Echo tönet unher, und die unermeßliche Werkstatt Reget bei Tag und Nacht, Gaben versendend, den Arm. Ruhig glänzen indes die silbernen Höhen darüber, Voll mit Rosen ist schon droben der leuchtende Schnee. Und noch höher hinauf wohnt über dem Lichte der reine Selige Gott vom Spiel heiliger Strahlen erfreut. Stille wohnt er allein und hell escheinet sein Antlitz, Der ätherische scheint Leben zu geben geneigt, Freude zu schaffen, mit uns, wie oft, wenn, kundig des Maßes, Kundig der Atmenden anch zögernd und schonend der Gott Wohlgediegenes Glück den Städten und Häusern und milde Regen, zu öffnen das Land, brütende Wolken, und euch, Trauteste Lüfte dann, euch, sanfte Frühlinge, sendet, Und mit langsamer Hand Traurige wieder erfreut, Wenn er die Zeiten erneut, der Schöpferische, die stillen Herzen der alternden Menschen erfrischt und ergreift, Und hinab in der Tiefe wirkt, und öffnet und aufhellt, Wie ers liebet, und jetzt wieder ein Leben beginnt, Anmut blühet, wie einst, und gegenwärtiger Geist kömmt, Und ein freudiger Mut wieder die Fittige schwellt. Vieles sprach ich zu ihm, denn, was auch Dichtende sinnen Oder singen, es gilt meistens den Engeln und ihm; Vieles bat ich, zu lieb dem Vaterlande, damit nicht Ungebeten uns plötzlich befiele der Geist; Vieles für euch auch, die im Vaterlande besorgt sind, Denen der heilige Dank lächelnd die Flüchtlinge bringt, Landesleute! für euch, indessen wiegte der See mich, Und der Ruderer saß ruhig und lobte die Fahrt. Weit in des Sees Ebene wars Ein freudiges Wallen Unter der Segeln und jetzt blühet und hellet die Stadt Dort in der Frühe sich auf, wohl her von schattigen Alpen Kommt geleitet und ruht nun in dem Hafen das Schiff. Warm is das Ufer hier und freundlich offene Tale, Schön von Pfaden erhellt, grünen und schimmern mich an. Gärten stehen gesellt und die glänzende Knospe beginnt schon, Und des Vogels Gesang ladet den Wanderer ein. Alles scheinet vertraut, der vorübereilende Gruß auch Scheint von Freunden, es scheint jegliche Miene verwandt. Freilich wohl! das Geburtsland ists, der Boden der Heimat, Was du suchest, es ist nahe, begegnet dir schon. Und umsonst nicht steht, wie ein Sohn, am wellenumrauschten Tor und siehet und sucht liebende Namen für dich, Mit Gesang, ein wandernder Mann, glückseliges Lindau! Eine der gastlichen Pforten des Landes ist dies, Reizend hinauszugehn in die vielversprechende Ferne, Dort, wo die Wunder sind, dort, wo das göttliche Wild Hoch in die Ebnen herab der Rhein die verwegene Bahn bricht, Und aus Felsen hervor ziehet das jauchzende Tal, Dort hinein, durchs helle Gebirg, nach Como zu wandern, Oder hinab, wie der Tag wandelt, den offenen See; Aber reizender mir bist du, geweihete Pforte! Heimzugehn, wo bekannt blühende Wege mir sind, Dort zu besuchen das Land und die schöne Tale des Neckars, Und die Wälder, das Grün heiliger Bäume, wo gern Sich die Eiche gesellt mit stillen Birken und Buchen, Und in Bergen ein Ort freundlich gefangen mich nimmt. Dort empfangen sie mich. O Stimme der Stadt, der Mutter! O du triffst, du regst Langegelerntes mir auf! Dennoch sind sie es noch! noch blühet die Sonn und die Freud euch, O ihr Liebsten! und fast heller im Auge, wie sonst. Ja! das Alte noch ists! Es gedeihet und reifer, doch keines, Was da lebet und liebt, lässet die Treue zurück. Aber das Beste, der Fund, der unter des heiligen Friedens Bogen lieget, er ist Jungen und Alten gespart. Törig red ich. Es ist die Freude. Doch morgen und künftig, Wenn wir gehen und schaun draußen das lebende Feld Unter den Blüten des Baums, in den Feiertagen des Frühlings Red und hoff ich mit euch vieles, ihr Lieben! davon. Vieles hab ich gehört wom großen Vater und habe Lange geschwiegen von ihm, welcher die wandernde Zeit Droben in Höhen erfrischt, und waltet über Gebirgen, Der gewähret uns bald himmlische Gaben und ruft Hellern Gesang und schickt viel gute Geister. O säumt nicht, Kommt, Erhaltenden ihr! Engel des Jahres! und ihr, Engel des Hauses, kommt! in die Adern alle des Lebens, Alle freuend zugleich, teile das Himmlische sich! Adle! verjünge! damit nichts Menschlichgutes, damit nicht Eine Stunde des Tags ohne die Frohen und auch Solche Freude, wie jetzt, wenn Liebende wieder sich finden, Wie es gehört für sie, schicklich geheiliget sei. Wenn wir segnen das Mahl, wen darf ich nennen, und wenn wir Ruhn vom Leben des Tags, saget, wie bring ich den Dank? Nenn ich den Hohen dabei? Unschickliches liebet ein Gott nicht, Ihn zu fassen, ist fast unsere Freude zu klein. Schweigen müssen wir oft; es fehlen heilige Namen, Herzen schlagen, doch bleibt die Rede zurück? Aber ein Saitenspiel leiht jeder Stunde die Töne, Und erfreuet vielleicht Himmlische, welche sich nahn. Das bereitet und so ist auch beinahe die Sorge Schon befriediget, die unter das Freudige kam. Sorgen, wie diese, muß, gern oder nicht, in der Seele Tragen ein Sänger und oft, aber die anderen nicht.
An Isaak von Sinclair Im dunkeln Efeu saß ich, an der Pforte Des Waldes, eben, da der goldene Mittag, Den Quell besuchend, herunterkam Von Treppen des Alpengebirgs, Das mir die göttlichgebaute, Die Burg der Himmlischen heißt Nach alter Meinung, wo aber Geheim noch manches entschieden Zu Menschen gelanget; von da Vernahm ich ohne Vermuten Ein Schicksal, denn noch kaum War mir im warmen Schatten Sich manches beredend, die Seele Italia zu geschweift Und fernhin an die Küsten Moreas. Jetzt aber, drin im Gebirg, Tief unter den silbernen Gipfeln Und unter fröhlichem Grün, Wo die Wälder schauernd zu ihm, Und der Felsen Häupter übereinander Hinabschaun, taglang, dort Im kältesten Abgrund hört Ich um Erlösung jammern Den Jüngling, es hörten ihn, wie er tobt', Und die Mutter Erd anklagt', Und den Donnerer, der ihn gezeuget, Erbarmend die Eltern, doch Die Sterblichen flohn von dem Ort, Denn furchtbar war, da lichtlos er In den Fesseln sich wälzte, Das Rasen des Halbgotts. Die Stimme war des edelsten der Ströme, Des freigeborenen Rheins, Und anderes hoffte der, als droben von den Brüdern, Dem Tessin und der Rhodanus, Er schied und wandern wollt, und ungeduldig ihn Nach Asia trieb er die königliche Seele. Doch unverständig ist Das Wünschen vor dem Schicksal. Die Blindesten aber Sind Göttersöhne. Denn es kennet der Mensch Sein Haus und dem Tier ward, wo Es bauen solle, doch jenen ist Der Fehl, daß sie nicht wissen wohin In die unerfahrne Seele gegeben. Ein Rätsel ist Reinentsprungenes. Auch Der Gesang kaum darf es enthüllen. Denn Wie du anfingst, wirst du bleiben, So viel auch wirket die Not, Und die Zucht, das meiste nämlich Vermag die Geburt, Und der Lichtstrahl, der Dem Neugebornen begegnet. Wo aber ist einer, Um frei zu bleiben Sein Leben lang, und des Herzens Wunsch Allein zu erfüllen, so Aus günstigen Höhn, wie der Rhein, Und so aus heiligem Schoße Glücklich geboren, wie jener? Drum ist ein Jauchzen sein Wort. Nicht liebt er, wie andere Kinder, In Wickelbanden zu weinen; Denn wo die Ufer zuerst An die Seit ihm schleichen, die krummen, Und durstig umwindend ihn, Den Unbedachten, zu ziehn Und wohl zu behüten begehren Im eigenen Zahne, lachend Zerreißt er die Schlangen und stürzt Mit der Beut und wenn in der Eil Ein Größerer ihn nicht zähmt, Ihn wachsen läßt, wie der Blitz, muß er Die Erde spalten, und wie Bezauberte fliehn Die Wälder ihm nach und zusammensinkend die Berge. Ein Gott will aber sparen den Söhnen Das eilende Leben und lächelt, Wenn unenthaltsam, aber gehemmt Von heiligen Alpen, ihm In der Tiefe, wie jener, zürnen die Ströme. In solcher Esse wird dann Auch alles Lautre geschmiedet, Und schön ists, wie er drauf, Nachdem er die Berge verlassen, Stillwandelnd sich im deutschen Lande Begnüget und das Sehnen stillt Im guten Geschäfte, wenn er das Land baut, Der Vater Rhein, und liebe Kinder nährt In Städten, die er gegründet. Doch nimmer, nimmer vergißt ers. Denn eher muß die Wohnung vergehn, Und die Satzung und zum Unbild werden Der Tag der Menschen, ehe vergessen Ein solcher dürfte den Ursprung Und die reine Stimme der Jugend. Wer war es, der zuerst Die Liebesbande verderbt Und Stricke von ihnen gemacht hat? Dann haben des eigenen Rechts Und gewiß des himmlischen Feuers Gespottet die Trotzigen, dann erst Die sterblichen Pfade verachtend Verwegnes erwählt Und den Göttern gleich zu werden getrachtet. Es haben aber an eigner Unsterblichkeit die Götter genug, und bedürfen Die Himmlischen eines Dings, So sinds Heroen und Menschen Und Sterbliche sonst. Denn weil Die Seligsten nichts fühlen von selbst, Muß wohl, wenn solches zu sagen Erlaubt ist, in der Götter Namen Telnehmend fühlen ein Andrer, Den brauchen sie; jedoch ihr Gericht Ist, daß sein eigenes Haus Zerbreche der und das Liebste Wie den Feind schelt und sich Vater und Kind Begrabe unter den Trümmern, Wenn einer, wie sie, sein will und nicht Ungleiches dulden, der Schwärmer. Drum wohl ihm, welcher fand Ein wohlbeschiedenes Schicksal, Wo noch der Wanderungen Und süß der Leiden Erinnerung Aufrauscht am sichern Gestade, Daß da und dorthin gern Er sehn mag bis an die Grenzen, Die bei der Geburt ihm Gott Zum Aufenthalte gezeichnet. Dann ruht er, seligbescheiden, Denn alles, was er gewollt, Das Himmlische, von selber umfängt Es unbezwungen, lächelnd Jetzt, da er ruhet, den Kühnen. Halbgötter denk ich jetzt Und kennen muß ich die Teuern, Weil oft ihr Leben so Die sehnende Brust mir beweget. Wem aber, wie, Rousseau, dir, Unüberwindlich die Seele, Die starkausdauernde, ward, Und sicherer Sinn Und süße Gabe zu hören, Zu reden so, daß er aus heiliger Fülle Wie der Weingott, törig göttlich Und gesetzlos sie, die Sprache der Reinesten, gibt Verständlich den Guten, aber mit Recht Die Achtungslosen mit Blindheit schlägt, Die entweihenden Knechte, wie nenn ich den Fremden? Die Söhne der Erde sind, wie die Mutter, Alliebend, so empfangen sie auch Mühlos, die Glücklichen, Alles. Drum überraschet es auch Und schröckt den sterblichen Mann, Wenn er den Himmel, den Er mit den liebenden Armen Sich auf die Schultern gehäuft, und die Last der Freude bedanket; Dann scheint ihm oft das Beste, Fast ganz vergessen da, Wo der Strahl nicht brennt, Im Schatten des Walds Am Bielersee in frischer Grüne zu sein, Und sorglosarm an Tönen, Anfängern gleich, bei Nachtigallen zu lernen. Und herrlich ists, aus heiligem Schlafe dann Erstehen und, aus Waldes Kühle Erwachend, abends nun Dem milderen Licht entgegenzugehn, Wenn, der die Berge gebaut Und den Pfad der Ströme gezeichnet, Nachdem er lächelnd auch Der Menschen geschäftiges Leben, Das othemarme, wie Segel Mit seinen Lüften gelenkt hat, Auch ruht und zu der Schülerin jetzt, Der Bildner, Gutes mehr Denn Böses findend, Zur heutigen Erde der Tag sich neiget. - Dann feiern das Brautfest Menschen und Götter, Es feiern die Lebenden all, Und ausgeglichen Ist eine Weile das Schicksal. Und die Flüchtlinge suchen die Herberg, Und süßen Schlummer die Tapfern, Die Liebenden aber Sind, was sie waren, sie sind Zu Hause, wo die Blume sich freuet Unschädlicher Glut und die finsteren Bäume Der Geist umsäuselt, aber die Unversöhnten Sind umgewandelt und eilen Die Hände sich ehe zu reichen, Bevor das freundliche Licht Hinuntergeht und die Nacht kommt. Doch einigen eilt Dies schnell vorüber, andere Behalten es länger. Die ewigen Götter sind Voll Lebens allzeit; bis in den Tod Kann aber ein Mensch auch Im Gedächtnis doch das Beste behalten, Und dann erlebt er das Höchste. Nur hat ein jeder sein Maß. Denn schwer ist zu tragen das Unglück, aber schwerer das Glück. Ein Weiser aber vermocht es Vom Mittag bis in die Mitternacht, Und bis der Morgen erglänzte, Beim Gastmahl helle zu bleiben. Dir mag auf heißen Pfade unter Tannen oder Im dunkel des Eichwalds gehüllt In Stahl, mein Sinclair! Gott erscheinen oder In Wolken, du kennst ihn, da du kennst, jugendlich, Des Guten Kraft, und nimmer ist dir Verborgen das Lächeln des Herrschers Bei Tage, wenn Es fieberhaft und angekettet das Lebendige scheinet oder auch Bei Nacht, wenn alles gemischt Ist ordnungslos und wiederkehrt Uralte Verwirrung.
Und niemand weiß Indessen laß mich wandeln Und wilde Beere pflücken, Zu löschen die Liebe zu dir An deinen Pfaden, o Erd Hier wo --- und Rosendornen Und süße Linden duften neben Den Buchen, des Mittags, wenn im falben Kornfeld Das Wachstum rauscht, an geraden Halm, Und den Nacken die Ähre seitwärts beugt Dem Herbste gleich, jetzt aber unter hohem Gewölbe der Eichen, da ich sinn Unf aufwärts frage, der Glockenschlag Mir wohlbekannt Fernher tönt, goldenklingend, um die Stunde, wenn Der Vogel wieder wacht. So gehet es wohl.
Und wenig wissen, aber der Freude viel Ist Sterblichen gegeben, Warum, o schöne Sonne, genügst du mir, du Blüte meiner Blüten! am Maitag nicht? Was weiß ich höhers denn? O daß ich lieber wäre, wie Kinder sind! Daß ich, wie Nachtigallen, ein sorglos Lied Von meiner Wonne sänge!
ERSTER ACT ERSTER AUFTRITT PANTHEA. DELIA PANTHEA Diß ist sein Garten! Dort im geheimen Dunkel, wo die Quelle springt, dort stand er jüngst, als ich vorübergieng - du hast ihn nie gesehn? DELIA O Panthea! Bin ich doch erst seit gestern mit dem Vater in Sicilien. Doch ehmals, da ich noch ein Kind war, sah ich ihn auf einem Kämpfer- wagen bei den Spielen in Olympia. Sie sprachen damals viel von ihm, und immer ist sein Nahme mir geblieben. PANTHEA Du must ihn jezt sehn! jezt! Man sagt, die Pflanzen merkten auf ihn, wo er wandre, und die Wasser unter der Erde strebten herauf da, wo sein Stab den Boden berühre! Das all mag wahr seyn! und wenn er bei Gewittern in den Himmel blike, theile die Wolke sich und hervorschimmre der heitere Tag. - Doch was sagts? du must ihn selbst sehn! einen Augenblik! und dann hinweg! ich meid' ihn selbst - ein furchtbar allverwandelnd Wesen ist in ihm. - - DELIA Wie lebt er mit andern? Ich begreife nichts von diesem Manne, Hat er wie wir auch seine leeren Tage, Wo man sich alt und unbedeutend dünkt? Und giebt es auch ein menschlich Laid für ihn? PANTHEA Ach! da ich ihn zum leztenmale dort Im Schatten seiner Bäume sah, da hatt er wohl Sein eigen tiefes Laid - der Göttliche. Mit wunderbarem Sehnen, traurigforschend Wie wenn er viel verloren, blikt er bald Zur Erd' hinab, bald durch die Dämmerung Des Hains hinauf, als wär' ins ferne Blau Das Leben ihm entflogen, und die Demuth Des königlichen Angesichts ergriff Mein ringend Herz - auch du must untergehn, Du schöner Stern! und lange währets nicht mehr. Das ahnte mir- DELIA Hast du mit ihm auch schon Gesprochen, Panthea? PANTHEA O daß du daran mich erinnerst! Es ist nicht lange, daß ich todeskrank daniederlag. Schon dämmerte der klare Tag vor mir und um die Sonne wankte, wie ein seellos Schattenbild, die Welt. Da rief mein Vater, wenn er schon ein arger Feind des hohen Mannes ist, am hof- nunglosen Tage den Vertrauten der Natur, und als der Herrliche den Heiltrank mir gereicht, da schmolz in zaubrischer Versöhnung mir mein kämpfend Leben ineinander, und wie zurükgekehrt in süße sinnenfreie Kindheit schlief ich wachend viele Tage fort, Und kaum bedurft ich eines Othemzugs - wie nun in frischer Lust mein Wesen sich zum erstenmale wieder der langentbehrten Welt entfaltete, mein Auge sich in jugendlicher Neugier dem Tag er- schloß, da stand er, Empedokles! o wie göttlich und wie gegenwärtig mir! am Lächeln seiner Augen blühte mir das Leben wieder auf! ach wie ein Morgenwölkchen floß mein Herz dem hohen süßen Licht entgegen und ich war der zarte Wiederschein von ihm. DELIA O Panthea! PANTHEA Der Ton aus seiner Brust! in jede Sylbe klangen alle Melodien! und der Geist in seinem Wort! - zu seinen Füßen möcht' ich sizen, stundenlang, als seine Schülerin, sein Kind, in seinen Aether schaun, und zu ihm auf frohlokken, bis in seines Himmels Höhe sich mein Sinn verirrte. DELIA Was würd' er sagen, Liebe, wenn ers wüßte! PANTHEA Er weiß es nicht. Der Unbedürftge wandelt In seiner eignen Welt; in leiser Götterruhe geht Er unter seinen Blumen, und es scheun Die Lüfte sich, den Glüklichen zu stören, und aus sich selber wächst In steigendem Vergnügen die Begeisterung Ihm auf, bis aus der Nacht des schöpfrischen Entzükens, wie ein Funke, der Gedanke springt, Und heiter sich die Geister künftger Thaten In seiner Seele drängen, und die Welt, Der Menschen gährend Leben und die größre Natur um ihn erscheint - hier fühlt er, wie ein Gott In seinen Elementen sich, und seine Lust Ist himmlischer Gesang, dann tritt er auch Heraus ins Volk, an Tagen, wo die Menge Sich überbraust und eines Mächtigern Der unentschlossene Tumult bedarf, Da herrscht er dann, der herrliche Pilot Und hilft hinaus und wenn sie dann erst recht Genug ihn sehn, des immerfremden Manns sich Gewöhnen möchten, ehe sie's gewahren, Ist er hinweg, - ihn zieht in seine Schatten Die stille Pflanzenwelt, wo er sich schöner findet, Und ihr geheimnißvolles Leben, das vor ihm In seinen Kräften allen gegenwärtig ist. DELIA O Sprecherin! wie weist du denn das alles? PANTHEA Ich sinn ihm nach - wie viel ist über ihn Mir noch zu sinnen? ach! und hab ich ihn Gefaßt; was ists? Er selbst zu seyn, das ist Das Leben und wir andern sind der Traum davon. - Sein Freund Pausanias hat auch von ihm Schon manches mir erzählt - der Jüngling sieht Ihn Tag vor Tag, und Jovis Adler ist wohl Nicht stolzer, denn Pausanias - ich glaub' es! DELIA Ich kann nicht tadeln, Liebe, was du sagst, Doch trauert meine Seele wunderbar Darüber und ich möchte seyn, wie du, Und möcht' es wieder nicht. Seid ihr denn all Auf dieser Insel so? Wir haben auch An großen Männern unsre Lust, und Einer Ist izt die Sonne der Athenerinnen, Sophokles! dem von allen Sterblichen Zuerst der Jungfraun herrlichste Natur Erschien und sich zu reinem Angedenken In seine Seele gab - jede wünscht sich, ein Gedanke Des Herrlichen zu seyn, und möchte gern Die immerschöne Jugend, eh sie welkt Hinüber in des Dichters Seele retten Und frägt und sinnet, welche von den Jungfraun Der Stadt die zärtlichernste Heroide sei, Die er Antigonä genannt; und helle wirds Um unsre Stirne, wenn der Götterfreund Am heitern Festtag ins Theater tritt, Doch kummerlos ist unser Wohlgefallen, Und nie verliert das liebe Herz sich so In schmerzlich fortgerißner Huldigung - Du opferst dich - ich glaub es wohl, er ist Zu übergroß, um ruhig dich zu lassen, Den unbegränzten liebst du unbegränzt, Was hilft es ihm? dir selbst, dir ahndete Sein Untergang, du gutes Kind und du Sollst untergehn mit ihm? PANTHEA O mache mich Nicht stolz, und fürchte wie für ihn, für mich nicht! Ich bin nicht er, und wenn er untergeht, So kann sein Untergang der meinige Nicht seyn, denn groß ist auch der Tod der Großen was diesem Manne widerfährt, Das, glaube mir, das widerfährt nur ihm, Und hätt' er gegen alle Götter sich Versündiget und ihren Zorn auf sich Geladen, und ich wollte sündigen, Wie er, um gleiches Loos mit ihm zu leiden, So wärs, wie wenn ein Fremder in den Streit Der Liebenden sich mischt, - was willst du? sprächen Die Götter nur, du Thörin kannst uns nicht Belaidigen, wie er. DELIA Du bist vieleicht Ihm gleicher als du denkst, wie fändst du sonst An ihm ein Wohlgefallen? PANTHEA Liebes Herz! Ich weiß es selber nicht, warum ich ihm Gehöre - sähst du ihn! - Ich dacht', er käme Vieleicht heraus, du hättest dann im Weggehn ihn Gesehn - es war ein Wunsch! nicht wahr? ich sollte Der Wünsche mich entwöhnen, denn es scheint Als liebten unser ungeduldiges Gebet die Götter nicht, sie haben recht! Ich will auch nimmer - aber hoffen muß Ich doch, ihr guten Götter, und ich weiß Nicht anderes, denn ihn - Ich bäte gleich den übrigen, von euch Nur Sonnenlicht und Reegen, könnt' ich nur! O ewiges Geheimniß, was wir sind Und suchen, können wir nicht finden; was Wir finden, sind wir nicht - wie viel ist wohl Die Stunde, Delia? DELIA Dort kommt dein Vater. Ich weiß nicht, bleiben oder gehen wir - PANTHEA Wie sagtest du? mein Vater? kommt! hinweg!
ERSTER ACT ZWEITER AUFTRITT KRITIAS. HERMOKRATES Archon Priester HERMOKRATES Wer geht dort? KRITIAS Meine Tochter, wie mir dünkt, Und Delia, des Gastfreunds Tochter, der In meinem Hauße gestern eingekehrt ist. HERMOKRATES Ists Zufall? oder suchen sie ihn auch Und glauben, wie das VoLk, er sei entschwunden? KRITIAS Die wunderbare Sage kam bis izt wohl nicht Vor meiner Tochter Ohren. Doch sie hängt An ihm wie alle: wär er nur hinweg In Wälder oder Wüsten, übers Meer Hinüber oder in die Erd hinab - wohin Ihn treiben mag der unbeschränkte Sinn. HERMOKRATES Mit nichten! Denn sie müßten noch ihn sehn, Damit der wilde Wahn von ihnen weicht. KRITIAS Wo ist er wohl? HERMOKRATES Nicht fern von hier. Da sizt Er seelenlos im Dunkel. Denn es haben Die Götter seine Kraft von ihm genommen, Seit jenem Tage, da der trunkne Mann Vor allem Volk sich einen Gott genannt. KRITIAS Das Volk ist trunken, wie er selber ist. Sie hören kein Gesez, und keine Noth Und keinen Richter; die Gebräuche sind Von unverständlichem Gebrause gleich Den friedlichen Gestaden überschwemmt. Ein wildes Fest sind alle Tage worden, Ein Fest für alle Feste und der Götter Bescheidne Feiertage haben sich In eins verloren, allverdunkelnd hüllt Der Zauberer den Himmel und die Erd' Ins Ungewitter, das er uns gemacht, Und siehet zu und freut sich seines Geists In seiner stillen Halle. HERMOKRATES Mächtig war Die Seele dieses Mannes unter euch. KRITIAS Ich sage dir: sie wissen nichts denn ihn Und wünschen alles nur von ihm zu haben, Er soll ihr Gott, er soll ihr König seyn. Ich selber stand in tiefer Schaam vor ihm Da er vom Tode mir mein Kind gerettet. Wofür erkennst du ihn, Hermokrates? HERMOKRATES Es haben ihn die Götter sehr geliebt. Doch nicht ist er der Erste, den sie drauf Hinab in sinnenlose Nacht verstoßen, Vom Gipfel ihres gütigen Vertrauns Weil er des Unterschieds zu sehr vergaß Im übergroßen Glük, und sich allein Nur fühlte; so ergieng es ihm, er ist Mit gränzenloser Oede nun gestraft - Doch ist die lezte Stunde noch für ihn Nicht da; denn noch erträgt der Langverwöhnte Die Schmach in seiner Seele nicht, sorg' ich Und sein entschlafner Geist entzündet Nun neu an seiner Rache sich Und, halberwacht, ein fürchterlicher Träumer spricht Er gleich den alten übermüthigen, Die mit dem Schilfrohr Asien durchwandern, Durch sein Wort sein die Götter einst geworden. Dann steht die weite lebensreiche Welt Wie sein verlornes Eigentum vor ihm, Und ungeheure Wünsche regen sich In seiner Brust und wo sie hin sich wirft Die Flamme, macht sie eine freie Bahn. Gesez und Kunst und Sitt und heilge Sage Und was vor ihm in guter Zeit gereift Das stört er auf und Lust und Frieden kann Er nimmer dulden bei den Lebenden. Er wird der Friedliche nun nimmer seyn. Wie alles sich verlor so nimmt Er Alles wieder, und den Wilden hält Kein Sterblicher in seinem Toben auf. KRITIAS O Greis! du siehest nahmenlose Dinge. Dein Wort ist wahr und wenn es sich erfüllt, Dann wehe dir, Sicilien, so schön Du bist mit deinen Hainen, deinen Tempeln. HERMOKRATES Der Spruch der Götter trift ihn, eh sein Werk Beginnt. Versammle nur das Volk, damit ich Das Angesicht des Mannes ihnen zeige, Von dem sie sagen, daß er aufgeflohn Zum Aether sei. Sie sollen Zeugen seyn Des Fluches, den ich ihm verkündige, Und ihn verstoßen in die öde Wildniß, Damit er nimmerwiederkehrend dort Die böse Stunde büße, da er sich Zum Gott gemacht. KRITIAS Doch wenn des schwachen Volks Der Kühne sich bemeistert, fürchtest du Für mich und dich und deine Götter nicht? HERMOKRATES Das Wort des Priesters bricht den kühnen Sinn. KRITIAS Und werden sie den Langgeliebten dann Wenn schmählich er vom heilgen Fluche leidet, Aus seinen Gärten, wo er gerne lebt, Und aus der heimatlichen Stadt vertreiben? HERMOKRATES Wer darf den Sterblichen im Lande dulden, Den so der wohlverdiente Fluch gezeichnet? KRITIAS Doch wenn du wie ein Lästerer erscheinst Vor denen, die als einen Gott ihn achten? HERMOKRATES Der Taumel wird sich ändern, wenn sie erst Mit Augen wieder sehen den sie jezt schon Entschwunden in die Götterhöhe wähnen! Sie haben schon zum Bessern sich gewandt. Denn trauernd irrten gestern sie hinaus Und giengen hier umher und sprachen viel Von ihm, da ich desselben Weges kam. Drauf sagt' ich ihnen, daß ich heute sie Zu ihm geleiten wollt'; indessen soll In seinem Hauße jeder ruhig weilen. Und darum bat ich dich, mit mir heraus Zu kommen, daß wir sähen, ob sie mir Gehorcht. Du findest keinen hier. Nun komm. KRITIAS Hermokrates! HERMOKRATES Was ists? KRITIAS Dort seh ich ihn Wahrhaftig. HERMOKRATES Laß uns gehen, Kritias! Daß er in seine Rede nicht uns zieht.
ERSTER ACT DRITTER AUFTRITT EMPEDOKLES EMPEDOKLES In meine Stille kamst du leise wandelnd, Fandst drunten in der Grotte Dunkel mich aus, Du Freundlicher! du kamst nicht unverhoft Und fernher, oben über der Erde, vernahm Ich wohl dein Wiederkehren, schöner Tag Und meine Vertrauten euch, ihr schnellgeschäftgen Kräfte der Höh'! und nahe seid ihr Mir wieder, seid, wie sonst, ihr Glüklichen, Ihr irrelosen Bäume meines Hains! Ihr wuchst indessen fort und täglich tränkte Des Himmels Quelle die Bescheidenen Mit Licht und Lebensfunken säte Befruchtend auf die Blühenden der Aether. - O innige Natur! ich habe dich Vor Augen, kennest du den Freund noch Den Hochgeliebten kennest du mich nimmer? Den Priester, der lebendigen Gesang, Wie frohvergoßnes Opferblut, dir brachte? O bei den heilgen Brunnen, wo sich still Die Wasser sammeln, und die Dürstenden Am heißen Tage sich verjüngen! in mir In mir, ihr Quellen des Lebens, strömtet ihr einst Aus Tiefen der Welt zusammen und es kamen Die Dürstenden zu mir - vertroknet bin Ich nun, und nimmer freun die Sterblichen Sich meiner - bin ich ganz allein? und ist Es Nacht hier oben auch am Tage? weh! Der höhers, denn ein sterblich Auge, sah Der Blindgeschlagne tastet nun umher- Wo seid ihr, meine Götter? weh ihr laBt Wie einen Bettler mich und diese Brust Die liebend euch geahndet, stießt ihr mir Hinab und schloßt in schmählichenge Bande Die Freigeborne, die aus sich allein Und keines andern ist? Und dulden sollt ichs Wie die Schwächlinge, die im scheuen Tartarus Geschmiedet sind ans alte Tagewerk? Ich habe mich erkannt; ich will es! Luft will ich Mir schaffen, ha! und tagen solls! hinweg! Bei meinem Stolz! ich werde nicht den Staub Von diesem Pfade küssen, wo ich einst In einem schönen Traume gieng - es ist vorbei! Ich war geliebt, geliebt von euch ihr Götter Ich erfuhr euch, ich kannt euch, ich wirkte mit euch wie ihr Die Seele mir bewegt, so kannt ich euch So lebtet ihr in mir - o nein! es war Kein Traum, an diesem Herzen fühlt' ich dich Du stiller Aether! wenn der Sterblichen Irrsaal Mir an die Seele gieng und heilend du Die liebeswunde Brust umathmetest Du Allversöhner! und dieses Auge sah Dein göttlich Wirken, allentfaltend Licht! Und euch, ihr andern Ewigmächtigen - O Schattenbild! Es ist vorbei Und du, verbirg dirs nicht! du hast Es selbst verschuldet, armer Tantalus Das Heiligtum hast du geschändet, hast Mit frechem Stolz den schönen Bund entzweit Elender! als die Genien der Welt Voll Liebe sich in dir vergaßen, dachtst du An dich und wähntest karger Thor, an dich Die Gütigen verkauft, daß sie dir Die Himmlischen, wie blöde Knechte dienten! Ist nirgends ein Rächer Und muß ich denn allein den Hohn und Fluch In meine Seele rufen? Und es reißt Die delphische Krone mir kein Beßrer Denn ich vom Haupt, und nimmt die Loken hinweg Wie es dem kahlen Seher gebührt -
Täglich muß ich die verschwundene Gottheit wieder rufen. Wenn ich an große Männer denke, in großen Zeiten, wie sie, ein heilig Feuer, um sich griffen, und alles Tote, Hölzerne, das Stroh der Welt in Flamme verwandelten, die mit ihnen aufflog zum Himmel, und dann an mich, wie ich oft, ein glimmend Lämpchen, umhergehe, und betteln möchte um einen Tropfen Öl, um eine Weile noch die Nacht hindurch zu scheinen - siehe! da geht ein wunderbarer Schauer mir durch alle Glieder, und leise ruf ich mir das Schreckenswort zu: lebendiger Toter! Weißt Du, woran es liegt, die Menschen fürchten sich voreinander, daß der Genius des einen den andern verzehre, und darum gönnen sie sich wohl Speise und Trank, aber nichts, was die Seele nährt, und können es nicht leiden, wenn etwas, was sie sagen und tun, im andern einmal geistig aufgefaßt, in Flamme verwandelt wird. Die Törigen! Wie wenn irgend etwas, was die Menschen einander sagen könnten, mehr wäre als Brennholz, das erst, wenn es vom geistigen Feuer ergriffen wird, wieder zu Feuer wird, so wie es aus Leben und Feuer hervorging. Und gönnen sie die Nahrung nur gegenseitig einander, so leben und leuchten ja beide, und keiner verzehrt den andern. Erinnerst Du Dich unserer ungestörten Stunden, wo wir und wir nur umeinander waren? Das war Triumpf! beede so frei und stolz und wach und blühend und glänzend an Seel und Herz und Aug und Angesicht, und beede so in himmlischem Frieden nebeneinander! Ich hab es damals schon geahndet und gesagt: man könnte wohl die Welt durchwandern und fände es schwerlich wieder so. Und täglich fühl ich das ernster. Gestern nachmittag kam Muhrbeck zu mir aufs Zimmer. Die Franzosen sind schon wieder in Italien geschlagen, sagt' er. Wenns nur gut mit uns steht, sagt ich ihm, so steht es schon gut in der Welt, und er fiel mir um den Hals, und wir küßten uns die tiefbewegte freudige Seele auf die Lippen, und unsre weinenden Augen begegneten sich. Dann ging er. Solche Augenblicke hab ich doch noch. Aber kann das eine Welt ersetzen? Und das ists, was meine Treue ewig macht. In dem und jenem sind viele vortrefflich. Aber eine Natur, wie Deine, wo so alles in innigem unzerstörbarem lebendigem Bunde vereint ist, diese ist die Perle der Zeit, und wer sie erkannt hat, und wie ihr himmlisch angeboren eigen Glück dann auch ihr tiefes Unglück ist, der ist auch ewig glücklich und ewig unglücklich.
Jena. d. 26 Jenn. 95. Dein Brief war mir ein frölicher Willkomm bei meinem zweiten Eintritt in Jena. Ich war zu Ende des Dez. mit der Majorin von Kalb und meinem Zögling, mit dem ich zwei Monathe allein hier zuge- bracht hatte, nach Weimar abgereist, ohne so eine schnelle Rükkehr selbst zu vermuthen. Das mannigfaltige Elend, das ich durch die be- sondern Umstände, die bei meinem Subjecte stattfanden, im Er- ziehungswesen erfahren mußte, meine geschwächte Gesundheit, und das Bedürfnis, mir wenigstens einige Zeit selbst zu leben, das durch meinen hiesigen Aufenthalt nur vermehrt wurde, bestimmte mich noch vor meiner Abreise von Jena, den Wunsch, mein Verhält- nis zu verlassen, der Majorin vorzutragen. Ich lies mich durch sie und Schillern überreden, den Versuch noch einmal zu machen, konnte aber den Spaß nicht länger als 14 Tage ertragen, weil es unter anderem auch mich beinahe ganz die nächtliche Ruhe kostete, und kehrte nun in vollem Frieden nach Jena zurük, in eine Unabhängig- keit, die ich im Grunde jezt im Leben zum erstenmale genieße, und die hoffentlich nicht unfruchtbar seyn soll. Meine productive Tä- tigkeit ist izt beinahe ganz auf die Umbildung der Materialien von meinem Romane gerichtet. Das Fragment in der Thalia ist eine dieser rohen Massen. Ich denke bis Ostern damit fertig zu seyn, laß mich indeß von ihm schweigen. Den Genius der Künheit, dessen Du Dich vieleicht noch erinnerst, hab' ich, umgearbeitet, mit einigen andern Gedichten in die Thalia gegeben. Schiller nimmt sich meiner ser an, und hat mich aufgemuntert, Beiträge in sein neues Journal, die Horen, auch in seinen künftigen Musenalmanach zu geben. Göthen hab' ich gesprochen, Bruder! Es ist der schönste Genuß un- sers Lebens, so viel Menschlichkeit zu finden bei so viel Größe. Er un- terhielt mich so sanft und freundlich, daß mir recht eigentlich das Herz lachte, u. noch lacht, wenn ich daran denke. Herder war auch herz- lich, ergriff die Hand, zeigte aber schon mer den Weltman; sprach oft ganz so allegorisch, wie auch Du ihn kennst; ich werde wohl noch manchmal zu ihnen kommen; Majors von Kalb werden wahrschein- lich in Weimar bleiben, (weswegen meiner auch der Junge nicht mer bedurfte, und mein Abschied beschleuniget werden konnte) und die Freundschaft worinn ich besonders mit der Majorin stehe, macht mir öftere Besuche in diesem Hauße möglich. Fichtens spekulative Blätter - Grundlage der gesammten Wissen- schaftslehre - auch seine gedrukten Vorlesungen über die Bestim- mung des Gelehrten werden Dich ser interessiren. Anfangs hatt' ich ihn ser im Verdacht des Dogmatismus; er scheint, wenn ich mut- maßen darf auch wirklich auf dem Scheidewege gestanden zu seyn, oder noch zu stehn - er möchte über das Factum des Bewußtseins in der Theorie hinaus, das zeigen ser viele seiner Äußerungen, und das ist eben so gewis, und noch auffallender transcendent, als wenn die bisherigen Metaphysiker über das Daseyn der Welt hinaus wollten - sein absolutes Ich ( = Spinozas Substanz) enthält alle Realität; es ist alles, u. außer ihm ist nichts; es giebt also für dieses abs. Ich kein Ob- ject, denn sonst wäre nicht alle Realität in ihm; ein Bewußtsein ohne Object ist aber nicht denkbar, und wenn ich selbst dieses Object bin, so bin ich als solches notwendig beschränkt, sollte es auch nur in der Zeit seyn, also nicht absolut; also ist in dem absoluten Ich kein Be- wußtsein denkbar, als absolutes Ich hab ich kein Bewußtsein, und insofern ich kein Bewußtsein habe, insofern bin ich (für mich) nichts, also das absolute Ich ist (für mich) Nichts. So schrieb ich noch in Waltershausen, als ich seine ersten Blätter las, unmittelbar nach der Lectüre des Spinoza, meine Gedanken nie- der; Fichte bestätiget mir Seine Auseinandersezung der Wechselbestimmung des Ich und Nicht- ich (nach s. Sprache) ist gewis merkwürdig; auch die Idee des Stre- bens p.p. Ich muß abbrechen, und muß Dich bitten, all' das so gut als nicht geschrieben anzusehen. Daß Du Dich an die Religionsbe- griffe machst, ist gewis in mancher Rüksicht gut und wichtig. Den Begriff der Vorsehung behandelst Du wohl ganz parallel mit Kants Teleologie; die Art, wie er den Mechanismus der Natur (also auch des Schiksaals) mit ihrer Zwekmäsigkeit vereiniget, scheint mir eigentlich den ganzen Geist seines Systems zu enthalten; es ist frei- lich dieselbe, womit er alle Antinomien schlichtet. Fichte hat in An- sehung der Antinomien einen ser merkwürdigen Gedanken, über den ich aber lieber Dir ein andermal schreibe. Ich gehe schon lange mit dem Ideal einer Volkserziehung um, u. weil Du Dich gerade mit einem Teile derselben der Religion beschäftigest, so wähl ich mir vieleicht Dein Bild und Deine Freundschaft zum conductor der Ge- danken in die äußere Sinnenwelt, und schreibe, was ich vieleicht später geschrieben hätte, bei guter Zeit in Briefen an Dich, die Du beurteilen und berichtigen sollst.
Nachdem vorzeiten Gott manchmal und mancherley Weise geredt hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er am lezten in diesen Tagen zu uns geredt durch den Sohn, welchen er gesezt hat zum Erben über alles, durch welchen er auch die Welt gemacht hat. Diese zwey Verse des ersten Capitels an die Ebräer, das wir heute betrach- ten, enthalten für uns schon unendlich viel seeliges. Lange lehrte Gott die Menschen durch unmittelbare Offenbahrung und Erschei- nungen; lange lehrte Gott sein Volk durch Propheten, denen er sei- nen göttlichen Willen durch seinen Geist, durch Gesichte und Träume anzeigte; denn er sahe wohl, daß der bereits gefallene Mensch immer tieffer in Blindheit und Sünde verfallen würde, wann nicht immer wieder seine Lehre dessen verderbtes Herz zurükruffen würde. Allein endlich sandte der Gott voll Liebe, seinen Feinden, dem halsstarrigen Menschengeschlecht, dessen Natur immer gerade wider seinen Befehl handelte, seinen Sohn; den Sohn, Geliebteste, der von Ewigkeit in gleicher Göttlichkeit mit ihm war, der die ganze Welt, Himmel und Erde, als allmächtiger Gott, erschuf, den sandte er ihnen. Ihm gleicht kein Engel, ob dieser schon eines der herrlichsten Geschöpfe Gottes ist, sondern dieser bettet den Sohn Gottes, indem er gar wohl seiner Niedrigkeit gegen demselben bewußt ist, in tiefster Ehrfurcht an. Der Sohn Gottes regiert eben so weise, so gerecht, als der Vater; er erhält und trägt eben so alle Dinge, wie der Vater. Zu ihm hat der Vater gesagt; das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefal- len habe: Lucä am 3ten im 22ten Vers. Ihm sind alle Creaturen im Himmel, auf Erden, und unter der Erde eben so Dank und Ver- ehrung schuldig, dann er nimmt sich mit eben der allmächtigen Güte eines jeden seiner Geschöpfe an, als sein Vater; Er ist die zweyte Per- son der h. Dreyeinigkeit, welche für unsre kurzsichtige Vernunfft ein so heiliges Räthsel ist; Er ist mit dem Vater gleiches Wesens, Macht, und Herrlichkeit. Und dieser eingebohrne Sohn Gottes hat sich auf die Erde, in die schwache Hülle der Sünder, seiner Feinde, aber ohne Sünde, begeben, um durch seine göttliche Lehre ihre blinde Herzen zu erleuchten, und durch seinen Todt und Leiden ihre ganze Sünden- last zu tilgen, und also ihr Mittler zu werden. O! unausdenkliches Geheimniß der Liebe und Barmherzigkeit Gottes! Der Erlöser sahe wohl voraus, wie ihn eben diese, um deren willen er vorzüglich sich auf die Erde begab, wie ihn das Volk Gottes, ja selbst ihre Vorgesezte mit der schnödesten Verachtung von sich stoßen würden; wie diese elende Menschen seine Majestät so offt, so boshafft, so niederträchtig beleidigen würden: allein seine ewige Liebe war noch viel größer, als eine solche Widerspenstigkeit! O! Theuerste Zuhörer! sollte wohl jemand unter uns so tief im Schlamm der Sünde versunken seyn, daß nicht ein tieffes Gefühl des Dankes und der Freude in ihm erwachte? besonders zu der wirklichen Zeit, wo vor mehr als 17hundert Jahren dieser große Tag erschienen ist, der dem Menschengeschlecht ihren Heiland brachte. Nein! wir wol- len das irrdische fahren lassen, und die Freude über die heilreiche Geburt Jesu Christi ganz genießen. Jede Stunde soll ihm gewiedmet, jede soll des frölichsten Dankes und Lobes voll seyn, und auch diese soll dir, ewiger Gottmensch, ge- heiligt seyn; Laßt uns aber den Herrn zuvor um seinen Seegen an- rufen, und also betten:
Es giebt einen Naturzustand der Einbildungskraft, der mit jener Anarchie der Vorstellungen, die der Verstand organisirte, zwar die Gesezlosigkeit gemein hat, aber in Rüksicht auf das Gesez, durch das er geordnet werden soll, von jenem wol unterschieden werden muß. Ich meine unter diesem Naturzustande der Einbildungskraft, unter dieser Gesezlosigkeit die moralische, unter diesem Geseze, das Gesez der Freiheit. Dort wird die Einbildungskraft an und für sich, hier in Verbin- dung mit dem Begehrungsvermögen betrachtet. In jener Anarchie der Vorstellungen wo die Einbildungskraft theo- retisch betrachtet wird, war zwar eine Einheit des Mannigfaltigen, Ordnung der Warnemungen möglich, aber zufällig. In diesem Naturzustande der Phantasie, wo sie in Verbindung mit dem Begehrungsvermögen betrachtet wird, ist zwar moralische Ge- sezmäsigkeit möglich, aber zufällig. Es giebt eine Seite des empirischen Begehrungsvermögens, die Analogie dessen, was Natur heißt, die am auffallendsten ist, wo das notwendige mit der Freiheit, das Bedingte mit dem Unbedingten, das Sinnliche mit dem Heiligen sich zu verbrüdern scheint, eine natür- liche Unschuld, man möchte sagen eine Moralität des Instinkts, und die ihm gleichgestimmte Phantasie ist himmlisch. Aber dieser Naturzustand hängt als ein solcher auch von Natur- ursachen ab. Es ist ein bloses Glük, so gestimmt zu sein. Wäre das Gesez der Freiheit nicht, unter welchem das Begehrungs- vermögen zusamt der Phantasie stände, so würde es niemals einen vesten Zustand geben, der demjenigen gliche, der so eben angedeutet worden ist, wenigstens würde es nicht von uns abhängen, ihn vest- zuhalten. Sein Gegenteil würde eben so stattfinden, ohne daß wir es hindern könnten. Das Gesez der Freiheit aber gebietet, one alle Rüksicht auf die Hülfe der Natur. Die Natur mag zu Ausübung desselben förderlich sein, oder nicht, es gebietet. Vielmer sezt es einen Widerstand in der Natur voraus, sonst würde es nicht gebieten. Das erstemal, daß das Gesez der Freiheit sich an uns äußert, erscheint es strafend. Der An- fang all' unsrer Tugend geschieht vom Bösen. Die Moralität kann also niemals der Natur anvertraut werden. Denn wenn die Moralität auch nicht aufhörte Moralität zu sein, so bald die Bestimmungsgründe in der Natur und nicht in der Freiheit liegen, so wäre doch die Legali- tät, die durch blose Natur hervorgebracht werden könnte, ein ser unsicheres, nach Zeit und Umständen wandelbares Ding. So wie die Naturursachen anders bestimmt würden, würde diese Legalität
Urtheil. ist im höchsten und strengsten Sinne die ursprüngliche Trennung des in der intellectualen Anschauung innigst vereinigten Objects und Subjects, diejenige Trennung, wodurch erst Object und Subject möglich wird, die Ur=Theilung. Im Begriffe der Theilung liegt schon der Begriff der gegenseitigen Beziehung des Objects und Subjects aufeinander, und die nothwendige Voraussezung eines Gan- zen wovon Object und Subject die Theile sind. »Ich bin Ich« ist das passendste Beispiel zu diesem Begriffe der Urtheilung, als Theore- tischer Urtheilung, denn in der praktischen Urtheilung sezt es sich dem Nichtich, nicht sich selbst entgegen. Wirklichkeit und Möglichkeit ist unterschieden, wie mittelbares und unmittelbares Bewußtsein. Wenn ich einen Gegenstand als mög- lich denke, so wiederhohl' ich nur das vorhergegangene Bewußtseyn, kraft dessen er wirklich ist. Es giebt für uns keine denkbare Möglich- keit, die nicht Wirklichkeit war. Deswegen gilt der Begriff der Mög- lichkeit auch gar nicht von den Gegenständen der Vernunft, weil sie niemals als das, was sie seyn sollen, im Bewußtseyn vorkommen, son- dern nur der Begriff der Nothwendigkeit. Der Begriff der Möglich- keit gilt von den Gegenständen des Verstandes, der der Wirklichkeit von den Gegenständen der Wahrnemung und Anschauung. Seyn - drükt die Verbindung des Subjects und Objects aus. Wo Subject und Object schlechthin, nicht nur zum Theil vereiniget ist, mithin so vereiniget, daß gar keine Theilung vorgenommen wer- den kan, ohne das Wesen desjenigen, was getrennt werden soll, zu verlezen, da und sonst nirgends kann von einem Seyn schlechthin die Rede seyn, wie es bei der intellectualen Anschauung der Fall ist. Aber dieses Seyn muß nicht mit der Identität verwechselt werden. Wenn ich sage: Ich bin Ich, so ist das Subject (Ich) und das Object (Ich) nicht so vereiniget, daß gar keine Trennung vorgenommen werden kann, ohne, das Wesen desjenigen, was getrennt werden soll, zu verlezen; im Gegenteil das Ich ist nur durch diese Trennung des Ichs vom Ich möglich. Wie kann ich sagen: Ich! ohne Selbstbewußt- seyn? Wie ist aber Selbstbewußtseyn möglich? Dadurch daß ich mich mir selbst entgegenseze, mich von mir selbst trenne, aber unge- achtet dieser Trennung mich im entgegengesezten als dasselbe er- kenne. Aber in wieferne als dasselbe? Ich kann, ich muß so fragen; denn in einer andern Rüksicht ist es sich entgegengesezt. Also ist die Identität keine Vereinigung des Objects und Subjects, die schlechthin stattfände, also ist die Identität nicht = dem absoluten Seyn.
als Naturproduct seine Ehre widerfahren. Gelehrte Kritiken und Biographien, so wie alle Spekulation, die nur in den Streit gehört, liegen außerhalb unseres Zweks. Bonhommie nicht kalte Frivolität, leichte klare Ordnung, Kürze des Ganzen - nicht affectirt muthwillige Sprünge und Sonderbar- keiten.
NB. In den Briefen über Homer erst Karactere, dann Situationen, dann die Handlung, die im Karakterstük um des Karakters und des Hauptkarakters willen da ist, da von dem Wechsel der Töne
Die Weisen aber, die nur mit dem Geiste, nur allgemein unterschei- den, eilen schnell wieder ins reine Seyn zurük, und fallen in eine um so größere Indifferenz, weil sie hinlänglich unterschieden zu haben glauben, und die Nichtentgegensezung, auf die sie zurükgekommen sind, für eine ewige nehmen. Sie haben ihre Natur mit dem unter- sten Grade der Wirklichkeit, mit dem Schatten der Wirklichkeit, der idealen Entgegensezung und Unterscheidung getäuscht, und sie rächt sich dadurch
Der Ausdruk, das sinnliche gewöhnliche individuelle des Gedichts, bleibt sich immer gleich, und wenn jede der verschiedenen Parthien in sich selbst verschieden ist, so ist das erste in jeder Parthie gleich dem ersten der andern, das zweite jeder Parthie gleich dem zweiten der andern, das dritte jeder Parthie gleich dem dritten der andern. Der Styl, das
Der tragische Dichter thut wohl, den lyrischen, der lyrische den epischen, der epische den tragischen zu studiren. Denn im tragischen liegt die Vollendung des epischen, im lyrischen die Vollendung des tragischen, im epischen die Vollendung des lyrischen. Denn wenn schon die Vollendung von allen ein vermischter Ausdruk von allen ist, so ist doch eine der drei Seiten in jedem die hervorstechendste.
Die Bedeutung der Tragödien ist am leichtesten aus dem Paradoxon zu begreifen. Denn alles Ursprüngliche, weil alles Vermögen gerecht und gleich getheilt ist, erscheint zwar nicht in ursprünglicher Stärke sondern eigentlich in seiner Schwäche, so daß recht eigentlich das Lebenslicht und die Erscheinung der Schwäche jedes Ganzen ange- hört. Im Tragischen nun ist das Zeichen an sich selbst unbedeutend, wirkungslos, aber das Ursprüngliche ist gerade heraus. Eigentlich nemlich kann das Ursprüngliche nur in seiner Schwäche erscheinen, insofern aber das Zeichen an sich selbst als unbedeutend = 0 gesezt wird, kann auch das Ursprüngliche, der verborgene Grund jeder Na- tur sich darstellen. Stellt die Natur in ihrer schwächsten Gaabe sich eigentlich dar, so ist das Zeichen wenn sie sich in ihrer stärksten Gaabe darstellt = 0.
Von der Fabel der Alten. Ihre Prinzipien Gestalt derselben System Beziehung. Bewegbarkeit. Verschiedene Formen, die diese, troz der Nothwendigkeit ihrer Bildung, als Prinzipien leiden. Sinn und Inhalt derselben. Mythologischer Innhalt. Heroischer Reinmenschlicher. Sinn solcher Fabeln überhaupt. Höhere Moral. Unendlichkeit der Weisheit. Zusammenhang der Menschen und Geister. Natur, in der Einwirkung Geschichte.
Daß der Mensch in der Welt eine höhere moralische Geltenheit hat, ist durch Behauptenheiten der Moralität anerkennbar und aus vielem sichtbar.