Johannes Maria Vianney
Heiliger Pfarrer von Ars
Aus dem Buch: BILDER DER
HEILIGEN von Antonio Sicari, Ausgabe Jaca Book
Ein, vor mehr als hundert Jahren geborener Dichter und
Dramaturg, Henri Ghéon schrieb über den heiligen Priester von Ars.
Im ersten Kapitel sagt der Autor, dass das
Leben des heiligen Priesters so voll Unschuld und Zauber war, dass es wie ein
Märchen klingt. Das Märchen hört sich so an:
"In Frankreich, in der Provinz von
Lione, gab es einmal einen kleinen christlichen Bauernbub. Seit Kleinkind
liebte er die Einsamkeit und den Herrgott. Da die Nobeln von Paris, welche die
Revolution gemacht hatten, das beten verbieten, gingen das Kind und seine
Eltern die Messe in einer Scheune hören.
Die Priester versteckten sich damals und
wurden sie gefunden, dann köpfte man sie.
Johannes Maria Vianney träumte Priester zu
werden. Er war fromm, hatte aber keine Schulbildung. Er hütete die Schafe und
arbeitete auf den Feldern.
Er trat erst spät in das Seminar ein und
bestand keine einzige Prüfung. Da die Berufungen damals sehr selten waren,
wurde er aufgenommen. Er wurde Pfarrer von Ars und blieb dort sein ganzes
Leben. Der letzte Pfarrer Frankreichs, im letzten Dorf Frankreichs. Er war, was
nicht oft geschah ein "vollkommener" Pfarrer. Er war so vollkommen,
dass das letzte Dorf Frankreichs, den ersten Pfarrer Frankreichs hatte. Ganz
Frankreich kam um ihn zu sehen.
Er bekehrte alle, die zu ihm kamen und wenn
er nicht gestorben wäre, hätte er ganz Frankreich bekehrt.
Er heilte Körper und Seele. Er las in den
Herzen wie in einem Buch.
Die Jungfrau Maria besuchte ihn und der
Teufel spielte ihm böse Streiche. Trotzdem wurde er ein Heiliger.
Er wurde Kanoniker, dann Kavalier der
Ehrenlegion, dann Heiliger.
So lange er lebte, wusste er aber nicht
warum.
Das ist der beste Beweis, dass er die Glorie
verdiente.
Dies geschah im neunzehnten Jahrhundert. Im
Paradies wo man den echten Wert der Menschen kennt, wird es das Jahrhundert des
Pfarrers von Ars genannt. Aber Frankreich weiß das nicht.
In dieser Erzählung liest man die Hand des
Künstlers. Mit wenigen Worten beschreibt er das ganze Wesen seiner Hauptfigur.
Aber der Schriftsteller hält sofort ein, und versteht, dass sich, in
Wirklichkeit, hinter dieser Reinheit eine tiefe Tragödie abspielt. Im ersten Moment
sieht man nichts davon.
Die erwähnten Ereignisse sind alle wahr.
Dieser Bauernbub aus der Provinz von Lione ist sieben Jahre alt. In Paris
regiert der Terror und unter Drohung der Todesstrafe werden alle Priester
ausgewiesen die sich dem Schisma nicht gefügt haben. Tausend sind ermordet
worden. Die Truppen durchquerten das kleine Dorf Dardily, wo er lebte, um in
Lione den Aufstand zu unterdrücken.
Die Kirche ist geschlossen. Der Pfarrer
verspricht alles, was man von ihm verlangt und beendet dann sein Priesteramt. Manchmal versteckt die
Familie Vianney, unter der Gefahr ihres eigenen Lebens, einen Priester. In einem Zimmer, mit verschlossenen Fensterläden und
einem davor abgestellten Karren empfängt der kleine Johannes Maria mit dreizehn
Jahren die Erstkommunion. Vor dem Haus stehen einige Bauern und halten Wache.
Wir sind zur Zeit des sogenannten "zweiten Terrors."
Die Berufung spürte er bald. Er sagte später,
"nach einem Treffen mit einem Glaubensbekenner". Er begriff, Priester
werden, bedeutet bereit sein für den Glauben zu sterben.
Das Kind konnte die Pfarre nicht besuchen. Es
gab auch keine Schule. Erst mit siebzehn Jahren konnte er in die Schule gehen.
Er bemüht sich sehr. Ein ihm befreundeter,
Priester glaubte an die Berufung des Kindes und half ihm beim Studium. Aber es
gab keinen Erfolg. Von diesem Priester sagte später der Pfarrer von Ars
"fünf oder sechs Jahre hat er versucht, mir etwas beizubringen. Aber die
Mühe war umsonst."
Diese Feststellung zeugt von großer
Bescheidenheit, ist aber voll Wahrheit.
Die Schwierigkeiten wurden dann
überwältigend, als es in einem Seminar zum Vergleich der Studien der
Philosophie und der Theologie kam. Beide mussten nach lateinischen Schriften
studiert und erklärt werden.
Der Pfarrer von Ecuily, welcher in der
Diözese sehr geschätzt war, erhielt für ihn alle möglichen Erleichterungen. Sei
es beim Studium, sei es bei den Prüfungen. So wurde er zum Priester geweiht und
wurde Kaplan beim Pfarrer von Ecuily.
Die Priesterweihe empfing er mit 29 Jahren,
im Jahre 1815. Das war das Geburtsjahr von Don Bosco in Turin.
Er verbrachte die ersten Jahre mit diesem
guten Priester, der ihm so geholfen und erzogen hatte. Später sagte Johannes
Maria Vianney: "Er hat eine Schuld und wird sich deswegen vor Gott
verantworten müssen. Er hat mich zu der Priesterweihe zugelassen.
Wir müssen das richtig verstehen, Johannes
Maria wünschte es aus ganzem Herzen, fühlte sich aber unwürdig. Der andere
spornte ihn aber an und beschützte ihn. Er war von der echten Berufung
überzeugt. Der Mangel an Bildung würde durch einen besonderen Glauben
ausgeglichen. Er hatte richtig beurteilt, denn Johannes Maria war seinerseits
überzeugt ein großes und unverdientes Geschenk erhalten zu haben:
"Ich denke, Gott hat den größten
Dummkopf unter allen Pfarrern gewählt um die größte Güte spenden zu können.
Hätte er einen noch dümmeren gefunden, so hätte er ihn an meinen Platz gesetzt
um seine große Barmherzigkeit zu zeigen".
In diesen Worten ist sein Drama zu erkennen.
Ein mystisches Drama, von dem die Tiefe zu erforschen ist.
Das Charisma von diesem jungen Priester geht
völlig in seinem Amt auf. Er ist nur Priester und Diener Gottes. Seine
Persönlichkeit verschmilzt völlig mit dem Geschenk des Priesteramtes.
Der Pfarrer von Ars, wird Schutzpatron der
Pfarrer der ganzen Welt. Er geht völlig in seinem Amt auf und übt Buße. Er
unterwirft seinen Körper den härtesten Bußübungen.
Er hatte die "verzweifelte
Notwendigkeit." Der Pfarrer von Ars konnte den Reiz des Stolzes nicht
verstehen. Er hörte aber den Ruf der Verzweiflung, dieses Bewusstsein der
Aufgabe nicht gewachsen zu sein, der nur durch völliges Aufgehen in Gott
getilgt wird.
Es ist wichtig, dass wir die Ursprünge dieses
Dramas verstehen und gerade von unseren eigenen Erfahrungen ausgehen.
Oft fühlen sich die Christen durch die
menschlichen Grenzen ihrer Priester behindert. Sie sagen: "er kann nicht
predigen"; oder "er hat keine menschlichen Beziehungen"; oder
"er ist kein Heiliger"; "auch er ist ein Sünder wie alle anderen";
"warum soll ich ihm meine Sünden beichten, wenn er schlechter ist?"
Und andere ähnliche Klagen.
Fügen wir für einen Augenblick alle diese
Einwände, die wir selbst gefühlt, oder von andren gehört haben, über die
Priester zusammen. Diese Einwände führen zu der nackten Objektivität des Amtes.
Das Wichtige ist aber die heilige Aktion Gottes, die sich durch den Priester
offenbart.
Der heilige Pfarrer von Ars verkörpert vor
sich und vor Gott dieses unglaubliche Drama.
"Der Priester wird erst im Himmel
verstanden werden. Sollten wir ihn schon auf der Erde verstehen, würden wir
sterben. Nicht aus Angst, sondern aus Liebe. Nach Gott, ist der Priester alles.
Lasst eine Pfarre für zwanzig Jahre lang, ohne Priester sein und die Tiere
werden dort verehrt", so sagte er.
Anderseits, fügte er hinzu:
" Es ist schrecklich Priester zu sein.
Wie bemitleidenswert ist ein Priester, wenn er die Messe, wie eine gewöhnliche
Sache, sagt. Welch ein Unheil: ein Priester ohne Innenleben!"
Um die Wahrheit zu sagen, das ist, nicht sein
Problem. Im Gegenteil es scheint, als sehe er Gott, wenn er die Messe liest
Er hat die Qual Pfarrer zu sein. Die
Verantwortung eine Pfarre zu leiten und sich dessen nicht fähig fühlen. Bis in
die letzten Lebensjahre hoffte er, sich von dieser Verantwortung befreien zu
können. Er wollte nicht, wie er sagte direkt "von der Pfarrei vor das
Gericht Gottes treten."
Er lebt, bis wenige Tage vor seinem Tod, in
der ewigen Furcht, durch die Verzweiflung zu sterben.
Dreimal versucht er in der Nacht zu fliehen
und den Bischof zu erreichen. Er will um die Genehmigung bitten, sich in die
Einsamkeit zurückziehen zu dürfen und "über seine Sünden weinen zu
können."
Drei Jahre vor seinem Tod, schon in ganz
Frankreich bekannt, versucht er es zum letzten Mal. Er flüchtet in der Nacht,
während seine Pfarrkinder bereit sind, ihn daran zu hindern. Seine eifrigsten
Mitarbeiter machen ihm die größten Schwierigkeiten. Sie ersuchen ihn das
Morgengebet gemeinsam zu sprechen, und verstecken sein Brevier. So können die
Pfarrkinder ihm den Weg versperren und mit Tränen in den Augen bitten sie ihn
zu bleiben.
"Herr Pfarrer, wenn wir ihnen Kummer
bereitet haben, so sagen sie es uns. Wir werden alles machen, was sie
wünschen."
Er kehrt in die Kirche zurück. Im geistigen
Sinn des Wortes, ist er zu seinem Beichtstuhl "verdammt." Innerlich
sagt er sich "was würde sonst aus all den Sündern werden?"
Erinnert ihn jemand an die Ereignisse der
Nacht, dann sagt er demütig: "ich habe mich wie ein Kind benommen."
Er flüchtete nicht wegen der Arbeit, sondern
aus Angst unwürdig zu sein.
Er sagte: " Ich bin gerne Priester um
die Messe lesen zu können. Ich will nur nicht Pfarrer sein"
Er dachte, seine Ernennung hängt davon ab,
dass der Bischof seine Fähigkeiten falsch beurteilt hätte. Er wäre daher ein
Heuchler, da er seine Armseligkeit so gut verstecke.
"Wie unglücklich bin ich. Bis zum
Bischof gibt es niemanden, der sich nicht über mich irrt. Ich bin wirklich ein
großer Heuchler ".
Um bei der Wahrheit zu bleiben. Mehr als
einer verachtete ihn. Ein Pfarrer aus seiner Umgebung sah seine Pfarrkinder
nach Ars gehen und schrieb ihm daher. "Herr Pfarrer, wenn man so wenig
theologisches Wissen hat, soll man nicht in einen Beichtstuhl gehen".
Einige mahnten sogar vor ihn.
Und der Pfarrer von Ars antwortete:
"Mein geliebter Mitbruder. Ich habe
viele Gründe euch zu lieben. Ihr seid der einzige Mensch, der mich wirklich
kennt!"
Er bat ihn eindringlich um Hilfe, den Bischof
umzustimmen. Er wollte von diesem Amt entbunden werden. "Durch mein
Unwissen bin ich nicht würdig dieses Amt zu bekleiden. Ich möchte in einer Ecke
über mein belangloses Leben weinen."
Diese demütige und schmerzende Ansicht von
sich selbst hängt nicht von einem traurigen, melancholischen oder ängstlichen
Charakter ab. Im Gegenteil. Er war ein
lebhafter und humorvoller Mensch.
Man berücksichtige zwei Dinge.
Der historische kulturelle Faktor spielt eine
Rolle. Er hatte eine sehr strenge Erziehung, nach der Logik von Augustinus Giansenio, erhalten. Er fühlte sehr das
Mysterium der Vorherbestimmung und der Verdammung.
Anfänglich wendet auch er diese Härte bei
seinen Büßern und seinen Predigten an. Doch bald weicht sie der vibrierenden
Liebe zu Gott. Aber es kommt auch noch eine mystische Tatsache dazu.
"Mein Kind, bitte nie Gott um das
völlige Wissen deines Elends. Ich habe danach gefragt und habe Antwort
bekommen. Wenn mir Gott nicht geholfen hätte, wäre ich sofort in die größte
Verzweiflung gefallen!"
Einer Mitarbeiterin gesteht er:
"Ich habe Gott gebeten mir mein Elend zu
zeigen. Ich lernte es kennen und wurde überwältigt. Ich bat ihn mein Leiden zu
mildern. Ich dachte, es nicht ertragen zu können".
Ein anderes Mal sagt er:
"Ich war über die Kenntnis meines Elends
so erschrocken, dass ich sofort um die Gnade bat, es zu vergessen. Gott hat
mich erhört. Er beließ mir aber die Erkenntnis, dass ich für nichts gut
sei."
Wir müssen hier sehr aufpassen. Bei vielen
Mystikern finden wir diese Erfahrung. Eine Art von "dunkler Nacht",
welche notwendig ist, um an der Passion Christies teilnehmen zu können und sich
völlig den Armen Gottes anzuvertrauen. Damit sind sie von seiner Liebe
angefüllt.
«Gott ist alles. Ich bin nichts. » Das ist auch der Satz des Heiligen Augustin,
des Heiligen Franz, der Heiligen Katerina von Siena und einiger neuen Heiligen
unserer Tage.
Im Leben des Pfarrers von Ars verbindet sich
diese Erfahrung mit der Mission, von der ich schon sprach. D. h. völlig in
seinem Priesteramt aufgehen, ohne dass menschlicher Stolz, die göttliche Gnade,
die er seinen Geschöpfen gewährt, beeinträchtigt.
"Der Herrgott, der niemanden braucht,
bedient sich meiner für seine große Arbeit, obwohl ich ein Priester ohne Wissen
bin. Hätte er einen anderen demütigeren Pfarrer bei der Hand gehabt, so hätte
er ihn gewählt. Durch ihn hätte er hundertmal Besseres tun können."
Aber wie lebt der Pfarrer von Ars in dieser
"mystischen Nacht?" Er ist sicher keiner, der Zeit verliert und sich
seinen Wunden leckt. Das geschieht, wenn es sich um psychische Komplexe handelt
und nicht um heilige Demut.
Er widmet seine ganze Menschlichkeit dem
Dienst Gottes. Er hat die Gewissheit, er "muss sich opfern."
Auch heute noch bestürzt einem die Ansicht
der Bußinstrumente, die er verwendete. Die Beschreibung seines Lebens, mit
Fasten, Nachtwachen und Verzicht auf jeden körperlichen Komfort beeindrucken
sehr.
Er schläft wenige Stunden auf kalten
Holzbrettern. Er isst wenig und ernährt sich tagelang von gekochten Kartoffeln.
Er geißelt sich bis zur Bewusstlosigkeit. All dies macht er, weil er Pfarrer
ist. Er, muss um Verzeihung bitten für die Sünden seiner Pfarrkinder. Er hört
viele Beichten. Er tut die Buße, welche für die Sünder, wenn auch verdient, zu
schwer wäre.
"Mein Gott, bekehre meine Pfarrei. Ich
bin bereit mein ganzes Leben zu leiden, soviel ihr wollt, nur bekehre
sie."
Anderseits, hätte er seinen Köper und seine
Gefühle nicht so beherrschen können, hätte er seiner Berufung nicht folgen
können. Mehr als zwanzig Jahre verbrachte er 15 - 17 Stunden im Beichtstuhl.
Die Schlange der Büßer nahm nie ein Ende. Sie kamen von ganz Frankreich und wollten
von ihm angehört werden.
Im Leben eines Heiligen, muss jede
Kleinigkeit, damit sie nicht fragwürdig erscheint, genau betrachtet werden. Der
Plan Gottes, muss berücksichtigt werden.
Der Pfarrer von Ars lebt mit der Gewissheit
ein guter Hirte für seine Gläubigen sein zu müssen.
Zunächst muss er, sie unterrichten.
Sein Vorgänger schreibt in einem Bericht,
dass die Landbevölkerung ungebildet und völlig ohne jedem religiösen Wissen
war. Die Mehrzahl der Kinder unterscheidet
"sich von den Tieren nur durch die Taufe". Das selbe galt auch
für die Erwachsenen. Sie waren von der Kirche entfremdet und besuchten sie nur
selten.
Er trifft sie überall, kennt alle und hält
sie mit Predigten, die oft Stunden dauern, in der Kirche fest. Manchmal
verwechselt er die Dinge. Manchmal ist er zu Tränen gerührt. Manchmal
unterbricht er sich, zeigt auf den Tabernakel und sagt mit gerührter Stimme:
"Dort ist er."
Er spricht offen mit ihnen, redet in ihrem
Dialekt und verwendet ihre Ausdrücke. Vorsicht ist angemessen, will man
behaupten, dass der Pfarrer von Ars dumm wäre. Seine Predigten zeigen eine
lebhafte Sprache und haben den richtigen Ton.
Zu seinen Gläubigen spricht er über ihre
lustlosen Gebete, in dem er eine typische Familie beschreibt.
"Daheim denken sie nie daran vor, oder
nach dem Essen ein Gebet zu sprechen. Nicht einmal den Angelus. Wenn sie es aus
alter Gewohnheit her doch tun, wird einem schlecht, wenn man sie sieht. Die
Frauen beten und dazwischen rufen sie mit lauter Stimme die Kinder oder die
Dienstboten. Die Männer drehen ihre Kappen oder Hüte zwischen den Händen, als
würden sie Löcher darin suchen. Sie denken an Gott, als hätten sie die
Sicherheit, dass es ihm nicht gibt und das es lächerlich sei."
Über die göttliche Liebe sagte er:
"Unser Herr ist auf der Erde wie eine
Mutter, die ihr Kind im Arm trägt. Dieses Kind ist unartig, es tritt die
Mutter, es beißt und kratzt sie. Doch die Mutter bemerkt es gar nicht. Sie
weiß, lässt sie es los, fällt es und kann allein nicht gehen. So ist unser
Gott. Er erträgt unsere schlechten Handlungen, unsere Arroganz und verzeiht uns
alle unsere Dummheiten. Er hat Mitleid mit uns."
Von dem Stolz spricht er so:
"Da gibt es eine Person, die sich quält,
lärmt, über alle herrschen will und sich für etwas Besseres hält. Es sieht aus,
als möchte sie zur Sonne sagen: " Geh weg von da. Ich will an deiner
Stelle die Welt erleuchten". Dieser stolze Mensch wird eines Tages nur ein
wenig Asche sein und von Fluss zu Fluss bis zum Meer gespült werden."
Das ist das pastorale Wissen des Pfarrers von
Ars.
Andere Male sagt er ihnen:
"Wir können es nicht erwarten, uns von
Gott zu trennen, wie einen Stein aus dem Schuh zu nehmen."
Oder:
"Der arme Sünder ist wie ein Kürbis, den
die Hausfrau teilt und voll Würmer findet."
Oder:
"Die Sünder sind schwarz, wie die
Ofenrohre."
Eine Sache ist es, die Liste dieser Sätze aufzustellen.
Etwas anderes ist es wie ihm diese Sätze vom Herzen kommen.
Alle kamen aus der Kirche und sagten:
"Kein Priester hat je so von Gott gesprochen, wie unser Pfarrer."
Selbst der Bischof sagte: "Man erzählt,
dass der Pfarrer von Ars, keine Bildung hat. Ich weiß nicht, ob das stimmt.
Sicher aber ist, dass der Heilige Geist ihn erleuchtet"
Er erbaut ein Waisenhaus für Mädchen und eine
Schule für Buben. Seine Tätigkeit als Pfarrer betrifft besonders drei Aspekte
des Pfarrlebens. Diese betrachtet er sofort als Zeichen einer "Entfernung
von Christus", die in ganz Frankreich spürbar ist.
Einerseits: die Sonntagsarbeit und das
Fluchen. Das sind Zeichen von Atheismus. Damit verleugnet man die Existenz
Gottes, obwohl man an ihn glaubt.
Der Pfarrer weiß, dass für seine
Landarbeiter, Sonntagsarbeit mit Geld verbunden ist. Sie gestaltet aber die
Zeit und das Leben unmenschlich. Die großen Herren von Paris versuchen bereits
die Sonn- und Feiertage abzuschaffen. Sie wollen einen sogenannten decadì
einführen. Jeder zehnte Tag, ein weltlicher Ruhetag. Hauptsache Gott und die
Heiligen werden vergessen.
Johannes Maria Vianney kommt erst zur Ruhe,
nachdem er im Pfarrbuch zwei Dinge vermerken kann. Am Sonntag wird nur mehr
"selten" gearbeitet. Vorbeikommende Fremde sehen mit Staunen drei
Fuhrwerker, die sich mit einem wild gewordenen Pferd, welches den Wagen
umgestürzt hatte, abmühen, ohne aber die Geduld zu verlieren oder zu fluchen.
Sie sind davon so beeindruckt und vermerken
es als erzählenswert.
Der andere Kampf des Pfarrers geht gegen die
Kneipen, die er "die Sammelstellen des Teufels" nennt. Sie sind die
Schule der Hölle, wo diese ihre Lehre verbreitet, die Stelle an der die Seelen
verkauft, und die Familien zerstört werden. Hier erkrankt man und hier beginnen
die Streitigkeiten und die Morde werden durchgeführt.
Bevor wir lächeln, denken wir an ein Dorf mit
270 Einwohner und 40 Häusern. Darunter sind 4 Wirtshäuser. Zwei davon sind
direkt an der Kirche angebaut.
Diese Orte waren Ersatz für die Kirche am
Sonntag und für die Wohnung an den langen Abenden und Nächten. Es waren die
Orte an denen das einzige Rauschgift der damaligen Zeit ausgegeben wurde, der
Wein. Orte, an denen das, für die Familie verdiente, Geld verspielt wurde, und
in der Trunkenheit Hass und Streit wuchs.
Die Predigten und das Eingreifen des Pfarrers
sind so ausschlaggebend, dass erst, die zwei, direkt an der Kirche angebauten
Kneipen schließen müssen. Später auch die anderen.
Sieben mal versucht man, ohne Erfolg, neue zu
öffnen
Die dritte Angelegenheit ist der
"Tanz." Der Pfarrer von Ars sagt, dass der Teufel die Tänzer wie mit
einer Gartenmauer umgibt. Menschen die da hingehen "lassen ihren
Schutzengel vor dem Tor und der Teufel nimmt seinen Platz ein. Bald sind so
viele Teufel als Tänzer im Saal."
Zu dieser Zeit waren der Volkstanz und die
Abstecher der Tänzer von einem Dorf in das andere, fast die einzige Möglichkeit
Unsitten zu verbreiten, denen die Familien dann nicht Herr wurde. Auch wenn wir
modern denken wollen, so sind, jugendliche Sittenlosigkeit, Ehebruch und
Unzucht, oft durch gewisse Tänze getarnt, keine christlichen Tugenden. Auch
heute nicht.
Auch diese Laster verschwinden schön langsam
aus Liebe und Respekt zu dem heiligen Mann, der für sie betet und Buße ablegt.
Die Erziehung des heiligen Pfarrers geht aber
hauptsächlich von dem Beichtstuhl aus.
Ab 1827 verbreitet sich der Ruf seiner
Heiligkeit. Zu Beginn, sind es fünfzehn oder zwanzig Pilger die am Tag
kommen. Im Jahre 1834 zählt man schon
Dreißigtausend. In seinen letzten Lebensjahren werden es Achtzig- ja sogar
Hunderttausend.
Eine tägliche Verbindung zwischen Lione und Ars wurde eröffnet. In Lione musste sogar ein eigener Schalter eröffnet werden
für die Hin- und Rückfahrkarten nach Ars mit einer Gültigkeit von acht Tagen.
Diese Fahrkarten waren eine Ausnahme. Durchschnittlich waren aber acht Tage
notwendig um, beichten zu können.
So begann die wahre Berufung des Pfarrers von
Ars. Sein "Martyrium der Beichte"
In den letzten zwanzig Jahren seines Lebens
blieb er durchschnittlich 17 Stunden im Beichtstuhl. In der schönen Jahreszeit
begann er gegen eins oder zwei, im Winter gegen vier und endete immer erst spät
am Abend.
Unterbrechungen gab es nur für die Feier der Messe, für das Lesen im
Gebetbuch, für den Religionsunterricht und einige Minuten für das Essen.
Im Sommer war es so heiß, dass die Pilger
Turnusweise an die frische Luft gehen mussten. Im Winter peinigte der Frost.
"Ich habe ihm gefragt, wie er es
aushalten könnte, bei so einer Kälte, so viele Stunden, ohne Fußwärmer, zu
bleiben." "Mein Freund, war die Antwort, die Wahrheit ist, dass ich
von Allerheiligen bis Ostern, die Füße überhaupt nicht spüre."
Doch dieses Opfer, dort sein zu müssen, von
den Menschen beinahe festgenagelt zu sein, bei jedem Wetter und zu jeder
Stunde, war nicht der größte Schmerz.
Der Schmerz war die Sündenwelle die sich über
ihn ergoss wie ein Meer aus Schlamm.
Alles was ich über die Sünde weiß, habe ich
von ihnen gelernt.
Er hörte sie an, las in ihnen wie in einem
offenen Buch, aber Hauptsache war, er bekehrte sie.
Oft hatte er nur für wenige Worte Zeit. In
den letzten Jahren war seine Stimme so leise, dass es schwierig war ihn zu
verstehen. Die Beichtkinder kamen aber immer verstört aus dem Beichtstuhl.
Er sagte: "Wenn der Herrgott nicht so
gut wäre, aber er ist es. Was hat euch Gott getan, dass ihr ihn so
behandelt?"
Oder:
"Warum hast du mich so beleidigt? Eines
Tages wird Gott das zu dir sagen und du wirst keine Antwort wissen.
Sehr oft, besonders wenn er einen Sünder vor
sich hatte, der sich seiner Schuld nicht richtig bewusst war und daher nur
wenig Reue zeigte, begann der heilige Pfarrer zu weinen. Es war eine
beeindruckende Erfahrung. Mit eigenen Augen einen echten Schmerz, ein echtes
Leiden, eine echte Passion zu sehen. Für einen Augenblick sah man den ganzen
Schmerz Christies in dem Gesicht des Beichtvaters.
Im vergangenen Oktober rief Papst Johannes
Paul II, gerade vom Hauptplatz von Ars die Priester zu einer Einkehr auf. Er
sprach zu ihnen von der Notwendigkeit den Gläubigen das Erlebnis der Verzeihung
wieder zu geben.
Er sagte:
"Ich weiß, ihr habt große
Schwierigkeiten. Die Priester fehlen,
und besonders es fehlt die Zuneigung der Gläubigen zum Sakrament der Vergebung. Sagt: "seit langer Zeit
kommen sie nicht mehr zur Beichte!" Das ist das wahre Problem."
Das zeigt den Mangel des Glaubens, das Fehlen
von Schuldgefühl, das Fehlen der Bindung an Christus und der Kirche. Eine
Verachtung der Handlungen von denen nur die entstellten Gewohnheiten erhalten
sind.
Erinnern wir uns, dass der Generalvikar zum
Pfarrer von Ars sagte: "In dieser Pfarre liebt man Gott nicht mehr. Sie
müssen die Gottesliebe erst hintragen."
Der gute Pfarrer fand auch wenige aufrichtige
Büßer vor. Wie schaffte er es, Gläubige und Ungläubige, Heilige und Sünder zu
sich zu rufen? Manchmal war der Pfarrer von Ars sehr hart bei seinen Predigten.
Um die Sünde zu bestrafen war er, wie Jesus, sehr verständnisvoll mit jedem
Sünder. Der Abt Monnin sagte von ihm: "Er ist ein Herd von Liebe und
Barmherzigkeit. Er glühte vor Liebe zu Christus."
Er war ein alter Mann, von 73 Jahren, mit
langen weißen Haaren, einem abgemagerten Körper und immer tiefblickenden und
leuchtenden Augen. In diesem heißen Sommer, starb er am 4 August 1859, ohne
Todeskampf und ohne Angst. Ein Augenzeuge meinte: " Wie eine Lampe in der
das Öl ausgeht und in den Augen sah man seinen Glauben und seine
Glückseligkeit."
Seine Pfarrkinder scharren sich um das
ärmliche Pfarrhaus. Sie haben das ganze Haus mit zehn Plachen
abgedeckt und besprühen es immer mit Wasser. In seinen letzten Tagen sollte er
nicht unter der Hitze leiden.
Zehn Tage und zehn Nächte war sein Leichnam
in dieser Kappelle, wo er so viele Beichten abgehört hatte, ausgestellt.
Tausende Pilger zogen an ihm vorbei.
Immer in der vor einigen Monaten abgehaltenen
Rede in Ars, erklärte der Papst den Titel eines bekannten italienischen Romans,
nur im konträren Sinn.
Er sagte:
"Christus, ist tatsächlich, zur Zeit von
Pfarrer Jean Marie Vianney, in Ars geblieben. Ja, er ist geblieben und hat
Frauen und Männer des vergangenen Jahrhunderts müde und am Ende ihrer Kräfte
angekommen, gesehen. Sie waren hirtenlose Schafe. Christus ist als guter Hirte
hier geblieben. Ein guter Hirt, so sagte Jean Marie Vianney ist der größte
Schatz den Gott einer Pfarre geben kann. Es ist eines der wertvollsten
Geschenke der göttlichen Liebe."
All das brauchen wir auch heute noch.