Die heilige Maria Bertilla Boscardin
Aus dem Buch: Bilder der Heiligen von Antonio Sicari,
Ausgabe Jaca Book
Im Evangelium befinden
sich Worte die wir oft hören, aber eine gewisse Befangenheit im Herzen
hervorrufen; "Wenn jemand unter euch groß werden
will, wird er euer Diener sein, und wenn jemand unter euch der Erste sein will,
wird er euer Sklave sein" (Matthäus 20, 26 27)
Wir lesen auch mit Bedenken das Gleichnis der Gäste, die sich die ersten
Plätze aussuchen, obwohl es nach Christus Meinung besser wäre den letzten Platz
zu wählen. Dadurch hat er die Möglichkeit, dass der Gastgeber ihn zu sich ruft,
wie es ein Freund dem anderen Freund gegenüber macht.
Die Heiligen haben diese Worte befolgt. Mit echter Demut suchten sie den
letzten Platz, den der Sklaven um Christus zu ähneln, denn er kam "um zu
dienen und nicht um bedient zu werden". Trotzdem erscheinen sie uns aber
fast immer mit einem Schleier der Größe umgeben. Groß in ihrem täglichen Leben.
Manchmal sogar groß in ihrer Sünde, von der sie mit Gewalt getrennt werden mussten.
Groß in der von ihnen ausstrahlenden Gnade. Groß durch die Wunder die sie
wirkten oder durch die Werke, die sie realisierten.
Einige wurden groß durch ihre Demut, durch Kleinigkeiten, wie die heilige
Teresa von Lisieux, oder sogar durch Gemeinheiten wie der heilige Giuseppe
Benedetto Labre.
Deswegen bleibt bei vielen diese Zurückhaltung von der wir sprachen im
Herzen. Was tun, wenn man sich den letzten Platz nicht aussuchen kann? Was geschieht, wenn es ein erniedrigender
täglicher Zustand ist, in dem man geboren wird und den man beibehalten
muss und auch den natürlichen Wuchs des
ICH behindert? Was, wenn das
"Minderwertigkeitsgefühl" keine Tugend ist, sondern eine
Zwangsvorstellung, welche von den Psychologen geheilt werden sollte?
In all diesen Fällen scheint ein Wiederspruch zu sein. Diejenigen die sich
wirklich als letzte fühlen, finden in der Heiligkeit keine Hilfe. Sie sind
nicht einmal fähig daran zu denken oder für möglich zu halten.
Auch wenn man es nicht sieht, halten sich sehr viele vom Leben schlecht
behandelt und daher von der Heiligkeit ausgeschlossen und nicht von ihr
berufen.
Die Kirche predigt von der "allgemeinen Berufung zur Heiligkeit".
Viele antworten jedoch in ihren Herzen: es gibt Bedingungen und Einflüsse, die
auf das Kindesalter zurückgehen und sogar ein normales Leben unmöglich machen.
Geschweige dann die Heiligkeit!
An einem Oktoberabend des Jahres 1919 feierten die Unbeschuhten Karmeliter
eine neue Selige ihres Ordens. An diesen Feierlichkeiten nahm auch Schwester
Maria Bertilla Boscardin, eine Krankenschwester des Krankenhauses von Treviso,
teil. Über dem Eingang in das Heiligtum stand "triduani solenni
onori". Die neue Selige war die
selige Anna von San Bartolomeo, die Sekretärin der großen Theresa von Avila.
Die Kirche war durch die Ausschmückung in helles Licht getaucht.
"Versuchen auch wir heilig zu werden, aber für das Paradies, nicht auf der
Erde", flüsterte Schwester Bertilla ihren Mitschwestern zu.
So wollte sie, zwei Anliegen übereinstimmen. Ihr großes Begehren nach
Heiligkeit und das Bewusstsein ihrer Wertlosigkeit. Für sich konnte sie sich solch eine Ehre nicht
vorstellen.
Nur weniger als dreißig Jahre werden vergehen und dann wir auch sie in
einer "Gloria" des Bernini erhoben.
Was die Heiligen betrifft, lässt sich die Kirche von den äußeren
Erscheinungen nicht täuschen. Sie erkennt die Heiligen, egal ob sie päpstliche
Kleidung tragen oder ob es sich um eine Klosterkrankenschwester handelt. Papst
Pius X lebte und wurde in denselben Jahren selig gesprochen.
Maria Bertilla hatte diesen Namen bei ihrem Eintritt in das Kloster
erhalten. Er war der einer antiken und adeligen Oberin, die zur Zeit den
Franken lebte. Dieser feierliche Name wirkte aber auf ihr bescheiden und
einfach.
Bei der Taufe erhielt sie den Namen Anna Francesca. In der Familie und im
Dorf wurde sie Annetta gerufen.
In einem kleinen Dorf in den Berici-Berge, in der Nähe von Vicenza, kam sie
als Kind armer Bauern, die nicht lesen konnten, zur Welt.
Die Mutter war eine gute Frau, der Vater aber rau und streitsüchtig. Der
düstere Charakter wurde unter Alkohol und Eifersucht noch ärger. In diesem
Zustand überhäufte er die Frau mit Verdächtigungen und Vorwürfen. Dann gab es
Schreie und Schläge.
Die Nachbarn hörten die Schreie und schüttelten die Köpfe. Sie konnten
nichts anderes tun als dieses kleine Kind, das erschrocken aus dem Haus floh,
aufzunehmen. Sie blieb dann schluchzend in einer Ecke sitzen und bedeckte sich
die Augen mit den Händen.
Manchmal warf sich Annetta in den Schoß der Mutter. Mehr um diese zu
schützen als geschützt zu werden. Manchmal konnten beide auf den Dachboden
fliehen. Einmal flohen sie zu Fuß bis nach Vicenza und verbrachten unter der
Säulenhalle des Heiligtums von Monte Berico die Nacht. Sie weinten neben der
Madonna.
So wuchs das Mädchen auf. An die Mutter geklammert und den Vater fürchtend.
Sie war an die harte Haus- und Feldarbeit gewöhnt, war sehr schüchtern,
unbeholfen und hatte keine guten Schulerfolge.
Sie besuchte nur die ersten drei Schulklassen. Die erste Klasse musste sie
sogar wiederholen, was auch für die damalige Zeit ungewöhnlich war.
So wurde ihr von der Schule und dem Dorf der grausame Kosename "eine
arme Gans" gegeben. Er blieb ihr für immer, auch im Hause und im Kloster.
Stellen wir uns ein Gespräch im Himmel zwischen Gott und Satan vor, ähnlich
der Bibelerzählung die Hiob betrifft. Wir würden unseren Glauben und unsere
Zweifeln ausdrücken und dem Herrn des Universums sagen: "Hier ist ein
gedemütigtes Wesen. Versuche eine Heilige daraus zu machen, wenn du
kannst!"
Und Gott nahm die Herausforderung an.
Er befreite sie aber nicht, aus ihrer Aschenbrödel-Lage und hob auch ihre
verborgenen Reize nicht hervor. Er verwendete einfach diese Wunden, die
Pädagogen und Psychologen so gut vorsehen und beschreiben können.
Annette blieb ihr ganzes Leben schüchtern, unbeholfen und wie es schien,
nicht von großem Wert. Immer blieb sie auf dem letzten Platz. Wie er in seinem
Gleichnis versprach, wurde sie gerade dort von Christus liebevoll angesehen und
zu sich gerufen.
Der Vater erschwerte ihr das Leben und ihr Zuhause war traurig und kalt.
Von ihrer Mutter lernte sie aber, sich in die Dorfkirche zu flüchten und diese als
ihr Heim zu betrachten. Jeden Morgen ging sie dorthin und hatte ihre Holzschuhe
unter dem Arm um sie nicht zu ruinieren. Hier erkannte sie, was eigentlich eine
Familie ist und fühlte sich mit allen in Frieden, auch mit diesem Vater über
den sie sich nie beklagte. In seinem Herzen, war der Vater auch kein schlechter
Mensch, sondern durch Schicksalsschläge und Alkohol erhärtet. Manchmal
beobachtete er das Mädchen, wenn sie im Hause betete.
Während des Prozesses der Seligsprechung seiner Tochter wurde auch er zur
Zeugenaussage gerufen. Er gestand, dass
er manchmal "einen Knoten im Hals" verspürte, wenn er die Kleine
kniend in einer Ecke sah, mit ihren "Händen in Herzlichkeit", eine
alte Redensart für "gefaltete Hände". Und auch in ihm erwachte das
Bedürfnis einige Vaterunser zu beten.
In der Schule beachtete man sie kaum, da man sie für dumm hielt. Manchmal
wurden ihre Aufgaben nicht einmal ausgebessert und ihre Schulgefährten, mit der
typischen Grausamkeit der Kinder, verspotteten sie. "Macht mir nichts aus",
antwortete das Mädchen demütig. Tatsächlich verspürte sie weder Rebellion noch
Wut.
Nur ein Mal fühlten sich Lehrerin und Schulkameraden unbehaglich vor ihr,
und fühlten beinahe ihre Welt, die sie nicht kannten. Während der Heiligen
Woche erklärte der Lehrer die Passion Christies und Annetta brach in Tränen
aus. "Ich weine, weil unser Herr so gelitten hat und die Menschen so
schlecht sind", erklärte das
Mädchen in ihrem Dialekt.
Der Pfarrer sah sie sicherlich mit einem
tieferen und richtigeren Blick an. Gegen die Meinung und mit
Überraschung aller, ließ er sie schon mit acht Jahren zur Erstkommunion zu,
obwohl das vorgeschriebene Alter damals elf Jahre war.
Man schrieb das Jahr 1897. In diesem Jahr starb Theresa von Lisieux. Das
war die Heilige, welche die Kirche und die ganze Welt erinnerte mit welchem
lieben Blick Gott die betrachtet, die auf der Erde klein und schwach
erscheinen.
Noch einmal verstößt der Pfarrer gegen die Vorschriften und nimmt sie schon
mit zwölf Jahren in die Gemeinschaft der "Töchter Marias" auf. Normal
war ein Alter von vierzehn vorgesehen.
Dieser fromme Priester sieht in ihr Herz, er hat sie sehr gern und sie
erscheint ihm auch nicht so dumm. Er schenkt ihr ein Religionsbuch. Er fühlt
beinahe, dass sie dieses immer bei sich tragen wird und jeden Tag darin lesen
wird. Als sie mit vierunddreißig Jahren starb, fand man es in der Tasche ihres
Kleides.
Aber auch der Pfarrer war überrascht als ihm das fünfzehnjährige
Mädchen ihre Absicht, sich Gott weihen zu wollen, mitteilte. Das Kloster war
ihr einerlei, er sollte es wählen.
"Aber du kannst ja nichts! Die Schwestern werden nicht wissen,
was sie mit dir beginnen sollen!"
"Das ist richtig", antwortete das Mädchen treuherzig.
Er erklärt ihr, dass es für sie besser wäre im Elternhause zu bleiben und
bei der Landarbeit zu helfen.
Als er aber dann allein vor dem Allerheiligsten ist, sieht er die Dinge
nicht mehr so einfach.
Als er sie wieder traf fragte er sie:
"Bist du noch immer entschlossen, in das Kloster einzutreten? Sag mal,
kannst du wenigstens die Kartoffel schälen?".
"Natürlich Vater, das kann ich".
"Geht in Ordnung. Mehr brauchst du nicht!"
Der barsche, aber lebhafter Ton war mit der Feinheit der heiligen Theresa
von Lisieux gleichzusetzen, die in diesen Jahren behauptete: "Es gibt viel
zu viele Menschen die vor Gott stehen und sich einbilden ihm nützlich zu
sein".
Das Gespräch zwischen dem Pfarrer und dem Mädchen war wie das, zwischen dem
Bischof und der einfachen Bernadette Soubirous in Lourdes, einige Jahr früher.
Tatsächlich hat man den Eindruck, dass alle drei, Bernadette, Teresa und
Bertilla, geistige Schwestern sind.
Sie trat in das Kloster ein, mit der Überzeugung, dass man ihr eine große
Ehrung und einen nicht verdienten Gefallen erwies. Sie dachte auch, dass der
letzte Platz für sie bestimmt wäre.
Für alles war sie glücklich und dankbar. In ihrem Notizbuch vermerkte sie:
"Durch eine besondere Gnade wurde ich in diesem Haus aufgenommen und alles
was mir gegeben wird, sehe ich als wäre ich dafür nicht würdig ".
Der Gedanke, ihr die wenigen hundert Lire für die bescheidene aber
notwendige Mitgift geben zu müssen, störte den Vater anfangs sehr. Doch dann
beschloss er: " Ich sehe, dass es ihr Schicksal ist in das Kloster
einzutreten. Na ja, ich gebe ihr das Geld und sie soll ihrem Schicksal
folgen".
So hatte dieser Mann, der es nicht verstanden hatte, ein guter Vater zu
sein, doch zweimal Worte voll Wahrheit und des "objektiven Glaubens"
ausgesprochen. Er nahm das Schicksal wahr dem die Tochter angehörte und er gab
sie hin. In seinem Mund war es eine widerstrebende aber aufrichtige Anerkennung
der Rechte von Gott Vater.
Und gerade er begleitete sie in das Kloster und schob den kleinen Karren
mit der ärmlichen Mitgift seiner Tochter. Ein irdisches Bild, das den
himmlischen Vater sicher gerührt hatte und dem rohen und ungläubigen Mann das
Geschenk machte, in hohem Alter, von Respekt und Liebe umgeben, dank seiner
heilig gewordenen Tochter, zu sterben.
Das was Annetta, jetzt Schwester Bertilla genannt, in ihrem Noviziat durch
Entsagung und Tugend lernen musste, hatte sie schon auf "natürliche"
Art erlernt.
Sie musste die Grundlagen des geistigen Lebens und der Mystik kennen
lernen, das heißt: Alles von Gott und Nichtigkeit der Menschen. Über diesen
Grundsatz haben Franz von Assisi, Katherina von Siena, Johannes vom heiligen
Kreuz und andere Heilige, lange meditiert. Sie diskutierte nicht und hatte auch
keine Schwierigkeit.
Nach dem bekannten Ausspruch des heiligen August "Noverim te, Domine,
noverim me", musste sie Gott und sich selbst kennen lernen. Ohne sich
bewusst zu sein, erklärte sie einer Mitschwester, wie selbstverständlich dies
wäre: "Wenn wir gedemütigt werden, dürfen wir keine Zeit verlieren und
darüber nachdenken. Wir müssen Gott sagen: ich kenne Dich, und Du kennst
mich!".
Sie war wirklich überzeugt "nichts" zu sein und alle Andere,
gebildeter, tüchtiger und besser als sie und hätten das Recht von ihr betreut
und bedient zu werden.
Sie ging zur Lehrerin und fragte mit entwaffnender Offenheit:
"Ich bin zu nichts gut. Ich bin eine arme Gans. Unterrichten sie mich.
Was muss ich tun um heilig zu werden?"
Uns, die mit den Zähnen das erreichte Ansehen verteidigen und eine Frage der
Ehre daraus machen, könnte der Anblick eines Menschen, der so bescheiden ist
(oder erniedrigt wurde) stören. Wir dürfen uns aber nicht täuschen lassen.
Trotz unserer Würde haben wir sogar Angst oder Scham zu sagen, dass wir
heilig werden wollen. Sie betrachtet es als ein Recht und eine Notwendigkeit.
Es scheint, dass unsere sogenannte Würde oft ein zerbrechliches und
unsicheres "Ego" schützt. Die Bescheidenheit und sogar die
Selbstdemütigung von Bertilla schützt dagegen ein "Ego", das härter
und reiner als ein Diamant war.
Es war ihr Wunsch nach Heiligkeit und die Sicherheit, dass es sogar für
sie, mit der Hilfe Gottes, möglich war, heilig zu werden. Das schützte sie vor
jedem Rückzug, vor jedem Nervenzusammenbruch oder Krise. Dieser Wunsch und
diese Sicherheit gestalteten ihr
"Leben auf dem letzten Platz" heilig.
Aus dem selben Grund lernte sie die Schönheit und die Wahrheit der Worte
wie "Gehorsam", "Armut", "Bescheidenheit",
"Schweigen", "Aufmerksamkeit" kennen. Sie wählte den
letzten Platz, verrichtete die schwerste Arbeit und leistete die Dienste mit
Großzügigkeit und ohne Klage. "Das mache ich, das mache ich. Ich bin an
der Reihe", sagte sie oft, wenn andere die Arbeit nicht leisten wollten.
Wenn sie beleidigt oder vernachlässigt wurde, machte sie sich nichts daraus.
Nach dem ersten Jahr des Noviziates wurde sie in das Spital von Treviso
geschickt. Dort herrschte eine schwierige Lage, auch aus moralischer Sicht
gesehen und man hoffte, dass ihre bescheidene Einfachheit die Atmosphäre
verbessern würde.
Es war ein Krankenhaus mit einer Menge Probleme. Die Renovierung ging nur
langsam voran. Die Abteilungen reichten nicht aus, und das Personal hatte keine
richtige Schulung.
Es war ein Schauplatz der politischen und gewerkschaftlichen Konflikte. Der
gefährliche Zusammenstoß von Freimaurern, Sozialisten und Klerus, hatte häufig
schwere Folgen für die Nonnen.
Im Jahre 1907 kam Bertilla, sie war neunzehn Jahre alt, in das Krankenhaus.
Zu dieser Zeit wurden drei Nonnen, mehr aus Bosheit als aus einem richtigen
Grund entfernt. Die kirchliche Wochenzeitung "La Voce del popolo"
erschien mit einem bezeichnenden Artikel: "Sie haben die Schwestern
vertrieben. Sie waren drei Engeln der Barmherzigkeit (......) die sich mit
unendlicher Mühe und Selbstaufopferung den Kranken widmeten. Sie sind wie Diebe
verjagt worden. Man hat ihnen nur achte Tage Zeit gegeben eine neue Behausung
und einen neuen Dienstgeber zu finden. Der jüdische Bürgermeister und die
Freumauer - Gemeinderäte haben sie
verjagt um den sozialistischen Schurken einen Gefallen zu machen...".
So waren Umgebung und Atmosphäre.
Hier wurde sie von einer tatkräftigen und entschlossenen Oberin erwartet.
Diese sah sie kurz an, beurteilte sie und schickte sie sofort in die Küche als
Küchenmädchen. So hatte sie weder mit den Ärzten noch mit den Kranken
Berührung. Ohne Unterbrechung blieb sie ein Jahr zwischen Herd, Kochtöpfen und
Waschbecken.
Während ihres Noviziates hatte sie dieses Gebet in ihr Notizbuch
geschrieben: "Jesus, ich flehe Dich in Angesicht Deiner Wunden an, lass
mich lieber hundert Mal sterben als eine einzige Tat zu tun um mich bemerkbar
zu machen!".
Sie lehnte sich daher nicht auf, als man sie an einen Platz setzte, wo es
keine Möglichkeit gab bewundert zu werden, oder Taten zu verrichten die
Aufmerksamkeit der anderen verdienten. Sicher, in ihrem Herzen wünschte sie,
sich den Kranken zu widmen, aber man verlangte von ihr mit den Küchengeräte
umzugehen. Sie lernte das Geschirrwaschen und betete: "Mein Gott, wasche
meine Seele rein und bereite sie für die morgige Kommunion vor".
Wenn sie die Arbeiten mit Klagen auf den Lippen oder im Herzen getan hätte,
wäre sie eine Sklavin gewesen. Mit diesem Gebet, sah sie von ihrem letzten
Platz zu Gott und das genügte ihr und sie fühlte, dass sie von Gott zu seinem
Tisch geladen war.
Nach einem Jahr wurde sie nach Vicenza gerufen, um die religiösen Gelübde
abzulegen.
Die Vorgesetze von Treviso versuchte alles um sie zu entfernen, denn sie
war von der "Unfähigkeit Schwester Bertillas" überzeugt.
Als sie Nonne war, wurde sie wieder in das Spital von Treviso geschickt.
"O Gott, sie sind schon wieder da", bemerkte die Oberin, als sie
Schwester Bertilla vor sich sah. Sie brauchte erfahrene Pflegerinnen und diese
halbwertige Figur wurde geschickt!
Natürlich wurde sie wieder in die Küche geschickt. Zehn Tage später starb
die Verantwortliche, einer schweren und heiklen Krankenstation. Zu Beginn
verjagte die Oberin, wie eine Versuchung, den Gedanken, diese Verantwortung
Schwester Bertilla zu übergeben. Aber es gab niemanden Anderen. Sie bat sogar
Gott um Verzeihung für diesen Leichtsinn. Dann übergab sie ihr die
Krankenstation.
So begann Bertilla mit zwanzig Jahren ihre Mission als Pflegerin. Es war
die Abteilung der ansteckenden Kinderkrankheiten. Fast alle hatten Diphtherie,
und mussten einer Tracheotomie oder Intubation unterzogen werden. Sie brauchten
ständigen Beistand und der kleinste Fehler hätte einem Kind das Leben kosten
können.
Außerdem herrschte ein ununterbrochener Notzustand. Es gab keinen Stundenplan
und keinen Kontakt mit der Außenwelt. Nicht einmal die tägliche Messe.
Wir müssen bedenken, dass wir in einer Zeit sind, in der die Kinder oft
"mitten in der Nacht, von fernen Dörfern, auf rüttelnden Karren liegend,
kamen. Oft mit schwerer Blutvergiftung, blau durch fortschreitende Atemnot. Sie
brauchten alle eine sofortige und kräftige Hilfe von allen".
Es war der Kontakt mit den Kindern und ihr Mitempfinden dieser tragischen
und unschuldigen Schmerzen die Bertilla jede Ungeschicklichkeit und Ängstlichkeit
nahm.
Die Ärzte beurteilten sie als ein "aufrichtiges, ruhiges,
ausgeglichenes und kluges Wesen".
Es ist ratsam die Erklärungen der Ärzte, denen sie assistierte, zu lesen.
Hören wir eine: "Es kommen diphtheriekranke Kinder in die Abteilung. Sie
wurden von ihren Familien getrennt und befinden sich in einem derartig
aufgeregten und verzweifelten Zustand, dass man sie fast nicht beruhigen kann.
Zwei oder drei Tage sind sie wie kleine Tiere. Sie schlagen sich, bekämpfen
sich mit den Fäusten, rollen unter den Betten herum und verweigern die Nahrung.
Schwester Bertilla wurde aber bald die Mutter aller. Nach zwei oder drei
Stunden hingen die vorher verzweifelten Kinder, völlig beruhigt an ihrem Rock
und begleiteten sie bei ihrer Arbeit. Unter ihrer Leitung bildete die Abteilung
ein rührendes Bild: eine Schar Kinder an ihrem Rock hängend. Wirklich ein
Vorbild für alle Abteilungen".
Es könnte als nettes Bildchen erscheinen, aber dann erzählen die Ärzte was
mit den Eltern passierte, wenn man ihnen die traurige Nachricht vom Tod des
Kindes sagte. Nur sie fand die richtigen Worte um die Verzweiflung der Eltern
zu überbrücken. Auch die Ärzte, besonders wenn sie ihre erste Tracheotomie
ausführen mussten, fanden Bertilla an ihrer Seite. In den kritischen und gefährlichen
Augenblicken war sie immer ruhig, ohne Nervosität oder Müdigkeit.
Es kam sogar vor, dass die Kinder weinten, wenn sie das Spital verließen
und die Schwester verlassen mussten. Die Ärzte erzählten lächelnd die Episode
von einem Mädchen das erklärte sie könne das Spital nicht verlassen, weil sie
an der "Schwesterinfektion" litt.
"Schwester Bertilla erweckte in mir immer den Eindruck, als würde über
ihr ein Wesen stehen und sie vorwärts führen und leiten. Ein Mensch der sich
durch seine Mission der Nächstenliebe über die Anderen erhebt, ohne besondere
Eigenschaften, hervorragende Intelligenz oder besondere Bildung zu haben,
erweckt tatsächlich den Eindruck, als wäre er von einem Engel geführt. Noch
dazu, wenn die Anderen unter den gleichen Bedingungen leben und unter den
gleichen Schwierigkeiten wirken. Schwester Bertilla verbrachte eine, zwei,
drei, fünfzehn schlaflose Nächte und kam immer, ohne an sich Selbst zu denken,
oder Müdigkeit oder Schmerzen zeigend zu ihrer Arbeit. Ein Arzt, der so einen
Menschen sieht muss gestehen, dass dieser etwas besitzt, was innerlich und
äußerlich erhebt. Außerdem die Tatsache, dass sie auf die Anderen einen
Einfluss ausübte und eine Überzeugungskraft hatte, die man bei anderen Menschen
nicht findet."
Man beachte, dass der Arzt der sie so beschreibt ein Heide, ein Freimaurer,
war. Als er sie "voll von Freude" sterben sah, bekehrte er sich. Wir
werden das noch beschreiben.
Bei den "Infizierten" verbringt Schwester Bertilla zwei Jahre. Dann verbringt sie ihren Dienst in allen
Abteilungen und hinterlässt in den fünfzehn Jahren ihres Krankenhauslebens
überall die gleiche schöne Erinnerung.
Manchmal wurde ein neuer Patient eingeliefert, währen die Schwestern beim
Essen waren.
Eine Mitschwester erzählt folgendes. Rief die Verantwortliche: " ein
Kranker für Schwester Bertilla", wussten alle, dass es sich um einen
Unbemittelten, voll von Flöhen oder einen Tbc-Kranken handelte. Sie hatte die
Anderen daran gewöhnt an sie zu denken, wenn es sich um besonders unangenehme
Situationen handelte, die von den Krankenschwestern und Krankenbegleitern
gemieden wurden.
Wenn die Vorgesetzte sie bat vorsichtig zu sein, antwortete sie:
"Mutter Oberin, ich fühle, dass ich Gott diene". Sie beklagte sich
nie wegen zu großer Arbeit oder über die Nervosität der Kranken. Es schien als
hätte sie keinen Stolz, sondern nur den Wunsch zu lieben und zu dienen.
Im Jahre 1915 brach der erste Weltkrieg aus. Als der Piave-Fluss, die
vorgerückteste Linie wurde, war sofortige und konstante Gefahr. Bertilla
schreibt in ihr Notizheftchen: " In dieser Zeit von Krieg und Angst, sage
ich mein "hier bin ich". Hier bin ich, mein Gott um deinen Willen zu
gehorchen, wie immer er aussieht, im Leben, im Tode, in der Angst".
Es erscheint wie das andächtige Gebet einer Nonne. Es war aber eine stille
und heldenhafte Wahl. Wenn die Bomben auf die Stadt fielen und alle in die
Luftschutzkeller flüchteten, blieb sie bei den nicht transportierbaren Kranken.
Sie betete mit ihnen und gab denen die vor Schreck ohnmächtig wurden, ein Glas
Marsala.
Sie erblasste und war vielleicht erschrockener als die anderen, aber sie
blieb.
Die Oberin fragte sie: "Haben sie keine Angst, Schwester
Bertilla?"
"Mutter, machen sie sich keine Gedanken. Gott gibt mir so viel Kraft,
dass ich die Angst gar nicht spüre,"
war die Antwort.
So wurde sie in das Lazarett, ein Nebengebäude des Krankenhauses,
geschickt, welches nahe der Eisenbahn lag und den Bombenangriffen besonders
ausgesetzt war. Sie musste eine Schwester vertreten, die diese Schrecken nicht
aushielt. Die Oberin war bekümmert, als sie dieses Opfer von ihr verlangt, doch
Bertilla antwortete: "Mutter, denken sie nicht an mich. Mir genügt es,
wenn ich nützlich bin".
Nach der Invasion von Friaul, im Jahre 1917, musste das Krankenhaus
evakuiert werden, und die Kranken wurden in drei Gruppen geteilt. Schwester
Bertilla reiste mit zweihundert nach Brianz, und dort vertraute man ihr die
Typhuskranken an. Zu Beginn des Jahres 1918 wurde sie nach Como in ein
Sanatorium für Tbc-Kranke Soldaten geschickt. Hier blieb sie ein Jahr.
Wenn man diesen Kreuzweg erzählen will, wiederholt man sich immer. Die
Heiligkeit dieser einfachen Frau bestand gerade in dieser nie unterbrochenen
Wiederholung von Worten, Gebärden, Handlungen und Entschlüssen, die alle in die
gleiche Richtung gingen. Ihre tägliche Treue war das größte Wunder, das wir auf
dieser Erde erleben können.
Wir sprechen nicht von einem post mortem Brief oder einer späteren
Erzählung, wenn wir alles schön und gut sehen.
Noch im gleichen Jahr fühlte sich ein Kaplan verpflichtet der Generaloberin
zu schreiben, nachdem er geheilt nach Hause kehrte. Er bedankte sich "für
das Gute, welches die Schwestern in diesem Haus der Schmerzen taten. Besonders
Schwester Bertilla kennzeichnete sich aus, schrieb er. Sie arbeitete bei den
tuberkulösen Soldaten. Diese waren im letzten Stock des Hotels untergebracht,
das als Krankenhaus verwendet wurde. Sie verzehrte sich durch Pflege und
Nächstenliebe wie eine Mutter für ihre Kinder oder eine Schwester für den
Bruder. Die Forderungen der Armen, durch ihre unabwendbare Krankheit
verständlich, waren groß und die Leitung des Krankenhauses erschwerte die
Verteilung des Nötigen. Um ein Heilmittel für einen Kranken zu finden, wäre Schwester
Bertilla durch das Feuer gegangen. Sie fand keine Ruhe und die hundert Stufen
lief sie auf und ab um in der Küche einmal dies und einmal jenes zu holen...
".
Jahre später erzählte er eine Begebenheit, die uns besser diese
Nächstenliebe verstehen lässt, die ihn so wunderte.
"Die spanische Grippe hatte auch unser Krankenhaus ergriffen. Dutzende
wurden von der Epidemie befallen und starben. Alle hatten hohes. Nach den
Sanitätsanweisungen schliefen wir mit den geöffneten Fenstern und um die Kälte
der Nacht zu mildern, durften wir Wärmeflaschen verwenden. An einem
Oktoberabend ging der Warmwasserkessel kaputt und so fehlte auch diese kleine
Beheizung. Der ausbrechende große Lärm ist nicht zu beschreiben. Dem
Vizedirektor gelang es nur schwer den Tumult zu stillen. Er versuchte die
Soldaten zu überzeugen, dass es wegen höherer Gewalt nicht möglich war, für
alle Kranken warmes Wasser zu bringen. Schließlich hatte auch das
Küchenpersonal ein Anrecht auf Ruhepause!" Groß war die Überraschung
aller, als sie eine kleine Schwester, spät in der Nacht durch den Saal gehen
sahen die allen die gewünschte Wärmeflasche brachte. Sie hatte die Geduld, in
kleinen Behältern das Wasser zu wärmen, auf einem primitiven Feuer, mitten im
Hof. Am nächsten Tag sprachen alle von dieser kleinen Schwester die ihren
Dienst aufgenommen hatte, ohne in der Nacht geschlafen zu haben".
Als Belohnung fand sie eine gewissenhafte Oberin, welche fürchtete dass
Bertilla sich zu sehr an ihre Soldaten gewöhnte. Gewisse Aufmerksamkeiten schienen
ihr übertrieben, gewisse Sorgen zu verwickelt und die Soldaten hingen, ihrer
Meinung nach, zu sehr an Bertilla. Sie enthob sie daher von der Verantwortung
für das Sanatorium und schickte sie in die Wäscherei, wo sie Haufen von übel
riechender und infizierter Wäsche sortieren musste. Nachdem sie diese Arbeit
für unwichtig hielt erklärte die Oberin, mit einer Grausamkeit die
mittelmäßigen Menschen eigen ist, dass Bertilla "sich nicht einmal das
Brot verdient, welches sie esse." Für Bertilla war es die Zeit der
"Passion".
Sie trieb es so lange, bis die Generaloberin Bertilla in das Mutterhaus
zurück berief: "Hier bin ich Mutter, sagte sie, eine unnötige Schwester,
welche der Gemeinschaft nicht nützt".
Christus hatte sich der Verständnislosigkeit der Menschen bedient um ihr
Gebet, welches sie so oft zu ihm schickte, zu erhören: "Um immer bei dir
im Himmel zu sein, will ich auf der Erde alle Leiden mit dir teilen. Ich will
dich lieben durch Opfer, Traurigkeit und Schmerz".
Wer um jeden Preis die Schmerzen vermeiden will, kann nicht begreifen,
welches Wunder geschieht, wenn der Wunsch an dem Leiden Christie teilzunehmen
ein Herz erfüllt.
Es ist, als würde sich das Leiden Christies für uns erneuern, für die
Rettung aller.
Die Generaloberin übergab ihr eine Aufgabe, die für sie mehr als Belohnung
war, da sie Bertilla in ihr Herz geschlossen hatte. Sie hatte die Kinder mit
Diphtherie behandelt, dann die Soldaten mit Tbc, und jetzt schickte sie die
Oberin in ein Landhaus nahe Monte Berico. Sie sollte den Seminaristen
beistehen, die von der Fieberepidemie befallen waren und vielen schon das Leben
gekostet hatte. So konnte sie junge Männer pflegen, die künftigen Priester, die
kostbarsten Mitglieder der Familie Christies.
Die Notizen die sie während dieser Monate in ihr Notizbuch schrieb zeigen
ihre große Liebe zur Heiligen Jungfrau. Sie fühlte sich in ihre Kinderjahre
zurückgesetzt als sie mit ihrer Mutter Schutz in der Säulenhalle des Heiligtums
suchte.
" Oh, meine geliebte Madonna. Ich bitte nicht um Visionen,
Enthüllungen, Vergnügen oder Gefälligkeiten. Hier auf der Erde will ich nichts
anderes, als was Du willst. Ich will glauben, ohne zu sehen und mit Freude ohne
Trost leiden. Für Dich will ich bis zum Tode arbeiten".
Nach fünf Monaten konnte sie nach Treviso zurückkehren und wurde zu ihren
kranken Kindern geschickt. Dann wurde sie vom Primar der medizinischen
Abteilung verlangt.
Immer die gleiche Güte, die gleiche Nächstenliebe, die gleiche Ruhe und den
gleichen grenzenlosen Antrieb zum Geben, obwohl schon seit langem ein Tumor
ihre Eingeweide auffraß. Mit zwanzig Jahren wurde sie schon operiert, aber die
Krankheit ging weiter. Aus einem falschen nicht überwindbaren Schamgefühl
vernachlässigte sie sich auch.
In ihrem Glauben isolierte sie sich immer mehr und mehr. " Ich besitze
nichts, nur meinen Willen. Mit der Hilfe Gottes bin ich bereit, nicht mit
meinem eigenen Willen zu wirken. Ich tue es aus der reinen Liebe zu Christus,
als gäbe es weder Hölle noch Paradies und auch nicht den Trost des guten Gewissens".
Sie erreichte, ohne es zu wissen die Gipfel welche nur die größten Mystiker
erreichten.
Am 16 Oktober 1922 sahen alle, dass sie sich nicht mehr aufrecht halten
konnte. Zu Mittag wurde sie untersucht. Der Chirurg entschloss sie schon am
nächsten Tag zu operieren. Sie stand bis zum letzten Augenblick in erster
Linie. Der Tumor wurde entfernt, aber er hatte schon auf die ganze Magenhöhle
übergegriffen. Es war klar, dass sie nicht überleben würde.
Im Krankenhaus verbreitete sich die Nachricht, dass Schwester Bertilla in
ihrem Zimmer im Sterben lag und es begann ein Kommen und Gehen von Oberärzten,
Ärzten und Krankenschwestern.
"Als wenn sie eine Heilige wäre", sagte eine Mitschwester welche
Bertilla immer für ein Dummerl gehalten hatte.
Einige weinten, als sie Bertilla mit so großer Demut leiden sahen. Sie
tröstete die Weinenden: " Ihr dürft nicht weinen. Wenn wir Gott sehen
wollen, müssen wir sterben. Ich bin glücklich."
So wie immer sprach sie in ihrem Dialekt. Zur Generaloberin sagte sie:
"Den Schwestern soll man erklären, dass sie für Gott arbeiten müssen.
Alles andere ist wertlos!".
Der Freidenker Doktor Zuccardi Merli, von dem wir schon sprachen, sah sie
sterben und er fühlte die innere Wandlung. Er bezeugte: "Ich kann
behaupten, dass meine religiöse Wandlung begann, als ich Schwester Bertilla
sterben sah. Knapp, bevor sie starb küsste ich ihre Hand und man erkannte, dass
der Tod für sie eine Freude war. In dieser Art sah ich niemanden sterben. Es
war als wäre sie schon in einem besseren Leben. Sie war gepeinigt von einem
schmerzhaften Leiden, fast verblutet und überzeugt sterben zu müssen. In diesem
Zustand klammern sich die Kranken an den Arzt und bitten "rette
mich". Sie hörte ich mit einem Lächeln, das ich nicht beschreiben kann,
sagen: "Schwestern, freut euch. Ich gehe zu meinem Gott." Dies bewog
mich eine Art Selbstkritik zu machen und heute bezeichne ich es als das erste
Wunder von Schwester Bertilla. Ich sagte mir "dieser Mensch steht über
uns, auch wenn er noch lebt. In ihr ist ein materieller Teil, der bei uns
bleibt und die Umwelt tröstet. Der offensichtliche und vorherrschende
religiöser Teil, steht über uns und erlebt schon die Glückseligkeit, welche sie
in ihrem Leben suchte."
Aus diesen anscheinend so schwierigen und komplizierten Worten hört man den
Rationalisten, der vor das Übernatürliche gestellt wurde. Der, der die Seele
immer verneint hat und jetzt gezwungen ist, diese beinahe zu sehen wie Gott sie
zu sich nimmt, mit Freude erfüllt und den Körper verlassend.
Diese bescheidene Klosterschwester, die immer "die arme Gans"
genannt wurde, riss in ihrem Glauben diesen Intellektuellen, der stolz auf sein
Wissen und seine freien Gedanken war, mit sich. In ihrer Rocktasche hatte sie
das abgenützte Religionsbuch als sie starb und normalerweise sagte sie:
"Ich bin eine arme Unwissende, aber ich glaube alles was die Kirche
glaubt".
Einer Mitschwester welche sie über ihr "geistiges Leben" fragte,
antwortete sie: "Ich weiß nicht, was es heißt "den Herrn
genießen". Mir genügt es die Teller zu waschen und meine Arbeit Gott zu
widmen. Von dem geistigen Leben verstehe ich nichts. Die "Straße der
Fuhrwerke" ist mein Weg."
Sie fühlte sich immer als das Landmädchen, die an die Feldwege gewöhnt war.
Auf diesen geht man ohne Eleganz und ohne Vergnügen.
In ihrem italienisch, voll Rechtschreibfehler, wusste dieses Bauernmädchen
vornehme und edle Worte zu schreiben:
"Die Luft die ich einatme, bin ich und Gott allein, innere und äußere
Andacht, ununterbrochenes Gebet, sorgfältige und ununterbrochene Arbeit, in
Ruhe und mit Ordnung. Ich bin ein Geschöpf Gottes. Gott hat mich erschaffen und
bewahrt mich. Er hat das Recht mich völlig zu besitzen. Ich suche das Glück,
aber das echte Glück finde ich nur in Gott. Ich muss dem Willen Christies gehorchen,
ohne etwas dafür zu verlangen, immer mit Frohsinn und Freude. Ich muss Jesus
bitten, dass er mir hilft, mich Selbst zu beherrschen, zu verstehen was gut und
böse ist und dass ich seinen heiligen Willen immer erfülle, ohne etwas anderes
zu suchen."
Als sie 1952 selig gesprochen wurde, sagte Papst Pius XII: "Sie ist
ein beispielloses Vorbild... In ihrer Bescheidenheit nannte sie ihren Weg, die
"Straße der Fuhrwerke", die einfachste, die des Katechismus".