Der heilige Johannes Bosco
Aus dem Buch: BILDER DER HEILIGEN von
Antonio Sicari, Ausgabe Jaca Book
Knappe dreißig
Jahre sind seit der Französischen Revolution, vergangen als Don Bosco das Licht
der Welt erblickt. Im selben Jahr (1815) geht der Stern Napoleons mit dem
Wiener Kongress unter. Schon im vergangenen, dem so genannten Jahrhundert der
Aufklärung, wurde der Glaube angegriffen und belacht. Die Angriffe wurden im
Namen der vergötterten Rationalität geführt, welche den «Aberglauben»
bekämpfte.
Im 19.
Jahrhundert ist der Angriff mit den sozialen und nationalen Fragen, oft in sehr
verwickelter Art, vermischt.
Die
Zeit, in der Don Bosco lebt, kann nur schwer beschrieben werden. Es ist die
Zeit der ersten Industrialisierung, der Freiheitsbewegung, der Restauration und
der Revolution. Mit einem Wort es herrscht eine, für uns unvorstellbare
Verwirrung.
Als
Hegel, der Philosoph des Idealismus, stirbt, ist Don Bosco 16 Jahre alt. Comte
- der die neue Weltreligion gründen will - ist um 17 Jahre älter als unser
Heiliger. Feuerbach ist um 11 Jahre, Darwin um 6 Jahre älter. Marx ist um 5
Jahre, Dostojewskij um 6 und Tolstoi um 13 Jahre jünger.
Als
Don Bosco in Italien zur Welt kommt ist Foscolo 37 Jahre alt, Manzoni 30,
Leopardi 17, Mazzini 10 und Garibaldi 8.
Pius
IX, Leo XIII, Viktor Emanuel II, Cavour, Rattazzi, Crispi und Rosmini sind
seine Freunde.
Wohnhaus von
Don Bosco. Hier lebte er seit seinem zweiten
Lebensjahr |
Don Bosco stirbt in Turin und in dem selben
Jahr wird Nietzsche wahnsinnig.
Viele
dieser Namen, waren Don Bosco völlig unbekannt.
Der
bekannteste Schriftsteller den er kennen lernte war Victor Hugo. Nach einem
Bericht hat ihn Don Bosco in zwei geheimen Gesprächen in Paris bekehrt.
Die
Zeit in der Don Bosco lebte, wurde von all diesen Einflüssen gesteuert. Er traf
seine Entscheidungen, nahm einige Ideen an, die anderen verurteilte er.
Manchmal akzeptierte er ohne Kritik gewisse Bestimmungen seiner Zeit. Es wäre
absurd ihn sich anders vorzustellen.
In
dieser Zeit wurde die Kirche manchmal als Verbündete, oft jedoch als Feind
angesehen der bekämpft werden muss. Der Antiklerikalismus hat unvorstellbare
Höhen erreicht. Zwischen all diesen Menschen, Ereignissen, Ideen, Plänen,
Restaurationen und Revolutionen entwickelt sich aber ein neuer Geist: die
Frömmigkeit. Selbst die Feinde erkennen sie an. Diese Frömmigkeit zeigt sich
besonders in den sogenannten «Bekehrern der Armen. » Diese Frömmigkeit breitet sich in den Städten aus und hinterlässt einen
Strom von Erfahrungen und übernatürlichen Erscheinungen.
Vielleicht
gibt es eine Episode, aus dem Leben von Don Bosco, welche nicht genau erklärt
werden kann. Dagegen gibt es Tausende die genau bezeugt werden können.
Nehmen
wir, z. B. das Jahr 1848 als Anhaltspunkt. Dieses Jahr ging in die Geschichte
ein. Es begann der erste Freiheitskrieg.
Das
Seminar in Turin leert sich. Aus Protest gegen den Erzbischof stellten sich
während der Weihnachtsmesse mehr als 80 Geistliche, mit der dreifarbigen
Kokarde auf der Brust, im Presbyterium des Domes auf. In der gleichen Art
nahmen sie an der Feierlichkeit für die Verfassung teil.
Im
nächsten Jahr wird der Bischof verhaftet und eingekerkert. Die Antikleriker
schließen sich zusammen und erstürmen die Klöster. Die Priester teilen sich in
Patrioten und Reaktionäre. Die Regierung bereitet ein Gesetz vor um alle
Klöster zu schließen. Im Jahre 1855 wird das Gesetz rechtsgültig und dadurch
werden 331 Klöster geschlossen und 4.540 Religiöse sind dadurch betroffen.
Das
sind nur einige Ereignisse. In diesen Jahren wirken in Turin gemeinsam mit Don
Bosco, Joseph Cafasso (der Priester der Gefangenen und zu Tode Verurteilten und
geistiger Führer von Don Bosco) und Josef Benedikt Cottolengo (der Priester der
Unheilbaren, der sich den Namen gab «der Arbeiter der göttlichen
Vorsehung»). Etwas später wählt Don
Bosco seinen eigenen Weg. Eines Tages nimmt Cottolengo einen Gewandzipfel von
Don Bosco in die Hand und meint: «Dieses Gewand ist zu leicht. Verschafft
euch ein festeres Gewand, denn viele Kinder werden sich daran festklammern. »
Dann
ist noch ein, um zwanzig Jahre jüngeres, Mädchen da. Don Bosco begegnet ihr im
Jahre 1864. Sie, die hl. Maria Mazzarello, wird die Gründerin der
Mariahilfsschwestern.
Im
Jahre 1854 tritt ein außergewöhnlich sensibler Bub in das Oratorium von Don
Bosco ein. In diesem Jahr wurde das Dogma der Unbefleckten Empfängnis
verkündet. Dieses Kind ist von diesem Marienmysterium beeindruckt. Als
fünfzehnjähriger wird er heilig gesprochen: es war Dominikus Savio.
Ein
anderer Junge wird Nachfolger von Don Bosco, auch er ist seit kurzer Zeit selig
gesprochen: der selige Michael Rua.
Noch
ein anderer verbringt drei Jahre im Oratorium und nennt diese Zeit, «die
glücklichste meines Lebens. » Obwohl nur sechzehnjährig würde er sein Leben für
Don Bosco opfern. Es handelt sich um den seligen Luigi Orione, von dem Silone
in einer bekannten Erzählung spricht. Auch er ist Gründer einer Kongregation
für arme Kinder. Von Don Bosco sagte er: «Du würdest auf brennenden Kohlen
gehen um Don Bosco noch einmal zu sehen und ihm zu danken. »
Don
Friedrich Albert, ein anderer junger Priester unterrichtet zirka fünfzig Kinder
unter denen Don Bosco seine Mitarbeiter auswählen will. Auch dieser Prediger
ist heute ein «Seliger. »
Die
Kirch hat schon acht Heilige offiziell anerkannt. Es gibt aber viele anonyme.
Sie treffen sich und sprechen miteinander und verstehen sich gegenseitig, wie
es eben Freunde tun. Das Übernatürliche zeigt sich in vieler und ergreifender
Weise, so als möchte Gott sein warmes Blut und seinen Geist offenbaren. Die
Kirche leidet in dieser Zeit unter ihren und der anderen Sünden und befasst
sich mit schwierigen Problemen.
Im
Leben von Don Bosco finden wir jede Art von Wundern: prophetische Träume,
Erscheinungen, Verdoppelungen, die Fähigkeit die Seelengeheimnisse der anderen
zu ergründen, Vermehrung von Brot, Nahrungsmitteln und Hostien, Heilungen,
sogar Auferweckung der Toten.
Ich
will nur zwei Episoden erwähnen, welche ein großes Echo in der damaligen Zeit
erweckten. Die erste Begebenheit ist nicht nur traurig, sondern sogar
furchtbar.
Der
König ist unentschlossen ob er die Klöster auf auflösen soll oder nicht. Dieses
Gesetz führt zum Kirchenbann. Don Bosco träumt von einem Höfling, der ihm die
Nachricht bringt:
«
Große Beerdigungen am königlichen Hof. »
Er spricht
mit seinen Mitarbeitern darüber. Er schreibt einen Brief an den König und mahnt
ihn, dieses Gesetz auf alle Fälle zu verhüten und die angedrohten Strafen zu
vermeiden.
Das
ist die Reihenfolge der Ereignisse. Die Warnung von Don Bosco erfolgt im Dezember
1851. Am 12 Januar 1855 stirbt die Mutter des Königs Maria Theresa im Alter von
54 Jahren. Am 20 Januar stirbt die Königin Maria Adelaide mit 33 Jahren. Am 11
Februar stirbt der Bruder des Königs, Prinz Ferdinand von Savoyen, im Alter von
33 Jahren. Am 17 Mai stirbt der letzte Sohn des Königs, im Alter von nur 4
Monaten.
Der
König ist voll Zorn gegen Don Bosco.
Sogar auf Rat einiger Priester unterschreibt er aber am 29 Mai das Gesetz.
Jeder
kann das beurteilen, so wie er will. Doch die Zeitgenossen waren darüber
entsetzt.
Das
andere Ereignis ist jedoch rührend. Im Jahre 1854 bricht in Turin Cholera aus
und wütet besonders im Bezirk Borgo Dora. In diesem Stadtteil, ganz in der Nähe
des Oratoriums, wohnen hauptsächlich die Immigranten. In Genua starben bereits
3.000 Einwohner. In Turin sind 800 Menschen von der Epidemie betroffen und 500
sind schon verstorben. Der Bürgermeister wendet sich an die Einwohner, aber es
melden sich keine Freiwilligen als Krankenpfleger. Alle sind mit Angst erfüllt.
Am 5. August ( Maria Schneewunder) ruft Don Bosco seine Buben und verspricht
ihnen: «Wenn ihr in der Gnade Gottes lebt und keine Todsünde begeht, so
versichere ich euch, dass keiner erkrankt. » Er ersucht alle sich der
Krankenpflege zu widmen.
Er
bildet drei Gruppen. Die ältesten arbeiten im Lazarett und in den Wohnungen.
Die anderen suchen die Kranken und die im Sterben liegenden auf. Die kleinsten
Buben bleiben im Oratorium und warten auf Einsatz.
Jeder
hat eine Flasche mit Essig bei sich. Damit waschen sie sich die Hände, nachdem
sie die Kranken berührt hatten. Die Stadt, die Behörden, auch wenn sie gegen
die Kleriker sind, sind überrascht und beeindruckt. Die Epidemie endet am 21
November. Zwischen August und November erkrankten 2.500 Menschen und 1.400
starben. Kein Bub von Don Bosco erkrankte.
Diese
zwei Ereignisse lassen uns die Atmosphäre spüren, in der Don Bosco, die Buben
und seine Mitarbeiter lebten. Sie waren alle von seiner Familiarität mit Gott
angezogen.
Das
ist die katholische Erklärung. Wer diese verneint, muss Tausend andere
Erklärungen finden.
Don
Bosco ist der erste Heilige der interviewt wurde. Es ist eine journalistische
Technik die von einem Amerikaner im Jahre 1859 erfunden wurde. Während einer
Unterredung mit einem Reporter vom «Journal de Roma», werden ihm unter anderem
folgende Fragen gestellt.
Frage: Welches Wunder bewirkte die Gründung von
so vielen Häusern in den verschiedenen Ländern?
Antwort: Ich konnte mehr schaffen, als ich
erhoffte, doch wie, weiß ich nicht. Die Heilige Jungfrau kennt die Not unserer
Zeit und hilft uns.
Frage: Erlauben sie meine Aufdringlichkeit.
Haben Sie Wunder gewirkt?
Antwort: Ich habe immer nur an meine Aufgabe
gedacht. Ich betete und vertraute in der Mutter Gottes.
Frage: Was denken Sie über die aktuelle Lage
der Kirche in Europa, in Italien und in der Zukunft?
Antwort: Ich bin kein Prophet. Ihr Reporter,
seid Propheten. Ihr kennt vielleicht die Antwort. Gott allein kennt die
Zukunft. Doch denke ich, dass die Zukunft schwer sein wird. Meine Gefühle sind
traurig, aber ich fürchte nichts. Gott wird seine Kirche immer retten und
Maria, welche sie Welt beschützt, wird neue Erlöser hervorbringen.
Wer
war eigentlich Don Bosco?
Erst
muss von seiner Mutter gesprochen werden. Sie war eine arme Bäuerin und konnte
weder lesen noch schreiben. Als Johannes zwei Jahre alt war starb ihr Mann. So
musste sie, in dieser schwierigen Zeit, mit allen Mitteln kämpfen um die
Familie beisammen zu halten. Auswendig kannte sie einige Teile aus der Heiligen
Schrift und einige Episoden aus dem Evangelium. Sie kannte die Grundwerte des
christlichen Lebens ("Gott kennt auch deine Gedanken") Sie wusste von
Paradies und Hölle. Sie glaubte auf Erlösung und vertraute auf die Hilfe
Gottes. Sie kannte die Sakramente und das Rosenkranzgebet.
Denkmal für Margherite (Enrico Manfrini 1992) |
Hören
wir Don Boscos Erzählung: «Ich erinnere mich. Sie hat mich auf meine erste
Beichte vorbereitet. Sie hat mich in die Kirche geführt, beichtete, vertraute
mich dem Priester an und half mir bei meiner Reue. Sie half mir bis sie sicher
war, dass ich allein fähig war aufrichtig zu beichten. »
Weiter
die Erzählung: «Am Tag der Erstkommunion war es beinahe unmöglich andächtig
zu bleiben. Am Vormittag durfte ich mit niemand sprechen. Sie begleitete mich
in die Kirche, half mir bei der Vorbereitung und dem Dankgebet. An diesem Tag
erlaubte sie mir nicht, mich mit Arbeit zu beschäftigen. Ich verbrachte den Tag
mit Lesen und Gebet. Sie wiederholte mir einige Male diese Worte: « Für dich
war heute eine besonderer Tag, mein Kind. Ich bin sicher, dass Gott in deinem
Herzen ist. Verspreche ihm, dass du, mit aller Kraft versuchen wirst, dein
Leben lang gut zu bleiben. »
Die
selbe Frau sagt ihm auch, als von einer möglichen Berufung ihres Sohnes gesprochen wird: «Wenn du Priester
wirst und bedauerlicherweise reich wirst, werde ich dein Haus nie betreten. »
Am Tag
seiner Priesterweihe: «Jetzt bist du Priester und Gott nahe. Ich habe deine
Bücher nicht gelesen, doch denke daran, dass Messelesen der Beginn der
Schmerzen bedeutet. Ab jetzt denke nur an die Rettung der Seelen und sorge dich
nicht um mich. »
Sie wurde gerade Großmutter durch den anderen
Sohn und kümmerte sich um das Kind, als Johannes zu ihr sagte: « Einmal habt
ihr mir gesagt, dass ihr mein Haus nie betreten würdet, sollte ich reich
werden. Jetzt bin ich aber arm und voll Schulden. Wollt ihr nicht zu mir kommen
und Mutter für meine Kinder sein? »
Mutter
Margherita antwortet demütig: «Wenn du meinst, es wäre der Wille Gottes. »
Die
letzten zehn Jahre ihres Lebens (1845 - 1856) widmet sie den Kindern, die ihr
der Sohn anvertraut. Sie widmet sich ihnen mit ihrer ganzen Kraft und wenn sie
nicht mehr kann, dann findet sie die Kraft durch einen Blick auf das Kreuz.
Die
Heiligen werden so geboren und so gedeihen sie.
Seit
der Kindheit hat Johannes Bosco einen Wunsch, der ihm sogar im Traum
«unmöglich» erscheint. Er will die kleinen «Wildkatzen» in Kinder Gottes
verwandeln. Der innere Drang bewegt ihn daher sich der verlassenen Jugend zu
widmen.
Für
sie wollte er unbedingt Priester werden. Er studierte, erleichtert durch ein
gutes Gedächtnis und bewältigte alle Demütigungen und Schwierigkeiten.
Teils
um sein Studium zu bezahlen, teils aus Begeisterung fand er auch Zeit sich als
Hirte, Jongleur, Seiltänzer, Schneider, Schmied, Barmann, Konditor, Punktzähler
am Billardtisch, Orgel- und Spinettspieler zu beschäftigen.
Sich
um die anderen brotlosen, ungebildeten und glaubenslosen Kinder zu kümmern erschien
ihm jedoch, so wie er selbst sagte - «das Einzige, das ich auf Erden tun
muss. Und das seit meinem fünften Lebensjahr. »
Mutter Margherita |
Turin
ist in diesen Jahren vom Fieber der ersten Industrialisierung gepackt. Die
Immigranten sind Zehntausend. Im Jahre 1850 spricht man sogar von 50.00 oder
100.000 Immigranten. Der Bau der Wohnhäuser beginnt. Die Stadt ist voll von
Kindern, die sich für alle möglichen Arbeiten anbieten; sei es als
Straßenhändler, Schuhputzer, Zigarettenverkäufer, Kaminfeger, Stall- oder
Laufburschen usw. Doch niemand beschützt sie. Es bilden sich richtige Banden,
welche besonders an den Feiertagen die Vororte bevölkern.
Don
Bosco nähert sich zuerst den Maurern, Steinmetzen und Straßenpflastern.
Viele
Kinder stehlen und enden natürlich früher oder später im Gefängnis.
Auch
andere junge Priester kümmern sich um die verlassenen Kinder, lassen sich aber
von den politischen Problemen beeinflussen und dadurch wird ihre Arbeit
zerstört. Ein, in Turin sehr bekannter Priester ist überzeugt nach dem Wunsch
des Volkes zu handeln und hat seine zweihundert Jugendliche an der Schlacht von
Novara teilnehmen lassen. Es ist eine völlige Niederlage.
Don
Bosco berücksichtigt niemanden. Er kümmert sich nur um seinen Buben. Er sammelt
sie in einem Oratorium. Er schleppt sie mit sich in der ewigen Suche nach einem
größeren Ort um noch mehr Kinder aufnehmen zu können. Er kämpft gleichzeitig
auf mehreren Seiten. Die Politiker fürchten diesen Revolutionär, dem Hunderte
von Kinder auf ein einziges Wort folgen.
Don
Bosco mit seinen Buben.
Don Bosco mit seinen Buben. |
Das Oratorium
wird von der Polizei streng überwacht. Einige sind der Meinung, ein Oratorium
wäre ein unmoralischer Ort. Die Pfarrer der Stadt sind besorgt, da sie das
«System der Pfarre» zerstört sehen. Wenn ein Oratorium geführt wird, dann
innerhalb der Pfarre.
Die
Anklage lautet: «Die Jugend trennt sich von der Pfarre. »
Don
Bosco wird beschuldigt. Andererseits denken die Pfarrer noch an die vergangenen
Zeiten, als die jugendlichen Einwanderer mit einer Empfehlung ihres Pfarrers
kamen und um Aufnahme baten.
Anderseits
sind die Pfarroratorien, soweit sie existieren, nur an den Feiertagen geöffnet.
Don Bosco denkt aber an tägliche und mit der völligen Teilnahme der Priester.
Nur
dies veranlasst die Pfarrer ihre Meinung zu ändern. Allerdings bestehen sie
darauf, dass Don Bosco später die Jugendlichen zu den jeweiligen Pfarren
schickt.
Aber
das sind Jugendliche, die sich nie einer Pfarre nähern würden. Außerdem ist das
Oratorium von Don Bosco nur eine Struktur oder ein Ort, auch wenn dies, für die
Außenstehenden, nur sehr schwer verständlich ist.
In
erster Linie ist das Oratorium Don Bosco selbst: seine Person, seine Energie,
seine Art, seine Erziehungsmethode. Diese Eigenschaften können nicht von einer
Pfarre in die andere gebracht werden. Zum Glück
entschließt sich der Erzbischof das Oratorium persönlich zu besichtigen. Er verbringt einen
schönen Tag und sagt auch: «ich habe in meinem Leben noch nie so viel gelacht.
» Er Kommuniziert und spendet die Firmung an dreihundert Buben. Er ist auf
diese Jugend stolz, auch wenn er sich, mit der Mitra am Haupt, an der niedrigen
Decke den Kopf anschlägt.
Alle
Firmungszeugnisse werden, laut seiner Verordnung, in der Kurie gesammelt und
später den jeweiligen Pfarren überleitet. In dieser Weise wird das Oratorium
anerkannt, als «Pfarre der Jugendlichen, die keine Pfarre haben. »
Mit
einer sinnvollen theologischen Bedeutung sagt Don Bosco, dass, sein
begeisterter Anhänger der Abt Rosmini -« unser Werk mit den Missionen in
fremden Ländern vergleicht. »
Auch
mit den sogenannten «patriotischen Priestern» musste Don Bosco kämpfen. Diese
wollte seine Buben in die Politik verwickeln um sie in den Freiheitskrieg zu
schicken.
Er
schrieb: « Im Jahre 1848 waren die Ideen und die Meinungen so verwirrt, dass
ich nicht einmal mehr dem Dienstpersonal vertrauen konnte. Ich ganze
Hausarbeiten erledigte ich allein. Ich kochte, deckte den Tisch, reinigte das
Haus und hackte das Holz. Hemd, Hose, Hand- und Leintücher nähte ich selbst.
Erst erschien es mir als verlorene Zeit, doch bald fand ich in dieser Tätigkeit
die Möglichkeit den Buben in ihrem christlichen Leben zu helfen. Während ich
Brot und Suppe austeilte, konnte ich sie beraten oder mit einem guten Wort trösten.
»
Viele,
sogar seine Freunde waren überzeugt, dass Don Bosco wahnsinnig geworden ist.
Auch gegen diese musste er kämpfen.
Während
er mit seinen Buben von einem kümmerlichen Ort zum anderen zog, erzählte er ihnen
von großen Oratorien, Kirchen, Häusern, Schulen, Werkstätten, Tausende von
Kindern und viele Priester zu ihrer Verfügung.
Die Kinder
glaubten ihm und wiederholten immer seine Worte. Aber sogar seine besten
Freunde waren verzweifelt: «Armer Don Bosco. Er liebt seine Jungen so sehr,
dass er wahnsinnig geworden ist. »
Ganz
Turin sprach von dem «wahnsinnigen Priester. » Mit einer List versuchte man ihn
in ein Spital einzuweisen.
Sein
engster Freund, ein anderer Priester, weinte: « Armer Don Bosco. Er hat
tatsächlich den Verstand verloren. »
Don
Bosco schreibt: «Alle haben sich von mir entfernt. Meine Mitarbeiter haben
mich mit zirka vierhundert Kindern allein gelassen. »
Besonders
beeindruckend war, dass er allen, die ihm vorwarfen, dass die Wirklichkeit weit
von seinen Beschreibungen von «Häusern, Schulen, Kirchen usw.» entfernt war und
ihn verzweifelt fragten: «aber wo sind diese Dinge? », ganz einfach: «ich
weiß es nicht, aber sie existieren, denn ich sehe sie» antwortet.
Unterdessen
wuchsen die Buben heran und die Sorgen wurden immer größer.
Don
Bosco schreibt: «Die Liebe und der Gehorsam meiner Buben sind
bewundernswert. Das muss ich anerkennen. » Doch dies bestärkte die
Befürchtung Don Bosco könnte mit seinen Buben eine Revolution beginnen.
Versetzen
wir uns in die damalige Zeit. Dieser außergewöhnliche Mann holte mehr als dreihundert
Jugendliche, für einen Tag, ohne Aufseher aus dem Gefängnis und brachte sie am
Abend wieder zurück. Es fehlte keiner.
Allerdings
muss man auch begreifen was Don Bosco für sie bedeutete. Eine Episode macht es
uns begreiflich.
Nach
einem anstrengenden Tag, im Juli 1846 hustet er Blut und wird ohnmächtig.
Er ist
in Lebensgefahr und erhält die Letzte Ölung. Acht Tage kämpft er zwischen Leben
und Tod.
Einige
Buben arbeiteten unter der prallen Sonne und tranken trotzdem keinen Tropfen Wasser
während dieser acht Tage. Sie flehten Gott um seine Genesung an. Nach
zwölfstündiger Arbeit wechselten sie sich Tag und Nacht im Heiligtum der
Consolata ab und beteten für ihn. Einige versprachen jeden Tag den Rosenkranz
zu beten. Andere gelobten nur bei Wasser und Brot in den nächsten Monaten zu
leben. Manche wollten ihr ganzes Leben so verbringen.
Die
Ärzte waren überzeugt, dass Don Bosco am Samstag stirbt. Der Bluthusten wurde
immer stärker. Unglaublich, aber wahr, Don Bosco genas.
Bleich
und kraftlos fand er sie alle in der Kappelle. Er sagte nur: «Ich verdanke
euch mein Leben. Von nun an werde ich es euch widmen. » Den Rest des Tages
verbrachte er im Gespräch mit ihnen und verwandelte ihre maßlosen
Versprechungen, welche sie Gott gebracht hatten, in ausführbare Dinge.
Es war
keine romantische oder idealisierte Liebe, sondern das Ergebnis eines Lebens welches
mit guten Werken ausgefüllt war.
Eine
Beschreibung ist unmöglich. Wir können nur einige Dinge aufzählen.
Im
Jahre 1847 besuchen schon Hunderte von Buben das Oratorium. Einige von ihnen, haben
keine Eltern und wohnen daher bei Don Bosco und Mutter Margherite.
Die
ersten schlafen in der Küche. Am Ende des Jahres sind es sechs, fünfunddreißig
im Jahre 1852, Hundertfünfzehn im Jahre 1854, vierhundertsechzig im Jahre 1860,
sechshundert im Jahre 1862 und erreichen am Ende achthundert.
Im
Jahre 1845 gründet Don Bosco eine Abendschule für durchschnittlich dreihundert
Buben.
Im
Jahre 1847 gründet er ein neues Oratorium.
Im
Jahre 1850 gründet er eine Gemeinschaft für die gegenseitige Hilfe der
Arbeiter.
Im
Jahre 1853 eine Schneiderei und eine Schusterwerkstatt.
Im
Jahre 1854 eine Buchbinderei.
Im
Jahre 1856 eine Tischlerei.
Im
Jahre 1861 eine Druckerei.
Im
Jahre 1862 eine Schmiede.
Seit
1850 existiert ein Internat für 12 Studenten - im Jahre 1857 sind es bereits
121 Studenten.
Im Jahre
1862 sind sechshundert Internisten und eben so viele Externe im Oratorium.
Außer
den sechse Werkstätten gibt es Sonntags- und Abendschulen, zwei Schulen für Gesang
und zwei für Orchester.
Neununddreißig
Salesianer haben mit Don Bosco eine religiöse Kongregation geformt.
Wallfahrtsort Maria Hilf (1915 - 1918 Iulius Valitti, Architekt) |
Zur
gleichen Zeit sorgte er auch für die Priesterausbildung. Als er im Jahre 1888
starb waren schon mehr als hundert «neue» Priester aus Valdocco hervorgegangen.
Alle kamen aus den armen Volksschichten.
Immer
für seine Buben wurde Don Bosco auch zum Schriftsteller. Er schreibt für den
Schulunterricht eine Geschichte über die Heiligen, über Religion, von Italien,
viele Biographien und pädagogische
Werke. Mehr als fünfzig Werke. Er schrieb sogar ein Büchlein über die «Vereinfachung
des dezimalen Metersystems», welches im Jahre 1850 in Kraft treten sollte und
ab 1846 in den Schulen unterrichtet werden sollte. Doch die Regierung hatte
keine Schulbücher vorbereitet. Er betrachtet jedes Büchlein als einen
«Liebesdienst» für die Kirche und seine Buben. Ein, ziemlich reichhaltiges,
Lehrbuch über die Jugenderziehung erreicht im Jahre 1888 die 118. Auflage.
Bis
jetzt haben wir das Leben von Don Bosco bis 1860 verfolgt. Bis zu seinem Tod
vergehen noch 25 Jahre. In diesen Jahren hat er die «Bibliothek für die
italienische Jugend» mit 204 Büchern, in lateinischer und griechischer Sprache,
bereichert. Er hat fünf Internate eröffnet, eine weibliche Kongregation
gegründet, die Wahlfahrtskirche «Maria Hilf» und die Kirche «Sacro Cuore» in
Rom erbaut, 64 Häuser für die Salesianer in sechs Nationen und Missionen in
Lateinamerika gegründet. Er hatte 768 Salesianer an seiner Seite. Er reiste
nach Frankreich und Spanien. In diesen Ländern wollten alle den «Mann des
Glaubens» (mit diesem Beinamen ist er allgemein bekannt) kennen lernen.
Im
Jahre 1883 ist er vier Monate in Frankreich und bereist das ganze Land. In
Paris angekommen schreibt Le Figaro, vor seinem Haus «warten schon seit einer
Woche die Kutschen den ganzen Tag. » Kardinal Lavigerie nennt ihn den «heiligen
Vincenzo de' Paoli aus Italien. »
Eine
Besonderheit: im Jahre 1883 war die Druckerei von Don Bosco, die beste von
Turin. Im Jahre 1884 hatte Don Bosco bei der «nationalen Ausstellung der
Industrie, Wissenschaft und Kunst» einen eigenen Stand. Über dem Eingang las
man in großen Buchstaben:
DON
BOSCO: SALESIANISCHE PAPIERFABRIK, DRUCKEREI, BUCHBINDEREI UND BUCHHANDLUNG.
Die
Kirche von Don Bosco (1961)
Die Kirche von Don Bosco
(1961) |
Er war
der erste Priester der bei einer nationalen, der Arbeit gewidmeten,
Ausstellung, teilnahm.
Der
Berichterstatter erzählte, die Leute hätten immer gelächelt, wenn sie die
Reklame lasen. Sie dachten immer die üblichen Dinge für eine Sakristei zu
finden und waren überrascht eine ganze Arbeitskette zu sehen. Bis jetzt sah man
noch nie, wie aus Lumpen, Papier erzeugt wurde und aus Papier, fertige, schön
gebundene, Bücher mit Hunderten von Illustrationen. Die Zeitung von Reggio
Emilia berichtete, dass der Stand von Don Bosco immer stark besucht war.
Diese
beeindruckende Tätigkeit stellt tatsächlich die Frage nach dem historischen
Wert von Don Bosco.
Völlig
gefahrlos können sich heute alle, jede Banalität und schlechtes Urteil
erlauben, wenn sie über die Kirche oder die Kleriker sprechen. Viele Christen
nehmen alles an und teilen jede Meinung. Jede Kritik und jede Erniedrigung der
Geschichte ist ihnen recht. Manchmal quälen sie sich selbst, nur um als moderne
Menschen zu erscheinen. Wenn man übertreibt, lächeln sie eventuell nur. Während
der 125 jährigen Geschichte unseres Landes wurden Millionen Menschen von den
Salesianern ausgebildet. Für viele erscheinen sie aber «pathetisch», da Don
Bosco keine politische Stellung einnahm.
Er sah
einfach die Notwendigkeit und schritt ein. Er beschäftigte sich aber mit den
echten Menschen. Mit denjenigen, welche
die tägliche Geschichte schreiben, auch wenn sie den Großen «pathetisch»
erscheinen.
In
einer Aufzeichnung die Don Bosco an Francesco Crispi schrieb liest man.
«Aus
dem Register ist zu entnehmen, dass mehr als hunderttausend Jugendliche aufgenommen
und mit dieser Methode erzogen wurden. Sie lernten, Musik, Literatur, Kunst und
Handwerke. Sie wurden ehrliche Handwerker, Verkäufer, Kaufleute, Lehrer,
Angestellte und viele ergriffen sogar die militärische Laufbahn. Viele,
besonders begabte konnten auch die Universität besuchen und schlossen ihr
Studium in Mathematik, Medizin und Justiz ab. Sie wurden Ingeneure, Notare,
Apotheker usw.»
Viele
rümpfen vor Don Bosco die Nase, da er in so einer komplexen und schwierigen
politischen Lage, sich einerseits jeder politischen Einstellung enthob (ihm
genügte, wie er sagte die «Politik des Vater Unser»), anderseits, auf
der Seite des Papstes stand.
Auch
die Antiklerikalen schrieen in dieser Zeit: "Es lebe Pius IX", denn
sie hofften in ihm einen liberalen Papst zu finden. Don Bosco lehrte aber
seinen Buben, dass man "Es lebe der Papst" rufen muss.
Laut
seiner eigenen Worte hing er an dem Papst wie ein «Tintenfisch an dem Felsen. »
Seine Meinung über die römische Frage war:
«Ich bin auf der Seite des Papstes. Ich bin Katholik und gehorche
blindlings dem Papst. Sollte der Papst zu den Piemontesern sagen: kommt nach
Rom würde auch ich ihnen sagen: geht. Sagt aber der Papst, das Kommen der Piemonteser
nach Rom, ist ein Raubüberfall, dann sage ich das Gleiche. Wenn wir Katholiken
sein wollen, müssen wir, wie der Papst denken und glauben an das was er denkt.
»
Die betreffenden Probleme und Personen waren damals nicht so verherrlicht,
wie sie es heute in unseren Geschichtsbüchern sind. Sie erschienen so, wie sie
tatsächlich waren. Mit aller ihrer Doppeldeutigkeit und Armseligkeit. Das Werk der Priester die sich
damals «mit dem Volk für die Einigung» politisch verbündeten, blieb in der
Geschichte völlig unbedeutend.
Anderseits wussten alle, Kirche und Staat, König und Papst, Minister und
Kardinäle, sie können auf Don Bosco vertrauen, wenn es galt eine
Übereinstimmung zu finden. Nach der Einigung von Italien musste das Problem der
Diözesen geregelt werden. Sechzig Diözesen waren ohne Bischof. Die langen
Verhandlungen fanden in Don Bosco einen tüchtigen Vermittler.
Ein anderes, viel sagendes Beispiel. Minister Rattazzi erklärte, von sich
aus, Don Bosco die Gründung einer religiösen Kongregation, obwohl er persönlich
die religiösen Orden aufgehoben hatte. (Das bekannte Gesetz Rattazzi aus dem
Jahre 1855.) « Rattazzi – so erzählte Don Bosco – wollte mit mir einige
unserer Ordenregeln besprechen, welche unser Verhalten zu dem Zivil- und
Staatsrecht betreffen. »
Praktische
lehrte er ihm eine Kongregation zu bilden, welche einerseits durch die normalen
kirchlichen Gesetze geregelt war, anderseits aber durch das Zivilrecht, welche
die humanitären Institute reguliert. Die Idee eine «religiöse Gemeinschaft die
von dem Staat als Laiengesellschaft angesehen wird» zu gründen, bekam er von
Ratazzi. Sogar die Bischöfe waren von dieser Idee überrascht. Sie entsprang aus
der Zuneigung, welche der überzeugte antiklerikale Ratazzi für Don Bosco hegte.
Viele
rümpfen auch die Nase, weil Don Bosco die soziale Lage seiner Zeit und die
soziale Aufteilung nicht angreift, sondern den Armen, innerhalb dieses Systems,
hilft. Mit anderen Worten, er bittet die Reichen um Hilfe. Auch diese Kritik
bedeutet, nur mit Prinzipien und nicht mit Tatsachen zu arbeiten. Als Don Bosco
sein zweites Oratorium gründet, schreibt Karl Mark sein Manifest. Don Bosco
hatte ein eigenes Urteil über die soziale Lage, obwohl er die pauperistischen
Phänomene und die sich vorbereitenden Änderungen, nicht wissenschaftlich
analisierte.
Er
weigerte sich ein «sozialer Priester» und Politiker zu sein. Er fühlte seine
Berufung in dem sofortigen Eingriff und die Liebe ließ ihn sofort mit der
Arbeit beginnen. Einige Menschen kämpfen gegen die Ursachen, andere gegen die
Folgen der Ungerechtigkeit. Jeder fühlt seine Berufung und alle sind bedeutend.
Wichtig ist es, die Lage zu analysieren und neue Pläne auszuarbeiten. Wichtig
ist aber auch sofort zu lieben und zu helfen, denn die Armen können die großen
Analysen und Pläne nicht abwarten. Don Bosco sagte: «Überlassen wir anderen
religiösen Orden Pläne und politische Aktion. Wir gehen direkt zu den Armen. »
Sogar
Pertini schrieb, er hätte in den Schulen der Salesianer «eine unbegrenzte
Liebe zu allen Armen und Unterdrückten gelernt. Das bewundernswerte Leben von
Don Bosco hat mich zu dieser Liebe geführt. »
Interessant
ist, dass einige der ersten, in Italien abgeschlossenen, Arbeitsverträge,
welche echte revolutionäre soziale Neuigkeiten enthalten, von Don Bosco
geschrieben und unterzeichnet wurden.
Bis
jetzt wurde noch nie an der pädagogischen Fähigkeit von Don Bosco gezweifelt.
Einige
machen Don Bosco den Vorwurf, seine Erziehung wäre «traurig, regressiv und fast
qualvoll» gewesen.
Im
Jahre 1920 schrieb ein antiklerikaler, ungläubiger, aber ehrlicher Erzieher,
Giuseppe Lombardo Radice an seine Anhänger: «Don Bosco war ein «Großer», den
man begreifen muss. Innerhalb der Kirche gründete er eine Erziehungsmethode,
durch die sie den verlorenen Kontakt mit der Volksmasse wieder aufnahm. Für
uns, die wir außerhalb der Kirche stehen ist auch er ein Held. Ein Held der
vorbeugenden Erziehung und der Einrichtung Schule-Familie. Seine Nachfolger
können stolz sein. »
Außerdem:
«Don Bosco? Das Geheimnis liegt in einem Ideal. In unseren Schulen herrschen
viele Ideen. Auch ein Dummkopf, Priester oder Laie, Lehrer oder nicht, kann
viele Einfälle haben. Ein Ideal ist schwierig, besitzt jedoch eine Seele. »
Nach
sechzig Jahren haben anscheinend sehr viele, die Don Bosco kritisierten «sehr
viele Ideen.» Im Jahre 1877 veröffentlichte Don Bosco ein kleines Büchlein mit
dem Titel: Das Präventivsystem in der Erziehung der Jugend. Die erste Sorge
galt dem Erzieher selbst, dessen völlige Hingabe notwendig war.
«Ich
habe Gott versprochen mich bis zu meinem letzten Atemzug der Jugend zu widmen.
Für
die Jugend lerne ich, für sie arbeite und lebe ich. Für die Jugend bin ich
bereit mein Leben zu opfern. » So erklärte Don Bosco.
«Rechnet
mit mir. Ich bin immer für euch da. Bei Tag und bei Nacht. In jeder Stunde des
Tages. »
Die
Vorsorge begann mit der völligen Hingabe der Erzieher. Diesen völligen Einsatz
verlangte Don Bosco. Auch die Leiter der Schulen mussten immer bei den Kindern
sein, auch während der Zeit der Erholung. Sie mussten sichtbar, greifbar,
vertraut sein.
In
einer Zeit in der die Erziehung mit völliger Autorität vollzogen wurde, war das
eine echte Erneuerung. Die Disziplin wurde nicht mehr durch Bestrafung
erreicht, sondern durch Ermutigung und Überzeugung. Es war nicht mehr notwendig
vor dem Erzieher in Reihen stramm und steif zu stehen. Die Jugendlichen
scharrten sich um den Erzieher.
Pèlerin,
ein Reporter einer französischen Zeitung, schrieb im Jahre 1883 in einem
Artikel: «Wir haben dieses System in Tätigkeit gesehen. In Turin bilden die
Schüler eine Gemeinschaft, in der nicht in der Reihe marschiert wird, sondern
sie gehen wie in einer Familie. Jede Gruppe umschwirrt ihren Erzieher, ohne
Lärm, ohne Ärgernis oder Kontrast. Wir bewunderten die fröhlichen Gesichter
dieser Buben und riefen: hier ist die Hand Gottes vorhanden. »
Die
Fröhlichkeit war die Treibfeder, welche sich mit dem Übernatürlichen verband.
Der kleine Domenico Savio erklärte einem neuen Schulkollegen: «Du musst wissen,
dass hier die Heiligkeit durch die Fröhlichkeit erreicht wird. »
Der
Zwang war abgeschafft. In allen Erziehungsanstalten für Jugendliche, war
Beichte und Kommunion Pflicht.
Don
Bosco hörte die Beichte und kommunizierte alle Buben, aber keiner war dazu
gezwungen. Im Gegenteil er riet allen, die Kinder nicht mit Pflichten zu
beladen. Sie nur ermuntern. Er zeigte ihnen ganz einfach, dass sie ohne Frieden
im Herzen nicht richtig glücklich sein konnten, keine richtigen Kinder.
Eine
Erziehung, ohne Vertraulichkeit mit Gott, d. h. ohne «Religion» ist nicht
möglich. Davon war Don Bosco fest überzeugt.
Er
sagte: « Die Erziehung ist eine Sache des Herzens und nur Gott ist der
Besitzer des Herzens. Wir können nichts vollbringen, wenn Gott uns nicht den
Schlüssel zu diesem Herzen gibt. Nur ein Katholik kann die vorbeugende Methode,
mit Erfolg, anwenden. »
Von
dieser Idee überzeugte er sogar einige Protestanten die ihm aufsuchten um bei
ihm zu lernen. Die Ausdrücke, die «intolerant» erscheinen, gehören zu dieser
«Idee», welche einen echten Erzieher bilden. Die Vorstellung, die Don Bosco von
einem Erzieher hat umfasst seine ganze Aktivität.
Er
findet alles wichtig und nichts unwürdig für einen Erzieher. Egal ob es sich um
Kochen, Schneidern, Spiel, Unterricht, Musik, Gebet, Predigt, Beichte oder
Kommunion handelt.
Noch
zu seinen Lebzeiten erschien im Jahre 1884 eine, von einem Franzosen, verfasste
Biographie von Don Bosco.
In
dieser schrieb der Autor: « Bis heute haben sich die Gründer von
Kongregationen und religiösen Orden ein bestimmtes Ziel, innerhalb der Kirche
gestellt. Sie haben das Gesetz angewendet, welches von den modernen
Wirtschaftswissenschaftlern, das Gesetz der Arbeitsteilung genannt wird. Don
Bosco hat die neue Idee ausgearbeitet. Seine einfache Gemeinde erledigt die
ganze Arbeit. »
Zweck,
Religion und Liebe, das waren die drei Begriffe auf denen Don Bosco sein Werk
aufbauen will.
Dem
Schüler muss man das ganze Leben widmen. Die Liebe hatte eine besondere Bedeutung.
Tatsächlich kann man lieben, aber wenig wirken.
In
einem bekannten Brief schrieb er, aus Rom, im Jahre 1884: «Haben meine
Jungen, nicht genug Liebe erhalten? Du weißt, wie viel ich für sie gelitten und
im Laufe von vierzig Jahren ertragen habe und auch heute noch ertrage. Wie
viele Opfer, Demütigungen und Gegner habe ich ertragen um der Jugend Brot,
Heime, und Lehrer zu geben und besonders um sie von ihren Krankheiten zu
heilen. Ich tat, was ich konnte für sie, denn sie sind meine ganze Liebe. Was
will man noch von mir? »
Und
die Antwort war: «Die Jugend nicht nur lieben, sondern sie müssen sich
dieser Liebe auch bewusst sein. »
Das war
zu Don Boscos Zeiten zutreffend. Einer seiner Buben antwortete als Erwachsener:
«Wir wuchsen mit der Liebe auf. »
Das
ist die Besonderheit von Don Bosco: er genügt nicht nur zu lieben. Liebe muss
man zeigen und fühlen lassen. «Liebe muss man mit Worten, Taten, sogar mit dem
Gesichtsausdruck aussprechen. »
Das
verlangt eine tiefe Askese, eine völlige tägliche Hingabe.
Im
Jahre 1883 besuchte ihn ein einfacher Priester aus der Lombardei, nachdem er so
viel von Don Bosco gehört hatte. Dieser einfache Priester ist der zukünftige
Papst Pius XI, welcher Don Bosco «heilig» erklärt.
Er
musste warten, da Don Bosco mit den Leitern seiner Heime in Versammlung war.
Inzwischen
konnte der einfache Priester beobachten. Nach fast fünfzig Jahren, als Papst, erzählt
er diese Begegnung. «Es waren Menschen anwesend, die von überall herkamen.
Einer mit einem Problem, der andere mit einem anderen. Er stand in ihrer Mitte,
als wäre es eine Angelegenheit von nur einem Augenblick. Er hörte alle an,
begriff sofort und antwortete allen. Er war ein Mann, der alles beachtete, was
um ihn vorging. Gleichzeitig hatte man aber den Eindruck, als wäre er mit
seinen Gedanken ganz wo anders. Tatsächlich war er auch mit seinen Gedanken bei
Gott. Für alle hatte er die richtigen Worte. Trotz der vielen Schwierigkeiten
führte Don Bosco sein Leben in der Heiligkeit und innigem Gebet. »
Gerade
das, war die erzieherische Fähigkeit, für sich selbst und für die Anderen. In
den letzten Monaten konnte er sich nur mit Schwierigkeiten bewegen. Auf die
Frage «Don Bosco, wohin gehen wir? », antwortete er «wir gehen in den Himmel. »
Heiliggesprochen
wurde er am Ostersonntag des Jahres 1934, am Ende des Jahres der Erlösung. Er
war der erste Heilige in der Geschichte, dem am Tag nach der Heiligsprechung im
Rathaus eine Feierlichkeit gewidmet war. Die Ansprache hielt der
Erziehungsminister. Es war eine Anerkennung die bezeugte, dass Don Bosco allen
gehört. Bis heute