Der heilige Johannes von Gott
Aus dem
Buch: BILDER DER HEILIGEN von Antonio Sicari, Ausgabe Jaca Book
Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, knapp drei Jahre nach der Entdeckung der
"Neuen Welt" geboren zu werden, bedeutete seit Kindheit die Lust und
den Wunsch nach Abenteuer einzuatmen. Die Abenteuerlust war ein
charakteristisches Merkmal des ganzen 16. Jahrhunderts.
Besonders, wenn man in Portugal zur Welt kam,
welche die Heimat der großen Seefahrer war; Bartholomäus Diaz entdeckte 1486
das "Kap der Stürme" dann das "Kap der guten Hoffnung";
Vasco de Gama, der 1497 das Kap umsegelt und bis nach Kalkutta gelangt; Alvares
Cabral, der 1500 Brasilien entdeckt; Magellano, der 1520 die Meerenge erreicht
und dadurch den Pazifischen Ozean erreicht und die Welt umsegelt.
Johannes Cidade Durarte wurde 1495 in
Montemor-o-novo geboren.
Aber das Abenteuer ist schwer, wenn der Vater
nur ein armer Kaufmann ist, der Obst an der Straßenecke verkauft. Dieser hatte
zwar den Ruf ein Träumer zu sein und hätte gerne an der Spedition von Vasco de
Gama teilgenommen, aber Frau und Sohn hatten ihn daran gehindert.
Von dem Kind Johannes wissen wir fast nichts.
Im Alter von acht Jahren begegnet er einem Pilger. Ein Wanderer der in seinem
Haus um Aufnahme bat und der von seinen Reisen erzählte.
Was dann wirklich geschah, wissen wir nicht.
Am nächsten Morgen bemerkten die Eltern, dass der Pilger das Haus verlassen
hatte und das Kind mit ihm geflohen war: geflohen oder entführt. Wer kann das
sagen.
Sicher ist nur, dass sie das Kind nie mehr finden.
Die Mutter, von dem Schmerz überwältigt, lebt nur noch 20 Tage. Der Vater
beendet seine letzten Lebensjahre in einem Franziskanerkloster.
Der kleine Johannes legt die Reise bis nach
Madrid zu Fuß, in Begleitung von Bettlern, Seiltänzern und Jongleuren zurück
und erlernt diese Berufe.
In der Nähe von Toledo übergibt der Bettler
das, höchstwahrscheinlich völlig erschöpfte Kind, einem guten Mann, Francisco
Majoral. Dieser war Hirte des Grafen von Oropesa, ein Mann dessen Tugend und
Barmherzigkeit bekannt war.
Sechs Jahre lang wird Johannes wie ein Sohn
erzogen. Von 14 bis 20 lebt er wie ein Hirt in der Einsamkeit der Berge und in
der Betrachtung der Natur.
Er hätte sein Leben richtig ordnen und die
Tochter des Majoral, mit der er aufgewachsen war, heiraten können. Aber
Johannes floh.
Karl V wirbt Truppen gegen Frankreich an,
welche Pamplona erobert hatte. Hier wurde Ignatius von Loyola verwundet und
hier haben, auf der anderen Seite, die älteren Brüder des kleinen Franz Saverio
gekämpft.
Johannes Cidade will die Freiheit. Sein
Biograph schreibt: "Jene Freiheit welche die wollen, die den Krieg führen
und die breite, wenn auch schwierige, Straße der Laster begehen."
Wir befinden uns in der Zeit, wo nach dem
mittelalterlichen Ritter die Figur des "Soldaten" entsteht.
Das Militärleben bringt unserem Abenteurer
aber nur Unglück. Einmal wird er von einem scheugewordenen Pferd abgeworfen und
gegen den Felsen am Wegrand geschleudert, wo Johannes bewusstlos, wie tot,
lange liegen bleibt.
Zur Wache einer Kriegsbeute aufgestellt, wird
er beraubt, wird degradiert und zu Tode verurteilt. Dank der Fürsprache einer
wichtigen Persönlichkeit wird er begnadet.
Beides waren leibliche Erfahrungen, Tod und
Begnadung, und fassten tiefe Wurzeln in seinem Gewissen.
Wie ein Schiffbrüchiger, kehrt er zu seinem früheren
Arbeitsgeber, Majoral, nach einem, nie endenden Fußmarsch, von zirka
sechshundert Kilometern zurück und wird wieder gegen seinen Willen Hirt.
Es vergehen zwei weitere Jahr. Im Jahre 1527
hört er, dass der Sultan der Türken, Soliman II, in Ungarn eingefallen ist und
Wien belagert. Es erwacht in ihm wieder der Wunsch zu kämpfen.
Im Jahre 1532 bereitet Karl V. einen Kreuzzug
gegen die Türken vor und er beruft Männer von überall ein.
Johannes meldet sich freiwillig und beginnt
wieder mit den Reisen. Seine Abteilung begibt sich nach Barcelona. Von dort auf
Seeweg nach Genua und dann zum Gardasee, wo sich die kaiserlichen Truppen
sammeln. Von dort, mit Gewaltmarsch marschiert das Heer nach Verona, Trento,
Brixen und Innsbruck. Mit Booten fahren sie die Inn bis zur Donau hinunter.
So konnten die Truppen von Karl V im
September 1532 in Wien einmarschieren.
Es wurde kein richtiger Krieg geführt, aber
die Türkengefahr war für den Augenblick abgekehrt.
Zwei Monate später trat die Truppe die
Rückkehr an. Sie nahmen den gleichen Weg. Doch die Abteilung von Johannes
Cidade musste Deutschland durchqueren, die Flandern berühren und ein Schiff
nach Spanien mieten.
Sie gingen im Hafen La Coruna, in der Nähe
von Santiago di Compostela, an Land und machten eine Wallfahrt. Danach wurde
die Kompanie aufgelöst.
Völlig überraschend, denkt Johannes jetzt
daran in seine Heimatstadt, die er als Kind verlassen hat, zurückzukehren. Zu
Fuß legt er die 600 km zurück die ihn von Montemoro-novo trennen und sucht sein
Elternhaus auf in der Hoffnung die Eltern noch lebend vorzufinden.
Als er ihr Schicksal erfährt, überfällt ihm
furchtbarer Schmerz und ein überwältigendes Schuldgefühl. Er fühlt sich für
ihren Tod verantwortlich und sagt sich: "Ich bin schlecht gewesen und
schuldig. Ich muss mein Leben, ein Geschenk Gottes, mit Sühne ausfüllen, und
Gott dienen".
Er begibt sich nach Sevilla und betreibt
Viehhandel. Er ist noch Hirte bei einer reichen Dame. Allerdings nur für einige
Monate.
Er ist unruhig.
Er begibt sich nach Gibraltar und denkt daran
an dem Kriegszug, den Karl V gegen Tunis vorbereitet, teilzunehmen. Dieser
dauert aber nur wenige Monate.
In Ceuta stellt er sich in den Dienst eines
verbannten Adeligen und sorgt für die in Armut gefallene Familie und ernährt
sie mit seinem Einkommen. Die Barmherzigkeit öffnet sein Herz. Er sucht einen
geistigen Führer, der ihm das Lesen des Evangeliums und religiöser Bücher rät.
Er kehrt nach Spanien zurück und verbringt
Stunden im Lesen von religiösen Texten. Mit seinen gesamten Ersparnisse kauft
er Bücher für sich und die Anderen. Er besucht die Dörfer und verkauft Bücher
an gebildete Leute und Bilder an die Unwissenden und an die Kinder.
Bevor er sie verkauft, liest er alles. Dann
stellt er die Bücher schön aus, doch wenn die Jugendlichen sie kaufen wollen,
dann rät er ihnen die religiösen Texte. Er eröffnet sogar einen Bücherladen.
Eindeutig ist, er war der Erste, der lernte.
Es sind uns sechs lange Briefe erhalten, die viele Bibelzitate enthalten.
Mit seinen 43 Jahren kann er gut von seiner
kleinen Buchhandlung in Granada leben.
Doch Gott wartet auf ihn. Zum Fest des
Heiligen Sebastian, im Januar 1539 kommt der berühmteste Prediger dieser Zeit,
Johannes von Avila, der Apostel von Andalusien, in die Stadt.
Johannes ist unter den Zuhörern und hört
predigen, dass alle "in dem Willen zu leiden und sogar zu sterben
festhalten müssen, anstatt zu sündigen. Die Sünde ist die gefährlichste
Qual".
Alle verstehen den Hinweis, weil die Zone von
der Pestepidemie heimgesucht ist.
Bei diesem Vergleich wird unser
"Buchhändler" von tiefer Reue überzogen. Vor seinen Augen ziehen die
Bilder seines ungeordneten Lebens vorbei und er erkennt die Sünden, die er seit
seiner Jugend begangen hat.
Mitten unter den Zuhörern beginnt er zu schreien:
"Mitleid, mein Gott, Mitleid."
Er scheint wahnsinnig geworden zu sein. Er
wirft sich auf den Boden, rennt mit dem Kopf gegen die Wand und reißt sich den
Bart aus.
Von einer Kinderschar gefolgt, die ihm
nachrufen "Wahnsinniger, Wahnsinniger" läuft er zu seinem Laden.
Er verteilt Geld, die heiligen Bücher und
Heiligenbilder. Er zerreißt mit den Händen und den Zähnen die profanen Werke
und verzichtet sogar auf seine Kleidung.
Er läuft zu Johannes d'Avila und beichtet.
Dann begibt er sich auf den Platz, wo sich ein Sumpf befindet, wälzt sich darin
und beginnt mit einer öffentlichen Beichte seiner Sünden.
Die Kinder bewerfen ihn mit Schlamm und er,
mit einem Kreuz in der Hand, welches alle küssen, entfernt sich glücklich.
Einige Biographen erklären diese Tatsache
damit, dass er für wahnsinnig gehalten werden wollte "wahnsinnig aus Liebe
zu Christus."
Andere behaupten jedoch, dass es sich um
einen richtigen Wahnsinnsanfall gehandelt hätte. Große Erfahrung, zu große
Spannung, zu große Schatten und zu grelles Licht, zu große Härte und zu große
Zärtlichkeit, aber besonders zu großes Bedürfnis zu lieben und zu großer Mangel
an liebenswerten realen Dingen.
Tatsächlich endet er in einer Irrenanstalt.
Eine, in der die Heilmethode damals darin bestand, die Kranken zu fesseln und
sie durch Peitschenhiebe zu beruhigen,
Doch dieser Kranke war eigenartig, sogar in
seinem Wahnsinn.
Wurde er selbst gepeitscht, dann forderte er
seine "Krankenpfleger" auf, weiter zu tun, "weil es gerecht war,
dass dieses Fleisch der Sünde leiden muss."
Wurde jedoch ein anderer Arme gepeitscht,
dann schimpfte er mit den "Krankenpflegern". "Verräter, warum
behandelt ihr diese armen Unglücklichen, meine Brüder, die sich mit mir in
diesem Haus Gottes befinden, mit so großer Grausamkeit? Wäre es nicht besser
Mitleid mit ihnen zu haben, sie zu säubern und sie mit größerer Sorgfalt zu
pflegen?".
Er warf ihnen vor, dass sie ihren Gehalt
bekamen um die Kranken zu pflegen und nicht um sie zu misshandeln.
Das Ergebnis war, dass er die doppelten
Peitschenhiebe erhielt.
Johannes sagte jedoch: "Ich hoffe, dass
Jesus Christus mir die Gnade gewährt eines Tages ein Krankenhaus zu haben wo
ich die Armen, die Ausgesetzten und die Geisteskranken aufnehmen und pflegen
kann."
Der große spanische Dichter Lope de Vega hat
Johannes von Gott ein Gedicht gewidmet, in dem er den Moment des Wahnsinnes und
der Demütigung kommentiert:
"Für einen Portugiesen gedemütigt zu
werden ist schrecklich. Peitschenhiebe zu erhalten und diese Schmach von einem
Kastilianer zu ertragen, wurde von einem Portugiesen noch nie gehört. Ich weiß
nicht wie dies ausgegangen wäre, hätte, Gott diese Schmach nicht auf sich
genommen, denn die Portugiesen sind zu große Ehrenmänner um dies zu ertragen.
So wurde diese Schmach zwischen ihm und Gott geteilt. Als Portugiese hätte
Johannes das nicht allein ertragen können".
Nach einigen Tagen begibt er sich zum
Direktor der Irrenanstalt und sagt ihm: "Gelobt sei der Herr. Ich fühle
mich sehr gesund und frei von Angst".
Um das zu beweisen ersuchte er um die Genehmigung
die anderen Kranken pflegen zu dürfen. Dabei bewies er bewundernswerte Ruhe
und Barmherzigkeit.
Kaum entlassen, erhielt er einen neuen
Schock. Vor dem Krankenhaus zog der Leichenzug der wunderschönen Kaiserin
Isabella Augusta, die Ehefrau von Karl V. vorbei um diese in der königlichen
Kappelle von Granada beizusetzen.
Wie Graf Franz Borgia damals entschied, sein
Leben heilig zu gestalten so überzeugte Johannes dieser Anblick, wenn es auch
nicht mehr notwendig war, sein Leben Gott zu widmen und für die Armen zu
sorgen.
Er war damals ein Vierzigjähriger und hatte
nur mehr 11 Jahr vor sich.
Aber in dieser kurzen Zeit wurde er der
"Vater der Armen", der "Patriarch der Barmherzigkeit", das
"Wunder von Granada", die "Ehre seines Jahrhunderts". Alle
diese Titel wurden ihm gegeben.
Er begann Holz aufzusammeln und zu verkaufen,
bis es ihm gelang ein kleines Gebäude beim Fischmarkt zu kaufen, wo er die
ersten Ausgestoßenen aufnahm.
Am Markt schenkte man ihm die unverkauften
Fische, da es noch nicht möglich war diese aufzubewahren und kochte sie für
seine Kranken. Er wurde dadurch ein Fachmann der guten Fischsuppe.
Jeden Abend ging er durch die oberen
Stadtteile mit einem großen Korb am Rücken und zwei Töpfen an einer Schnur über
der Schulter hängend. So ging er durch die Straßen und rief:
"Will jemand sich Gutes tun? Meine
Brüder, aus Gottes Liebe, tut Gutes zu euch selbst!"
Dies ist der Originalsinn des Leitmotivs
seines religiösen Ordens: "Fatebenefratelli" ("tut Gutes,
Brüder". Dieser Ausdruck bedeutet nicht, dass man besonders den ärmeren
Brüdern helfen soll, sondern " sich Gutes tun muss", indem man dem
Nächsten, Gutes tut.
Man kann die Armen, nicht richtig lieben,
solange man nicht die eigene Armut erkennt, die Aufgabe sein eigenes armes
Leben zu bereichern, indem man sich Gutes tut, dadurch, dass man den Anderen,
Gutes bereitet.
Die Armen und die Armut liebenden Heiligen sahen in dieser Liebe den
Reichtum, welcher mehr als jeder andere Schatz ihr Leben ausfüllte.
Die Barmherzigkeit wird nicht von einem Reichen
an einen Armen gegeben, sondern von einem Armen an einen Armen. Von einem, der
seine Armut, trotz seiner Reichtümer erkannte und dass diese ihm gegeben wurden
um "den Himmel zu erreichen", indem er Gutes auf der Erde bewirkt.
Es kamen die ersten Spenden und das Haus
konnte vergrößert werden. Johannes begann, die Kranken, je nach ihren
Krankheiten, in verschiedenen Abteilungen unterzubringen. Ein Saal für die mit
Fieber, einer für die Verwundeten, einer für die Invaliden. Das Erdgeschoss war für die Obdachlosen und
Bettler bestimmt.
In dieser Zeitepoche wurden die Kranken
zusammengelegt, oft sogar mehrere in das selbe
Bett.
Unser Lombroso, der sicher nicht für die
Kirche eingestellt war, nannte Johannes Cidade "den Gründer des modernen
Krankenhauses".
Er kümmerte sich persönlich um alles. Er nahm
die Pflegebedürftigen auf, er wusch sie, er besorgte die Lebensmittel, kochte,
kehrte die Böden, wusch die Wäsche, holte Wasser und Brennholz.
Die Besucher waren über Ordnung und
Sauberkeit erstaunt.
Zu Beginn sahen sie in ihm einen Verrückten,
jetzt wurde er "der Heilige" genannt.
Die Spenden nahmen zu. Einige erklärten sich
bereit ihm zu helfen und mit ihm die Arbeit zu teilen. Oft werden tüchtige Arme
neue Krankenpfleger.
Ein hoher Kirchenfürst von Granada wurde zu
seinem Beschützer. Eines Tages zwang er ihn, seine zerrissene Kutte abzulegen
und eine einfache, aber saubere, zu tragen.
Dann gab er ihm einen Namen: "Ich werde
dich Johannes von Gott" nennen. Johannes antwortet: "Oh ja, wenn es
Gott gefällt".
Sein Biograph erzählt: "Die einfachsten
Leiden seiner Mitmenschen erweckte sein Mitgefühl, so als würde er selbst in
Reichtum leben".
Sein Ziel war klar. Er sagte: "Durch den
Körper zur Seele gelangen".
Daher berief er in sein Spital die
unermüdlichsten Priester als Mitarbeiter.
Erklärte er seine Nächstenliebe, denn er
beachtete nichts, nicht einmal wenn er bestohlen oder betrogen wurde, dann
verwendete er einen eigenartigen, aber schönen Ausdruck: "Bestohlen? Aber
nein! Ich schenke mich Gott!"
Die bekannteste Darstellung, die wir von ihm
haben wurde von gemahlt und
erinnert an ein bekanntes Ereignis.
An einem Winterabend kehrte er in das Spital
zurück. In einer Hand hielt er einen Korb mit Lebensmittel gefüllt und mit der
anderen stützte er sich auf einen Stock. Auf dem Rücken trug er einen armen
Kranken, den er auf der Straße gefunden hatte.
Die Straße stieg steil an und es regnete sehr
stark.
Johannes rutschte aus und fiel. Der Kranke
schrie auf. Ein aus dem Fenster sehende sah, dass sich Johannes mit einem Stock
auf den Rücken schlug und mit sich selbst schimpfte:
"Du dummer, schwacher und fauler Esel,
hast du vielleicht heut nicht gegessen? Warum arbeitest du daher nicht? Die
Armen warten auf dich und schau, was du diesem Sterbenden verursacht
hast!"
Dann legte er sich den Kranken wieder auf den
Rücken, hob den Korb auf und schleppte sich so bis zu dem Krankenhaus.
Sein erster ständiger Mitarbeiter war Antonio
Martin dessen Bruder wegen einer Ehrenfrage ermordet wurde. Er selbst hat in
seinem ganzen Leben nur an Rache gedacht.
Nichts hätte ihn davon abbringen können, denn
für ihn war es eine Ehren- und Blutsfrage.
Antonio war aber gut und freigiebig zu den
Armen. Johannes von Gott wollte "die Umwandlung dieses Getauften"
erhalten.
Eine ganze Nacht verbrachte er in Buße und
Gebet. Am Morgen ging er zu Antonio, kniete vor ihm nieder, zeigte ihm das
Kreuz und sprach: "Hier seht, Bruder Antonio. Hier ist Er, der euch
verzeihen wird, wenn ihr verzeiht. Wenn ihr aber das Blut eures Bruders rächt,
dann wird der Herr sein eigenes Blut auf euch werfen, welches ihr durch eure
täglichen Sünden vergießt!"
Die Antwort bekam er unter Tränen:
"Bruder Johannes. Nicht nur, dass ich verzeihe, sondern aus Liebe zu Gott,
widme ich mich euch und euren Armen".
So wurde er sein Freund und Nachfolger. Er
gründet später das Spital in Madrid und nennt es "Unsere Frau der Liebe zu
Gott".
Ein anderer Mitarbeiter wurde der Mörder
Pietro Velasco.
Ein besonderes Interesse hatte Johannes für
die Sünderinnen, die sein Mitleid erweckten: Die Prostituierten.
Zum Gedenken der Passion des Herrn begab er
sich jeden Freitag in ein Freudenhaus, wählte ein Freudenmädchen und sprach zu
ihr: "Meine Tochter, alles was dir ein anderer geben würde, gebe ich dir
und auch mehr. Ich bitte dich nur, hör mir hier in deinem Zimmer zu".
Während diese ihn ansah, kniete er sich vor seinem Kreuz nieder und begann zu
weinen, sich seiner vielen Sünden anzuschuldigen und dann sagte er: "Meine
Schwester, bedenke, Unser Herr tat viel für dich".
Manche bekehrten sich. Oft gab es aber keine
Lösung für das Problem, denn die Mädchen hatten Schulden und wurden bedroht.
In solchen Fällen wendete er sich an eine
adelige Frau und bat um Geld: " Meine Schwester. Hier haben wir eine vom
Teufel befallene Frau. Um des Himmels Willen helfen sie mir, sie aus dieser
entsetzlichen Versklavung zu befreien".
Hatte er keinen Erfolg, verpflichtete er sich
die Schulden dieser Armen aus eigenen Mitteln zu bezahlen.
Was er erduldete, sich einem Apostolat dieser
Art weihend, geht über jede Vorstellung hinaus, doch Johannes hielt es
besonders notwendig.
Wenn die Anklagen und Verleumdungen gegen ihn
unhaltbar wurden, antwortete er seinen Verleumdern: " Früher oder später
muss ich dir verzeihen daher verzeihe ich dir sofort".
Er musste für seine Armen auch betteln und
deswegen reiste er bis an den Königshof von Valladolid.
Doch hatten seinen Sammlungen keinen Erfolg.
Er bat um Geld für sein Spital in Granada, gab es aber sofort für die Armen der
Stadt, in der er sich befand, aus.
Das wurde beinahe lächerlich und der bekannte
Graf von Tendilla entschloss sich ihm Kreditbriefe zu geben die nur in Granada
einlösbar waren.
Er war vom Feuer der Nächstenliebe besessen.
Als in Granada das große königliche Spital
brannte stürzte sich Johannes in die Flammen um die Kranken zu retten.
In dem alten Brevier wird, an seinem Festtag,
diese Episode kommentiert: "Er lehrte die Nächstenliebe und zeigte, dass
das äußerliche Feuer über ihn weniger Gewalt hatte als das Feuer der
Nächstenliebe, das in ihm brannte".
Diese Szene wurde auch von Bernini am Tag
seiner Heiligsprechung gezeigt.
Das Spital vergrößerte sich.
Johannes schreibt in einem Brief:
"Viele Arme kommen zu uns. Manchmal weiß
ich nicht, wie wir sie ernähren können, doch Jesus Christus denkt an alles und
verköstigt sie. Wir brauchen jeden Tag viel Brennholz. Die Stadt ist groß und
sehr kalt, besonders jetzt im Winter, daher kommen sehr viele Arme zu uns.
Zwischen Kranken, Gesunden, Dienstpersonal und Pilger sind es 110 Personen. Es
gibt viele Erfrorene, Verunstaltete, Leprakranke, Stumme, Geisteskranke,
Gelähmte, Hautkranke und viele alte Leute und Kinder. Dazu kommen die Pilger
und Obdachlosen. Wir geben ihnen Wärme, Wasser, Salz und Geschirr zum Kochen
und Essen. Für all das gibt es aber kein Entgeld. Doch Jesus Christus sorgt für
alles. Und so bin ich Christies Schuldner".
Er sagte: "Ich habe keine Zeit ein
Glaubensbekenntnis zu sagen!".
Zu Beginn des Jahres 1550 erkrankte er
schwer. Eine seiner Wohltäterinnen fand ihn fiebernd in seinem armen Bett. Dies
bestand nur aus einer Holztafel und als Kopfkissen diente ihm ein Korb.
Der Erzbischof erlaubte ihr, und befahl
Johannes, ihn in ihren Palast zu überführen. Während sie ihn wegbrachten
schrieen und protestierten die Armen und umlagerten die Tragbahre. Johannes war
erschüttert. Weinend segnete er sie und sagte: "Der Herrgott weiß,
geliebte Brüder, dass ich unter euch sterben möchte. Da er es aber wünscht,
dass ich sterbe ohne euch zu sehen so, sein Wille geschehe!"
In dem weichen Bett liegend, gestand Johannes
dem Erzbischof, dass ihn drei Dinge bedrücken:
"Erstens: ich habe unseren Herrn so
wenig gedient, und so viel von ihm erhalten.
Zweitens: die Pflegebedürftigen, die reuigen
Sünder und die Armen die ich aufgenommen habe.
Drittens: die Schulden die ich für Jesus
Christus abgeschlossen habe".
Mit diesen Worten übergab er ihm das
Schuldbuch, welches er an sein Herz gedrückt trug.
Er beruhigte sich erst, nachdem der
Erzbischof versprach, persönlich die Schulden zu bezahlen.
Am frühen Morgen des 8. Märzes, als er noch
ganz allein war, stieg er aus dem zu bequemen Bett herunter, kniete sich auf
den Boden nieder, drückte sein Kreuz an sein Herz und starb. Er war
fünfundfünfzig Jahre alt.
So fanden sie ihn. Schon lange verstorben,
aber noch kniend. Die Begräbnisfeierlichkeit war imponierend. Sein Sarg wurde
von vier Adeligen getragen. In den ersten Reihen des Trauerzuges aber gingen
die Armen von seinem Krankenhaus.
In dem schon erwähnten Gedicht schrieb Lope
de Vega:
"Er liebte die Armut. Hätte er einen
Engel und einen Armen getroffen, so hätte er den Engel verlassen und den Armen
umarmt".
Und weiter:
" In Bethlehem liebte dich das Jesuskind
in der Wiege. Im Krankenhaus der Gott der Kranken im Bett".
Ein heutiger Biograph hat Johannes Leben
richtig beurteilt:
"Er war der Mensch der es notwendig
hatte einen Johannes von Gott zu begegnen und entdeckte ihn in sich
selbst".