Vita dei santi

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Der heilige Johannes von Gott

 

Aus dem Buch: BILDER DER HEILIGEN von Antonio Sicari, Ausgabe Jaca Book

 

Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, knapp drei Jahre nach der Entdeckung der "Neuen Welt" geboren zu werden, bedeutete seit Kindheit die Lust und den Wunsch nach Abenteuer einzuatmen. Die Abenteuerlust war ein charakteristisches Merkmal des ganzen 16. Jahrhunderts.

Besonders, wenn man in Portugal zur Welt kam, welche die Heimat der großen Seefahrer war; Bartholomäus Diaz entdeckte 1486 das "Kap der Stürme" dann das "Kap der guten Hoffnung"; Vasco de Gama, der 1497 das Kap umsegelt und bis nach Kalkutta gelangt; Alvares Cabral, der 1500 Brasilien entdeckt; Magellano, der 1520 die Meerenge erreicht und dadurch den Pazifischen Ozean erreicht und die Welt umsegelt.

Johannes Cidade Durarte wurde 1495 in Montemor-o-novo geboren.

Aber das Abenteuer ist schwer, wenn der Vater nur ein armer Kaufmann ist, der Obst an der Straßenecke verkauft. Dieser hatte zwar den Ruf ein Träumer zu sein und hätte gerne an der Spedition von Vasco de Gama teilgenommen, aber Frau und Sohn hatten ihn daran gehindert.

Von dem Kind Johannes wissen wir fast nichts. Im Alter von acht Jahren begegnet er einem Pilger. Ein Wanderer der in seinem Haus um Aufnahme bat und der von seinen Reisen erzählte.

Was dann wirklich geschah, wissen wir nicht. Am nächsten Morgen bemerkten die Eltern, dass der Pilger das Haus verlassen hatte und das Kind mit ihm geflohen war: geflohen oder entführt. Wer kann das sagen.

Sicher ist nur, dass sie das Kind nie mehr finden. Die Mutter, von dem Schmerz überwältigt, lebt nur noch 20 Tage. Der Vater beendet seine letzten Lebensjahre in einem Franziskanerkloster.

Der kleine Johannes legt die Reise bis nach Madrid zu Fuß, in Begleitung von Bettlern, Seiltänzern und Jongleuren zurück und erlernt diese Berufe.

In der Nähe von Toledo übergibt der Bettler das, höchstwahrscheinlich völlig erschöpfte Kind, einem guten Mann, Francisco Majoral. Dieser war Hirte des Grafen von Oropesa, ein Mann dessen Tugend und Barmherzigkeit bekannt war.

Sechs Jahre lang wird Johannes wie ein Sohn erzogen. Von 14 bis 20 lebt er wie ein Hirt in der Einsamkeit der Berge und in der Betrachtung der Natur.

Er hätte sein Leben richtig ordnen und die Tochter des Majoral, mit der er aufgewachsen war, heiraten können. Aber Johannes floh.

Karl V wirbt Truppen gegen Frankreich an, welche Pamplona erobert hatte. Hier wurde Ignatius von Loyola verwundet und hier haben, auf der anderen Seite, die älteren Brüder des kleinen Franz Saverio gekämpft.

Johannes Cidade will die Freiheit. Sein Biograph schreibt: "Jene Freiheit welche die wollen, die den Krieg führen und die breite, wenn auch schwierige, Straße der Laster begehen."

Wir befinden uns in der Zeit, wo nach dem mittelalterlichen Ritter die Figur des "Soldaten" entsteht.

Das Militärleben bringt unserem Abenteurer aber nur Unglück. Einmal wird er von einem scheugewordenen Pferd abgeworfen und gegen den Felsen am Wegrand geschleudert, wo Johannes bewusstlos, wie tot, lange liegen bleibt.

Zur Wache einer Kriegsbeute aufgestellt, wird er beraubt, wird degradiert und zu Tode verurteilt. Dank der Fürsprache einer wichtigen Persönlichkeit wird er begnadet.

Beides waren leibliche Erfahrungen, Tod und Begnadung, und fassten tiefe Wurzeln in seinem Gewissen.

Wie ein Schiffbrüchiger, kehrt er zu seinem früheren Arbeitsgeber, Majoral, nach einem, nie endenden Fußmarsch, von zirka sechshundert Kilometern zurück und wird wieder gegen seinen Willen Hirt.

Es vergehen zwei weitere Jahr. Im Jahre 1527 hört er, dass der Sultan der Türken, Soliman II, in Ungarn eingefallen ist und Wien belagert. Es erwacht in ihm wieder der Wunsch zu kämpfen.

Im Jahre 1532 bereitet Karl V. einen Kreuzzug gegen die Türken vor und er beruft Männer von überall ein.

Johannes meldet sich freiwillig und beginnt wieder mit den Reisen. Seine Abteilung begibt sich nach Barcelona. Von dort auf Seeweg nach Genua und dann zum Gardasee, wo sich die kaiserlichen Truppen sammeln. Von dort, mit Gewaltmarsch marschiert das Heer nach Verona, Trento, Brixen und Innsbruck. Mit Booten fahren sie die Inn bis zur Donau hinunter.

So konnten die Truppen von Karl V im September 1532 in Wien einmarschieren.

Es wurde kein richtiger Krieg geführt, aber die Türkengefahr war für den Augenblick abgekehrt.

Zwei Monate später trat die Truppe die Rückkehr an. Sie nahmen den gleichen Weg. Doch die Abteilung von Johannes Cidade musste Deutschland durchqueren, die Flandern berühren und ein Schiff nach Spanien mieten.

Sie gingen im Hafen La Coruna, in der Nähe von Santiago di Compostela, an Land und machten eine Wallfahrt. Danach wurde die Kompanie aufgelöst.

Völlig überraschend, denkt Johannes jetzt daran in seine Heimatstadt, die er als Kind verlassen hat, zurückzukehren. Zu Fuß legt er die 600 km zurück die ihn von Montemoro-novo trennen und sucht sein Elternhaus auf in der Hoffnung die Eltern noch lebend vorzufinden.

Als er ihr Schicksal erfährt, überfällt ihm furchtbarer Schmerz und ein überwältigendes Schuldgefühl. Er fühlt sich für ihren Tod verantwortlich und sagt sich: "Ich bin schlecht gewesen und schuldig. Ich muss mein Leben, ein Geschenk Gottes, mit Sühne ausfüllen, und Gott dienen".

Er begibt sich nach Sevilla und betreibt Viehhandel. Er ist noch Hirte bei einer reichen Dame. Allerdings nur für einige Monate.

Er ist unruhig.

Er begibt sich nach Gibraltar und denkt daran an dem Kriegszug, den Karl V gegen Tunis vorbereitet, teilzunehmen. Dieser dauert aber nur wenige Monate.

In Ceuta stellt er sich in den Dienst eines verbannten Adeligen und sorgt für die in Armut gefallene Familie und ernährt sie mit seinem Einkommen. Die Barmherzigkeit öffnet sein Herz. Er sucht einen geistigen Führer, der ihm das Lesen des Evangeliums und religiöser Bücher rät.

Er kehrt nach Spanien zurück und verbringt Stunden im Lesen von religiösen Texten. Mit seinen gesamten Ersparnisse kauft er Bücher für sich und die Anderen. Er besucht die Dörfer und verkauft Bücher an gebildete Leute und Bilder an die Unwissenden und an die Kinder.

Bevor er sie verkauft, liest er alles. Dann stellt er die Bücher schön aus, doch wenn die Jugendlichen sie kaufen wollen, dann rät er ihnen die religiösen Texte. Er eröffnet sogar einen Bücherladen.

Eindeutig ist, er war der Erste, der lernte. Es sind uns sechs lange Briefe erhalten, die viele Bibelzitate enthalten.

Mit seinen 43 Jahren kann er gut von seiner kleinen Buchhandlung in Granada leben.

Doch Gott wartet auf ihn. Zum Fest des Heiligen Sebastian, im Januar 1539 kommt der berühmteste Prediger dieser Zeit, Johannes von Avila, der Apostel von Andalusien, in die Stadt.

Johannes ist unter den Zuhörern und hört predigen, dass alle "in dem Willen zu leiden und sogar zu sterben festhalten müssen, anstatt zu sündigen. Die Sünde ist die gefährlichste Qual".

Alle verstehen den Hinweis, weil die Zone von der Pestepidemie heimgesucht ist.

Bei diesem Vergleich wird unser "Buchhändler" von tiefer Reue überzogen. Vor seinen Augen ziehen die Bilder seines ungeordneten Lebens vorbei und er erkennt die Sünden, die er seit seiner Jugend begangen hat.

Mitten unter den Zuhörern beginnt er zu schreien: "Mitleid, mein Gott, Mitleid."

Er scheint wahnsinnig geworden zu sein. Er wirft sich auf den Boden, rennt mit dem Kopf gegen die Wand und reißt sich den Bart aus.

Von einer Kinderschar gefolgt, die ihm nachrufen "Wahnsinniger, Wahnsinniger"  läuft er zu seinem Laden.

Er verteilt Geld, die heiligen Bücher und Heiligenbilder. Er zerreißt mit den Händen und den Zähnen die profanen Werke und verzichtet sogar auf seine Kleidung.

Er läuft zu Johannes d'Avila und beichtet. Dann begibt er sich auf den Platz, wo sich ein Sumpf befindet, wälzt sich darin und beginnt mit einer öffentlichen Beichte seiner Sünden.

Die Kinder bewerfen ihn mit Schlamm und er, mit einem Kreuz in der Hand, welches alle küssen, entfernt sich glücklich.

Einige Biographen erklären diese Tatsache damit, dass er für wahnsinnig gehalten werden wollte "wahnsinnig aus Liebe zu Christus."

Andere behaupten jedoch, dass es sich um einen richtigen Wahnsinnsanfall gehandelt hätte. Große Erfahrung, zu große Spannung, zu große Schatten und zu grelles Licht, zu große Härte und zu große Zärtlichkeit, aber besonders zu großes Bedürfnis zu lieben und zu großer Mangel an liebenswerten realen Dingen.

Tatsächlich endet er in einer Irrenanstalt. Eine, in der die Heilmethode damals darin bestand, die Kranken zu fesseln und sie durch Peitschenhiebe zu beruhigen,

Doch dieser Kranke war eigenartig, sogar in seinem Wahnsinn.

Wurde er selbst gepeitscht, dann forderte er seine "Krankenpfleger" auf, weiter zu tun, "weil es gerecht war, dass dieses Fleisch der Sünde leiden muss."

Wurde jedoch ein anderer Arme gepeitscht, dann schimpfte er mit den "Krankenpflegern". "Verräter, warum behandelt ihr diese armen Unglücklichen, meine Brüder, die sich mit mir in diesem Haus Gottes befinden, mit so großer Grausamkeit? Wäre es nicht besser Mitleid mit ihnen zu haben, sie zu säubern und sie mit größerer Sorgfalt zu pflegen?".

Er warf ihnen vor, dass sie ihren Gehalt bekamen um die Kranken zu pflegen und nicht um sie zu misshandeln.

Das Ergebnis war, dass er die doppelten Peitschenhiebe erhielt.

Johannes sagte jedoch: "Ich hoffe, dass Jesus Christus mir die Gnade gewährt eines Tages ein Krankenhaus zu haben wo ich die Armen, die Ausgesetzten und die Geisteskranken aufnehmen und pflegen kann."

Der große spanische Dichter Lope de Vega hat Johannes von Gott ein Gedicht gewidmet, in dem er den Moment des Wahnsinnes und der Demütigung kommentiert:

"Für einen Portugiesen gedemütigt zu werden ist schrecklich. Peitschenhiebe zu erhalten und diese Schmach von einem Kastilianer zu ertragen, wurde von einem Portugiesen noch nie gehört. Ich weiß nicht wie dies ausgegangen wäre, hätte, Gott diese Schmach nicht auf sich genommen, denn die Portugiesen sind zu große Ehrenmänner um dies zu ertragen. So wurde diese Schmach zwischen ihm und Gott geteilt. Als Portugiese hätte Johannes das nicht allein ertragen können".

Nach einigen Tagen begibt er sich zum Direktor der Irrenanstalt und sagt ihm: "Gelobt sei der Herr. Ich fühle mich sehr gesund und frei von Angst".

Um das zu beweisen ersuchte er um die Genehmigung die anderen Kranken pflegen zu dürfen. Dabei bewies er bewundernswerte Ruhe und  Barmherzigkeit.

Kaum entlassen, erhielt er einen neuen Schock. Vor dem Krankenhaus zog der Leichenzug der wunderschönen Kaiserin Isabella Augusta, die Ehefrau von Karl V. vorbei um diese in der königlichen Kappelle von Granada beizusetzen.

Wie Graf Franz Borgia damals entschied, sein Leben heilig zu gestalten so überzeugte Johannes dieser Anblick, wenn es auch nicht mehr notwendig war, sein Leben Gott zu widmen und für die Armen zu sorgen.

Er war damals ein Vierzigjähriger und hatte nur mehr 11 Jahr vor sich.

Aber in dieser kurzen Zeit wurde er der "Vater der Armen", der "Patriarch der Barmherzigkeit", das "Wunder von Granada", die "Ehre seines Jahrhunderts". Alle diese Titel wurden ihm gegeben.

Er begann Holz aufzusammeln und zu verkaufen, bis es ihm gelang ein kleines Gebäude beim Fischmarkt zu kaufen, wo er die ersten Ausgestoßenen aufnahm.

Am Markt schenkte man ihm die unverkauften Fische, da es noch nicht möglich war diese aufzubewahren und kochte sie für seine Kranken. Er wurde dadurch ein Fachmann der guten Fischsuppe.

Jeden Abend ging er durch die oberen Stadtteile mit einem großen Korb am Rücken und zwei Töpfen an einer Schnur über der Schulter hängend. So ging er durch die Straßen und rief:

"Will jemand sich Gutes tun? Meine Brüder, aus Gottes Liebe, tut Gutes zu euch selbst!"

Dies ist der Originalsinn des Leitmotivs seines religiösen Ordens: "Fatebenefratelli" ("tut Gutes, Brüder". Dieser Ausdruck bedeutet nicht, dass man besonders den ärmeren Brüdern helfen soll, sondern " sich Gutes tun muss", indem man dem Nächsten, Gutes tut.

Man kann die Armen, nicht richtig lieben, solange man nicht die eigene Armut erkennt, die Aufgabe sein eigenes armes Leben zu bereichern, indem man sich Gutes tut, dadurch, dass man den Anderen, Gutes bereitet.

Die Armen und die Armut liebenden Heiligen sahen in dieser Liebe den Reichtum, welcher mehr als jeder andere Schatz ihr Leben ausfüllte.

Die Barmherzigkeit wird nicht von einem Reichen an einen Armen gegeben, sondern von einem Armen an einen Armen. Von einem, der seine Armut, trotz seiner Reichtümer erkannte und dass diese ihm gegeben wurden um "den Himmel zu erreichen", indem er Gutes auf der Erde bewirkt.

Es kamen die ersten Spenden und das Haus konnte vergrößert werden. Johannes begann, die Kranken, je nach ihren Krankheiten, in verschiedenen Abteilungen unterzubringen. Ein Saal für die mit Fieber, einer für die Verwundeten, einer für die Invaliden.  Das Erdgeschoss war für die Obdachlosen und Bettler bestimmt.

In dieser Zeitepoche wurden die Kranken zusammengelegt, oft sogar mehrere in das selbe  Bett.

Unser Lombroso, der sicher nicht für die Kirche eingestellt war, nannte Johannes Cidade "den Gründer des modernen Krankenhauses".

Er kümmerte sich persönlich um alles. Er nahm die Pflegebedürftigen auf, er wusch sie, er besorgte die Lebensmittel, kochte, kehrte die Böden, wusch die Wäsche, holte Wasser und Brennholz.

Die Besucher waren über Ordnung und Sauberkeit erstaunt.

Zu Beginn sahen sie in ihm einen Verrückten, jetzt wurde er "der Heilige" genannt.

Die Spenden nahmen zu. Einige erklärten sich bereit ihm zu helfen und mit ihm die Arbeit zu teilen. Oft werden tüchtige Arme neue Krankenpfleger.

Ein hoher Kirchenfürst von Granada wurde zu seinem Beschützer. Eines Tages zwang er ihn, seine zerrissene Kutte abzulegen und eine einfache, aber saubere, zu tragen.

Dann gab er ihm einen Namen: "Ich werde dich Johannes von Gott" nennen. Johannes antwortet: "Oh ja, wenn es Gott gefällt".

Sein Biograph erzählt: "Die einfachsten Leiden seiner Mitmenschen erweckte sein Mitgefühl, so als würde er selbst in Reichtum leben".

Sein Ziel war klar. Er sagte: "Durch den Körper zur Seele gelangen".

Daher berief er in sein Spital die unermüdlichsten Priester als Mitarbeiter.

Erklärte er seine Nächstenliebe, denn er beachtete nichts, nicht einmal wenn er bestohlen oder betrogen wurde, dann verwendete er einen eigenartigen, aber schönen Ausdruck: "Bestohlen? Aber nein! Ich schenke mich Gott!"

Die bekannteste Darstellung, die wir von ihm haben wurde von  gemahlt und erinnert an ein bekanntes Ereignis.

An einem Winterabend kehrte er in das Spital zurück. In einer Hand hielt er einen Korb mit Lebensmittel gefüllt und mit der anderen stützte er sich auf einen Stock. Auf dem Rücken trug er einen armen Kranken, den er auf der Straße gefunden hatte.

Die Straße stieg steil an und es regnete sehr stark.

Johannes rutschte aus und fiel. Der Kranke schrie auf. Ein aus dem Fenster sehende sah, dass sich Johannes mit einem Stock auf den Rücken schlug und mit sich selbst schimpfte:

"Du dummer, schwacher und fauler Esel, hast du vielleicht heut nicht gegessen? Warum arbeitest du daher nicht? Die Armen warten auf dich und schau, was du diesem Sterbenden verursacht hast!"

Dann legte er sich den Kranken wieder auf den Rücken, hob den Korb auf und schleppte sich so bis zu dem Krankenhaus.

Sein erster ständiger Mitarbeiter war Antonio Martin dessen Bruder wegen einer Ehrenfrage ermordet wurde. Er selbst hat in seinem ganzen Leben nur an Rache gedacht.

Nichts hätte ihn davon abbringen können, denn für ihn war es eine Ehren- und Blutsfrage.

Antonio war aber gut und freigiebig zu den Armen. Johannes von Gott wollte "die Umwandlung dieses Getauften" erhalten.

Eine ganze Nacht verbrachte er in Buße und Gebet. Am Morgen ging er zu Antonio, kniete vor ihm nieder, zeigte ihm das Kreuz und sprach: "Hier seht, Bruder Antonio. Hier ist Er, der euch verzeihen wird, wenn ihr verzeiht. Wenn ihr aber das Blut eures Bruders rächt, dann wird der Herr sein eigenes Blut auf euch werfen, welches ihr durch eure täglichen Sünden vergießt!"

Die Antwort bekam er unter Tränen: "Bruder Johannes. Nicht nur, dass ich verzeihe, sondern aus Liebe zu Gott, widme ich mich euch und euren Armen".

So wurde er sein Freund und Nachfolger. Er gründet später das Spital in Madrid und nennt es "Unsere Frau der Liebe zu Gott".

Ein anderer Mitarbeiter wurde der Mörder Pietro Velasco.

Ein besonderes Interesse hatte Johannes für die Sünderinnen, die sein Mitleid erweckten: Die Prostituierten.

Zum Gedenken der Passion des Herrn begab er sich jeden Freitag in ein Freudenhaus, wählte ein Freudenmädchen und sprach zu ihr: "Meine Tochter, alles was dir ein anderer geben würde, gebe ich dir und auch mehr. Ich bitte dich nur, hör mir hier in deinem Zimmer zu". Während diese ihn ansah, kniete er sich vor seinem Kreuz nieder und begann zu weinen, sich seiner vielen Sünden anzuschuldigen und dann sagte er: "Meine Schwester, bedenke, Unser Herr tat viel für dich".

Manche bekehrten sich. Oft gab es aber keine Lösung für das Problem, denn die Mädchen hatten Schulden und wurden bedroht.

In solchen Fällen wendete er sich an eine adelige Frau und bat um Geld: " Meine Schwester. Hier haben wir eine vom Teufel befallene Frau. Um des Himmels Willen helfen sie mir, sie aus dieser entsetzlichen Versklavung zu befreien".

Hatte er keinen Erfolg, verpflichtete er sich die Schulden dieser Armen aus eigenen Mitteln zu bezahlen.

Was er erduldete, sich einem Apostolat dieser Art weihend, geht über jede Vorstellung hinaus, doch Johannes hielt es besonders notwendig.

Wenn die Anklagen und Verleumdungen gegen ihn unhaltbar wurden, antwortete er seinen Verleumdern: " Früher oder später muss ich dir verzeihen daher verzeihe ich dir sofort".

Er musste für seine Armen auch betteln und deswegen reiste er bis an den Königshof von Valladolid.

Doch hatten seinen Sammlungen keinen Erfolg. Er bat um Geld für sein Spital in Granada, gab es aber sofort für die Armen der Stadt, in der er sich befand, aus.

Das wurde beinahe lächerlich und der bekannte Graf von Tendilla entschloss sich ihm Kreditbriefe zu geben die nur in Granada einlösbar waren.

Er war vom Feuer der Nächstenliebe besessen.

Als in Granada das große königliche Spital brannte stürzte sich Johannes in die Flammen um die Kranken zu retten.

In dem alten Brevier wird, an seinem Festtag, diese Episode kommentiert: "Er lehrte die Nächstenliebe und zeigte, dass das äußerliche Feuer über ihn weniger Gewalt hatte als das Feuer der Nächstenliebe, das in ihm brannte".

Diese Szene wurde auch von Bernini am Tag seiner Heiligsprechung gezeigt.

Das Spital vergrößerte sich.

Johannes schreibt in einem Brief:

"Viele Arme kommen zu uns. Manchmal weiß ich nicht, wie wir sie ernähren können, doch Jesus Christus denkt an alles und verköstigt sie. Wir brauchen jeden Tag viel Brennholz. Die Stadt ist groß und sehr kalt, besonders jetzt im Winter, daher kommen sehr viele Arme zu uns. Zwischen Kranken, Gesunden, Dienstpersonal und Pilger sind es 110 Personen. Es gibt viele Erfrorene, Verunstaltete, Leprakranke, Stumme, Geisteskranke, Gelähmte, Hautkranke und viele alte Leute und Kinder. Dazu kommen die Pilger und Obdachlosen. Wir geben ihnen Wärme, Wasser, Salz und Geschirr zum Kochen und Essen. Für all das gibt es aber kein Entgeld. Doch Jesus Christus sorgt für alles. Und so bin ich Christies Schuldner".

Er sagte: "Ich habe keine Zeit ein Glaubensbekenntnis zu sagen!".

Zu Beginn des Jahres 1550 erkrankte er schwer. Eine seiner Wohltäterinnen fand ihn fiebernd in seinem armen Bett. Dies bestand nur aus einer Holztafel und als Kopfkissen diente ihm ein Korb.

Der Erzbischof erlaubte ihr, und befahl Johannes, ihn in ihren Palast zu überführen. Während sie ihn wegbrachten schrieen und protestierten die Armen und umlagerten die Tragbahre. Johannes war erschüttert. Weinend segnete er sie und sagte: "Der Herrgott weiß, geliebte Brüder, dass ich unter euch sterben möchte. Da er es aber wünscht, dass ich sterbe ohne euch zu sehen so, sein Wille geschehe!"

In dem weichen Bett liegend, gestand Johannes dem Erzbischof, dass ihn drei Dinge bedrücken:

"Erstens: ich habe unseren Herrn so wenig gedient, und so viel von ihm erhalten.

Zweitens: die Pflegebedürftigen, die reuigen Sünder und die Armen die ich aufgenommen habe.

Drittens: die Schulden die ich für Jesus Christus abgeschlossen habe".

Mit diesen Worten übergab er ihm das Schuldbuch, welches er an sein Herz gedrückt trug.

Er beruhigte sich erst, nachdem der Erzbischof versprach, persönlich die Schulden zu bezahlen.

Am frühen Morgen des 8. Märzes, als er noch ganz allein war, stieg er aus dem zu bequemen Bett herunter, kniete sich auf den Boden nieder, drückte sein Kreuz an sein Herz und starb. Er war fünfundfünfzig Jahre alt.

So fanden sie ihn. Schon lange verstorben, aber noch kniend. Die Begräbnisfeierlichkeit war imponierend. Sein Sarg wurde von vier Adeligen getragen. In den ersten Reihen des Trauerzuges aber gingen die Armen von seinem Krankenhaus.

In dem schon erwähnten Gedicht schrieb Lope de Vega:

"Er liebte die Armut. Hätte er einen Engel und einen Armen getroffen, so hätte er den Engel verlassen und den Armen umarmt".

Und weiter:

" In Bethlehem liebte dich das Jesuskind in der Wiege. Im Krankenhaus der Gott der Kranken im Bett".

Ein heutiger Biograph hat Johannes Leben richtig beurteilt:

"Er war der Mensch der es notwendig hatte einen Johannes von Gott zu begegnen und entdeckte ihn in sich selbst".