Der hl. Maximilian Kolbe
Aus dem Buch: BILDER DER
HEILIGEN von Antonio Sicari, Ausgabe Jaca Book
Heute stehen wir vor
einem leuchtenden Gesicht, vor dem sich alle, auch die Ungläubigen, gerne
verbeugen und von dem sie mit Verehrung sprechen: dem des hl. Maximilian Kolbe.
Er hat sein Leben in Auschwitz angeboten und mit seiner Nächstenliebe und
seinem Märtyrertod, die Würde des unterdrückten Mannes zurückgekauft. Das genügt
um ihm die Sympathien aller einzutragen.
Wir möchten aber die Bedeutung dieser Geste verstehen, die im Rahmen seines
ganzen Lebens so bedeutungsvoll ist. Seine Berufung, seine natürlichen Ideale,
seine unermüdliche Arbeit, die "beharrliche" Missionstätigkeit und
sogar die von manchen betrachte "übertriebene Integrität", aber die
Vollkommenheit seines Glaubens ausdrückt. Wenn wir das tun, dann riskieren wir
nicht seinen Tod von seinem Leben künstlich zu trennen.
Pater Maximilian Kolbe war ein Kind seiner Zeit und seines Landes. Er wurde
in einem kleinen polnischen Dorf 1894 geboren. Seine Eltern hatten eine kleine
Weberei. Er starb mit 41 Jahren in Auschwitz. Als dreizehnjähriger trat er 1907
in das Franziskanische Seminar ein und mit 16 (1910) war er Novize.
Von 1912 bis 1919 studiert er in Rom Philosophie und Theologie. Das
Doktorrat hat er, in Philosophie 1915 und in Theologie 1919 abgelegt. Er
interessiert sich für Physik und Mathematik und entwirft sogar neue Flugzeuge
und andere Apparaturen.
In Rom sieht er eine Demonstration von antiklerikalen Freimaurern, die
Giordano Bruno feiern und eine schwarze Standarte errichten, mit der Abbildung
wie Satan den hl. Erzengel Michael zerstampft. Auf dem Petersplatz werden
Flugblätter mit der Aufschrift: "Satan muss im Vatikan regieren und der
Papst, muss ihm dienen" verteilt.
Der jungen Maximilian hat eine Lebensauffassung wie sie die
mittelalterlichen Ritter hatten, aber seine Dame ist die Jungfrau Maria.
Er ist überzeugt, dass die "Zeit der Unbefleckten" gekommen ist,
in der, wie es in der Genesis geschrieben steht, Maria den Kopf der Schlange
zerdrückt.
Er schreibt:
Diese Wahrheit muss in die Herzen der Menschen, die heute und in aller
Zukunft leben, gesät werden und dann, müssen das Wachstum und die Früchte der
Verherrlichung gepflegt werden. Man muss die Jungfrau in die Menschenherzen legen,
damit Sie in diesen den Thron ihres Sohnes errichten kann um die Menschheit zu
ihm zu geleiten und die Liebe Christies in den Herzen entflammt."
Er selbst ist ihr mit zarter Hingabe ergeben. Er gibt der Jungfrau die
zärtlichsten und familiärsten Namen, wie es nur die Polen können. Er ist fest
davon überzeugt, dass die Christen "Ritter der Unbefleckten" werden
müssen und gründet eine Vereinigung. Es ist die "Miliz der
Unbefleckten", von der wir die handgeschriebene Regel haben. Die ersten Worte,
die den Zweck der Vereinigung erklären, sind:
"Die Bekehrung der Sünder, der Häretiker, der Abtrünnigen, der Juden
usw., und besonderes der Freumaurer (dieses Wort ist zweimal unterstrichen)
versuchen. Vor allem aber die Heiligung aller unter dem Schutz und mit der
Hilfe der Heiligen Jungfrau."
Ich erwähnte schon die Anklage der Integrität, die heute viele tugendhafte
und feinfühlige Menschen Pater Kolbe vorwerfen würden. Tatsächlich hat seine
"Miliz der Unbefleckten" kein eigentlich geistiges Programm, beschreibt
weniger eine "religiöse Wahl", sondern eher eine weltumspannende
Wahl.
Hier ist sie:
Mit der Hilfe Gottes muss es uns gelingen, dass die treuen "Ritter der
Unbefleckten" sich überall befinden. Sie müssen besonders die wichtigsten
Stellen einnehmen, wie:
a) Jugenderziehung, (Professoren der
wissenschaftlichen Institute, Lehrer, Sportgesellschaften)
b) Leitung der öffentlichen Meinung
(Zeitschriften, Tageszeitungen, deren Leitung und Verbreitung, öffentliche
Bibliotheken, Leihbüchereien, Kurzlehrgänge, Kinovorführungen)
c) In den schönen Künsten. Skulptur,
Malerei, Musik, Theater.
Die "Soldaten der Unbefleckten" sollen Vorläufer und Führer in
jedem Wissenschaftsgebiet (Naturwissenschaft, Geschichte, Literatur, Medizin,
Recht, usw.) sein.
Unter unserem Einfluss und unter dem Schutz der Unbefleckten sollen
Industriekomplexe, Geschäfte und Banken entstehen und sich entwickeln.
Mit einem Wort, die Miliz soll alle bereichern und mit dem gesunden
Verstand alles heilen, stärken und entwickeln, zur größeren Ehre Gottes, mit
Hilfe der Unbefleckten, und zum Wohle der Gemeinschaft."
Die Realisierung dieses
Planes? Einfach unglaublich für die Möglichkeiten eines Mannes.
40 km von Warschau entfernt, beginnt er im Jahre 1927 aus dem Nichts, eine
neue Stadt zu erbauen. Er spricht von einem künftigen zweiten Warschau und
nennt sie "Niepokalanow". Stadt der Unbefleckten.
Nach wenigen Jahren wird die erste Anlage so beschrieben:
"Ein großer, freier Platz für den Bau der Basilika der Unbefleckten.
Ein Verlagskomplex in dem Redaktion, Bibliothek, Säle für die Typendrucke,
Labor der Linotypen, Zinkographie mit Photolabor, Druckereien und verschiede Abteilungen
für die Buchbindung und den Versand untergebracht sind.
Der linke Flügel war in einzelne Gebäude eingeteilt. Die Kapelle, die
Wohnungen für Geistliche, Postulanten und Novizen, die Generaldirektion, die
Krankenabteilung und etwas entfernt das große E-Werk. Verstreut lagen dann die
Schmieden, die Werkstätten der Mechaniker, die Tischlereien, die Gebäude für
Schuster und Schneider, sowie die großen Hallen für Maurer und Feuerwehr.
Aber das war noch nicht alles. Es gab den Parkplatz, eine kleine
Eisenbahnstation mit Anschluss an die öffentliche und staatliche Eisenbahn.
Geplant war auch ein Flugplatz für vier Flugzeuge und ein Rundfunksender.
Überall lagen Baumstämme, Holzlager, Rohre und Baumaterial herum".
Die Fähigkeit von Maximilian Kolbe, die anderen von seinem ritterlichen
Ideal zu überzeugen, wird durch diese Zahlen gezeigt. Zirka 10 Jahre später lebten
in Niepokalanow 762 Geistliche: 13 Priester, 18 Küster, 527 Laienbrüder, 122
junge Priesterseminaristen, 82 junge Aspiranten als Laienbrüder.
Als Maximilian Kolbe, zum Priester geweiht, von Rom nach Polen zurückkam
bestand die Franziskanische Gemeinde aus nur knapp 100 Personen. Die
Geistlichen von Niepokalanow müssen arm sein, aber über die besten Hilfsmittel
verfügen: vom Flugzeug bis zur modernsten Rotationsmaschine.
Maximilians Mitbrüder können alles: von der Organisation des Feuerwehrkorps
bis zur Ablegung des Pilotenpatents, sie werden Dirigenten, um die
Schallplattenaufnahme persönlich leiten zu können und auch Filmregisseure.
Pater Maximilian Kolbe, der diese große Gemeinde gründet und die ersten
Jahre leitet und immer die Seele bleibt, wird so beschrieben:
"Er war widerstandsfähig, hartnäckig und ausdauernd. Er war ein
geborener Rechner. Er rechnete und verglich ohne Pause, schätzte, bestimmte,
stimmte Spesen und Kostenvoranschläge überein. Er wusste von allem: Motore,
Fahrräder, Linotypen, Funk. Er wusste was billig und was teuer war. Er wusste
wo, wann und wie man einkauft. Für ihn gab es kein zu schnelles
Verbindungssystem und sagte oft, das modernste Flugzeug müsste das Fahrzeug der
Missionäre sein ".
Dagegen wurde das Leben der gesamten Gemeinde von Pater Kolbe so beschrieben
und erklärt:
"Unsere Gemeinschaft hat sogar einen leicht heldenhaften Ton. So muss
es auch sein, wenn Niepokalanow das sich vorgenommene Ziel erreichen will.
Nicht nur den Glauben verteidigen und zur Seelenrettung beitragen, sondern mit
verwegener Kraft, ohne Rücksicht, auf sich zu nehmen, eine Seele nach der
anderen für die Unbefleckte erobern. Ihre Standarte soll auf Tageszeitungen,
Monatszeitschriften, Presseagenturen, Rundfunk, künstlerischen und
literarischen Instituten, Theaters, Kinos, Parlament- und Senatsgebäuden, mit
einem Wort auf der ganzen Welt gehisst werden. Außerdem muss kontrolliert werden,
damit niemand die Standarten wegnehmen kann.
Dann werden alle Formen von Sozialismus, Kommunismus, Irrlehre, Atheismus,
Freumaurerei und all die anderen Dummheiten die aus der Sünde hervorkommen,
fallen. So stelle ich mir Niepokalanow vor".
In dieser neuen "Stadt" werden acht Illustrierte mit einigen
hunderttausend Kopien gedruckt. Die wichtigste Zeitschrift "Der
unbefleckte Ritter", erreicht in
diesem Jahr eine Auflage von fast einer Million Kopien. Pater Maximilian hofft
auf Übersetzungen in italienische, englische, französische, spanische und lateinische
Sprache.
Er selbst wohnt hier nur kurze Zeit. Schon 1930 ist er in Japan und gründet
aus dem Nichts, eine ähnliche Stadt die er "der Garten der
Unbefleckten" nennt.
Ein, gegen das Werk Kolbes, kritisch eingestellter Schriftsteller,
schreibt:
"Sein Ziel war, mehr oder minder, die ganze Welt zu erobern. Deswegen
wollte er die "Heiden" in Japan bekehren, vergrößerte immer mehr
seine Verlagshäuser, gründete Klöster und schmiedete Pläne um die "Reiter
der Unbefleckten" in der ganzen Welt auszubreiten.
Alle diese, groß geplanten Werke, schuf er aus dem Nichts. Ohne einem
Groschen in der Tasche, ununterbrochen bettelnd in seiner geflickten Kutte. Er
war ein Beispiel an Energie und organisatorischer Begabung. Er begann jedes
Werk mit eigenen Händen. Er mischte Kalk und schleppte Ziegelsteine, arbeitete
in der Druckerei. In Nagasaki begann er, ohne ein Wort japanisch zu können mit
der lokalen Ausgabe der Zeitschrift "der Ritter der Unbefleckten".
Während der Bauarbeit für die japanische Filiale schlief er auf dem
Dachboden nur mit seinem Mantel sich zudeckend.
1939 waren 800.000 in seinem Heer der Unbefleckten eingeschrieben.
Pater Kolbe sagte: "Wir werden die ganze Welt umfassen" und
schmiedete Pläne für Indien und die arabische Welt.
Als er 1932 Niepokalanow baute entschloss er, nur einen Ort, klein zu
bauen: den Friedhof. Er sagte immer: "ich denke, dass die Gebeine meiner
Mitbrüder in der ganzen Welt verstreut werden."
Was war nun sein eigentlicher Vorsatz? Hier ist die Antwort:
"Wir müssen die ganze Welt mit christlicher und Marienpresse
überschwemmen. In jeder Sprache und an jedem Ort, um jeden Fehltritt, der in
der Presse den größten Verbündeten gefunden hat, auszurotten. Um, der Welt die
Lebenslust wiederzugeben muss sie, mit auf Papier geschrieben Worten des
Lebens, umwickelt werden".
Pater Kolbes Theologie war radikal und offen und wurde zusammenfassend, von
einem Biographen beschrieben:
"Er bestand darauf zu glauben, zu sagen und zu schreiben, dass es nur
eine Wahrheit gäbe, daher nur einen Gott, nur einen Erlöser und nur eine
Kirche. Die Menschheit ist daher berufen nur an einen Gott, einen Erlöser und
einer Kirche festzuhalten.
Diesem Ideal weihte und opferte er sein Leben als "Missionär der
Feder". So nannte er sich selbst. Über diesen Mann brach die nazistische
Wut. Er wusste was ihn erwartete. Er hatte viele Freunde die ihn warnten. Die
Gestapo ließ ihn sogar wissen, dass sie für eine Wahl, die deutsche Staatsbürgerschaft
anzunehmen bereit wären, wenn er sich in die Liste, der Deutsch-Abstammenden,
Dank seines Familiennamens und seiner Herkunft einschreiben würde, auch wenn
der Familienname seine Mutter eindeutig ein polnischer Name war.
Das erste Mal wurde er gemeinsam mit einigen Mitbrüdern verhaftet. Sie
trösteten ihn mit den Worten: "Mut, wir gehen auf Mission". Zu Beginn
wurde die Stadt der Unbefleckten als Spital, mit einer Roten-Kreuzstelle,
verwendet. Langsam füllte sie sich mit Flüchtlingen und Überlebenden, nahm
zirka 2000 verstoßene Polen und 100 Juden auf. Die Deutschen begannen sie als
Konzentrationslager zu betrachten.
Nach seiner ersten Befreiung organisiert Pater Kolbe die Stadt für alle
Flüchtlinge wieder. Er gründet Erst-Hilfestation, Apotheke, Spital, Küche,
Bäckerei, Gemüsegarten und andere Werkstätten. Am 17 Februar 1941 wird er zum
zweiten Mal verhaftet und sagt: "Ich gehe, zu einem anderen
Arbeitsplatz". Der neue Arbeitsplatz ist Auschwitz. Die ganze Kraft dieses,
körperlich schwachen Mannes ( er ist Tbc-krank und hat nur eine Lunge), muss
sich jetzt mit den entsetzlichsten Leiden messen. Ein Leiden, das ihn, wie die
Anderen und mehr als die Anderen ergreift, da er Priester ist und durch den
vorhanden Hass und Misshandlungen der Juden, mit denen verbunden ist.
Er wird die Nummer
16670. Er beginnt die Karren mit Kies und Steinen beladen, für den Bau der
Verbrennungsanstalt, zu ziehen. Eine Karre die immer laufend gezogen werden
muss. Alle zehn Meter sorgte ein, mit Stock bewaffneter Aufseher, für den
gleichbleibenden Rhythmus. Dann muss er Baumstämme, schneiden und befördern.
Als Priester war ihm ein zwei- bis dreimal größeres Gewicht als seinen
Gefährten bestimmt. Sie sahen ihn bluten und taumeln. Er wollte nicht, dass
sich die anderen für ihn einsetzten. "Riskiert nicht, statt mir geschlagen
zu werden. Die Unbefleckte wird mir helfen. Ich schaffe es schon allein".
Wenn sie ihn in das Lagerspital einliefern wollen und er noch die Kraft
hat, nennt er immer einen anderen, der es, seiner Meinung nach, notwendiger
hat: "ich kann warten. Besser der, da...".
Als er zum Transport, der oft schrecklich verstümmelten Leichen, eingesetzt
wurde, die er zur Verbrennung stapelt, hörte man ihn oft murmeln: "heilige
Mutter Gottes bete für uns" und dann "Et Verbum caro factum est"
( Das Wort ist Fleisch geworden).
In der Nacht kriecht in der Baracke jemand, von Entsetzten gepackt zu ihm
und hört die ruhigen friedlichen Worte: "Hass ist keine schaffende Kraft.
Nur die Liebe ist schaffende Kraft".
Oder er spricht von der Unbefleckten: "Sie ist die wahre Trösterin der
Unterdrückten. Sie hört alle an". Die Kranken nannten ihn: "unser
kleiner Vater".
Dann kam der Tag, an dem ein Häftling des Blockes 14 flüchtete. Pater Kolbe
war erst seit einigen Tagen diesem Block zugewiesen. Drei Stunden mussten alle
Blöcke strammstehen. Für das ärmliche Abendessen, um 9 Uhr wurden die Reihen
aufgelöst. Block 14 musste weiter strammstehen und ihr Essen wurde in den Kanal
geschüttet.
Am nächsten Tag musste der ganze Block, auf dem Platz strammstehen, wurde
bewacht, geprügelt, blieb ohne Nahrung,
und unter der Julihitze. Alle waren durch Hunger, Hitze, Unbeweglichkeit und
der entsetzlichen Erwartung zermalmt. Wer niederfiel wurde auf einen Haufen, am
Platzrand, geworfen. Als die anderen Blöcke, von der Arbeit zurückkehrten,
wurde die Dezimierung vorgenommen: für einen Flüchtling 10 Gefangene in den
Hungerpunker. Ein Verurteilter, an Frau und Kinder denkend schreit. Doch da
geschieht plötzlich das Wunder. Pater Maximilian tritt aus der Reihe und bietet
sich zum Austausch mit diesem unbekannten Mann an. Der Tausch wird angenommen.
Und Gott wirkt in diesem Augenblick das Wunder.
Was geschah, müssen wir wirklich rekonstruieren. Nicht viele konnten hören,
aber alle erinnern sich an ein Detail. Kolbe tritt aus der Reihe und geht,
"im Schnellschritt", auf den Lagerführer Fritsch zu, der über einen
solchen Wagemut eines Gefangenen völlig verblüfft ist.
Für den Lagerführer Fritsch waren die Gefangenen nur Nummern.
Pater Kolbe zwingt ihn,
sich zu erinnern, dass sie Menschen mit einer Identität sind. "Was will
der schmutzige Pole?" "Ich bin ein katholischer Priester, und bin alt
(damals war er 47 Jahre alt), ich will seinen Platz einnehmen, denn er hat Frau
und Kinder".
Dieses erste Wunder von und durch Kolbe besteht darin, dass dieses Opfer
angenommen wurde und das ist das unglaubliche.
Dieser Austausch war der Beweis für Wahl, Freiheit und Solidarität und
damit das Gegenteil von all dem wozu die Konzentrationslager gebaut wurden. Das
Konzentrationslager musste der Beweis sein, dass die "Ethik der
menschlichen Brüderlichkeit" nur Feigheit war. Die echte Ethik war die
Rasse und die minderwertige war keine "menschliche" Rasse. Nach der
nationalsozialistischen Ideologie war der menschenfreundliche Grundsatz eine
christlich-jüdische Lüge. Im Konzentrationslager wurde bewiesen, dass das
Menschliche nur eine Schablone, eine Maske, ist die man nach Willkür ablegen
kann.
"Die Konzentrationslager bildeten einen Teil der endgültigen
Philosophie" (Szczepanski)
Dass Fritsch das Opfer von Kolbe und vor allem den Austausch annahm ( er
hätte beide zum Tode verurteilen müssen) war etwas Unglaubliches und gab Wert
und Wirksamkeit dem Opfer. Tatsächlich war es eine Geste die dem Tod einen
menschlichen Wert gab. Dadurch wurde das Sterben eine freiwillige Gabe und
wurde der Macht der anderen entzogen. Von Fritsch war das entweder ein völlig
neues Benehmen oder die totale Blindheit eines Mannes der glaubte, dass diese
Menschen keinen geschichtlichen Wert besitzen. Tatsächlich gab es keine
menschliche Hoffnung, dass sich diese Geste außerhalb des Konzentrationslagers
verbreiten würde.
Auch Pater Kolbe konnte nicht wissen, dass diese Geste der Nachwelt
überliefert wird, konnte aber körperlich beweisen, dass dieses Lager ein
Kalvarienberg war. Ich beziehe mich da nicht auf ein symbolisches Bild, sondern
auf einen Opfertisch.
Seit diesem Tag, dieser Annahme, besaß das Lager einen heiligen Ort. Die
Verurteilten wurden nackt in den dunklen Hungerbunker geworfen und erwarteten
den Hungertod. Man gab ihnen nichts mehr. Nicht einmal einen Tropfen Wasser.
Die lange Agonie war von den Gebeten und den heiligen Hymnen, die Pater Kolbe
laut sprach, begleitet. Aus den Nachbarzellen der anderen Verurteilten kamen
die Antworten.
"Das
Echo dieses Gebetes drang durch die Wände, wurde von Tag zu Tag schwächer, wurde
zum Flüstern und endete mit dem letzten menschlichen Atemzug. Das Lager hörte
auf dieses Gebet. Die Nachricht, dass sie noch beteten ging täglich durch die
Baracken. Das stumpf gewordene Gemeinschaftsgefühl erwachte wieder. Der Tod der
langsam im Kellergeschoss von Flügel 13 eintrat war nicht der Tod von, im
Schlamm zertretenen Würmern. Es war eine Tragödie und ein Ritual. Es war das
Opfer der Läuterung". (Szczepanski)
Auch in anderen Konzentrationslagern verbreitete sich die Nachricht von dem
was hier vorging. Der Todesbunker wurde jeden Tag kontrolliert.
Wenn die Zellen geöffnet wurden dann weinten und bettelten diese
Unglücklichen nach Brot. Wer sich ihnen näherte wurden geschlagen und auf den
rauen Zement zurück geworfen.
Pater Kolbe bat nie um etwas, er klagte nie. Er blieb, an die Mauer
gelehnt, sitzen. Selbst die Soldaten
sahen ihn mit Bewunderung an. Dann begannen die Verurteilten zu sterben. Nach
zwei Wochen waren sie nur mehr, gemeinsam mit Pater Kolbe, vier. Am 14 August
wurde ihnen Phenol in den linken Arm gespritzt. Er war der Vorabend eines der beliebtesten
Marienfeste von Maximilian: Maria Himmelfahrt. Ihr sang er immer gerne das
volkstümliche Loblied mit den Worten: "Eines Tages werde ich sie
sehen!"
"Als ich die eiserne Türe öffnete - so erzählte sein Gefängniswärter -
lebte er nicht mehr, aber mir schien es so. Er war noch immer an der Mauer
angelehnt. Das Gesicht strahlte in einer eigenartigen Weise. Die Augen waren
geöffnet und auf einen Punkt gerichtet. Der Mann war wie in Ekstase. Ich werde
ihn nie vergessen."
Johannes Paul II sagte bei der Predigt in Auschwitz:
"Dieser Ort wurde gebaut um den Glauben an Gott und an der ganzen
Menschheit zu verneinen, die Liebe und die menschliche Würde zu zertreten. Hier
hat Pater Kolbe durch seine Liebe und seinen Glauben gesiegt."
Pater Kolbe hat, dank seiner Glaubensstärke, bewiesen, dass die Menschen
unendliche Schmerzen bereiten aber nicht verhindern können, dass der
Gekreuzigte und das Mysterium seiner Liebe in den Menschen vorhanden ist, sich
verwirklicht und mit unaufhaltbarer Kraft entscheidet, sich zu
"offenbaren". Hauptsächlich wegen dieser Entscheidung Christies
musste Fritsch, gegen seinen Willen, diesen Tausch "annehmen."
Uns bleiben zwei Belehrungen, wenn wir das Gesicht Pater Kolbes betrachten:
eine führt von seinem Martyrium zu seinem Leben, die andere von seinem Leben
zum Martyrium.
Mit der ersten Belehrung sagt uns Pater Kolbe, dass die Antwort auf
Unmenschlichkeit mit dem Angebot auf Selbstaufopferung nicht von einem Menschen
kommt, der sich dem Unterdrücker ergeben hat, von dem Paradies sich alles
erwartet und daher alles ertragen kann.
Nachdem Pater Kolbe seine ganze Kraft verbraut hatte um eine andere,
hundert mal bessere, neue Welt zu schaffen, opferte er sein Leben. Das
Martyrium war keine, Gott ergebene Flucht, sondern der Höhepunkt seiner
Lebenskraft.
Mit der zweiten Belehrung sagt uns Pater Kolbe, dass die Fähigkeit der
Märtyrer anders ist als die derjenigen die sich in ihrem Leben mit Pluralismus
und unbedingter Irenik abgeben, auch wenn sie es "Meinungsaustausch"
und "Ökumenismus" nennen.
Sicherlich gibt es eine Art diese Werte richtig zu betrachten (durch
Nächstenliebe, nicht durch Verlust der Persönlichkeit), aber oft werden sie nur
zum eigenen Schutz verwendet, um nicht das "Leben opfern" zu müssen.
Pater Kolbe erklärte den Glauben mit beeindruckender Klarheit, verbreitete
ihn mit Festigkeit und wollte ihn in allen Gebieten des kulturellen und
sozialen Lebens verwurzeln. Er war voll von
Nächstenliebe und wurde der erste "Märtyrer der
Nächstenliebe". Mit diesem Titel wurde er von Johannes Paul II
kanonisiert.
Aber wer, im Namen einer sogenannten christlichen Nächstenliebe, den
Glauben abschwächt, in der Bildung nicht leben lässt und als unwichtig in der
Geschickte betrachtet, ist der wirklich sicher, dass er die Nächstenliebe
besitzt, um sich selbst zu opfern?
Das ist die richtige Frage welche die Handlungen der Christen unterscheidet
und sie beurteilt. Der Glaube und die Nächstenliebe verlangen Kraft und
Entscheidung und wachsen mit dem gleichen Mut.