Die heilige Lucia
Auszug aus dem Buch: Santa Lucia von Ines Belski Lagazzi
Wenig haben uns die griechischen und lateinischen Werke
von dieser heiligen Märtyrerin, die unter den Sternen des Himmels leuchtet,
überliefert. Von ihrem Leben und ihrem Martyrium wird jedoch in der Biografie
des heiligen Gregor des Großen, dem Kirchenlehrer der westlichen Kirche, der im
sechsten Jahrhundert lebte, berichtet. Auch spricht ein Gedicht des heiligen
Adelmo "De Laudibus Virginum" aus dem siebten Jahrhundert von ihr.
Auch wenn wir nur wenige historische
Überlieferungen haben ist ihr Ruhm, den sie hinterlassen hat, unermesslich. Sie
ist von einem Heiligenschein und den Palmen des Martyriums und der Reinheit
umgeben.
Ihr Geburtsort ist Syrakus.
Syrakus wurde im achten Jahrhundert v. C. von
den Griechen gegründet. Der ursprüngliche Name war Ortigia. Der Name kommt von
der kleinen Insel, auf der dann Siraka entstand. Siraka kommt von einem Sumpf
und ist ein punischer Name der
"westlicher Ort" bedeutet.
Bald wurde die Stadt ein mächtiges und
bekanntes Kulturzentrum, wo Literatur und Kunst blühten und Philosophen wie
Aeschylus und Pindar gerne weilten.
Syrakus beherrschte das Mittelmeer und
erreichte die größte Blütezeit unter Dionys dem Älteren, welcher der Stadt eine
Friedensperiode schenkte. Später siegte er über Karthago. Doch diese Stadt war
zu mächtig und Syrakus allein konnte ihr nicht standhalten und so verbündete
sie sich mit Rom. Der erste punische Krieg brachte zur Unterwerfung von
Karthago.
Im Jahre 214 v. C. belagerte der römische
Konsul Marcello die schöne sizilianische Stadt und 212 eroberte er sie.
Während der römischen Herrschaft blieb
Syrakus die Hauptstadt der Insel und Wiege der Kunst und Schönheit. Doch
langsam verfiel sie.
In Syrakus, dieser großen und herrlichen
Stadt des Altertums kam, Ende des dritten Jahrhunderts, höchstwahrscheinlich im
Jahre 280, Lucia zur Welt. Sie stammte aus einer reichen Patrizierfamilie.
Der Name des Vaters ist unbekannt, wir können
aber annehmen, dass er Lucio hieß. In dieser Zeit war es üblich den Kindern den
Namen des Vaters zu geben. Wir wissen nur, dass die Mutter Eutychia hieß.
Der Apostel Paulus (Apostelgeschichte, 28:12)
weilte im Frühling des Jahres 61 in Syrakus. Der erste Bischof war der heilige
Marciano.
Wir wissen nicht wann das Mädchen getauft
wurde und ob ihre Eltern schon Christen waren, oder ob sie sich erst später
bekehrten. Wir wissen gerade, dass die christliche Gemeinde bei ihrer Geburt
bereits zahlreich war. Es gab sicherlich schon einige Kirchen und zahlreiche
Katakomben. Jedoch wagte man nicht, Christus öffentlich anzubeten.
Für unsere Religion war es eine seltsame
Zeit. Unsere Religion verbreitete sich schnell und brachte Hoffnung,
Nächstenliebe und Frieden in die Dunkelheit des Heidentums.
Das römische Imperium, nachdem es seinen
größten Ruhm erreicht hatte, verfiel langsam und unaufhaltbar. Zwischen Festen
und Festessen, die manchmal in Orgien ausarteten kümmerten sich die Römer nicht
mehr um ihre politische Kraft, obwohl sie einst tüchtige Soldaten waren. Im
Heer herrschte die Anarchie. Es genügt zu bedenken, dass von den siebenundzwanzig
Kaisern, die auf den weisen Markus Aurelius folgten, drei an Krankheit starben,
zwei im Krieg fielen und alle anderen von den Soldaten, ermordet wurden. Zu
einer Zeit wo die Barbaren schon an den Grenzen standen.
Am 17 September 284 bestieg Diokletian den
Thron. Er bemühte sich sehr Einheit und Festigkeit im Reich wieder
herzustellen, das heißt, er versuchte Ordnung zu schaffen. Er prägte neue
Münzen, versuchte die Preise zu stoppen und führte die Tetrachie ein, in dem er
sich mit Kollegen vereinte. Valerio Massimiano hatte wie er den Titel Augustus.
Die beiden Augusti beriefen zwei Caesaren: Galerio Gaio Valerio und Flavio
Costanzo Cloro, den Vater des zukünftigen Kaisers Konstantin.
Diokletian ließ sich in Nikomedia nieder und
behielt die Regierung über den Osten. Galerio übernahm die Donau-Provinzen und
Griechenland. Costanzo zog nach Trier und kontrollierte Gallien und England.
Massimiano regierte von Mailand aus den restlichen Westen.
Für den
Aufenthalt und die Jagd der kaiserlichen Familie erbaute Valerio Massimiano im Herzen Siziliens eine herrliche Villa. In der Nähe der Piazza Armerina sehen wir heute die herrlichen, durch die
Ausgrabung freigelegten, Mosaike.
Was die Lage der Christen betrifft,
existierte im römischen Recht, ein Dekret von Kaiser Traian das besagte:
"Die Christen dürfen nicht gesucht werden, wenn sie angeklagt werden, dann
muss man sie bestrafen."
In dieser Vorschrift war ein Wiederspruch.
Entweder durften die Christen nicht aufgestöbert werden, weil sie unschuldig
waren, oder sie mussten bestraft werden, weil sie schuldig waren und daher
mussten sie gesucht werden. Auch wenn sie angezeigt wurden mussten sie
freigesprochen werden, da sie Unschuldige waren.
Daher wurde diese Vorschrift, je nach Lust
und Laune der Kaiser und ihrer Vertreter angewendet.
Im Jahre 262 gab Kaiser Publio Licinio
Gallieno das Toleranzedikt heraus. Zu dieser Zeit war die kirchliche
Organisation schon fortgeschritten. Viele Funktionäre und Magister hatten schon
den neuen Glauben angenommen.
Auch Prisca und Valeria, die Mutter und die
Tochter von Diokletian waren Christinnen. Diokletian selbst sah, die Anhänger
Christies wohlwollend an.
Die kleine hübsche und freundliche Lucia,
wuchs neben der guten Eutychia heran. Diese sorgte mit Liebe und lehrte sie
Liebe und Menschenfreundlichkeit. Das Mädchen war fünf Jahre alt, als der Vater
starb und zwischen Mutter und Tochter wurde die Verbindung noch enger.
Wir können uns Lucia als Kind, Mädchen und
Jugendliche vorstellen. Sie lernt von der Mutter den Haushalt zu besorgen, dem
Dienstpersonal die Aufgaben zuzuteilen, zu nähen und zu sticken. Vielleicht
besuchte sie die Schule und lernte Griechisch, Latein, Arithmetik, Musik und
Gesang. Vielleicht hatte sie einen Privatlehrer, auch wenn es in dieser Zeit
nicht üblich war, dass Frauen eine Schulbildung bekamen.
Die fleißige Mutter und das schöne junge
Mädchen machen gemeinsam lange Spaziergänge unter dem wolkenlosen Himmel. Sie
gehen dem saphirblauen Meer entlang, unter blühenden Mandel- und wohlriechenden
Orangenbäumen. Sicher besuchen sie gemeinsam die Latomie, diese alten
Steinbrüche aus denen man den weißlichen Kalkstein und das Perlmutter ähnliches
Material gewann, mit dem die Denkmäler von Syrakus gebaut wurden. Sie besuchten
die völlig ausgenützte, in Kerker verwandelte Grotte, das sogenannte Ohr des
Dionysos. Die Akustik in dieser Höhle ist so raffiniert, dass ein Flüstern zum
Geschrei werden kann. Der Diktatur hörte hier die Wehklagen und die Worte der
Gefangenen.
Lucia ging sicher auch zur Quelle Aretusa,
deren Legende sie kannte: Aretusa war eine Nymphe, die in Griechenland lebte.
Der Sohn des Ozeans, Alfeo, verfolgte sie eines Tages und sie flüchtete nach
Sizilien. Um nicht erkannt zu werden, verwandelte sie sich in eine Quelle. Als
Alfeo das erfuhr, verwandelte er sich in einen Fluss und konnte sich so mit
ihr, im Meer, vereinen.
Sicher besuchte sie alle Stadtteile. Ortigia
die schöne Insel mit den grünen Papyruspflanzen und den Singvögeln. Acradina
mit der reichen Vegetation. Neapolis mit den neuen Häusern. Tyche und Epipolis
die Außenbezirke.
Sicher ist, dass Lucia oft in die, nördlich von Syrakus
gelegenen, Katakomben, ging. In dieser
unterirdischen, in Tuffstein geschlagener Stadt, nahm sie an den
religiösen Funktionen teil, erhob ihren Geist in der Bewunderung des göttlichen
Schöpfers und stärkte ihren Glauben an den gekreuzigten Gott.
Die unsicheren Zeiten mahnten die Christen
zur Vorsicht. Die Versammlung der Gläubigen fand meist in der Nacht statt. In
den Katakomben, in versteckten Orten der Stadt oder in ländlicher Gegend. Es
hatten sich schon viele Diözesen gebildet, an deren Spitze ein Bischof stand
und von Diakonen und Priestern unterstützt war. Die Priester verbreiteten den
Glauben durch Predigt, Religionsunterricht, Vorbereitung auf die Taufe und der
anderen Sakramente und widmeten sich dem Werk der Nächstenliebe.
Lucia liebte die Feste ihrer Gesellschaft
nicht. Sie verachtete das nichtsnutzige, angenehme und unbekümmerte Leben ihrer
Gleichaltrigen. Von der Mutter zur Aufrichtigkeit, Nächstenliebe und Karitas
erzogen, verbrachte sie ihre Zeit mit Gebet, Studium der Religion, Meditation
und Hilfe an den Armen.
Doch bald bemerkte Galerio, dass sich der
neue Glaube auch unter den Soldaten verbreitet hatte. Er dachte, dass die
christlichen Lehrsätze die Soldaten zur Waffenverweigerung gebracht hätten, wo
sie gerade in diesem Augenblick notwendig waren, da die Gefahr von
Barbareneinfälle existierte.
Er wurde auch von seiner Mutter, einer
fanatischen Landarbeiterin, welche die Christen hasste, angespornt, den alten
Kaiser, der ungern Blut vergaß, umzustimmen.
Am 24 Februar 303 wurde in Nicomedia das
erste strenge Edikt erklärt.
Unterdessen wuchs Lucia, die lebhafte
braunhaarige, in Schönheit und Tugend auf. Die Mutter sah, auf diese schöne Blume
mit Herzklopfen und Wohlgefallen. Die Leute bewunderten sie und die jungen
Männer der Stadt lächelten sie an. Eutychia wünschte sich für ihre Tochter
einen schönen und reichen Mann, einen Adeligen, der ihr ein angenehmes Leben
bieten konnte, sie liebte und ihre herrlichen Tugenden der Bescheidenheit,
Nächstenliebe, Intelligenz und Kultur anerkannte.
Im Herzen des Kindes wuchs jedoch ein anderer
Wunsch heran, der jeden Tag größer und stärker wurde. Sie wollte der Jungfrau
ähnlich sein. So wie sie, keinen irdischen Bräutigam, haben. Sich nur Gott
weihen und nur bei ihm allein bleiben.
Sie vertraute sich ihrer Mutter nicht an,
weil sie die Absichten für ihre künftige Hochzeit hörte. In ihrem Herzen
schwört sie aber Gott, dass sie niemals jemanden anderen gehören würde.
Lucia weihte sich gerade ihrem himmlischen
Bräutigam als ein junger Mann von ihrer Schlichtheit und Güte angezogen wurde
und Eutychia um ihre Hand bat.
Wir kennen den Namen des jungen Mannes nicht,
wissen aber, dass er schön, adelig und reich war, so wie Eutychia sich den
Schwiegersohn wünschte. Er war Heide, doch die Frau, die sein gutes und
liebevolles Herz kannte, dachte, dass er sich zum Christentum bekehren würde.
Arme, großzügige Eutychia. Sie sorgte sich um
die Zukunft ihrer Tochter, da sie seit Jahren an einer schweren, unheilbaren
Bluterkrankung litt und jeden Tag schwächer wurde. Es ist nur menschlich, dass
sie ihr Kind nicht allein lassen wollte.
Lucia, die ihre Mutter sehr liebte, machte
sich große Sorgen um ihre Gesundheit und bat innigst zu Gott. Die Ärzte hatten
ihr erklärt, dass es keine Hoffnung mehr gab, doch Gott, wenn er will, kann
immer ein Wunder wirken.
Nach langer Überlegung schlug das junge
Mädchen der Mutter eine Pilgerfahrt nach Catania, zum Grab der heiligen Agatha
vor. Diese starb den Märtyrertod unter Kaiser Decio im Jahre 251.
Die Wunder die an diesem Grab stattfanden
zogen viele aus ganz Sizilien an.
Mutter und Tochter begannen die Reise, und
legten die fünfzig Meilen, die Syrakus von Catania trennen, zurück. Am Festtag
der Heiligen, 5 Februar, kamen sie an.
Andächtig nahmen sie an der heiligen Messe
teil. Als der Priester das Evangelium las, waren Eutychia und Lucia überrascht.
Zufällig las er von der Heilung der Blutkranken laut Matthäus.
"....Und siehe, eine Frau, die zwölf
Jahre blutflüssig war, trat von hinten heran
und rührte die Quaste seines Kleides an;
denn sie sprach bei sich selbst: Wenn ich nur sein Kleid anrühre, so
werde ich geheilt werden. Jesus aber
wandte sich um, und als er sie sah, sprach er: Sei guten Mutes, Tochter; dein
Glaube hat dich geheilt. Und die Frau war geheilt von jener Stunde an."
(Matthäus IX/20-22)
Gerührt beteten die beiden Frauen zur
heiligen Agata, damit sie die Heilung von Gott erwirke.
-
"Mammi, die gute
Heilige, die für Jesus gelitten und gestorben ist, wird sicher für dich
eintreten. Berühre ihr Grab und du wirst genesen", so murmelte Lucia und
war voll Hoffnung.
Nach der Messe verließen die Gläubigen die
Kirche. Lucia und ihre Mutter blieben aber noch kniend im Gebet vertieft im
Halbdunkel der Kirche, neben dem verehrten Grab.
Das Mädchen war müde und erregt. Langsam
schlief sie ein, sie schlief sehr fest und nun sah sie die heilige Agata. Sie
war von hellem Licht und einer Engelschar umgeben, lächelte und sagte zu Lucia:
"Lucia, meine Schwester, Christies Braut, warum flehst du mich um etwas
an, wenn du es selbst für deine Mutter tun kannst? Eutychia ist geheilt. Dein
fester Glaube hat sie gerettet. Es geht ihr gut und das ist dein Verdienst. Aus
deinem Herzen hast du einen heiligen Ort für Gott gemacht und deine Seele hast
du Gott geschenkt."
Langsam verschwand die Erscheinung und Lucia
erwachte. Sie sah ihre Mutter noch immer kniend beten, rief sie leise und
lächelte:
- Mutter, die heilige Agata hat Jesus um
Gnade gebeten und der Herr hat dich geheilt.
Voll Freude kniete Eutychia nieder und fühlte
die Kraft wieder kommen. Ihr Herz war voll Liebe und Dank. Was hätte sie nicht,
in diesem glücklichen Augenblick für ihren Gott getan?
Das Mädchen wusste nun, sie konnte ihrer Mutter
ihren Entschluss, sich Gott zu weihen, mitteilen und dass sie nie einen
irdischen Bräutigam angenommen hätte. Ihr himmlischer Bräutigam war Jesus und
er wird es für immer bleiben.
Eutychia war so glücklich, dass sie sich über
den Entschluss der Tochter nicht beklagte:
Sei es, wie du willst.
-
Liebe Mutter - fuhr Lucia fort - ich flehe dich an, sprich nie mehr von
Verlobung und ich bitte dich, schenke den Armen, was du mir als Mitgift geben
wolltest.
-
Lucia, mein liebes Kind, ich habe meinen und deines Vaters Besitz
erhalten, ihn sogar vergrößert, in dem ich Grundstücke kaufte. Ich möchte aber,
dass du nach meinem Tod den Besitz übernimmst. Dann kannst du nach deinem
Gutdünken darüber entscheiden.
-
Mammi, dein Vorschlag wird Jesus nicht völlig zufrieden stellen. Er hat
dich beschenkt. Wenn du ihm wirklich Danken willst, schenke ihm sofort alle
deine Guthaben. Mit dem Tod verlässt du ohnehin alles.
Eutychia versprach nichts, verneinte aber
auch nichts.
Mutter und Tochter reisten glücklich nach
Syrakus. Die Mutter war körperlich und geistig geheilt, die Tochter war über
die erlebte Vision und die Bekräftigung ihrer Reinheit glücklich.
Daheim angekommen, sprach Lucia wieder über
das Ideal der völligen Armut und äußerte ihren Wunsch allen Reichtum den Armen
zu schenken. Auch Jesus hatte zu dem jungen Reichen gesagt: "Geh, verkaufe
deinen Besitz, gib den Ertrag den Armen und folge mir".
Endlich überzeugte sich die Frau und
verkaufte ihren Besitz.
Inzwischen wurde di Lage immer ernster. Dem
ersten Edikt von Diokletian folgte ein strengeres und dann gab er ein drittes
heraus. Die angekündigten Strafen waren sehr schwer. Das letzte Edikt verlangte
die Abtrünnigkeit, d.h. die öffentliche Entsagung der christlichen Religion.
Die mit der Kontrolle Beauftragten, nahmen
die Aufgabe mit großer Emsigkeit vor. Wer sich weigerte den Götzen öffentlich
zu opfern wurde mit grausamen Mitteln überzeugt. Schläge, Schwerthiebe, mit
Eisenhaken zugefügte Schmerzen, und oft
wurden die Glieder auseinander gezogen. Wilde Tiere waren in den Amphitheatern
bereit. Holzstapeln für die Scheiterhaufen waren an verschiedenen Stellen der
Stadt errichtet.
Aufmerksame Spione waren überall. Beim
kleinsten Indiz wurden die Christen den Ministern des Kaisers angezeigt.
Schließlich kannte der Hass auf die neue
Religion keine Grenzen. Es kam sogar zu lächerlichen Übertreibungen. In
Galicien wurden die Lebensmittel erst verkauft, nachdem diese den Göttern
geweiht wurden. In Rom wurden bei den öffentlichen Brunnen Wachen aufgestellt.
Niemand konnte sich Wasser holen, ohne vorher den Göttern geopfert zu haben.
Wer widerstand, wurde mit Feuer oder dem
Kreuz bestraft, oder er wurde ertränkt. Der "schöne Tod", so wurde
die Enthauptung genannt, war nur den Personen aus dem Nobelstand vorbehalten.
Lattanzio, ein römischer Historiker hat sich
im Jahre 303 zum Christentum bekehrt und schrieb ein Buch mit dem Titel:
"Der Tod der Verfolger". Er bezeichnet di Verfolger als gemeine
Verbrecher und die Christenverfolgung als gemeines Verbrechen.
Er schrieb: "Die Verfolgungen leerten
alle Reichsprovinzen, vom Osten bis zum Western, außer, Gallien. Alles stöhnte
unter der Wut der drei Raubtiere. Auch wenn ich hundert Münde und eine eiserne
Stimme hätte, könnte ich nie die Qualen aufzählen, welche die Gläubigen
erduldeten." Die drei Raubtiere waren Diokletian, Massimiano und Galerio.
Gallien war von Costanzo Cloro regiert und dieser zeigte sich großmütiger gegen
die Christen.
Es war die Stunde der Märtyrer. Viele
namenslose Märtyrer deren einziger Lohn bei Gott sein zu dürfen, war.
In dieser heißen Atmosphäre verkaufte
Eutychia ihren Besitz und schenkte den Erlös den Armen.
Alle Heiligen haben die Armut und die Armen
geliebt. Christus, aus dem königlichen Haus Davids stammend, wollte in
absoluter Armut leben. Arm waren Maria und Joseph, arm die Apostel und die
Nachfolger.
Der Wunsch "arm unter Armen" zu
sein, wurde von der christlichen Gemeinde von Syrakus verstanden und ausgeübt.
Unter den Heiden verursachte dieser Wunsch aber großes Misstrauen, denn für sie
war der Reichtum der Zweck des Lebens.
Der junge Anwärter auf die Hand Lucias
bemerkte, dass Eutychia ihre Grundstücke, die kostbare Kleidung und den Schmuck
verkaufte, und war darüber erstaunt. Als er sah, dass die beiden Frauen enorme
Geldsummen den Armen schenkten, beunruhigte er sich noch mehr.
Er ging zu Eutychia und fragte warum sie sich
in so unvorsichtig benehme.
Die Frau gebrauchte eine Ausrede:
-
Lucia hat noblere und einträglichere Besitztümer gefunden, welche nie
ihren Wert verlieren. Wir verkaufen daher diese, um die anderen zu erwerben.
Das erscheint uns klug zu handeln.
Der Jüngling beruhigte sich, hielt aber die
Augen offen. Von einigen Freunden erfuhr er, dass das Madchen welches er
heiraten wollte, Christin ist. Jetzt verstand er auch von welchem noblen und
einträglichen Besitz Eutychia gesprochen hatte. Er wusste, dass die Christen
den ewigen Preis erhoffen und durch Werke der Nächstenliebe versuchen ihn zu
verdienen.
Er beschloss die Lage zu klären.
Es war der 13 Dezember 304. Eine der wenigen
sicheren Daten die wir von dem Leben Lucias kennen.
Der Jüngling kam zu Eutychia, während Mutter
und Tochter gemeinsam mit dem, zum Christentum bekehrten, Dienstpersonal in
einem, zur Kapelle, verwandelten Zimmer zum Gebet versammelt waren. Alle waren
sehr beunruhigt über die neuen Nachrichten. Die Strafen wurden immer grausamer,
welche die Christen erlitten. Alle verweigerten den Göttern zu opfern. Sie
gingen singend zum Martyrium. Ihre
Schmerzen stärkten die Zweifler und stärkten ihren Glauben. Aus dem Blut der
Märtyrer erstanden neue für die Gloria Gottes.
Der Jüngling ließ sich anmelden. Lucia
empfing ihn mit würdiger Zurückhaltung. Mit entschlossener Höflichkeit sagte
sie ihm, dass sie nicht seine Braut werden konnte, weil sie ihr Herz schon
Jesus geschenkt hatte.
Zu Beginn versuchte er das Mädchen von ihren
Gedanken abzubringen. Er versprach, dass sie gemeinsam glücklich würden und er
ein treuer und guter Gatte wäre.
Lucias ruhige Überzeugung, aber besonders die
leuchtenden schönen blauen Augen und die Unmöglichkeit seine Wünsche erfüllt zu
sehen, machten ihn wütend. Seine Liebe verwandelte sich in Hass und er
flüchtete aus dem Haus mit grollendem Herzen. Er dachte nur an Rache. Und es
gab nur eine!
Tatsächlich begab er sich zum Prokonsul
Pascasio, wo die Anklagen gegen die Christen gesammelt wurden und erstattete
formale Anklage gegen die beiden Frauen.
- Ich warb um ein junges Mädchen mit Namen
Lucia. Dieses Mädchen, gemeinsam mit ihrer Mutter Eutychia gehorcht den
mächtigen Kaisern von Rom nicht. Sie ist Christin, gegen das Edikt des 24
Februars 303.
Das Gesetz von Diokletian musste daher beide
treffen.
Pascasio handelte sofort, rief seine Beamten
und befohl, die junge Christin mit dem Namen Lucia vorzuführen.
Das Mädchen erschien völlig ruhig. Was musste
sie fürchten? Das Leben verlieren? Sie wünschte sich ja, ihr Leben ihrem
Schöpfer zu schenken.
Sie hatte Jesus in ihrem Herzen. Er hätte ihr
die Antworten eingegeben, wenn ihr Verfolger sie fragte. Gott hätte ihr die
Kraft gegeben um die Qualen zu ertragen. Er hätte sie im Himmel erwartet. Er
war ihr Bräutigam.
Er hätte ihr im Himmel die ewige
Glückseligkeit gegeben.
Pascasio sah bewundernd das Mädchen mit den
langen braunen Haaren an. Er sah in ihre blauen Augen.
Er begann sie mit Ehrfurcht zu verhören, da er ihren hohen sozialen Stand
kannte.
Wie gewohnt fand das Verfahren, vor einer
großen Menschenmasse, im Freien statt. Viele wussten wie großzügig sie den
Armen gegenüber gewesen ist.
Pascasio versuchte erst mit ruhigen Worten,
Ratschlägen und beinahe väterlichen Ermahnungen das Mädchen zu überreden. Er
bemerkte aber sehr bald, dass dieses Mädchen, trotz ihres freundlichen und
sanften Aussehens, einen starken Charakter besaß und machte daher keine großen
Umstände.
- Kennst du die Gesetze der göttlichen Kaiser
Diokletian und Massimiano nicht? Diese verlangen von allen Untertanen des
Reiches unsere Götter anzubeten und ihnen zu opfern.
Er rief die Soldaten und befahl Lucia vor die
Statue Jupiters zu bringen.
-
Jetzt streue Weihrauch auf den Altar und ehre den Vater aller Götter -
sagte er.
Lucia antwortete stolz:
-
Das wahre Opfer für Gott ist, die Witwen und Waisen aufzusuchen und zu
helfen. Vor drei Jahren, habe ich mich entschlossen und mich Gott geweiht und
seither bringe ich dieses Opfer und verwende mein Vermögen dafür. Jetzt besitze
ich nichts mehr, als mein Leben. Er soll mit mir machen, was er will.
-
Diese Geschichten kannst du den Christen erzählen. Ich muss, die Gesetze
der Caesaren aufrecht halten. Ich habe keine Zeit um deine dummen Märchen zu
hören.
Das Mädchen antwortete mit großer Anmut
-
Du befolgst die Gesetze der Caesaren. Ich die, meines Gottes. Du hast
Ehrfurcht vor deinen Vorgesetzten. Ich ehre meinen Herrn. Du willst die
Caesaren nicht beleidigen. Soll ich meinen Gott beleidigen? Du willst den
Kaisern gefallen. Ich will Gott gefallen. Mach was du für richtig hältst. Ich
handle nach meinen Grundsätzen.
Verwirrt, wirft ihr Pascasio vor: - Du hast
dein Vermögen verschwendet und an unwürdigen Leuten verteilt.
Lucia: Ich habe mein Vermögen in Sicherheit
gebracht und einen Schatz im Himmel geschaffen. Ich habe versprochen meine
Reinheit zu bewahren.
-
Das ist die reinste Unehrlichkeit.
-
Ihr seid die Unehrlichen, die Bösewichte. Ihr bestecht die Seelen der
Menschen um sie von Gott zu entfernen. Ihr dient dem Teufel und werdet in
Ewigkeit verdammt sein - rief Lucia mit flammenden Augen.
-
Jetzt ist es aber genug. Hör mit dem Geschwätz auf - schrie Pascasio
wütend.
-
Ich kann nicht schweigen. Du kannst Gott nicht zum Schweigen bringen.
Der andere lacht höhnisch: - Du bist Gott?
Bescheiden, aber mit leuchtenden Augen
antwortet Lucia: - Oh, ich bin nur die Dienerin des ewigen Gottes, aber spreche
mit seinen Worten. Er sagte: "Wenn ihr vor Königen und Prinzen steht, dann
sorgt euch nicht wie und was ihr sagen müsst. Nicht ihr sprecht, sondern der
Heilige Geist spricht durch euch."
Pascasio war wütend, aber gegen seinen Willen
mitgerissen:
- Ihr behauptet, dass der Heilige Geist in
euch ist?
Lucia antwortet mit den Worten des heiligen
Paulus: - Diejenigen die keusch und fromm leben sind die Tempel Gottes. Der
Heilige Geist lebt in ihnen.
Das waren Begriffe die Pascasio mit seiner
Mentalität nicht verstehen konnte.
-
Ich werde schon die Mittel finden um diesen Geist aus dir zu vertreiben,
den du heilig nennst. Also, du willst deinem Gott treu bleiben? Nun gut! Ich
werde dich zwingen Qualen zu erleiden. Du wirst sehen, wie schnell dieser
Heilige Geist entsetzt flieht, wenn es wahr ist, dass er in deinem Herzen ruht.
Lucia hatte Angst, wollte diese aber nicht
zeigen und antwortete stolz:
- Um
zu sündigen, besteht der Wille. Wenn du den Weihrauch in meine Hände gibst, und
mit meinen Händen das Opfer den Götzen bringst so würde doch Gott meine und
deine Gedanken sehen. Er urteilt nach Gewissen und Willen. Du kannst mich zu
allem zwingen, doch Gott wird mir eine doppelte Krone geben. Hier bin ich. Mach
was du willst, gebrauche alle möglichen Qualen. Worauf wartest du noch? Tu was
dir der Teufel sagt. Der Teufel, er ist dein wahrer Herr.
Anmerkung des Autors:
Pascasio fuhr wütend mit dem Gespräch fort.
Lucia war immer entschlossener und von der göttlichen Eröffnung beeinflusst und
erlag auch den Qualen, die ihr zugefügt wurden, um ihren Glauben zu demütigen,
nicht.
Mit lauter Stimme sprach sie: Armer Pascasio
warum peinigst du dich? Warum erblasst du? Warum bist du wütend? Du hast
gesehen, dass ich der Tempel Gottes bin. Des wahren Gottes. Du musst einfach an
den Gott der Christen, glauben.
Die große Stunde näherte sich. Lucia war
dabei die Märtyrerkrone zu empfangen und sich mit ihren Schöpfe, ihren
himmlischen Bräutigam, zu vereinen.
Die heilige Agata stand ihr bei, lächelte ihr
zu und lud sie ein.
Augen und Seele zum Himmel gewendet, sprach
Lucia ihre letzten prophetische und unvergessliche Worte.
-
Meine Stunde ist gekommen. Pascasio, triff mich und ich werde sterben.
Aber ich sage dir, die Kirche Gottes wird den Frieden wieder finden. Diokletian
und Massimiano werden vergehen, aber das Christentum wird sich ausbreiten.
Dann schwieg sie und bot ihren Hals dem
Messer eines Soldaten an. Sie fiel auf den Rücken. Ihre herrlichen blauen Augen
sahen schon das glorreiche Heer der Engel und Heiligen.
Man schrieb den 13 Dezember 304. Lucia
beendete ihr junges Leben auf der Erde und wurde in Gloria wieder geboren. Der
Todestag ist, für die Heiligen und Märtyrer, der wahre Geburtstag: der
"dies natalis".
Das Volk von Syrakus kniete nieder, weinte
und betete. Sofort nach dem Martyrium wurde der heilige Körper in einer Nische
der Katakomben beigesetzt. Auf der
Außenwand der bogenüberwölbten Nische wurde, zur Erinnerung, dass die Heilige
das Ende der Christenverfolgung und den Triumph der Kirche prophezeit hatte,
eine Taube abgebildet.
Das Grab Lucias wurde Ziel der Wallfahrten,
der Gebete, der Bitten seitens der Bevölkerung von Syrakus. Sie hatten die
liebe Heilige sofort zu ihrer Schutzpatronin ernannt und erbaten und erhielten
von ihr, große Gnaden.
Die vorausahnenden Worte der Märtyrerin sind
wahr geworden. Diokletian und Massimiano dankten im Jahre 305 ab und die
Christenverfolgung entschärfte sich. Im Osten blieb sie noch bis zum, 30 April
311 aufrecht. An diesem Tag wurde das Toleranzedikt von Galerio, Licinio und
Konstantin unterschrieben.
Nicht genug damit. Konstantin, später
"der Große" genannt, war Sohn von Costanzo Cloro und der heiligen
Helena. Nach Diokletians Rücktritt wurde er zum Kaiser ausgerufen und
veröffentlichte im Jahre 313 das Mailänder Edikt. Mit diesem gewährte er den
Christen die völlige Religionsfreiheit.
Venedig: Kirche der heiligen Geremia und Lucia. Über
dem Altar ist der Glassarg mit dem Körper der heiligen Lucia sichtbar
Papst Johannes XXIII wurde das Gesicht im Jahre 1955 mit einer Silbermaske bedeckt. Ein Werk des Bildhauers Marcello Minotto. |
An der Stelle des Martyriums, wurde zu Ehren
der heiligen Lucia eine Kirch gebaut.
Die Christen kämpften um jeden Zentimeter um
"iuxta martyrem" begraben zu werden.
In den Katakomben wird die Heilige in vielen
griechischen Inschriften, mit zärtlichen
Worten erwähnt: "unsere heilige Lucia...". Besonders bekannt ist die Inschrift von Euskia,
welche man bei den Ausgrabungen im Jahre 1894 gefunden hat. Sie lautet:
"Euskia, die Makellose, lebte 25 Jahre in Güte und Reinheit und starb am
Gedenktag der heiligen Lucia. Für sie gibt es nur Worte des Lobes: sie war
Christin, treu, fehlerfrei und ihrem Mann dankbar". Wer war diese Euskia?
Dies, wissen wir nicht. Sicherlich, war sie der heiligen Lucia sehr verbunden,
da ihr Gatte den Todestag, den 13 Dezember, als ein gutes Zeichen ansah.
Es existiert noch eine Tatsache. Der
griechische Namen Euskia kann auf Latein mit Umbrosa, übersetzt werden. Da
Lucia, Luminosa (= Leuchtende) genannt wurde ist diese griechische Inschrift,
das älteste und kostbarste Dokument welches den Kult für Lucia, als
Schutzpatronin für die Augen, beweist. Höchstwahrscheinlich war Euskia blind
oder litt an einer Augenkrankheit.
Es gibt eine Legende, wohl gemerkt eine
Legende, keine Tatsache. Daher wissen wir nicht, wo die Wahrheit endet und das
Märchen beginnt. Diese erzählt, dass Pascasio nach dem Grund ihres Verzichtes
auf die Welt und ihrer entschlossener Ablehnung einer Hochzeit mit dem jungen
Mann, fragte.
Ihrerseits fragte Lucia:
Was findet dieser Mann so schönes in mir?
Und der Tyrann: "er ist von deinen
herrlichen Augen beeindruckt."
Bei diesen Worten riss sich Lucia, ohne
Zeichen eines Schmerzens ihre schönen Augen aus und legte sie auf einen Teller
und sprach zu ihrem Henker: "Geh, und bring sie dem, der sie so
liebt".
Diese Legende besagt auch, dass die Heiligen
Schönheit und Anziehungskraft nicht beachten, wenn diese nicht zur Ehre Gottes
und Erreichung des ewigen Lebens dienen. Wenn die Liebe bei einem schönen
Gesicht endet und die Reinheit des Herzens nicht beachtet, dann hat sie keinen
Wert.
Die Legende verbreitete sich. Lucia wurde von
den Menschen mit Augenkrankheiten angerufen. Krankenhäuser und Sanatorien
wurden nach ihr benannt.
Viele Maler zeigen Lucia mit einem silbernen
Teller, auf dem ihre Augen liegen oder mit einem Dolch auf dem sie aufgespießt
sind.
Von 304 bis heute
Ein Jahr nach dem anderen verging. Die
Jahrhunderte vergingen.
Die Verehrung unserer Heiligen beschränkte sich
nicht nur auf Sizilien. Schon hundert Jahre nach ihrem Tod verbreitete sich der
Kult sehr schnell auf die gesamte Christenheit. Am 21 Mai 879 (oder 800) fiel
Syrakus in die Hände der Moslems. Der Köper der Heiligen wurde in einem
geheimen Platz in den Katakomben versteckt, damit er von den Ungläubigen nicht
entwürdigt wurde. Hier blieb er bis zum Frühling (oder Sommer) 1040, bis die
Byzantiner Sizilien von der arabischen Herrschaft befreiten.
Ein älterer Christ zeigt dem byzantinischen
General Giorgio Maniace, das Versteck des Körpers der heiligen Lucia. Dieser
sammelte die Reliquien um sie der Kaiserin Teodora zu bringen.
Im Jahre 1204 wurde Konstantinopel von den
venezianischen Kreuzrittern erobert. Der Doge Enrico Dandolo brachte den Körper
der Heiligen nach Venedig, wo er in der herrlichen Kirche auf der Insel San
Giorgio Frieden fand.
Die Heimatstadt Lucias, Syrakus, erhielt
kostbare Reliquien; Teile der Rippen und des linken Armes. Auch die Kleidung,
welche der heiligen Reliquie ausgezogen wurden, als diese nach Konstantinopel
überführt wurde: der feine, mit gelben
Streifen eingefasste weiße Schleier, die Tunika aus feiner purpurfarbiger
Seide, mit eingewebten Blättern und Blumen in der selben Farbe und die Fußbekleidung
aus feinem Leder und rotem Futter. Die Bevölkerung von Syrakus legte die
heiligen Reste in einen kostbaren Schrein und die Bekleidung in eine
Silberurne.
In Venedig, in Syrakus und in ganz Italien
wurde die heilige Lucia verehrt und sie wirkte Wunder und teilte mit vollen
Händen die himmlische Liebe aus.
Leider wurde die Kirche der heiligen Lucia in
Venedig im Jahre 1860 abgerissen, wie so viele andere. Man brauchte den Platz
für die Eisenbahnstation. Vielleicht hätte man das Problem in einer anderen
Weise lösen können. Die kirchliche Leitung entschloss sich aber den Körper der
Heiligen in die nahe Pfarre des hl. Geremia zu überführen. Die Überführung fand
am 11 Juli 1860, im Beisein des Patriarchen Ramazzotti, allen Geistlichen und
der Stadtbevölkerung statt.
Der heilige Körper blieb sieben Tage auf dem
Hauptaltar ausgestellt. Dann wurde er in einen Seitenaltar versetzt, in der
Erwartung der Fertigstellung der neuen Kapelle. Diese wurde mit dem Material
des Presbyteriums, der abgerissenen, der hl. Lucia geweihte, Kirche, nach dem
Modell von Palladio, erbaut. Drei Jahre später, am 11. Juli 1963, wurde sie
eingeweiht. Der Patriarch Angelo Roncalli, der spätere Papst Johannes XXIII,
wollte im Jahre 1935 die heiligen Reliquien noch ehrfurchtsvoller gestalten.
Der Körper der Heiligen ist gut erhalten,
doch wollte der Papst ihr Gesicht mit einer Silbermaske bedecken. Das Ergebnis
ist unwahrscheinlich: Lucia scheint zu schlafen. Die Augen sind geschlossen und
die Haare umschließen ihr Gesicht.
Sie ist in Purpur und Gold gekleidet und die
rechte Hand sieht aus dem breiten Tunika- Ärmel. Der Kopf ruht auf einem
Damastkissen und der Körper auf einer gelben Silbermaterasse. Die Kapelle der
Heiligen wird oft mit Blumen, Brokat und Tüchern geschmückt. Hunderte Kerzen
brennen in einem goldenen Licht.
In einem großen Rahmen sind die Weihgaben
gesammelt. Die dankbaren Gläubigen bieten sie der Heiligen an, aus Dank für
die, durch ihre Fürsprache, erhaltenen Gaben Gottes.
Die Pilger bewundern gerührt den Körper der
jungen Märtyrerin und ihre Herzen nehmen die Liebesbotschaft auf. Man meint die
Stimme Lucias zu hören wie sie zu Pascasio, zu allen die hören wollen, spricht:
"Alle die keusch leben werden von dem Apostel Kinder Gottes genannt und in
ihnen lebt der Heilige Geist." Und noch: "Gott urteilt nach dem
Gewissen und dem Willen."