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Der Hl. Luigi Scrosoppi

Auszug aus dem Buch: «Seliger Luigi Scrosoppi», bearbeitet von den «Schwestern der Vorsehung»

 

Zwei Familien und eine Tradition

 

Pater Luigi stammte aus gutem Haus. Das ist eine der größten Gaben die man erhalten kann, wenn man auf dieser jämmerlichen Erde geboren wird. Wir kennen die Großväter, mütterlicher und väterlicher Seite.

 

Der erste, Giovanni Battista Lazzarini, war ein wohlhabender Kaufmann. Was aber wichtiger ist: er war ein Mann mit festem Glauben. Ein Glaube mit großem Franziskanischen Einfluss. Er wurde in Borgo Grazzano von Udine geboren und besuchte schon als Kind, die heute nicht mehr existierende Kirche «S. Franziskus delle Vigna. » Diese Kirche war ein kleines Marianische Heiligtum und besonders dem Kult der Unbefleckten Empfängnis geweiht. In diesem Geist wuchs die Tochter Antonia, Luigis Mutter. Aber, an die Franziskanische Barmherzigkeit und an die Liebe für die Unbefleckte Empfängnis, schloss sich noch eine andere Kraft an: der christliche Schmerz. Nachdem sie in Malborghetto Francesco Filaferro, einen mit Baumaterial handelnden Kaufmann geheiratet hatte musste sie vor dem Heer von Massena flüchten und verlor nicht nur den Besitz, sondern auch den zweitgeborenen Sohn, Giovanni Battista, und kurz darauf auch den Gatten, der gezwungener Weise Lebensmittelhändler wurde. Sehr viele hätten unter all diesen Schwierigkeiten den Glauben verloren. Ihrer dagegen wuchs an. Von mütterlicher Seite aus war Luigi tatsächlich ein, durch den Schmerz geprüftes, Kind des Glaubens.

In Udine existierte noch ein anderes Zentrum von dem der religiöse Eifer ausging. Dies war das Oratorium des Kreuzes oder Christi, eine Laienkongregation mit glorioser spirituellen Tradition. Die Laienbrüder versammelten sich  in dem gleichnamigen Kirchlein, gegenüber der Kirche des Hl. Franz, aus dem 12. Jahrhundert.

Der väterliche Großvater, Giuseppe Scrosoppi, war seit seiner Jugend Mitglied des Oratoriums und kurz vor seinem Tode, im Jahre 1801, schrieben sich auch die beiden Söhne Domenico und Giuseppe ein. Luigis Vater, Domenico schrieb sich wenige Monate vor seiner Trauung mit Antonia Lazzarini, Witwe Filaferro, ein.

Beide Familien atmeten den Franziskanischen Geist ein, der sich durch das Lächeln der Unbefleckten Empfängnis vergrößerte und durch das vom Kreuz fließendes Blut stärkte. Diese Gründe und geistigen Richtlinien steckten in den beiden Großvätern und in den Eltern noch im Kern; erst in Luigi erblühten sie richtig.

 

Ein Bruder voll Leidenschaft

 

Der 2. November 1800 war ein sehr trauriger Allerseelentag für Mutter Antonia Lazzarini. Am 3. April hatte sie ihre Mutter Angelo Dosi verloren. Und an diesem Tag weinte sie am frischen Grab ihres Gatten. Nur der erstgeborene vierzehnjährige Sohn, Carlo blieb ihr. Durch Valcanale kehrte sie in ihren Heimatort Udine zurück.

Was soll aus dem jungen Carlo werden?

Einige rieten  ihn in ein Gewerbe einzuführen. Mutter Antonia hoffte jedoch, dass er sich Gott widmete. Es ist ein inniges Gebet. Man erkennt den Glauben dieser frommen Frau, die durch den Schmerz nicht geschwächt, sondern gestärkt war.

Das Gebet wurde erhört. Zur Überraschung von allen, erklärte Carlo, dass er Priester werden möchte. Das erste Studium absolvierte er in Klagenfurt und setzte es im Seminar von Udine fort.

Alle, die den künftigen Pater Carlo kannten sind einer Meinung: er war intelligent, voll Nächstenliebe, besaß eine außerordentliche Fähigkeit als geistiger Leiter, hatte vornehme Manieren und strömte liebenswürdige Züge aus. Hinter der Sanftheit befand sich aber ein eiserner Wille, so wie es zu einen der den Namen des hl. Karl Borromäus, dem  «Eisernen Heiligen» trug, passte.

Diesen Charakter zeigte er in einer an Herausforderung grenzende, Wahl. Als Carlo am 2. September um Aufnahme ansuchte, befand sich die Kongregation der Philippiner von Udine schon der Auflösung nahe. Die Priesterweihe erhielt er am 24. September 1809 vom Erzbischof von Udine, Msgr. Baldassare Rasponi. Napoleon hatte diesen erst vor wenigen Monaten von seinem Heereslager in St. Pölten zur Erschießung verurteilt. Während er Priester wurde befand sich Pius VII seit mehr als 3 Monaten in Gefangenschaft und seine Taufkirche, in Malborghetto, lag seit dem französischen Bombenangriff des 17. Maies, in Trümmern.

Luigino Scrosoppi war knapp fünf Jahre als, als sein Stiefbruder die erste Messe zelebrierte. Eine Messe, die an Katakomben und Märtyrerketten erinnerte.

Pater Carlo riss alle mit sich. Begeisterte alle, die sich ihm näherten. Kein Irrlicht, sondern von der Seele kommend und das ganze Leben brennend. Deswegen lebte Pater Luigi beinahe in seinem Schatten. Er besaß nicht nur einen festen Glauben, sondern hatte auch einen Bruder voll Leidenschaft zum Geschenk.

Tatsächlich war Pater Carlo auch um Mittelpunkt der neuen Familie.

Im Jahre 1810 wurde die Kongregation der Philippiner aufgehoben, doch die Kirche der Hl. Maria Magdalena (der heutige Postpalast) wurde für den Kult gerettet und Pater Carlo blieb der spirituale Leiter der Kirche. Um ihm die Arbeit zu erleichtern kaufte im Jahre 1811 der Stiefvater Domenico in der Nähe ein Gebäude. Und so verweilte Luigino immer länger in diesem Gotteshaus und bewegte sich «unschuldig und fromm» unter den verehrten Patern. Hier empfing er die Erstkommunion; Lehrer, Wegweiser und Schutzengel war eben Pater Carlo.

 

Die Jugend

 

Welche Ereignisse beeindruckten den jungen Luigi besonders?  Viele werden wir nie kennen lernen.

Das Leben jedes Einzelnen ist geheimnisvoll und unergründlich. Einige kennen wir jedoch.

Die von Gott gegebene Schmiegsamkeit der kindlichen Seele ermöglichte es ihm nicht besondere Dinge wahrzunehmen. Weder der österreichische oder napoleonische Waffenlärm, der 1809 in Friaul erklang, noch das Entsetzen über die Gefangenschaft des Papstes verursachte ihm eine tiefe Wunde. Sicherlich sprach man darüber und er spürte die Gewitterwolken. Aber mit dem,  Kinder angeborenem, Gefühl  wusste er, dass sein Bruder mit Schwierigkeiten zum Altar stieg, hatte aber keine Angst.

Jedoch, als neunjähriger - im Jahre 1813 - erkannte er, dass durch den Fall Napoleons etwas Wichtiges geschah. Noch stärker spürte er es als 1814 auch im Hause Scrosoppi das Läuten aller Glocken für die Rückkehr Pius VII nach Rom, erklang. Es schien als könnte man die Wahrheit der Gottesworte mit der Hand ergreifen. « Die höllischen Kräfte werden nicht siegen. »

So wie überall kam es auch in Friaul  zu einem neuen religiösen Erwachen.

Es schien, das goldene Zeitalter für die Religion wäre zurückgekommen. Unter den letzten drei Patriarchen von Aquileia herrschten herrliche Zeiten im christlichen Friaul. Dann bewölkte sich der Himmel. Aufhebung der Jesuiten, unterdrückende venezianische Kirchengesetze, die Französische Revolution. Die Guten waren verwirrt: Gottlosigkeit und Sittenlosigkeit hatten sich enorm verbreitet. Jetzt schien ein neues Leben zu erblühen. Von den Lippen Pater Carlos hörte Luigino sicherlich die freudige Nachricht der christlichen Wiedergeburt.

Seit 1814 beginnt, eine immer größer werdende Hungernot, auf die 1817 eine, bis dahin unbekannte, Typusepidemie folgte. Im Frühling dieses Jahres fand man sehr oft Bedauernswerte - Buben oder Mädchen - Verhungerte oder an Krankheit verstorbene unter den Arkaden der Stadt. Hungrige schritten in trauriger Prozession von den Bergen herab. Hunderte von Bettlerkindern wurden im alten  Seminar aufgenommen. Man sprach nur von Hunger und Tod. Eines Tages kehrte auch Pater Carlo mit hohem Fieber nach Hause. Nachdem er deutsch konnte hatte man ihm die geistliche Leitung des Militärspitals anvertraut, der er sich völlig widmete. Man bangte um sein Leben. Aber Gott hatte andere Pläne. Es folgte eine lange und schwierige Konvaleszenz.

Luigino hatte erst vor Kurzem die Erstkommunion empfangen.

Er lernte die Gottesnahrung und den Hunger auf Erden gleichzeitig kennen.

Er war 13 Jahre alt. Welch großen Eindruck mussten die vielen Erbarmungswürdigen, die Ansicht so vieler Gleichaltrigen, die sich zerrissen und abgemagert in den Straßen vorwärts schleppten,  in ihm hinterlassen.

Die Ansicht von so großem Elend und die brüderliche Aufopferung haben die Jugend von Luigi sehr beeinflusst. Der Beweis dafür? Sein ganzes folgendes Leben.

 

Zwischen den Zedern von Libanon

 

Der junge Luigi wuchs zwischen den Libanonzedern auf. Zirka 50 m trennten das Haus in der Aquileia-Straße ( heute Vittorio Veneto) von der Kirche der Hl. Maria Magdalena, wo die aufgelassenen Philippinischen Brüder ihrem Amt nachgingen.

Hier lernte er tugendhafte Priester kennen. Besonders, den verehrten Präfekten Pater Massimo aus Brazzacco, der von der ganzen Stadt als Patriarch angesehen wurde und Pater Gaetano Salomoni, der das «Haus der Verlassenen»gegründet hatte und dessen rechte Hand Pater Carlo nach seiner Genesung wurde.

Im Seminar, wo er studierte fand er noch andere, Gott geweihte Seelen. Und gerade in diesen schwierigen Jünglingsjahren klammerte sich Luigi - im wahrsten Sinne des Wortes - an andere edle Geistliche an, in deren Händen  das Schicksal der Diözese lag. Es genügt den großen Msgr. Mattia Capellari, Freund des späteren Papstes Gregor XVI, zu gedenken, der den Josephinischen Forderungen der österreichischen Regierung mit apostolischem Stolz gegenübertritt. Ihnen gleichstehend, folgte Msgr. Mariano Darù, der Pater Carlo und Pater Luigi mit brüderlicher Liebe umgab.

Unter den Gleichaltrigen darf man auch die drei Perlen der friaulischen Priester, untrennbare Freunde von Pater Luigi, nicht vergessen. Gründer des Kindergartens, den gebildeten und frommen Don Pietro Benedetti. Generalvikar, Msgr. Domenico Someda,  Beichtvater des Seeligen. Don Fantoni, der «dimidium animae meae» von Pater Luigi, weiser und freundlicher Mitarbeiter bis zum Tod.

Unter dieser heiligen Gesellschaft ragt Pater Luigi durch zwei besondere Gaben hervor. In seinem Leben gab es eine Zeit, ab 1856, wo er von der ganzen Stadt, als Zentrum,  Seele und Spitze angesehen wurde. Die von ihm geleitete Hl. Maria Magdalenenkirche wurde für den Grundstein des katholischen Gefühls und der Spiritualität angesehen.

In seinem Leben und nach seinem Tode erhob er sich wie ein Leuchtturm über seine Mitbrüder, wenn er diesen auch in Doktrin und in anderen Gaben unterlegen war.

Noch einmal verwirklichte sich das  was die Madonna von sich sagte: «Gott sah seine Demut und vollbrachte in ihm große Dinge. »

 

Kapuziner werden?

 

Pater Carlo begann 1819 mit Pater Gaetano Salomoni im «Haus der Verlassenen» zu arbeiten und übernahm 1822 persönlich die Leitung.

Noch Diakon half Luigi seit 1826 dem Bruder bei dieser Arbeit und unterrichtete Religion und andere kulturelle Materien, besonders Astronomie.

Nach seiner Priesterweihe am 31 März 1827 widmete sich Don Luigi völlig dem «Haus der Verlassenen» und wurde der « auf Suche gehende Priester. »

Gerade zu dieser Zeit - es war ein bedeutender Augenblick in seinem Leben - gegen 1830 wurde in Udine ein Kapuzinerkloster wieder eröffnet.

Das neue Kloster war nur wenige Schritte von dem «Haus der Verlassenen» entfernt. Die Nähe und auch die von Großeltern und Eltern kommende Franziskanische Veranlagung riefen in Don Luigi den Wunsch hervor Kapuziner zu werden.

Tief in seinem Herzen war er zweifellos Franziskaner.

Aber wie diesen Wunsch erklären?

Menschen, die sich mit ganzer Seele Gott weihen fühlen oft plötzlich eine innere Unzufriedenheit, als ob sie nicht alles gegeben hätten. Don Luigi wird sich gesagt haben « Ich wurde Priester um heilig zu werden und heilig zu sprechen. Aber wer bin ich nach 3 Jahren? Was habe ich Gutes getan? Ist es nicht besser, wenn ich mich in ein Kloster zurückziehe und in Andacht und Gebet lebe? »

Wir dürfen nicht vergessen, dass Luigi die Dinge nicht nur zur Hälfte machte und keine Kompromisse einging. Den größten Teil des Tages lebte er mit den ärmsten Kindern. Dann kehrte er aber in sein Elternhaus zurück, wo man im diskreten Wohlstande lebte. Er fühlte sich nicht so richtig wohl. Kaum würde Pater Carlo sterben, würde er seinen Hausstand aufheben und den Weg der absoluten Armut wählen.

Aber zwei starke Motive sind ihm wie die Stimme des Himmels erschienen. Nach dem Rücktritt von Vizedirektor Don Bearzi herrschte in dem «Haus der Verlassenen» eine groß Krise. Der Bruder war allein am Werk.

Kurze Zeit später, 1831 brach die erste Colerahepidemie aus. Not und Waisenkinder vermehrten sich. «Sie riefen nach Brot und es war niemand da, der es ihnen gab. »

Diesem Ruf der Armen opferte Pater Luigi seine aschethischen Wünsche. Später erfüllt er seine Wünsche ohne das Wohltätigkeitswerk aufzugeben, indem er das Oratorium neu erbaut. Der Hl. Franz sagte richtig: Pax et Bonum! Nach getroffener Wahl und - wenn man so sagen kann - Überwindung der innerlichen Krise widmete sich Don Luigi mit Herz und Seele der Nächstenliebe, wie es seinem Charakter und Liebenswürdigkeit entsprach.

Gott wollte, dass er sich dem «Haus der Verlassenen» widmete? 

Und er tat es, ohne sich zu sparen.

 

Im Herzen der Ärmsten

 

Pater Carlo, intelligenter und an Erfahrung reicher als er, leitete dieses Werk seit mehr als 10 Jahren und doch verfiel es immer mehr. Es hatte nicht einmal einen eigenen Sitz.

Zwei bezahlte Lehrerinnen kümmerten sich um die wenigen aufgenommenen Mädchen. Haus und Lehrerinnen hingen von der Wohltätigkeit einiger aristokratischen Damen ab. Aber man weiß, wie diese Dinge enden. Der erste Enthusiasmus geht vorüber  und das Werk verfällt. Es war fast am Ende, als Don Luigi der junge 26 oder 27 jährige Priester, auf Klosterleben verzichtend, sich dem Werk widmete. Pater Carlo entschließt sich endlich Haus und anschließende Grundstück zu kaufen. Ein Bauplan wird ausgearbeitet, und dann noch ein Größerer, bis das Ausmaß des heutigen Gebäudes erreicht ist. Für die damalige Zeit enorm groß. Dann nimmt er Freiwillige auf um die neue Institution zu gründen. Was war passiert? Nichts, absolut nichts, außer dass der um 18 Jahre jüngerer Bruder an seiner Seite war, der Antrieb und  Ausführung der neuen Ideen war.

 

Pater Luigi widmete sich dem «Haus der Verlassenen», weil es schon existierte, aber vergrößert werden musste. Den Weg der Barmherzigkeit genommen, widmete er sich auch anderen Werken. Künftig schließt er keine karitative Institution, mit den Zielen seiner Kongregation aus. Rom fordert ihn sogar auf, in einem gewissen Rahmen zu bleiben. Für ihn umart die Nächstenliebe alles. Es genügte, wenn es sich um Werke für Arme oder arme Werke, womöglich von anderen abgelehnte, handelte.

Arm die Schwestern, Arm die Verpflegten: Arme, die Armen helfen: das war sein Ideal und sein Programm.

Sein Realismus ließ ihn erkennen, dass der Weg der Nächstenliebe voll Dornen ist; außerdem machte er bald diese Erfahrung. Bei seinen Bettelgängen durch Udine oder Friaul blieben ihm weder Streiche, noch Ohrfeigen erspart, sogar Hunde hetzte man gegen ihn.

Keine Romantik, nicht einmal im spirituellen Ton. Später, als er das Leitmotiv des Hl. Paulus des Kreuzes: «Schweigen, arbeiten, erdulden», zu seinem machte, hatte er es schon im Dienste der Nächstenliebe ausgeübt.

Was bewegte und unterstütze ihn? Jesus, eine grenzenlose Liebe zu Jesus! Er nahm die Worte des Evangeliums ernst: « Ich war hungrig und ihr habt mich gesättigt, ich war nackt und ihr habt mich bekleidet. » Tatsächlich  sah er Christus in den Armen, in den Waisenmädchen. Und diese Vision entschädigte ihn für die verweigerten oder ungern gegebene Almosen und der bekommenen Schwielen, durch Stiegen steigen. Manchmal nur um Hohn zu ernten.

 

Die unvorsehbaren Ansprüche Gottes

 

Es ist nur natürlich, dass die Eltern die Fortpflanzung der Familie wünschen. Deswegen feiert man di Geburt eines Buben.

Im Hause Scrosoppi gab es diese gerechtfertigte Sorge nicht. Die Eltern behielten sich von den drei Söhnen, einen aus erster, die anderen zwei aus zweiter Ehe, keinen. Alle weihten sie Gott. Mutter Antonia war darüber begeistert: sie hatte um die Berufung Carlos gebeten und sah mit Begeisterung die Berufung von Giovanni Battista und Luigi. So viel wir wissen, hatte auch Vater Domenico keine Einwände. Im Gegenteil: er war begeistert.

Sie wurden Priester - und welche Priester! 

Pater Carlo trat in das Oratorium ein. Eine Regel der Kongregation war, dass die Mitglieder das Priesteramt gratis und mit Gottesliebe versorgten.

Pater Luigi ging denselben Weg.

 

Beide Söhne stürzten sich Hals über Kopf in das Werk der Nächstenliebe. Sie steuerten für den Haushalt nichts bei, es gelang ihnen auch nicht für ihren Unterhalt zu sorgen, schöpften aber reichlich von den Gaben des Elternhauses.

 

Domenico Scrosoppi besaß ein gewisses Vermögen. In diesen Fällen ist es nur natürlich, dass der Wunsch wächst, die Söhne würden das Vermögen und die Ehre des Namens vergrößern. Aber nein.

Pater Carlo und Don Luigi stürzen sich in aufopfernder Arbeit unter die Armen, die nur den Verbrauch der Ersparnisse verspricht.

Nur Don Giovanni Battista schlug eine bessere Karriere ein; er brache es bis zum Pfarramt von Sacile.

Aber es war Don Luigi, der sich alles Weltliche hinter die Schulter warf, der jegliche Eitelkeit abwies und lieber hinunter als hinauf ging. Er verhielt sich in solch einer Art, dass sein Leben eine Herausforderung an den Anstand der bürgerlichen Klasse wurde, zu der auch er gehörte. Und wer weiß, wie viele den Kopf geschüttelt haben, wie viele zu Mutter Antonia gesagt haben: «Ihr Sohn übertreibt: Das schickt sich nicht für seinen Rang. » Wer weiß, wie viele ihn für verrückt hielten.

 

Stellt ihn euch vor während er die Almosen sammelt. Ein Priester aus reichem Haus, der mit einem Sack auf der Schulter oder einen Handkarren schiebend durch die Straßen geht; der in das Lebensmittelgeschäft oder beim Bäcker eintritt, der an den Türen der Reichen klopft. - Es ist Frau Antonias Sohn - flüstert das Dienstmädchen der Gräfin. Stellt ihn euch sitzend auf einem kaputten, von Eseln gezogenem Karren vor. So etwas hatte man noch nie gesehen!

Sogar Mutter Antonia wird ihm gesagt haben: « Don Luigi, ist das unbedingt notwendig? - Und er, der Verfechter des Guten: - Ja, Mutter. Es ist notwendig. »

Er zeigte dieses «Hinuntersteigen» nicht nur bei der Sammlung der Almosen, sondern in seiner ganzen Lebensart, in der Bekleidung und in der Haltung. Seine Pantoffeln waren bekannt. Kaum bekam er neue Schuhe so schenkte er sie Armen. Sogar sein schönstes Gewand fand bald die Schultern eines armen Priesters und er bekleidete sich weiterhin so gut es ging. Später, als er die von Schwestern verwaltete Spitäler besuchte, bettelte er um ein ärmliches Tuch oder Hemd.

Leere Worte für Don Luigi waren soziale Stellung, Prestige und Familienehre. Etwas ganz anderes bewegte ihn. Anderes suchte er.

 

Die schönsten Geschenke Gottes

 

Im Evangelium verbreitet die Heilige Jungfrau ihr strahlendes Licht als Zeichen der Aussöhnung und der Erhebung der weiblichen Stellung. Im Evangelium schneidet fast keine Frau schlecht ab. Nicht einmal die Ehebrecherin oder die Sünderin Magdala. Außerdem ist bekannt, dass die Frau ihre Erhebung dem Christentum verdankt.

165 Jahre nach der Gründung vom «Haus der Verlassenen» wird die Gleichberechtigung der Frau sogar übermäßig ausgerufen. Welch Unterschied mit damals!

Die Waisenmädchen des armen Volkes fielen oft, besonders in Städten und gewissen Stadtteilen, grausamen Händen zum Opfer, so wie die arme Cosetta von Victor Hugo, oder wurden auf die Straße geworfen.

 

Die katastrophalen Jahre der Französischen Revolution und die folgenden Kriege hatten ihre Lage verschlechtert. Diese Mädchen schienen für immer verurteilt.

Pater Luigi widmete sich besonders dieser Aufgabe und die Rettung dieser armen Seelen wurde für ihn ein authentischer Kreuzzug.

Deswegen wollte er ein großes Haus, dass für alle Notwendigkeiten genügte. Deswegen war di Tür immer offen um sie aufnehmen zu können.

Pater Luigi nahm die Waisenmädchen als «Geschenk Gottes» auf. So betrachtete er sie und wollte, dass die Kinder und Schwestern sie aufnahmen.

Sehr oft versteckte er unter seinem Mantel ein eben erhaltenes kleines Kind und fragte seine Mädchen: « Ratet, was ich hier versteckt habe! Und antwortet selbst: - ein Geschenk Gottes. »

Je ärmer und verlassener sie waren, um sehr größer war das Mitleid des Paters. Er übergab sie den Schwestern mit den Worten: «dies sind die schönsten Geschenke Gottes, behandelt sie mit größter Sorgfalt. »

Oft kamen sie wie verlorene Vögelchen. Eines Tages begleitete ein sechsjähriger Bub die kleinere Schwester bis zum Eingang und lief dann schnell weg.

Besonders der Pfarrer von S. Quirino, der mitleidige Msgr. Filipponi brachte Pater Luigi diese «Geschenke» Gottes.

Eines Tages drohte eine völlig verarmte Mutter mit Selbstmord, wenn der Pfarrer sich nicht um ihr kleines Mädchen gekümmert hätte. Völlig verwirrt nahm der gute Pfarrer das Mädchen auf und brachte es zu Pater Luigi. Er wusste genau, dass kein Platz mehr vorhanden war, trotzdem öffnete er seinen Mantel, wo er di Kleine versteckt hielt, als er im Zimmer des Paters war.

Pater Luigi und die Kleine sahen sich an und lächelten...... und Msgr. Filipponi entfernte sich glücklich: er wusste, die Kleine hatte einen Vater gefunden. Das neue Bettchen wurde sofort vorbereitet: es war der Wäschekorb.

 

Pater Luigis praktische Erziehung

 

Im Haus erhielten die Mädchen eine gute Erziehung. Sie würden gute Familienmütter werden oder er hätte sie als Dienstmädchen bei guten Familien untergebracht. Über diesen Punkt wachte er sehr genau. Einmal bemerkt er ein Mädchen in Gefahr. Er entfernte sie sofort, ohne Rücksicht dass es sich um eine Familie handelte von der er Vorteile erhalten hatte. Es ist überflüssig zu betonen, dass diese Vorsicht ihm Boshaftigkeit und Groll eintrug.

Eines Tages kam ein erzürnter Mann und stürmte sofort in sein Arbeitszimmer. Die Pförtnerin hörte, dass er den Pater schlug. Nachdem sie die  mysteriöse Figur nicht mehr herauskommen sah, rief sie um Hilfe; sie dachte es wäre der Teufel.

Sicherlich war es jemand, aus dessen Klauen er ein Opfer entrissen hatte.

Als Hilfe kam sagte er nur Ruhe verlangend: « Es ist Nichts! Es ist Nichts! »

 

Pater Luigi war praktisch und einfach. Sicherlich, nicht ohne Kultur oder kulturellen Interessen. Aber in seiner erzieherischen Berufung suchte er nicht nach theoretischer Feinheit.

Er interessierte sich auch für die erzieherischen Erfolge anderer, z. B. des Kindergartens von Ferrante Aporti und an der Arbeit der Canossiane. Wenige Leitlinien genügten ihm. Außerdem verband er intelligentes Urteilsvermögen, praktischen Sinn und eine feste Hand mit väterlicher Liebe.

Besonders lag ihm am Herzen, die abgemagerten und rachitischen Mädchen zu ernähren. Er wollte, dass sie gesund und stark aufwuchsen.

Auch dass sie arbeitsam wurden, stand ihm am Herzen. Zu dieser Zeit war die Seidenraupenzucht sehr verbreitet. Außerhalb von Ronchi gründete er daher ein Anwesen mit vielen Maulbeerbäumen und anschließend eine kleine Seidenspinnerei und ein Laboratorium für die Erzeugung von Handschuhen, Strümpfen und Pullovern. Er lehrte, Zuschneiden, Nähen und Stickerei, weil diese Dinge für junge Mädchen notwendig sind, egal in welcher Lage sie sich in ihrem zukünftigen Leben befinden würden.

Zu jener Zeit gab es noch keine Schulpflicht. Aber Pater Luigi führte diese in seinem Haus ein, und sorgte persönlich dafür damit die Kinder lesen und schreiben lernten.

Bei der Charakterformung  erlaubte er weder Heuchelei noch Boshaftigkeit, verstand aber die lebhaften, sogar die schelmischen Mädchen, aber unter der Bedingung dass sie ehrlich und aufrichtig waren; er zog diese sogar vor.

Natürlich war der Schwerpunkt auf eine solide religiöse Ausbildung gerichtet. Man sieht genau welchen «Mädchentyp» er aus seinem Haus hervorkommend sehen wollte: gesund, arbeitsam, herzlich, ehrlich. Ohne vielen Schnörkeln, aber im Stande die «starke Frau» der Bibel zu sein.

 

Die ersten Mitarbeiterinnen

 

Einige brave Mädchen, besonders Schneiderinnen, wurden von Pater Carlo und Luigi aufgenommen um die Waisenmädchen zu erziehen. Einfache Frauen, aber voll Aufopferungsbereitschaft und Fleiß, die es verstanden gute Hausfrauen und tüchtige Dienstmädchen hervorzubringen. Die auserlesensten wählte natürlich Pater Carlo, die bescheidensten Pater Luigi.

Eine war Orsola Baldasso aus Buia.

Don Luigi ging durch die Vororte dieser großen Landpfarrei, vielleicht um Holz für den neuen Bau oder Mais zu erbetteln, als einige Rüpeln ihn ernstlich belästigten. Von der Demut des jungen Priesters beeindruckt, rief sie die Rüpel zur Ordnung zurück, nahm die Zügel in die Hand und unter ihrer Führung ging die Suche nach Almosen weiter.

Sie folgte sogar Don Luigi in seinem Werk.

Eine Andere war die junge außereheliche Giovanna Maria. Als Pater Luigi durch die Straße ging, sah er sie vor dem Haus sitzend, Wolle kämmend und forderte sie auf in seinem Haus zu arbeiten. Sie antworte, dass dies, wegen ihrer Abstammung, nicht möglich wäre. Sie willigte dann aber ein, einige Zeit für die Waisenmädchen gratis zu arbeiten, blieb aber dann in der Kongregation.

«Niemand ist geeigneter Gott zu dienen und den Armen zu helfen - dachte Don Luigi - als der, der Armut und Verlassenheit kennen gelernt hat. »

Als das Werk eine gewisse Stabilität erreichte, war Pater Carlo über die Zukunft unschlüssig.

Um die Lehrerinnen besser auszubilden berief er eine gewisse, aus adeligem Haus stammende, Schwester Giovanna Colloredo. Dann unternahm er den Versuch das Werk einer schon geprüften Kongregation, wie die Canossianen oder die Rosminianen anzuschließen. Er hörte aber dann auf seinen jüngeren Bruder, der ihm sicherlich gesagt hatte: « Warum suchen wir nach allen Seiten? Es sind junge, einfache Menschen aber voll Aufopferungsvermögen und haben sich seit Jahren aufgeopfert. Vertrauen wir ihnen! Mit der Hilfe Gottes werden sie sich vervollkommnen. »

Und zu Weihnachten 1845 wurde die Kongregation, neben der Grippe Christi geboren.

 

Jesus lebt in den Armen

 

Von Pater Luigi kann man sagen, dass er hauptsächlich aktiv war. Wir wissen aber, dass er an das kontemplative Leben gedacht hatte. Er war nicht nur unermüdlich - in einem Dokument der Kurie von Udine im Jahre 1849 wird es «harte Arbeit» genannt - sondern lebte auch immer mit Gott vereint und im stetigen Gebet. Derart in göttliche Gedanken vertieft, dass die Vorbeigehenden das Kreuzzeichen machten.

Durch Beispiel und Lehre, erweckte er bei den Schwestern die gleiche Liebe zum Gebet. Er verlangte ein festes und konzentriertes Innenleben.

Die Schwestern mussten sich aber der Erziehung, den Kranken und Armen widmen. Mit seinen einfachen Richtlinien leitet er ihre Seelen, damit diese, weder in formale Andächtigkeit verfielen, die oft mit der religiösen Perfektion verwechselt wird, oder in Übertreibung, welche den himmlischen Geist und Christus entfernen.

Eines Tages erschien im Kloster ein Mädchen, dass geeignet war in einer Nische zur Verherrlichung aufgestellt zu werden. Als der Vater sich von ihr verabschiedete, küsste er die Hände seiner angebeteten Tochter. Pater Luigi war überrascht. «Wir werden ja sehen - sagte er - wie lange sie es aushält Teppiche zu klopfen und Böden zu säubern. » Es dauerte nur wenige Monate.

Sie erfreute sich an frommen Seufzern und rümpft die Nase über die normale Arbeit.

Die Arbeit musste getan werden, die Kranken gepflegt, aber Christus musste immer gegenwärtig sein.

«Hast du die Füße der Armen gewaschen? » - fragte er eine neu aufgenommene Schwester. «Ja, Vater. » Und er bestand: « und hast du diese Füße geküsst? » Die junge Schwester war sprachlos. Das ist leichter gesagt, sie aber tatsächlich zu küssen, war etwas Anderes. « Mein Kind du musst sie wirklich, küssen, denn das sind die Füße Christi. Du musst Christus, in deinen Kranken sehen. » Und um ihr Mut zu machen, küsste er sie in ihrer Gegenwart.

Heilige haben diese «Übertreibungen. » Die Wahrheit aber ist, dass sie die Dinge ernst nehmen und wenn sie sagen, dass Christus in den Armen ist, dann sehen sie tatsächlich Christus.

Die Schwestern der ersten und zweiten Generation, die im Schatten des Vaters aufgewachsenen, waren alle von diesem innerlichen und äußerlichen Aufopferungsgeist beseelt. Alle die bei der Cholera- und Pockenepidemie nicht ums Leben, kamen - und es waren sehr viele - wurden sehr schnell von der Flamme der Nächstenliebe, die der Vater in ihren Herzen entzündet hatte, aufgezehrt.

 

Christies Mysterium

 

Die mystische und geistliche Bildung von Pater Luigi hatte Christus eindeutig im Mittelpunkt und räumte der Eucharistie den ersten Platz ein.

Mit der Eucharistie verehrte er das Kreuz, besonders durch den Kreuzweg, den er täglich kniend auf der nackten Erde ging, bei jeder Station die Erde küssend, die Arme in Ekstase und Gebet erhoben.

An die Seite Christi stellte er Maria, die er immer die «Mutter» nannte. Welch schöne Mailiturgie feierte er in der S. Maria Maddalenakirche und in der Hauskappelle des Waisenhauses!

Groß waren auch seine Liebe und Zuneigung für den hl. Joseph. Er war der Hausherr, der Tischler von Nazareth. Seine Statue stand - steht auch heute noch -  beim Eingang. Während der schlechten Zeiten hängte ihm Pater Luigi eine Tasche um den Hals: «Hl. Joseph sorge dafür. » Alle drei, Jesus, Maria und Joseph fand er in der Hütte von Nazareth, die er besonders verehrte. In Orzano ließ er nach diesem Modell eine kleine Kirche bauen, in der er begraben werden wollte.

Alle drei fand er in der Grotte von Bethlehem und wollte, dass in der Nähe, zu Weihnachten 1845 endlich die Kongregation der «Schwestern der Vorsehung» gegründet würde. Diese Gründung war schon seit 1837 angekündigt.

 

Demut, Demut, Demut

 

Mitleid war Nahrung und Atem für seine Seele. Echtes Mitleid war der Keim der Tugend. Aller Tugenden. Aber welcher besonders? Der Demut.

In der Art des hl. Filippo Neri versenkte Pater Luigi den Pflug in sich selbst und in die Seelen der Schwestern.

 

Eine junge Schwester war bestrebt hübsch und schlank zu bleiben, nicht so sehr aus Eitelkeit, sondern mehr aus ihrem inneren Charakter heraus. Eines Tages muss Don Luigi sie und eine Mitschwester ins Krankenhaus von Portogruaro begleiten. Man besteigt den vom Hauspferd «Bagalin» gezogenen Karren. Und ab, über die steinigen und staubigen Straßen nach Codroipo, über die Furt des Tagliamento, quer durch die Sümpfe der Destra. Abgekämpft durch Rütteln und Staub kam man an.

Wer weiß, vielleicht hat die arme Schwester versucht, ihre Kleidung ein bisschen zu säubern.

Was macht Pater Luigi? Kaum hatte sie sich hergerichtet, warf er seinen alten und farblosen Mantel um ihre Schultern und brachte sie so zu den Mitschwestern.

Hier handelte es sich aber um äußerliche Demütigungen - Pater Luigi wollte aber die innere Demut. Manchmal erschien er sogar hart und übertrieben in diesen Prüfungen: das erfuhren die Schwestern Elena Zucolli und Cecilia Piacentini die beide später Oberinnen werden. Wenn er die Schwestern so behandelte, war er mit sich selbst noch strenger.

Pater Luigi war so bescheiden, dass man nach dem Tod seines Bruders Pater Carlo nicht an ihn, sondern an Don Benedetti als spirituellen Erben dachte. Er wurde nur als Dienstmann, als fleißiger Arbeiter betrachtet. Sie lernten seine Fähigkeiten und spirituelle Höhe erst mir der Zeit kennen.

 

Freiheit, aber für die Barmherzigkeit

 

Gehen wir einen Schritt in der Geschichte zurück. Vielleicht bis zu den venezianischen Gesetzen ab 1766, mit denen die sterbende Republik versuchte ihre Nase in kirchliche Angelegenheiten zu stecken, oder bedenken wir der Gesetze von Maria Theresa, Kaiserin und Königin und ihrem eigenartigen Sohn Joseph II, der den Beinamen « König Kirchendiener» führte; oder  auch an Napoleon, der, nachdem er - natürlich in seinem Interesse - die katholische Religion wieder eingesetzt hatte im Heiligenlexikon einen hl. Napoleon, Märtyrer,  suchte und den 15 August diesem Heiligen ( d.h. sich selbst) weihte, statt der Madonna.

Oder auch an den österreichischen Kaiser Franz I, der, obwohl er sich «apostolischer Kaiser» nannte, so wie Joseph II nur Kirchendiener war.

Die politischen Ereignisse, die durchziehenden Heere, Kaiser und Könige, die in den Kirchen das Tedeum, heute für den einen, morgen für einen anderen, singen ließen und die, in Gefangenschaft, gehaltene Päpste haben im Volk Müdigkeit gegen die zivile Autorität und Misstrauen gegen den Klerus hervorgerufen.

Schlechter war es noch bei der lokalen Autorität, den lokalen Regierungsbeamten, die von einer Regierung zur anderen übergingen und entfernt und verachtend der Religion und der Kirche gegenüber standen.

Allen christlichen Initiativen bereiteten sie Schwierigkeiten.

Man versteht daher, dass Pater Carlo und Luigi völlig frei von gophernativen Eingriffen und Kontrollen sein wollten, und nur mit dem Glauben der Gründer und der spontanen Almosen der guten Christen handeln wollten.

Es war weniger das Bedürfnis, nicht kontrolliert zu werden, sondern der Wunsch - auf höherer Ebene - die religiöse Freiheit und besonders die Freiheit der christlichen Nächstenliebe auszuüben.

Pater Carlo und Luigi kämpften mit der italienischen und österreichischen Regierung damit sie die Nächstenliebe frei ausüben konnten.

Pater Luigi war bereit Caesar zu geben, was Caesar gehört. Ehrfurcht, Gehorsam und Steuer. Er bat Caesar nur die karitative Freiheit ausüben zu können.

Er bettelte, noch bedrängte er die zivilen Behöreden. Er nahm dankend an was sie ihm gaben; aber er verlangte nichts.

Nachdem die öffentlichen Schulen in Primiero im Trentin und in Cormons von Gorizia eröffnet wurden war es notwendig, nach österreichischen Regierungsverordnungen, dass einige Schwestern das Diplom für Lehrerinnen ablegten. Pater Luigi gehorchte.

Zusammenfassend: Pater Luigi hat nie um etwas gebeten, sondern der Gesellschaft viel gegeben. Er hat viele Mädchen vor dem Untergang gerettet. Was die Hilfe betrifft, begnügte er sich mit dem was ihm die göttliche Vorsehung durch die Hilfe der Privaten schenkte. Besonders dankte er für die Kleinigkeiten die von ärmeren kam. Denn die Reichen zögern und wenn sie geben, dann ist es meist Unannehmlichkeit und keine Freude.

 

Unter Kanonenfeuer

 

Zu Beginn war Pater Luigi der Freiheitsbewegung gesonnen. Mit seinem echten Freiheitssinn sah er die friedliche Revolution von 1848 mit Freude. - Jedem das Seine - sagt das einfache Volk - und für den Teufel bleibt nichts.

Und Friaul war in Italien. Wenn die Österreicher friedlich abzogen, so war das ein Geschenk Gottes. Aber so war es nicht. Udine wurde belagert und es begann der Kanonenregen. Was tat Pater Luigi? Er schickt die Schwestern, die das Grauen des Krieges nicht kannten und eingeschüchtert waren, zu den Sammelstellen der Verwundeten. Um ihnen Mut zu machen hängt er sich ein Heiligenbild um den Hals und sagt: -Gott wird euch beistehen.

Unter den Waisen gab es eine Lahme und auch die vergaß er nicht. Er ließ sie, von einer Mutigeren begleitet, auf einer Bahre tragen. Er selbst ist überall und ermutigt zum Gebet. Die Schwestern, als Krankenpflegerinnen improvisiert, erreichten die Bewunderung von allen; sie pflegten auch den österreichischen Oberst Karl Smola, der sich bei dem Tor Aquileia den Fuß brach und ihnen für immer dankbar war. Später nahm die Freiheitsbewegung die bekannte Richtung an. Pater Luigi war fest auf der Seite des Papstes. Er liebte ihn jetzt, wo er misserkannt und verfolgt war, mehr als früher.

Er war mit dem Papst: nicht nur aus unwandelbarer kirchlicher Disziplin, nicht nur weil er die Verschmutzung der  nationalen Bewegung sah, sondern hauptsächlich, weil er das Recht und die Notwendigkeit von völliger Freiheit in der Ausübung der religiösen Macht der Kirche bestätigen wollte. Er nahm weder an der Politik teil, noch mischte er sich in die juristischen Streitfragen ein.

Tatsächlich aber rief er in eine Welt der Geheimbrüder und Tauben hinein: lasst Christus und seine Vertreter frei.

 

Ohne Grenzen

 

Es ist natürlich, dass eine Kongregation an die eigene Entwicklung und Entfaltung seiner Werke denkt.

Pater Luigi kannte diese Grenzen nicht.

Ihm war wichtig, dass man Gutes tat, viel Gutes, dass man zu Ehren Gottes und zur Rettung der Seele arbeitete. Natürlich bemühte er sich mit Eifer um die Kongregation der «Schwestern der Vorsehung», dem Waisenhaus und dem Institut für Taubstumme - S. Zita - die vom ihm, oder anderen, im Laufe der Zeit gegründet waren. Er dachte allerdings nicht, dass nur das seine Aufgabe sei.

Er bemühte sich um die alten Diözesanpriester. Erfolglos war sein Versuch ein Hospiz für sie zu gründen in das auch er eintreten wollte. Zu diesem Zweck beauftragte er einen jungen Priester, Don Luigi Costantini aus Cividale, in seinem Namen ein Haus zu kaufen was aber misslang. Der Wunsch allein aber zeigt, dass sein Herz für alle heiligen Initiativen offen war.

1877 dachte man daran eine katholische Zeitung in Udine zu gründen, denn dort gab es 3 oder 4 antiklerikale. Unter den Notizen von Pater Luigi fand man die Zählung der, für eine Seite notwendigen, Druckbuchstaben und die Ausgaben für die Presseagenturen in Rom. Der Zeitungsdirektor der «Il Cittadino Italiano, berichtete, dass  Don Luigi einer seiner wichtigsten Unterstützer war.

Im Durcheinander dieser Zeit, brauchte man die Jugend. Erzbischof Msgr. Casasola schickt von Venedig Don Giovanni Dal Negro um ein Heim für die Kinder zu gründen. Später wird auch das Internat «Giovanni da Udine» für Adelige und Reiche gegründet. Um dies zu verwirklichen war Kapital notwendig. Einer der ersten Spender war Don Luigi. Als Schwierigkeiten eintrafen stellte er Wechsel über Wechsel aus. Er übernahm sogar die Verpflichtungen von anderen nur um das Werk fortzuführen.

 

Alles von und für Christus

 

Pater Luigi war robust und gesund, litt aber unter Rheuma, Flechte und an einer Beinverwundung, die so stark war, dass er im Alter manchmal fiel. Aber er pflegte sich nicht und wollte auch nicht, dass sich andere um den «Bruder Esel» kümmerten. Er heilte sich selbst durch Buße und Rute......

Er vergönnte sich auch keinen Zeitvertreib, weder durch gute Musik, Literatur, Geschichte oder wie viele andere, beim Vogelfang. An Zusammenkünfte und Gespräche mit Freunden war gar nicht zu denken. Unermüdlich Kirche und Arbeit, Arbeit und Gebet, ohne Unterbrechung. Außer den Kontrollfahrten fand man ihm am Tisch sitzend, Briefe schreibend oder die Verwaltung bearbeitend. Das «Büro» schien eher ein Bazar. Hier sammelte er alles Brauchbare, von den Nägeln bis zum Spagat......

Die erkrankte Oberschwester ersetzend, hielt er gutmütige, aber ausdrucksvolle und wichtige Konferenzen für die Schwestern, besonders für die Novizinnen. Hier muss erwähnt werden, dass er seinem geliebten Don Fantoni, ohne Eifersucht, viel überließ. Er freute sich, dass die Schwestern in seinem Freund den «Vater» sahen, während er beinahe im Schatten stand. Natürlich sah man ihn vor dem Allerheiligsten oder kniend auf dem Kreuzweg. Sein einziges Vergnügen war, besonders im Fasching kleine Vorführungen zu organisieren. Er lud dazu seine Wohltäter und auch seinen Vater, der sich dabei köstlich amüsierte, ein. Er selbst blieb aber nur einen Augenblick und zog sich dann zurück.

Für Pater Luigi war Christus alles. Den Rest ignorierte er; war für ihn völlig unwichtig. Er hätte die Worte des hl. Paulus wiederholen können: « Ich kenne nur Jesus Christus und sein Kreuz. »

 

…. leise, im Leben und im Tod

 

Der Begriff der scrosoppianischen Spiritualität ist vollkommen, wenn man auch diese Art der Hingabe mit einbezieht: Leise. Keine lauten Kundgebungen, sondern der echte Wille zu lieben, der Versuch nicht beachtet und zur Seite geschoben zu werden.

Er wollte ein standhaftes und nicht ein pompöses Mitleid. In diesem half ihm der typische friaulische Charakter der Prahlerei und Prunk wie die Pest hasste.

Als die «Schwestern der Vorsehung» zu Beginn von 1866 in ihr neues Haus in Cormons feierlich einzogen war Pater Luigi nicht dabei. Einige Tage früher hatte er im Haus die Vorbereitungen getroffen. Zur Eröffnung aber, wo er im Mittelpunkt wäre wollte er nicht bleiben. Am Vorabend kehrte er nach Udine zurück.

Im wahrsten Sinne des Wortes lebte er im Schatten seines Bruders, bis dieser 1854 starb. Er wollte auch nicht Gründer genannt werden.

Im Schwesternhaus erzählt man nicht viel von ihm. Aber eine Überlieferung besteht auch heute noch: der Vater liebte die Bescheidenheit und lehrte sie zu lieben. Er bestand auf Arbeit und Erduldung, stellte aber an erster Stelle «Schweigen» und wir sagen «verschwiegen» werden.

Die Bescheidenheit, die ihm in seinem Leben gekennzeichnet hatte, zeigte sich besonders bei der Anordnung seines eigenen Grabes. Er bereitete dies in der kleinen Kapelle von Orzano, nach dem Modell des Stalles von Nazareth vor. Er wollte sich schützen und vertraute weder seinen Freunden noch den Schwestern. Wer weiß, welchen Lärm sie um ihn gemacht hätten! Viele sagten ihm, dass diese Idee nicht glücklich wäre, weil weder seine Töchter noch alle die ihn schätzten leicht zu seinem Grab kommen konnten. Der richtige Platz wäre Udine, wo er sein Werk geleitet hatte. Aber er antwortete: « Ich will in Orzano begraben werden, in der Stille der Natur. Alle sollen mich armen Sünder vergessen. Was war ich schon, wenn nicht ein Hindernis? Daher sollen sie mich wenigstens als Toter zur Seite schieben. »

Der einzige Gegner seiner Verherrlichung war er selbst. Er wollte verschwinden, damit nur Gott verherrlicht wird.

 

Die Wunder Gottes

 

Wir können uns fragen ob es im Leben von Pater Luigi nicht übernatürliche Ereignisse gab, die seine innere und eifersüchtig gehütete Heiligkeit zeigten. Hatte dieser Mann, der das Steuer übernahm und nicht zurück blickte, der auf alles und auf alle für Gott verzichtete, nicht die Gnade erhalten Wunder zu wirken? Wir erwähnen sie nur kurz.

Seit Beginn ist die Mission von Pater Luigi reich an den sogenannten «Gotteswunder. »

Was war zu tun, wenn Brot oder Brotaufstrich fehlte, oder wenn ein Gläubiger seine Bezahlung verlangte und das Geld nicht vorhanden war? Nichts anderes als in die Kirche zum beten gehen. Zum hl. Gaetano, dem Heiligen des Glaubens an die Wunder. Zum hl. Joseph den Don Luigi sehr verehrte und dem er die Lösung aller Schwierigkeiten zutraute. Zur Madonna die er «die Mutti» nannte. Beten : das war das große Geheimnis der Wunder!

Eine Reihe von Zeugnissen sagt uns, dass er immer, im Augenblick der Not die Waisenmädchen zum Gebet in die kleine Kapelle schickte und auch nach erhaltener Gabe zum Dankesgebet.

Kaum war es ihm möglich, so ging auch er in die Kapelle. Wenn es schien, das Gott ihn auf die Probe stellen wollte und die Gnade zurückhielt, stieg er zum Altar und klopfte an die Tür des Tabernakels.

Eines Tages als Schwester Giovanna in die Scheune ging um Korn für den Müller zu holen, fand sie diese leer. Sie lief zu Pater Luigi um es ihm mitzuteilen und dieser antwortet: «Gehe in die Scheune und fülle die Säcke. »

Und die Schwester: « Pater, die Scheune ist leer. »

Doch er: « Geh und schau du wirst Korn finden. »

Die Schwester gehorchte. Und zu ihrer großen Überraschung fand sie viel Korn. Nachdem sie die Säcke gefüllt hatte war noch immer Korn vorhanden. »

 

Eine andere Episode hören wir aus dem Mund eines Augenzeugen, Angela Martinis die im Institut von Pater Luigi von 1865-1877 lebte.

« Eines Tages, zur Mittagszeit liefen wir alle in den Speisesaal, aber die Tische waren leer, da die Nahrungsmittel fehlten. Und was macht unser guter Pater? Er tröstet uns und sagt wir sollen alle an die göttliche Gnade glauben. Gemeinsam beteten wir mit ihm.

Nach wenigen Minuten kam ein Karren mit Lebensmitteln an. Sofort wurde gekocht und das Essen war reichlich und gut. Nach dem Essen, dankten wir dem hl. Gaetano und dann ab in den Hof zur Erholung. »

Die Verwalterin ging besorgt zum Pater, denn es fehlte an Geld und Korn.

«Gehe, - sagt Pater Luigi - und nimm aus der Scheune das notwendige Korn. Gott wird weiter sehen. »

Die Schwester gehorcht und nach einem Gebet versteckt er ein Bild des hl. Gaetano unter dem restlichen kleinen Getreidehaufen.

Es fehlten noch 2 Monate bis zur neuen Ernte, aber die Schwester konnte jeden Tag nehmen so viel sie brauchte um alle zu verköstigen und das Häufchen wurde nicht weniger.

Dieses Wunder endete mit der neuen Ernte.

Tita, der Bauleiter kam und verlangte den Lohn für sich und die Arbeiter. Der Pater ging und schüttelte die Almosenkassette und diese antwortete natürlich mit Schweigen. «Beten wir gemeinsam, Tita. » Dann schüttelte er wieder die Kassette und diesmal klingelte es und drinnen war so viel man benötigte.

Pater Luigi gestand: «Wir haben schwere Zeiten gekannt, aber die göttliche Vorsehung hat uns nie verlassen. »

Eine der stärksten Anziehungspunkte der göttlichen Vorsehung ist jene welche die eigenen Notwendigkeiten vergessen lässt um den Anderen zu helfen. Pater Luigi wusste das.

Eines Tages kam  in das «Haus der Verlassenen» ein Mann um Pater Luigi einen goldenen Marengo zurückzuzahlen. Schwester Strazzolini warte auf ihn, da sie das Geld notwendig für das Haus brauchte, aber der Pater hatte den Marengo schon einen Armen gegeben. «Beruhige dich, Schwester - sagte er ihr - Gott wird schon helfen. » Und tatsächlich wurde kurze Zeit darauf eine Unterstützung für die Waisenmädchen und Schwestern geliefert.

Es fehlen auch die Heilungen nicht. Als der Pater die Oberschwester des Spitals von Trento Angelo Rodaro in seinen verfärbten Mantel wickelt, wird sie sofort von ihren Rheumaschmerzen geheilt.

Schwester Filomena liegt in Portogruaro  im Sterben, doch der Pater sagt sie müsse nach Udine um nach den Seidenraupen zu sehen. Sofort ist sie geheilt.

Prophezeiung? Gemeinsam mit Schwester Orsola Del Medico, und dem Pater kehrt sie von Udine zurück. Es geht ihr gut, doch Pater Luigi rät ihr, sich auf das Paradies vorzubereiten. Kurz darauf stirbt sie.

Von sich selbst sagte er immer: «Ich werde erst dann sterben, wenn ich zwölf Häuser gegründet habe. » Und so geschah es auch

Aufsehen erregten auch die Gaben und mystischen Begebenheiten. Das Leben von Pater Luigi war auch voll mit diesen. Man spricht davon, aber das Eigenartige ist, dass der Erzähler oft die Wichtigkeit nicht erkennt. In Ekstase hätte man ihn in Udine, Primiero, Tesero und Trento gesehen. Oft war diese Erscheinung mit Schweben begleitet.

In einem Fall, spricht man von «Lumineszenz» des Gesichtes. In einem anderen Fall von dem sogenannten «mystischen Lauf. » Man sah ihn, mitten in der Kirch kniend betend und dann mit geöffneten Armen, über dem Altar fliegend und mit jemandem sprechend. Es ist sicher, dass Pater Luigi in den Herzen lesen konnte. Msgr. Antivari schickte die Unsicheren zu ihm. «Was heißt Indien, Indien! Hier sind deine Indien», sagte er einer Schwester die in Mission gehen wollte. Einigen sagte er die geheimen Gründe der Melancholie. Er wusste völlig unbekannte Dinge aus der Vergangenheit, verborgene Versuchungen und verheimlichte Unsicherheiten. Viele die diese Gaben kannten mieden ihn.

Was uns außergewöhnlich und unfassbar erscheint, wird für alle die in Gott leben oder in denen Gott lebt natürlich.

 

Ein Heiliger ist gestorben

 

Als Pater Luigi Gründonnerstag, dem 3. April 1884 um 10.40, starb, wurde er von allen Udinesern als Heiliger angerufen. Sein Leichnam wurde in der kleinen Kirche des Hl. Gaetano aufgebahrt. Viele eilten sofort zu ihm und versuchten Kleidungsstücke oder Haarlocken als Reliquien zu erhalten. Dadurch waren die Schwestern gezwungen den Sarg höher zu stellen.

Am Samstagmorgen zelebrierte der Generalvikar Msgr. Domenico Someda, seit vielen Jahren sein Beichtvater, die Begräbnisfeier. Er erklärte öffentlich seine Überzeugung, dass Pater Luigi in der himmlischen Glorie aufgenommen sei.

Die katholische Zeitung «Il Cittadino Italiano» verglich sein Grab mit einem  Pilgergrab. Die freimaurerische Zeitung schrieb einen, besonders auf die Nächstenliebe konzentrierten, Lobgesang auf ihn. Besser hätte man nicht von einem großen Heiligen sprechen können. Und es handelte sich um einen bekannten Gegner, ja sogar um den Führer der intransigenten Katholiken. Auch von anderen nicht-katholischen Zeitungen wurde ihm gleiches Zeugnis ausgeschrieben.

Das Todesregister der Pfarre von Remanzacco, von der Orzano abhing, beschrieb die Beerdigung als Prozession für einen Heiligen und unterstrich die Hoffnung ihn bald unter den Heiligen zu sehen. Die Bewohner von Orzano kamen zum Grab wie zu einem Wallfahrtsort und man musste energisch eingreifen um den Personenkult einzudämmen.

In Orzano und unter den Schwestern wurde sofort von erhaltener Gnade, dank seiner Fürsprache, gesprochen.

 

Gnade und Hilfe

 

Eine Mutter erreichte die Heilung ihres einzigen Kindes nach einem dreitägigen Gebetszyklus von Ostersonntag bis zum 15 April 1884, um seine Fürsprache zu erflehen. Ein Monat später, am 11. April starb ein 16 Monate altes Kind und der Vater war so verzweifelt, dass er Selbstmord versuchte. Mutter Eletta Valussi lief zum Grab des Paters und bat ihm, dem Kindesvater die christliche Ergebenheit  zu lehren. Tatsächlich beruhigte sich der Mann und hatte auch am nächsten Tag die Kraft sein Kind zu beerdigen. Seine Landsleute, die seine Verzweiflung kannten, waren über seine Ruhe erstaunt.

Während der Sommerferien 1884 wurde in Orzano sehr viel über die Heilung einer krebsartigen Wunde die auch dem Gebet an seinem Grabe zugeschrieben wurde gesprochen.

Je mehr sich die Kongregation der «Schwestern der Vorsehung» in Italien und Lateinamerika ausdehnte umso bekannter waren die Heiligkeit und Verehrung für Pater Luigi.

Gläubig angerufen erhielt er von Gott die Heilung der verschiedensten Krankheiten und Hilfe in großer Not. Viele sind von unterschriebenen Berichten, mit Erzählungen oder ärztlichen Zeugnissen begleitet.

Auf die Heilung folgte oft die Bekehrung und viele die sich von Gott entfernt hatten, fanden ihn durch Pater Luigi wieder.

Erst relativ spät wurde von dieser Gnade und Hilfe Kenntnis genommen, jedoch wurden einige hundert wahrgenommen.

 

Die Wunder

 

Durch die Anerkennung von zweien, seiner Fürsprache zugeschriebenen, Wundern hat am 31. Januar 1981 der Prozess der Seligsprechung von Pater Luigi Scrosoppi das Ziel erreicht.

Wer sind die zwei Begnadigten? Ein 21 jähriger Jüngling und ein Kind von 40 Tagen.

Dem Buben Rocco Sartorelli aus Tesero (TN) bildete sich im Jahre 1923 als achtjähriger nach einer Prellung auf dem linken Handrücken eine Geschwulst. Es schien nicht von Bedeutung, aber nach vielen Heilungsversuchen kam die gefürchtete Nachricht. Es handelte sich um chronische zu Fistel gebildeter TBC Knochenerweichung. Dreizehnjährige Krankheit, acht Operationen und immer der Gedanke die Hand wird amputiert.

Im Jahre 1934 lernte er die Oberschwester des Kindergartens der «Schwestern der Vorsehung»von Tesero kennen und eine Hoffnung erwachte in ihm und seiner Familie. Die Heilung von Gott, mit Hilfe Pater Scrosoppi, zu erhalten. Zeitweise stieg ein Chor an Gebeten der Familie, Verwandten und Freunde, Roccos Mutter an erster Stelle, zu Gott.

Es schien, dass die Gebete nicht erhört wurden.  Nach der letzten Behandlung am 6 Juni 1936, wartete der Jüngling, auf den Operationstisch liegend am 7. auf den Eingriff. Der Verband wurde von der Hand genommen und groß war die Überraschung der Anwesenden: obwohl der Verband eitrig war, erschien die Hand völlig geheilt. « Heilige Mutter Gottes - rief der Chirurg aus - er ist geheilt», und schickt ihn in den Krankensaal zurück. Wenige Tage später war er bei der Arbeit auf den Feldern.

 

Das Kind Siro Marizzoli wurde am 2 September 1942 in Balgioiso ( Padua) gesund geboren. Am kommenden 11 Oktober ist es aber plötzlich erkrankt. Der Bezirksarzt war von der Schwere der Krankheit überzeugt und wollte das Gutachten des Direktors der Kinderklinik der Universität von Padua. Dieser beurteilte den Fall als sehr schwer, bestand, ohne Hoffnung auf Heilung zu geben, auf Internierung. Die Diagnose fiel: Gehirnentzündung (mit Knollenbildung). Die Anfälle wiederholten sich und waren so schwer, dass der Arzt riet, den Kleinen zum Sterben nach Hause zu transportieren. Der Vater bereitete sogar das Begräbnis vor.

Eine Krankenschwester aus dem «Haus der Vorsehung» hatte die Mutter Siros aufgefordert um die Fürsprache Pater Scrosopppis zu beten. «Wenn wir die Gnade erhalten - so sagte sie - wird das für seine Heiligsprechung nützlich sein.»

Es beten die Eltern und alle Schwestern der Universitätsklinik. Am 16 Oktober schritt unerwarteter Weise eine beträchtliche Besserung ein. Am 23 Oktober verließ Siro, völlig geheilt das Krankenhaus.

Er wuchs gesund auf, studierte, ist heute Buchhalter und hat heute eine Familie.

Die Familien Sartorelli, Marizzoli und die von Rocco und Siro ehren seit dieser Zeit mit Hochachtung Pater Luigi.

 

GEBET

 

O barmherziger Vater

Du schirmst, durch unseren Herrn Jesus Christus, die Menschheit mit dem Geschenk

deines Geistes,

wir danken Dir für die Stärke in der Liebe die Du dem seligen Luigi Scrosoppi

gewährt hast.

 

Wir bewundern seine priesterliche Heiligkeit, die Grazie seines Dir geweihten Lebens

Und die völlige Hingabe an Arme und Schwache.

 

Mit Vertrauen bitten wir Dich, dass in der Kirche die Heiligkeit deiner Diener erstrahlt,

die Berufung zum Priesteramt und dem religiösen Leben wieder aufblüht

und sich die Wahl, den ärmsten Brüdern zu helfen, durchsetzt.

Amen

 

Das bis jetzt berichtete Leben des seligen Luigis, fast wohl die von Msgr. G. Biasutti geschriebene Biographie gut zusammen, ist aber nur ein "Zusammenfassung", welche die Argumente anschneidet, aber nicht ergänzt.

Unserer Meinung nach sind im Leben von Pater Luigi vier Abschnitte wichtig, welche hervorgehoben werden müssen:

1.        Der neugeweihte Priester Pater Luigi beschließt die wirtschaftliche Lage des Waisenhauses zu verbessern da die Armut so groß war, dass man an eine Schließung dachte.

2.        Im Waisenhaus zeigt sich die Notwendigkeit eine religiöse Schwesternkongregation für die zu schaffen um die Führung und Verwaltung des Hauses zu leiten.

3.        Die Kongregation stärkt sich um die ersten neun Schwestern, die später die «Älteren Schwestern» genannt werden.

4.        Die «Schwestern der Vorsehung», haben die Reife innerhalb des Waisenhauses erreicht und beschließen durch ihre Arbeit, Erfahrung und Liebe in Spitälern und allen Orten der Armut zu dienen

 

Aus dem Buch: "Für die Ärmsten"  von: Maria Papàsogli - Zalum - Giorgio Papàsogli

 

Don Luigi wird Bettler

 

Das Waisenhaus hatte eine sehr schwere Zeit: die Einnahmen hingen völlig von der Barmherzigkeit der Bevölkerung ab und es schien als hätten die «Wohltäter» vergessen, dass die Schwierigkeiten im Hause jeden Tag gleich groß waren. Die finanziellen Schwierigkeiten wuchsen immer mehr an und Pater Carlo und Luigi wussten keinen Rat.

 

Das absolut nicht stattliche Werk bereitet den Brüdern große Sorgen. Im Gegenteil, es befand sich in einem kleinen Gebäude, an der Straße liegend mit einem Ausmaß von 17 m Länge, 5 m Höhe und 8 m Tiefe. Hinter dem Haus befand sich ein kleiner Gemüsegarten dessen Erzeugnisse den Tisch der Waisenmädchen erfreute. Alles war mit viel Phantasie und Improvisation so gut es ging organisiert: die Scheune wurde als Schlafsaal verwendet....... In den einfachen Räumlichkeiten spielten die übermütigen und lebhaften Mädchen trotz ihrer Einsamkeit und hatten nie genug von Brot, Spiel und Liebe.

Das Haus gehörte Frau Paola Florenzis und ging zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den Besitz der «Convertite» über. In den Jahren 1815 bis 1822 wurde die Miete jedoch von Graf Alvise Ottelio bezahlt der dadurch seinen Namen an das Institut gebunden hat. Daher wird es auch «Werk Otteli» genannt. Nach Ablauf des Mietsvertrages, bezahlte Pater Carlo, als Direktor der «Verstoßenen», aus eigener Tasche die Semesterraten am 31 Januar und 31 Juli.

Pater Carlo bezahlte die Miete und leitete das Institut. Don Luigi nahm sich das Schicksal der armen kleinen Mädchen immer mehr zu Herzen, denn für diese bedeutet das ärmliche Haus von Frau Florenzis die ganze schützende und freundliche Welt. Nachdem er nicht mehr nur Besucher, sondern auch Verantwortlicher war erfüllten diese Kindergesichte völlig seine Gedanken

Das Haus musste wieder erstehen. Pater Carlo versuchte Hilfe von österreichischer Seite zu bekommen. Don Luigi machte mehr: er bezahlte in eigener Person durch einige Werke die ihn zum ersten mal im wahren Licht zeigte.

 

Es war März 1829, ein bitterer und windiger Frühlingsbeginn in der friedlichen Landschaft von Udine, wenige Schritte von den Bergen entfernt. Während dieser Jahreszeit, die nach Erblühen schmeckt lernte Don Luigi einen neuen «Beruf» kennen: längs der Straßen Handaufhalten wie ein armer Bettler. Er bat um Geld, Brot, Obst, Gemüse und Fleisch welches die armen Mädchen besonders benötigten. Er bat und versuchte nicht zu erröten. Udine war seine Heimatstadt und überall begegneten ihm bekannte Gesichter........ ungläubige Blicke, Verspottungen und Pfiffe wurden sein tägliches Brot. Auf allen Gesichtern las man die selbe Frage:

 

war Don Luigi Scrosoppi - der junge Priester aus gutem Haus, mit ehrlichen Sitten, ohne abenteuerlichem Leben und  Fanatismus - wahnsinnig geworden?

 

Jeder Schritt den Don Luigi durch die Straßen von Udine ging wurde so zum Bruch mit seiner friedlichen Vergangenheit. Eine ruhige Herausforderung an die Mentalität der herkömmlichen Denker, ein Sieg in der Nachahmung des bescheiden Herrn.

 

Wenn er mit seinem reich beladenen Pferdewagen zurückkam, liefen ihm die Mädchen freudig entgegen und klammerten sich an seinem Priestergewand fest: « Luigi, gib mir was.»  Diese freudigen Rufe entschädigten Don Luigi für all die Bitterkeiten die er auf seinem Weg schluckte.

 

Wenn die Bevölkerung von Udine lachte und flüsterte, so konnte die Landbevölkerung noch härter sein. Dieser bizarre Bettler wurde ein Symbol der Gegensätze: er fand generöse Antworten und Beschimpfungen. Don Luigi sammelte geduldig diese zwei, so verschiedenen Reichtümer. In einem Örtchen nahe bei Udine wandte sich Don Luigi eines Tages an einen Mann und dieser gab ihm als Antwort eine Ohrfeige. Don Luigi der an und für sich sehr impulsiv war lächelte:

 

«Das ist das Richtige für mich, aber was gebt ihr mir jetzt für meine armen Waisenmädchen? »

Der Mann war auf so eine Antwort nicht vorbereitet und sah denjenigen den er für einen Müßiggänger hielt in einem neuen Licht und errötete. An diesem Tag war der Karren von Don Luigi mit viel reicheren Gaben beladen und sehr viel waren ein Geschenk von dem, der ihm geschlagen hatte.

 

Auf diesen unsicheren Wegen weitergehend verwendete Don Luigi seine ganze Kraft; die Grundlagen für sein Leben als Führer, Direktor und Diener der Armen waren schon in diesem untertänigen Wandern gegeben. Während die Berufung zur Karitas im Inneren reifte schien eine Unterbrechung einzutreten. 1830 schien es als würde sich Don Luigi von seinem eingeschlagenen Weg trennen.

Nahe dem «Hauses der Verlassenen» befand sich ein wieder eröffnetes Kapuzinerkloster. Er war im Jahre 1807 geschlossen worden. Vorbeigehen dachte Don Luigi an das stille Leben das innerhalb der Mauern wieder erwachte. Der Franziskanische Gedanke, die Aufforderung zur fröhlichen Armut und das einfache evangelische Gepräge zog ihn sehr an. In Luigi lebte schon seit langem der Wunsch nach einer völligen Hingabe an Gott. Bettler der «Verlassenen» aber doch immer von Mutter Antonia beschützt, spürte er den Bruch der in sein Leben trat. Er hatte einen schwierigen Weg gewählt, eine neue Richtlinie gewagt, aber am Abend, ins Elternhaus zurückkommend, fand er die alten Gewohnheiten und die beschaulichen menschlichen Werte vor. Das erschien ihm als würde die Freiheit der Seele eingeschränkt.

Eine Kutte, eine Regel, ein Klosterleben mit Suche nach Vollkommenheit hätte den Wunsch Luigis erfüllt. Diese wären Sicherheit auf dem Weg nach evangelischer Vollständigkeit gewesen, nach der dieser junge Mann  mit Feuer und Geduld bestrebt war.

Langsam änderte sich aber dann dieser Gedanke. Don Luigi erfasste seine Berufung besser. Einige werden heilig in dem sie auf bekannten Wege gehen. Andere müssen sich ihre Straße selber gestalten. Und Luigi Scrosoppi verstand, das er zu den letzteren gehörte.

Er begriff, dass der Höhepunkt seines Lebens, nicht im Kapuzinerkloster lag, sondern im kleinen Haus daneben, mit der Scheune, wo im Winter der Wind hineinbläst und die ärmsten Kinder von Udine den Schlaf suchen. Die verlassenen Kinder, war dieser erste Wunsch Don Luigis nicht auch eine Regel und eine Berufung?

Zu dieser Zeit schrieb er zwei Artikeln in denen er Überlegungen und Notizen machte. Bei der Stimme «Berufung» finden wir die erklärenden Zeilen:

«Man darf nicht glauben, dass es genügt sich in ein Kloster oder Einsiedelei zurückzuziehen, um heilig zu werden. In einer Predigt an Gläubige in der Wüste sagte der hl. Agostino: wir sind in der Einsamkeit; aber weder Gebet noch liturgischer Gesang bilden die Heiligen, sondern die guten Werke heiligen den Ort und uns selbst. Wenn der Ort die Bewohner heiligen könnte, so wäre weder der Mensch noch der Engel von der  Sittsamkeit abgefallen. »

 

Die hier formulierte Auffassung der Heiligkeit könnte mit der Vorstellung, die sich die Zeitgenossen von Luigi Scrosoppi machten im Gegensatz stehen. Die Regel bis in die kleinsten Einzelheiten befolgen, die Schrift welche den Geist enthält wörtlich nehmen. Aus diesen eben gelesenen Zeilen kommt deutlich die Vision der innern Berufung hervor aber deswegen nicht leichter. Im Gegenteil die Berufung war anspruchsvoller und an eine völlige Aufopferung gebunden.

Langsam trennte sich Don Luigi von der Idee Franziskaner zu werden. Litt er vielleicht durch den Verzicht auf die Aussicht der bescheiden und schlichten Perfektion, die ihm die Ansicht des Klosters suggeriert hatten? In engerer Verbindung mit der Welt und im direkten Dienst der Armen würde er sein Amt ausüben. Es war eine Prüfung die das ganze Leben Pater Luigis erleuchtet hätte. Der forschreitende und unumstößlicher Verzicht auf jeden Kompromiss mit den weltlichen Werten, beginnt damit, dass er im Jahre 1830 erfasste, dass nicht der Ort aus uns Heilige macht, sondern das «die guten Werke den Ort und uns selbst heiligen. »

 

Die Entstehung der Kongregation

 

Unter Don Luigis Leitung arbeiten die jungen Lehrerinnen sehr hart.

Ein Problem erwuchs. War es ratsam, die erste Absicht zu verwirklichen, die Schwestern in einen anderen schon vorhandenen aber dem Werk fremden Orden einzuleiben? Oder sollte man eine kleine neue Kongregation gründen, die aus dem Werk der «Verlassenen», mit dieser und für diese entstanden war?

Anfangs war nur Pater Luigi das Ziel klar: er wollte eine neue Kongregation schaffen, auch wenn er die Idee Pater Carlos, in bezug auf einige bestehende religiösen Familien, besonders mit den Rosminianen, teilte. Wie wir schon gesagt haben blieb Pater Carlo bei der Idee das ganze Werk anderen Ordensschwestern zu übergeben. Hätte Don Luigi nicht auf seine Ansicht verzichtet, wäre es innerhalb Waisenhauses zu einer Spaltung gekommen, bis die Vorsehung nicht auch Pater Carlo mit dem selben Gedanken leitete. Stille und schwierige, manchmal heldenhafte Zusammenarbeit; schwierige Jahre der Unsicherheit während die Ereignisse reiften.

Machen wir einen Schritt zurück um diese Entwicklung zu sehen. Der erste Versuch das Haus einer anderen religiösen Kongregation anzuvertrauen ging auf die Zeit des Neubaues zurück. Pater Carlo hatte im Jahre 1835 Kontakt mit Maddalena von Canossa, der Gründerin der «Figlie della Carità» von Verona, aufgenommen. Nach Fertigstellung des Hauses sollte das Werk den «Figlie della Carità» übergeben werden.

Man wurde sich einig. Es scheint sogar, dass Maddalena von Canossa schon die Form der Übernahme des Institutes an ihre Kongregation vorgesehen hatte. Aber die Gründerin starb noch im selben Jahr und das bedeutete das Ende des angestrebten Planes von Pater Carlo. Ein Jahr später sprach Pater Filaferro mit einer Visitandina-Schwester, Marianna Teresa Cossali, aus dem Kloster des hl. Vito von Tagliamento über sein Problem. Sicher war Pater Carlo der geistliche Leiter des Klosters und kannte Schwester Cossali durch die Zusammenarbeit in der Leitung.

Schwester Cossali leitete daher Verhandlungen mit einem religiösen Orden ein, die aber nicht den gewünschten Erfolg hatten. Diese Schwestern widmeten sich der Erziehung reicher Mädchen und führten diese in das Klosterleben und Ablegung der Gelübde ein. Wie sollte man diese mit den Lehrerinnen der «Verlassenen» vereinen?  Vom «Haus der Vorsehung», mit der Notkapelle und der immer offen stehenden Türe um Gaben zu empfangen und zu spenden waren sie an das Alltägliche gewöhnt.

Pater Carlo dachte sehnsüchtig an die Töchter der Maddalena von Canossa und nahm mit der neuen Oberin, Schwester Angela Bragato, Kontakt auf. Die erreichte Einigung mit der verstorbenen Gründerin wurde nicht erneuert.

Es reifte daher eine neue schüchterne Absicht. Warum sollte man diese, so verschiedene aber verbündete Menschen nicht in eine neue Kongregation zusammenschließen?

1840 kündigte sich die Hoffnung einer Erneuerung aller Elemente an, die der neuen Gemeinschaft noch fehlten. Reife Erfahrung des religiösen Lebens, komplette Ausbildung und besonderer Charakter. Giovanna, bürgerlich Gräfin Giulia di Colloredo, war mit dem ersten Verwalter der «Verlassenen», Graf Fabio Colloredo verwandt, und war jahrelang bei den «Suore Dimesse» gewesen. Aus uns unbekannten Gründen trat sie aus dem Orden aus. Vielleicht war in  ihr der Wunsch gereift der neuentstehenden Kongregation zu helfen.

1841 trat Giovanna in das «Haus der Verlassenen» ein und mit ihr verwirklichten sich die erwartete Verwandlung und die innere Entwicklung der Gemeinde. Ihr Kommen war für die namenlose religiöse Gemeinde ein Tag der Hoffnung.

Die grauhaarige, uneigennützige und bescheidene Lehrerin, Margherita Gaspardis, die bis jetzt die Gruppe geleitet hatte, war bereit abzutreten und ihren Platz der zu übergeben, die schon von hohem Ansehen umgeben war. Diese generöse Geste erwirkte Bewunderung. Gerührt schalte sich der Bischof von Lodi ein und erbat persönlich die Verlängerung ihres Amtes. Tatsächlich wurde Giovanna Colloredo erst am 18. März 1842 Oberin, nachdem sie mit der neuen Umwelt Fühlung genommen hatte und die Charaktere und Seelen kennen gelernt hatte.

Es war der Vorabend hl. Josephfestes. Der beliebteste Heiligen Don Luigis leitete still die Amtsübergabe. Auch Giovanna Colloredo hatte eine gewisse Lehrzeit gebraucht. In ihrer religiösen Erfahrung hatte sie noch nie die Arbeit und Armut in der Nähe gesehen. Ruhig ging dann das Werk weiter. Die Anwesenheit der Oberin brachte einen neuen Antrieb zeigte aber nicht jene konstruktive Fähigkeit, jenen endgültigen Gestaltungstrieb die Pater Carlo und Luigi erhofft hatten.

Innerhalb des «Hauses der Verlassenen» gab es immer einen großen Gegensatz. Schwester Giovanna hatte eine kulturelle und soziale Erneuerung gebracht. Es kamen aber neue Schwestern, die wie die ersten «Lehrerinnen» aus dem Volk waren, ohne Bildung und besonderer Erziehung. Ihre Vergangenheit kennen wir kaum. Wir wissen nur, dass sie jung, voll Enthusiasmus waren und den eigentlichen Kern des Institutes bildeten. Viele waren von Don Luigi, nach seinen Gesichtspunkten, ausgewählt. Er hatte die Demütigsten und Ärmsten gewählt, aber eine kostbare Gabe suchend: Glaube und Fähigkeit in Aufopferung zu lieben so wie es die Idee des  «Hauses der Verlassenen» war.

Pater Luigi wusste vielleicht, dass nur Mädchen, die durch hartes Leben schon gestärkt waren, diese Arbeit fröhlich weiterführen können.

Orsola Baldasso, von der wir schon gesprochen haben, war die erste einer wahren Truppe. Zwei junge Mädchen aus Karnien waren 1837-38 in das Institut eingetreten und brachten eine Note von  rauer Natürlichkeit mit. Es waren Giovanna Ariis Tertianerin und Maddalena Morassi, Laienschwester. Maddalena hatte eine helle Stimme und erfüllte mit ihren einfachen Liedern das Haus von Udine, so dass sie manchmal die anderen Gäste des Institutes störte. Aber ihre Unbefangenheit entwaffnete alle.

Nach der Ernennung von Schwester Giovanna Colloredo traf Don Luigi eine andere «Wahl», die ein fast übernatürliches Zeichen seiner Seelenkenntnis war. Er sah ein Mädchen, Wolle kämmend, auf der Türschwelle sitzen. Vielleicht hatte er schon von ihr gehört oder kannte sie, aber er hatte sich ihr noch nie genähert. Diesmal sprach er sie an und ersuchte sie im «Haus der Verlassenen» mitzuhelfen. Das Mädchen, sie hieß Giovanna, war gewöhnt von allen ignoriert und vermieden zu werden, denn - nach der damaligen Mentalität - lag auf ihr eine Belastung: sie war die Tochter von Unbekannten. Sie hatte nie an einen Klostereintritt gedacht, denn das war in ihrer Lage sehr schwer.

Mit so großer Einfachheit eingeladen wollte sie wiederstehen, sie wollte erklären, doch Don Luigi wusste, dass Giovanna für dieses Leben geschaffen war. Im Institut widmete sich das Mädchen den Landarbeiten, der Seidenraupenkultur, den einfachsten Arbeiten. Ihr Beitrag war einer der vielen die das Waisenhaus wachsen ließen. Wer hätte besser als sie begreifen können? Sie kannte keine Familienwärme. Jetzt war sie die Erste, die sich mit Begeisterung den Waisenmädchen widmete in denen sie ihre Jugend und ihre Schmerzen sah.

1844 trat die vierte von Don Luigi Aufgenommene, Domenica Batigello ein. Sie blieb ihr ganzes Leben Laienschwester um die Verpflegung für die Waisenkinder sammeln zu können. Eine Arbeit, für die man keine besondere Geschicklichkeit benötigt, sondern ein gutes Herz, Demut und Aufopferungsgabe. Diese Gaben fehlten Domenica nicht und ihre Jahre gingen ohne Ermüdung, in ununterbrochenen Streifzügen, vorbei.

So wurde die Organisation des Institutes sichtbar. Die Landwirtschaft betreute Schwester Giovanna, auf Suche nach Almosen ging Schwester Domenica, Küche und Hausarbeit versorgten Schwester Maddalena und Giovanna Ariis. Die Erste der Gruppe, Orsola Baldasso erledigte mit ihrem energischen Charakter all die Arbeiten die ihr zugeteilt wurden. Das waren Don Luigis «Soldaten», seine «Fußtruppe», die er geschaffen hatte und die freudig den Anweisungen der Oberin Schwester Giovanna Colloredo nachkam. Diese hatte im weltlichen Stand die Gebräuche der Reichen und Vornehmen kennen gelernt. Die Gemeinschaft des neuen Institutes entstand so durch das Zusammentreffen der verschiedenen Schwestern, im Schatten des großen Einklanges zwischen Pater Carlo und Don Luigi. Diese gaben das erste Beispiel für brüderliche und christliche Zusammenarbeit ab.

 

Pater Carlo und Don Luigi hofften, dass Schwester Giovanna Colloredo die wachsende Gruppe festigte. Kurz nach Beginn als Oberin suchten sie jedoch bereits eine schon gefestigte Kongregation, welche das Institut übernehmen würde. Dieses Mal wendeten sie sich an eine religiöse Gruppe, die an eine große Persönlichkeit gebunden war: die von Antonio Rosmini gegründeten «Schwestern der Vorsehung. »

Obwohl noch nicht am Höhepunkt seiner Ideen und Tätigkeit angekommen, war Antonio Rosmini schon eine bekannte und bedeutende Persönlichkeit des italienischen 19. Jahrhunderts. Als er von Rovereto nach Udine kam, wo er eine Gruppe der «Gesellschaft der Freunde» gegründet hatte, lernte ihn Pater Carlo kennen. Pater Carlo Filaferro war Seele und Leiter dieser Gruppe. Durch die persönliche Bekanntschaft und Zusammenarbeit von Antonio Rosmini und Luigi Scrosoppis Bruder bestand daher schon eine starke Verbindung.

Der Bischof war mit der Übergabe einverstanden und sprach bald seine Billigung aus, aber die Bewilligung des kaiserlichen Hofes war lang und schwierig.

Diese Verzögerung erschien im ersten Augenblick als schwieriges Hindernis. Tatsächlich aber ließ die Zeit zwischen Planung und Verwirklichung neue Ereignisse reifen und die Priester aus Udine wechselten ihre Ideen.

An erster Stelle lagen politische und verwaltungsmäßige Gründe. Die Abstammung der Schwestern aus den Staaten von Sardinien und die Person ihres Gründers war von Österreich nicht gerne gesehen. Dies hätte das Bestehen des Institutes der Verlassenen erschwert und die Unabhängigkeit von Regierungseingriffen gefährdet. Vielleicht war auch das wachsende Misstrauen der katholischen Welt gegen die philosophische Idee von Rosmini schuld.

Das Scheitern des Projektes gefiel den Lehrerinnen. Die Mehrheit von ihnen wollte nicht in einer anderen Kongregation aufgenommen werden und hatten sogar die Idee ausgesprochen das Institut zu verlassen sollte es zur Verwirklichung kommen.

Vom Heiligen Geist erleuchtet und praktisch gesinnt sah Don Luigi in diesem Umstand ein Zeichen der Vorsehung Gottes. Pater Carlo, ein Mann voll Glauben und Demut sah in dem nicht gelungenen Plan den Willen Gottes und akzeptierte die Idee seines Bruders Luigis. Er überließ ihm die Aufgabe die kleine Gruppe der Lehrerinnen auszubilden und eine neue religiöse Familie zu gründen.

Eine schwierige Arbeit lastet seitdem auf den Schultern Don Luigis. Pater Carlo steht ihm natürlich mit seiner Erfahrung und Mitarbeit zur Seite. Besonders in der Ausarbeitung der ersten Niederschrift der «Generalregel der Lehrerinnen des Institutes der Verlassenen», welche 1848 gedruckt wurde.

Nach Ablauf ihrer 3-jährigen Amtausübung verzichtete am 10 September 1845 Schwester Giovanna Colloredo auf ihr Amt und mit all ihrer Erfahrung und Kultur zog sie sich unter die Lehrerinnen zurück.

Die Kongregation von Udine wurde im selben Jahr zu Weihnachten gebildet. Vom Bischof bewilligt zogen fünfzehn Schwestern das braune Ordenskleid an. Elf von ihnen legten In einer, durch Einfachheit ergreifende Zeremonie, am selben Tag, die privaten Gelübde ab von ihnen «ohne Verpflichtung der Gelübde, die drei Tugenden der Armut, Keuschheit und Gehorsamkeit mit ihrer ganzen Kraft auszuüben» unter dem Schutz des hl Gaetano von Thiene.

Die Zeit vom 1. Februar 1837  bis 25. Dezember 1845 war für die Schwestern des hl. Gaetano sehr schwer. Ihre Berufung wurde durch die schwierigen und widersetzlichen Umstände erprobt und gereinigt und erreichte nun die Perfektion. Das «ja» der Schwestern war ein Zeichen völliger Hingabe an den Plan des Vaters.

 

Die «Älteren Schwestern»

 

Eine reine und frische Wasserquelle quellt hier aus dem Felsen: sie springt von Stein zu Stein und singt im Schatten der Pinien. Sie wird immer größer aber der Lauf ist immer harmonisch gleich und das Rauschen wächst.

Im Tal angekommen ist es jedoch notwendig die Kraft zu dämpfen, damit die Welle friedlich, aber immer segensreich, zwischen Dämmen fließt. Welch Unglück sollte sie mit der Kraft der Quelle bleiben.

Am 12. Oktober wurde Maria Cecilia Piacentini zur Generaloberin gewählt. Ihre Aufgabe war es die bildende Kongregation zu leiten und einen sicheren und konstanten Rhythmus zu geben, so wie die vom Heiligen Stuhl 1892 gebilligte Verfassung und Regel es verlangte. In der von Schwester Margherita Makarovic geschriebenen Biographie, wird sie daher richtig «Mitgründerin» genannt. Aber ich möchte die ersten Schwestern einzeln erwähnen. Später wurden sie die «Älteren Schwestern» genannt.

Was kann ich in einem kurzen Artikel machen? Eine nüchterne Namensliste aufstellen, die aber denen die sie lesen, aber die Personen nicht kennen, nichts sagen würde. Einige habe ich schon in vorhergehenden Artikeln erwähnt. Schwester Orsola vom «Eselchen», die kleine Pförtnerin Schwester Filomena, die temperamentvolle und arbeitsame Schwester Giacinta, den «Karabiniere» Schwester Osanna, die Schwerarbeiterin der Vorsehung Schwester Domenica oder die bescheidene Schwester Giovanna.

Das Leben Pater Luigis studierend war ich öfters gezwungen mich mit den Schwestern zu befassen, die mit ihm lebten und ich war begeistert. Vielleicht war es der Pater selbst, der mich dazu zwang, damit ich seine geliebten spirituellen Schwestern bewunderte. Aber ich suchte nach Eindrücken Vater Luigis in den Schwestern.

Im Jahre 1942, mitten im Krieg begab ich mich nach Tortona, in das Mutterkloster der Orionini. Da ich lebend von Russland zurückgekehrt war nahm ich mir vor, das «Kleine Haus F. Ozanam», das ich 1933 gegründet hatte, im «Kleinen Cottolegno von Friaul» (heute in Hl. Maria la Longa weiterlebend), zu entwickeln. Ich wollte Pater Sterpi fragen, ob er das annahm. Während ich wartete betrachtete ich lange Zeit das Bild des Hl. Don Orione, obwohl ich es schon oft gesehen hatte. Später ging ich in das Waisenhaus neben dem Wallfahrtsort «Madonna della Guardia. » In den Gesichtern der Schwestern und der Waisenkinder - ich erinnere mich, dass diese kahl geschoren waren - sah ich die Gesichtszüge von Don Orione. Diese Erinnerung ist noch heute lebhaft in mir verankert.

Wenn man längere Zeit neben einem Heiligen lebte, erhält man automatisch einen Teil seines starken Geistes. So geschah es auch mit den von Pater Luigi geformten «Älteren Schwestern. » Wenn ich versuche sie mir vorzustellen, wissend dass die eine stark und gesund und die andere friedlich und delikat wie die Madonna war, so sehe ich den Pater in ihnen, nichts anderes als Pater Luigi.

In den 50 Jahren, zwischen 1837 und 1884, bemerkt man unter den «Älteren Schwestern» einen Unterschied.

Die erste Generation, bis zu Pater Carlos Tode (1854) oder der Oberschwester Lucia De Giorgio (1855) kann man «die Pioniere des heldenhaften Frühlings» nennen. Die zweite Generation, von 1855 bis 1872 deren Berufung, währen der schweren und unruhigen Zeit, blühte und gedieh. Die dritte Generation, von 1872 bis 1875, wuchs in ruhigeren und friedlicheren Zeiten heran. Nach Pater Luigis Tod wuchs sie an Anzahl, die Kongregation stärkte sich und erreichte die angekündigte Zahl der 12 Häuser. Ein Unterschied der sich durch Fortschritt und Vervollkommnung zeigt.

Die erste Generation, die zwischen 1837 und Weihnachten 1845, war fast ausschließlich von jungen Bauernmädchen gebildet. Diese konnten nähen, kochen und fegen aber mit  Feder und Tintenfass nicht umgehen. Sie waren unvollständig und schnell ausgebildet, liefen in geflickten Ordenskleidern herum, waren recht und schlecht, mehr von Beleidigungen als von Maisbrei, ernährt und schliefen auf Strohsäcken. Mit Hilfe von Don Francesco Fantoni haben sie sich langsam innerlich und äußerlich ausgebildet und ergänzt, bis zur völligen Reife.

Die von Pater Luigi geformten  «älteren Schwestern», waren durch besondere Gaben und  Tugenden ausgezeichnet. Durch festen Glauben, unermüdlicher Arbeit, einer hervorragenden Demut im Wirken, Denken und Sprechen, durch größte Armut und einen bis zur Aufopferung bereiten Opfergeist..... sind das nicht die Richtlinien Pater Luigis? Findet man in diesen Töchtern nicht seine «Wesentlichkeit« und seine «Echtheit»? Jesus, Arbeit, Demut und Einfachheit: das ist alles und das genügt!

 

 

Die erste Schwesternschar der Vorsehung

 

Primiero und Fiero di Primiero bedeuten heute viel; erinnern an, von vielen Liebhabern besuchten, bekannten Fremdenverkehrsorte, landschaftliche Bergschönheit und an gute Luft, welche auch die Toten erweckt...  Aber im Jahre 1865 war nur die strahlende, von Urlaubern und Skisportlern noch nicht ausgenützte, Natur vorhanden. Allerdings gab es keine Strassen, von Hotels keine Idee und die Ansiedlungen bestanden nur aus wenigen Häusern und waren steil dem Berg entlang gebaut und schwer zu erreichen. Kam man von Süden, von Fonzaso so führte der Bergweg bergauf und bergab, am Rand von herrlichen, Atem beraubenden Schluchten vorbei: es war  ein Fels- und Wiesenmeer in aufwärts führender Bewegung. Erst später wurde der Weg etwas leichter und sogar für eine Kutsche befahrbar!

In Primiero gab es circa 1000 Einwohner, eine Kirche und sogar ein Spital. In der Kirche waltete ein Pfarrer, eine eigenartige Person: geist- und humorvoll. Seine Briefe unterschrieb er: Don Giuseppe Sartori, Dekan von Primiero, g.g.g., eine Abkürzung, die jeder kannte und grande (groß), grosso (plump), grasso (dick) bedeutete. Der gutherzige Priester sagte: « Wenn Ihr einen großen und dicken Priester seht, dann sagt ruhig: das ist der Dekan von Primiero. » Er war voll Enthusiasmus und immer guter Laune.

 Außerdem gab es ein Spital und das war auch notwendig. Denn alle, die trotz der gesunden Luft, erkrankten, hätten auf  Eselsrücken über Stock und Stein zum nächsten zivilisierten Ort gebracht werden müssen. Und das bedeutete statt Heilweg - Todesweg.

Daher ein Spital, unter der Leitung von Don Giuseppe Sartori, mit nur vier oder fünf Kranken.

Jedoch darf man nicht glauben, dass in Primiero niemand erkrankte! Es gab einen anderen Grund dafür. Das Spital war so ärmlich und schlecht gehalten, dass die Leute schon allein bei dem Gedanken erschauerten. Zur Betreuung gab es nur einen völlig mittellosen Mann, der wohl tat war er konnte, nur war es eben sehr wenig. Kranke und Familienangehörige erschauerten allein bei dem Gedanken in eines dieser Zimmer gebracht werden zu müssen. Man meinte, dass zwischen Spital und Friedhof eine enge Verbindung wäre.

Der arme Dekan verzweifelte, aber mit den, ihm zur Verfügung stehenden Mittel, konnte er keine Verbesserung schaffen. Der große Prediger Msgr. Teloni, in Mission in Primiero weilend, erzählte ihm von dem, von Don Luigi Scrosoppi gegründeten Schwesternorden.

 

Die Schilderung der Schwestern war dermaßen, dass Pater Sartori nicht mehr schlafen konnte, solange er sein unlösbares Problem nicht gelöst hätte. Am 18. Oktober schrieb er, Hilfe bittend, an die Oberschwester, Teresa Fabris und seine Anfrage wurde aufgenommen. Ihrerseits schrieb Schwester Teresa am 25 Oktober an den Bischof von Trento und ersuchte um Zustimmung und kirchlichen Segen. Der Prälat gewährte beides, teilte aber den Schwestern mit, dass die päpstliche Genehmigung und die österreichische Zustimmung notwendig wären.

 Das erste Dokument war bereit. Um die Erwerbung des zweiten, kümmerte sich Don Sartoris Cousin, der in Innsbruck lebte. Die Interessenten gingen mit Eifer voran. Für kure Zeit, blieben die Dokumente dann  im Papierkrieg hängen. Im großen und ganzen gingen die Dinge gut vorwärts. Offensichtlich wehte der Wind der Vorsehung.

 

 

Von den Glückwünschen der Mitschwestern und dem Segen des Gründers begleitet begaben sich am 3 Februar 1866 4 Schwestern, gemeinsam mit der Oberin von Udine nach Fonzaso. Don Sartori hatte geschrieben « In Fonzaso werde ich mit dem Eselszug warten (..... und was für eine Flucht aus Ägypten!).  Die Glückwünsche und der Segen waren ergreifend. Die Abreisenden fühlten sich wie heutige Kosmonauten: von Udine bis Primiero brauchte man 3 Tage.

Am ersten Tag im Zug bis Treviso und hier Übernächtigung. Am zweiten Tag mit Postwagen bis Feltre; von dort mit «D-Zug» bis Fonzaso; hier noch einmal Übernächtigung. Am dritten Tag: Erwachen und Beginn der Abenteuer.

Sie suchten einen Bergführer, der sie entweder zu Fuß, oder aus Esels- oder Maultierrücken durch die Berge geleitet hätte.

Don Sartori, mit Tragtieren versehen war der Leiter des letzten Reiseabschnittes.

So lange sie konnten wanderten die Schwestern und warfen sich fragende Blicke zu: wo gingen sie hin?  Die Landschaft öffnete und schloss sich wunderschön vor ihnen. Felsen und Weidelandschaft stiegen plötzlich steil vor ihnen auf. Die Schwestern sahen hinauf und dann sich gegenseitig an........

Der «Eselszug» folgte der kleinen Prozession. An der Steigung angekommen mussten die Entscheidungen getroffen werden. Jede musste sich ein Tier aussuchen.

Natürlich konnte keine der Schwestern reiten und an einem Schluchtrand machte der erste Versuch nur Angst.

Einige wollten zu Fuß weitergehen. Andere waren mutiger: sie waren für Gott unterwegs und er hätte sie beschützt.

Die Idee der göttlichen Liebe erweckte den Mut in ihnen und die gute Laune kehrt in die Herzen zurück. Schließlich passte alles was sie umgab zu ihrem Gemütszustand. Die Berge schienen aus Kristall zu sein, so wie ihre Absicht kristallin war. Auch die großen Entbehrungen, denen sie entgegen gingen, waren das was sie suchten. Durch die kleinen Dörfer die hier oben zwischen den Wolken stehen, hatten sie den Hinweis verstanden. Gott liebt man besser durch Taten als mit Worten und der Augenblick der Selbstaufopferung war gekommen. Daher Mut und Fröhlichkeit, besonders Fröhlichkeit. Die ungeübten Reiterinnen auf ihren Eselsrücken sitzend sahen sich an und brachen, wie Mädchen auf einer Vergnügungsreise, in Lachen aus. Und immer weiter ging es hinauf mit frischem Mut.

Der Dekan war bezaubert. Dieser Charakter, diese Stimmung und diese Fröhlichkeit erfüllten auch sein Herz mit Hoffnung. Trotz seines natürlichen guten Humors hatte Don Sartori sorgenvolle Tage verbracht. Er dachte: «Was werden die Schwestern sagen die aus der Stadt kommen, wenn sie unsere Berge sehen, wo es an allem fehlt? » Er hoffte auf die Vorsehung. Jetzt hatte die Vorsehung geantwortet, denn die Schwestern waren gerade so, wie man sie brauchte. Der gute Pfarrer, der ein scharfes Auge und viel Erfahrung hatte, kehrte in Gedanken zum Gründer zurück, zu Luigi Scrosoppi, der diese, zur Aufopferung bereiten Seelen geformt und vereint hatte. Er lobte Gott und schickte Don Luigi aus ganzem Herzen ein großes Dankeschön.

Nach all den Strapazen gelangten sie schließlich an die österreichische Grenze und fanden eine Straße. Jetzt fühlten sie sich wie Königinnen in Droschken sitzend die sie durch Dörfer wie Imer und Mezzano führten. Wie durch ein Wunder versammelte sich die Bevölkerung und schossen Böller ab, während die Glocken anschlugen. Die guten Bergbauern hatten noch nie Schwestern der Barmherzigkeit gesehen und feierten sie mit rührender Begeisterung.

In Primiero ankommend fanden sie grüne Triumphbögen und Willkommenschriften vor; so eine Begrüßung hatten sich die Schwestern nicht vorgestellt.

Die Leute waren zu beiden Seiten aufgestellt und während die kleine Gruppe durch das Dorf bis zum Spital zog sah man  nur fröhliche Gesichter. Wer im Haus geblieben war, kam heraus und jubelte. Die Angekommenen hatten Tränen in den Augen

Und endlich das Spital. Hier gab es nichts. Von Strohlager, Decken oder Leintücher zu sprechen war eine Utopie, wenn nicht gar ein Schnitzer. Im Handumdrehen war aber alles gelöst. Bis jetzt hatte die Bevölkerung am Kommen der Schwestern gezweifelt. Jetzt aber zerstückelten sie sich. Die ersten Tage wetteiferten sie um die Schwestern beherbergen zu können und bereiteten das Wichtigste vor. Nach knapp 8 Tagen konnten die Neuangekommen im «Hüttenspital» einziehen, wo wenigstens das Allernotwendigste vorhanden war.

Sie fanden 4 Kranke und einen Pfleger vor. Den Kranken öffnete sich das Herz, als sie 5 Schwestern sahen die bereit waren sie zu pflegen. Man wurde allein durch die Freude gesund. Die Höflichkeit, die Anmut, die Geduld! .........Für diesen Zufluchtsort begann eine neue Zeit. Don Sartori erledigte bald die Dokumente mit der Verwaltung und die notwendigen Spesen um die ärmlichen Zimmer in ein richtiges kleines Spital zu verwandeln. Langsam trafen dann auch finanzielle Hilfsmittel ein. Es brauchte Jahre aber das Wunder geschah: die 6 oder 7 Bettplätze verwandelten sich in 60. Und alle waren besetzt.